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10. Oktober 2008 5 10 /10 /Oktober /2008 20:05

Ich stehe an der Ecke Mauenheimer Str. in Nippes und will gerade die Straße überqueren. Da schießt von der Neußer Straße in Richtung Weidenpesch ein Auto, ich schätze mal, mit ca. 70 km/h quer über die Straße und rast an mir vorbei. Die Überfahrt von der Neußer Str. in die Mauenheimer Str. ist verboten. Ich hatte schon einen Fuß auf der Straße und bin so erschrocken, dass mir die Luft wegbleibt. Im vorbeifahrenden Auto dröhnen die Lautsprecher und ich sehe grade noch, dass zwei Männer drin sitzen. Ich steh noch eine ganze Weile da und schaue ihnen nach, schüttele den Kopf, wie sie ihre rasante Fahrt fortsetzen. Ich bin ratlos, hätte ich jetzt was unternehmen müssen, mir möglicherweise schnell die Autonummer aufschreiben  und die Polizei darüber informieren sollen? Reicht mein Denken, „Du handelst eben anders“?
 
Es gibt ja den altbekannten Spruch:“Wer ist bekannt im ganzen Land, das ist und bleibt der Denunziant“!
 
Wo Denunzierung in der Geschichte hingeführt hat, wissen wir alle. Politisch anders Denkende wurden observiert und inhaftiert. Man konnte niemandem mehr trauen, selbst in der Familie war der Denunziant bekannt.
 
Aber wie ist das bei den alltäglichen Gegebenheiten, wo ist Einmischung erwünscht und richtig und wo sollte man es sein lassen, nach dem Motto, den oder die verändere ich nicht! Beim Beispiel von K-salla in seinem Beitrag „Der rechte Rand“ ist das eindeutig klar!
 
Vor einigen Wochen bin ich nachts wach geworden und hörte unter unserem Fenster ein Klappern und Scheppern. Ich bin ganz vorsichtig ans Fenster gegangen, öffnete es und sah, wie ein Mann sich an dem Fahrrad unseres Nachbarn zu schaffen machte. Ich hielt die Luft an. Was sollte ich tun? Ich hatte noch nie die Polizei angerufen! Ich hatte auch ein bisschen Angst. Als ich aber sah, dass er dabei war, das Fahrrad wegzuschleppen, weil er das Schloss nicht aufbekam, fasste ich mir ein Herz und rief die Polizei an. Sie kam auch sofort. Sie nahm den Mann fest und setzten ihn in den Polizeibus. Ich sah von oben, wie sie die Personalien aufnahmen. Dann kam einer der Polizisten raus und rief nach oben, können Sie mir Ihren Namen und ihre Telefonnummer sagen. Ich war schockiert. Sollte ich die jetzt runter auf die Straße brüllen, so dass der Täter sie noch mithören konnte. Ich antwortete, ich komme ganz kurz runter, aber ich will nicht, dass der Mann mich sieht. Sie können doch hier nicht so laut brüllen. Ehrlich, ich hatte doch ein wenig Schiss, dass der das mitbekam und dann vielleicht eines Tages hier von meiner Haustüre auftauchte und sich rächen würde. Es ist dann alles gut gegangen und am anderen Tag darauf stand der Nachbar mit einem Blumenstrauß vor meiner Türe und bedankte sich, dass ich so wachsam gewesen sei und somit sein Fahrrad gerettet hätte.
 
In meinen jungen Jahren in der Anwaltskanzlei hatten wir mal einen Fall bearbeitet von einem Mann, auch hier in Nippes, der an der Ecke Kempener Str./Neußer Str. wohnte und den ganzen Tag lang nichts anderes tat, als die Polizei zu benachrichtigen, wenn jemand falsch geparkt hatte. Ich kann das bis heute nicht vergessen und muss noch heute den Kopf darüber schütteln.
 
Die Frage ist aber, wann soll man einschreiten, wenn man unsere kleine Umwelt auf diesem Weg verändern will. Und erreicht man tatsächlich etwas in den Köpfen der anderen, außer dass man dazu beiträgt, die Täter zu stellen.
 
Oft ist man auch ziemlich hilflos. Ich hatte mal ein Mädchen im Kommunionunterricht, da lag die Tatsache auf der Hand, dass da ein Missbrauch im Elternhaus stattfand. Wachsam wie ich und die anderen Mitarbeiter waren, haben wir uns mit der Zartbitter-Organisation in Verbindung gesetzt. Die haben dann wohl auch jemanden ins Haus geschickt, aber herausgekommen ist dabei nichts, denn man konnte nichts nachweisen. Wir mussten alle zusehen! Man stand in der Kirche neben den Familienangehörigen und war ohnmächtig! Es war ein schreckliches Gefühl!
 
Ich bin oft ratlos und hilflos. Wann einschreiten und wann denken, das kannst du jetzt sowieso nicht ändern, du kannst es nur für dich selber besser machen.

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