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15. November 2016 2 15 /11 /November /2016 12:56
Poesie des Alltags - Fussmarsch -

Gestern verließ ich gestiefelt und gespornt meine Wohnung. An der Haustüre kam mir die Nachbarin entgegen. Wohin des Weges fragte sie. Nach Nippes, nach Nippes will ich, mein Rad abholen. Ah, wissen sie denn, mit welcher Bahn sie fahren müssen? Klar, sagte ich, bin doch Alt-Kölnerin, aber ich fahre nicht mit der Bahn, ich geh zu Fuß,-). Zu Fuß rief sie erstaunt aus, den ganzen Weg? Das ist aber ein Marsch. Jo, entgegenete ich ihr, aber ist doch schön, das Wetter, schauen sie, die Sonne scheint und auf so einem Weg erleb ich doch immer was,-) Na dann, meinte sie, das käme ihr nie in den Sinn. Also, nicht dass ich auch mal gern Bahn fahre, aber zu Fuß ist doch ein anderes Erlebnis. Die Leuts gehen nicht mehr mit ihren eigenen Beinen irgendwohin. Ist mir schon aufgefallen, als ich mit dem Rad unterwegs nach Berlin war. Da schauten mich die Leuts auch immer komisch an, wenn sie meinten, oh bis da und dort hin, das sind aber noch 20 km, wollen sie die etwa mit dem Rad fahren? Hehe, antwortete ich dann immer, ich komme aus Frankfurt mit dem Rad,-) Darauf kam dann erstmal gaaanz lange nichts,-)

Jedenfalls, mit dem guten Wunsch meiner Nachbarin, einen erlebnisreichen Fussmarsch zu haben, machte ich mich also auf. Schon eine Strasse weiter sah ich sie, die lustige Frau, die mit den Füssen herrlich drollig durchs Strassenlaub wuselte. Es raschelte nur so, all die weil ja alles schön trocken war. Sofort hab ich da mit eingestimmt, ins Rascheln des Laubes. Was für eine Freude. Ich denk immer, es sollte nie vergessen werden, so richtig herrlich Kind zu sein. Gell, sagte ich im Vorbeigehen zu ihr, was für ein Spaß. Sie stimmte lachend ein.

Auf der belebten Einkaufsstrasse angelangt, vor mir ein Ehepaar mittleren Alters. Bisserl, das schreib ich jetzt ohne Urteile selbstverständlich, lieblos gekleidet. Scheinen sich wenig um sich zukümmern. Ich meine, es braucht kein Modestyle zu sein, aber einen eigenen Stil oder sichtbar zu sehen, dass sich um sich selbst gekümmert wird, ist schon schön, so denke ich jedenfalls. Aber gut, es ist wie es ist. Jedenfalls kamen wir an einem dieser Billig-Läden vorbei, 1.00 Euro und so,-), und sie rief aus: Ach guck mal Willi, die gibt es ja hier auch. Das ist ja toll, komm, wir gehen rein. Also ich muss mal sagen, das war so eine Stelle, wo der Gaul in mir durchgegangen ist. Manchmal passiert das und ich mische mich ein, da kann ich nicht anders,-) Jaja, sag ich gehen sie rein und unterstüzen sie die Ausbeutung vieler Menschen in den Ländern wo dieses Zeugs hergestellt wird. Denken ist nicht Jedermanns Sache. Ich weiss, das war frech, aber es musste sein. Weil, ich denke halt immer an diese Menschen dort, schliesslich war ich vor Ort und habe gesehen, die Fabriken und Menschen. Einfach nur schrecklich. Die Zwei waren erst sprachlos, dann aber kam nur ein, ach junge Frau labern sie uns nicht zu^^...Dabei hab ich nur zwei Sätze gesagt,-) Naja, da ist halt nix zu machen, dachte ich im Weitergehen. Es ist wie es ist. Ich verstehe sogar, im allgemeinen Konsumrausch der Menschen, will sogar der, der nix hat, auch kaufen und da kommen diese Läden halt gerade recht. Egal, abgehakt und weitergehen war mein Bestreben.

