28. März 2024
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Warum ich gerade heute ins Kino gegangen bin kann ich gar nicht sagen. Es war eigentlich nicht geplant. Nach einigen Aufgaben die ich bis in den frühen Nachmittag zu erledigen hatte, stand mir Zeit zur Verfügung die jetzt mir gehörte. Das Aprilwetter lud nicht wirklich zu längeren Spaziergängen ein. Es regnete, obwohl die Sonne schien, kein Schirm war bei mir und dennoch wollte ich nicht nach Hause. Noch nicht. Kino fiel mir da einfach so spontan ein. Welcher Film sollte es sein?
One Life kam mir der Gedanke, davon hatte ich gehört. Schnell schaute ich ins smartphone wo er hier in Köln lief. Filmpalast wurde angezeigt. Nach kurzer Abwägung, wegen des Wetters, es regnete immer noch, entschloß ich mich von Nippes bis zum Rudolfplatz zu laufen, wo sich das besagte Kino befand.
Anthony Hopkins spielt den ehemaligen Bankbeamten Nicholas Winton, der mittlerweile Pensionär ist und seinen wohlverdienten Ruhestand genießen könnte. Aber er wird geplagt. Von seinem Erinnerungen. Nicht nur von der Aktentasche, die in seinem Schreibtisch liegt und viele historische Dokumente und Fotos beinhaltet, sondern auch von den Bildern, die ihn immer wieder überfallen. Es schmerzt ihn immer noch, dass es nicht genug war, was ihm damals, zur Zeit der Besatzung Hitlerdeutschlands der Tscheslowakei, möglich war. Es hätte mehr sein müssen. Erinnert auch an Oskar Schindler der nach dem Ende des Krieges ebensolche Gedanken hatte.
Wer war Nicholas Winton? Das erzählt der Film in Rückblenden des alten Sir Nicholas Winton an den jungen Winton, gespielt von Johnny Flynn.
Es war das Jahr 1938, kurz vor Ausbruch des zweiten Weltkrieges. England, Frankreich und Italien wollen diese Gefahr bannen und ließen die Tscheslowakai das Sudetenland an Deutschland abtreten. Sie hofften Hitler dadurch vom Krieg abhalten zu können.
Durch diese Abtretung flohen viele Menschen nach Prag und mussten unter unsagbar entsetzlichen Bedingungen leben.
Der junge Winton reiste zu dieser Zeit nach Prag und erlebte dort die Situation. Von da an vergaß er was er eigentlich war. Ein Banker, der wieder nach Hause fahren sollte um seinem Beruf und seinem Leben nachzugehen.
Seine Aufgabe war es jetzt hier einzugreifen. Er musste die jüdischen Kinder retten. Diese vielen tausende Kinder, die in den Flüchtlingslagern lebten. Er musste sie nach England bringen, wo sie in Sicherheit leben konnten und später zu ihren Eltern zurückkehren könnten. So dachte er jedenfalls. Er begann einen fast unmöglichen Kampf gegen alle Widernisse, fehlendes Geld, fehlende Pflegeeltern, immer wieder Kämpfe mit der Bürokratie, die die fehlenden Visa nicht ausstellen wollten. Er tat das natürlich nicht allein, sondern mit der Unterstützung eines Teams, dem auch seine Mutter gespielt von Helen Bonham Carter, angehörte.
Mehr möchte ich nicht erzählen. Ihr sollt den Film ja anschauen. Unbedingt. Denn es gibt nicht genug Filme, Biographien von Zeitzeugen und Dokumentationen die in den Vordergrund der Medien rücken, jedenfalls denke ich das oft, die einen immer und immer wieder die Vergangenheit vor Augen führen und damit auch den Blick auf das Heute öffnen, wo es viel zu wenig Menschen gibt, die genau wie Winton es damals tat, heute das Richtige tun.
Ich habe viel weinen müssen beim Schauen. nicht nur wegen dem Schrecken der Zeit, auch wegen der Freude über diesen Menschen, den es gab und der zeigte, wie Mitgefühl wirklich geht. Der Gedanke beschlich mich, wer meint, er sei in Ordnung so wie er ist wird unschwer erkennen, dass Umkehr und Bekehrung, wenn man diese Worte gebrauchen möchte, auch für ihn gelten.
Denn das schafft dieser Film ganz sicher. Als er zu Ende war und ich aus dem Kino auf die belebte Strasse trat, brauchte ich lange, um wieder in die Realität zu finden. Mir ging der Ausspruch ecco homo - siehe der Mensch - einfach nicht aus dem Kopf.
Sie da der Mensch! Ja nicht nur Winton sondern auch die Anderen, von denen wir wissen, damals und heute, auf sie trifft dieser Ausspruch zu. Siehe da der Mensch!
Daher war es genau richtig, heute, kurz vor Ostern diesen Film anzuschauen. Für mich jedenfalls.
Als ich mit der Strassenbahn über den Rhein nach Mülheim nach Hause fuhr schien die Sonne wolkenverhangen. Aber sie war kräftig hinter den Wolken, dass konnte ich sehen. Die Wolken schebten schwer und vielschichtig. Sie muteten wir ein riesiges schneebedecktes Gebirge an mit dem strahlenden Licht der Sonne. Es war wie ein kleines Ostern.
Haben Sie den Himmel gesehen fragte ich die mir gegenüber sitzende etwas mürrisch dreinblickende alte Dame? Nein antwortete sie. Da haben Sie was verpaßt, entgegnete ich ihr. Es ist nicht mehr lang bis Ostern. Schöne Ostern wünschte ich ihr und stieg aus.
One Life nehmt Euch Zeit für diesen Film. Unbedingt!
https://www.youtube.com/watch?v=6ethollg-PI
https://de.wikipedia.org/wiki/Nicholas_Winton