Und endlich war ich an der Brücke, die über meinen geliebten Rhein führte, die ich nun im herrlichsten Sonnenschein und blauem Himmel mit Blick auf ihn überquerte. Ach wie wunderbar, was ist denn der Main gegen den Rhein. Ein Flüsschen nur,-) Dieser herrliche weiter Flussverlauf mit seinen Frachtschiffen in alle europäischen Länder hinauf und herab. Wie immer geht mir da das Herz auf. Sie zieht sich die Brücke, aber es ist mir egal. Ich könnte ewig so weiterlaufen. Ich liebe eh Brücken, die zu überqueren sind, das ist wie das Leben, spannend und aufregend, denn oft weiss man im Leben ja nie, was am anderen Ende wartet,-)

Nun ja, hier wusste ich es natürlich. Eine kleine, nicht so schöne autoreich befahrene Strasse, da muss ich halt auch durch. Ebenso, wie im Leben, auch die unerfreulichen Dinge wollen bewältigt werden.

Dahinter wartete dann aber wieder ein schöner Park, den ich durchschritt und mich kurzerhand sogleich entschloss einen Umweg zu machen und durch die schon lang nicht mehr erforschte Flora zu spazieren. Dort hab ich ja ein halbes Leben halbtägig verbracht, mit und ohne Kinder und Hund:) Ein so schöner Ort zum Kennenlernen vieler Pflanzen, Blumen- und Baumgattungen. Die Kinder haben früher immer gestöhnt, wenn ich ihnen alles gezeigt habe, heute sind sie dankbar,-) Wir haben herrliche Vor- oder Nachmittage dort verbracht. So ist das halt auch auf einem Fussmarsch durch Orte, die man gut kennt aus der Vergangenheit, es kommen Erinnerungen hervor, die mit spazieren gehen:)

Die Bäume sind fast kahl und Buntes an Vielfalt ist kaum zu finden. Ein Alpenveilchen lugt versteckt zwischen einem kleinen Blätterwald hervor, ein kleiner Zauber, wie immer:) Ich komme noch mit einer älteren Dame ins Gespräch, die mir erzählt, wie es in den vergangenen Jahren mit den Umbauten der tropischen Hallen vorangegangen ist. Wie schön. Das hab ich in der Ferne ja gar nicht mit bekommen. Auch von ihrem kleinem Alltagsleben erzählt sie ein wenig. Es hört sich fast wie meins an und wir verabschieden uns nach einer Weile und wünschen uns einen guten weiteren Lebensverlauf:)

Endlich bin ich in Nippes angekommen und ganz schön durchgefroren. Aber egal, zuerst das Fahrrad abgeholt und eine Ecke weiter abgeschlossen, um mir in dem kleinen Cafe, dass ich vor ein paar Wochen entdeckt habe, die Finger aufzuwärmen bei Ingwertee und Toast Hawai...Hahaha, hab ich schon lange nicht mehr verspeist. Im letzten Jahr feierte Toast Hawai ja 50 Jahre Jubiläum, daran erinnerte ich mich, erfunden vom Fernsehkoch Wilmenrod oder wie der hieß,-) Es war jahrelang des Deutschen Lieblingsexotikspeise. Da war er stolz, wenn er im Restaurant diese kleine doch eigentlich völlig unspektakuläre Toastkreation auf seinem Teller vor sich hatte. Dazu ein Bier, das war ja mal klar,-) Na gut, mit Ingwertee schmeckts genauso gut. Und ich hatte schöne Musik, eine nette Athmosphäre um mich herum und Leute gucken ist ja nun mein Hobby,-)

Aufgewärmt dann wieder raus. Das Fahrrad aufschliessen, aber oh weh, was nun. Ist das Schloß plötzlich zugefroren. Ich stocherte und stocherte, nix passierte. Aufhören dachte ich, sonst bleibt auch noch der Schlüssel stecken,-) Ich also wieder rein ins das kleine Cafe, das übrigens Klein_Berlin hieß und mich an meinen diesjährigen Aufenthalt in dieser großen weiten fernen Hauptstadt mit all den Menschen, denen ich dort begegnete, erinnerte. Ich sag ja, sie sind immer da, die Erinnerungen,-) Ob er nicht ein wenig Oel für mich hätte, fragte ich den netten Besitzer. Und sehr grossherzig von ihm, sein letztes Restchen Olivenoel träufelte er mir auf ein Zewawischundwegtuch, schönes Wort gell,-), und ich wieder raus und Schlüssel damit abgerieben und gestochert und gestochert. Aber nix ging mehr. Auweia, jetzt stand ich da, ich armer Tor und hatte doch noch so viel vor,-). Was tun sprach Zeus und so auch ich.

Da erblickte ich unter dem Bogengang eines Hauses einen kleinen Juwelierladen. Hm, mein Gedanke, brauchen die nicht auch Oel, so für die Uhren zum Beispiel. Also, gedacht, und nichts wie rein. Der türkische Ladenbeitzer fragte mich, was mein Begehr ist. Oel, sagte ich, Oel, ich brauche nur Oel und lachte übers ganze Gesicht. Oha meinte er, wofür denn das? Mein Fahrradschloss will nicht so wie ich es will,-) Da habe er was Besseres und reichte mir eine Flasche mit einer Spritzdüse, rostfrei nannte sich das Ganze. Ich also raus mit der Flasche, hoffnungsvoll glückselig und schwupsdibubs das haste nicht gesehen, ein Spritzer reichte und schon öffneten sich Schloß und Schlüsseltore:) Ach, der Mensch muss sich nur zu helfen wissen, dann findet er überall welche. Brachte ihm seine Flasche zurück mit Dank und sagte ihm, ein Schatz sei er. Und schon war wieder ein beiderseitiges Lachen in der Welt:)

Und nun konnte ich endlich an mein weiteres Ziel gelangen, Omma und Oppa der Kinder besuchen. Die zwei alten Leutchen, die werd ich jetzt wieder öfters sehen können. Ich bin froh, dass sie noch da sind und es ihnen soweit es ihr hohes Alter zulässt, gut geht. Ein Herzen und Drücken war das und Kaffee und Kuchen, den ich mitgebracht hatte, gab es auch und viel Erzählen. Und den natürlich nicht fehlenden Weggemann, den sich der Oppa aufgrund seines Martinsnamenstages redlich wie jedes Jahr von mir verdient hatte:) Die Zeit verging wie im Fluge und vor Anbruch der Dunkelheit wollte ich mich wieder auf den Weg, diesesmal natürlich mit Rad, zurück machen. Haste denn Handschuh Kind fragte die Omma mich noch halb hinterher beim Rausgehen. Ne, stimmte, hatte ich ja gar nicht. Nicht dran gedacht. Auweia, dir werden die Hände abfrieren sagte sie. Warte und verschwand kurz, kam wieder und stellte mir zwei unterschiedliche Paare Handwärmer zur Wahl. Schwarz aus Leder, rot aus Wolle. Na war doch klar, was ich wählte, oder,-) Kind, da weht aber auch der Wind durch, auch wenn sie rot sind, sagte die Omma, ach egal, wird schon nicht so schlimm werden meinte ich, das Rot wird alles auffangen. Und so war es auch. Vergnügt radelte ich nach diesem erlebnisreichen Tag nach Hause.

Dort war es muckelig warm. Ich machte mir Tee, zog meine Hauspuschen an, drückte auf den PC-Knopf und hier bin ich und erzähl meine kleinen Geschichten aus dem Leben wieder den Menschen im weiten grossen virtuellen Äther,-) Viel Spaß dabei und sicher finden sich wieder ein paar Leser, die Ähnliches in ihrem kleinen Alltagsleben erfahren und erleben:) Das ist schön:)

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