In der letzten Zeit, angeregt durch viele Ereignisse, aber auch aus eigener Erfahrung heraus, habe ich oft über das Wort und die Arten von Mobbing nachgedacht. Wo werden Menschen "gemobbt" und aus welchen Motiven heraus? In unserer Gemeinde wurde gestern ein neuer Pfarrer eingeführt, nachdem der alte nach fast dreißigjähriger Dienstzeit gegangen ist. Früher war das eine sehr lebendige Gemeinde mit vielen unterschiedlichen Menschen und Ansätzen, wie sie ihren Glauben lebten. Der Bruch passierte, als sich vor ca. 20 Jahren eine fundamentalistische Gruppierung bildete. Sie wurden instruiert, die Gemeinde zu erneuern, die, in den Augen der "neuen Heilsbringer", eigentlich keinen Glauben hatten. Die sogenannten "neuen richtig Gläubigen" unterwarfen sich dem neuen Weg in grenzenloser und kritikloser Art und Weise und schafften genau das, was vorauszusehen war. Die Gemeinde spaltete sich, viele blieben weg und heute sind nur noch die neuen Weggemeinschaften in der Pfarrei. Ist das Mobbing?
Gestern als der Pfarrer seinen Einzugs-Gottesdienst feierte, sollte ein älterer, in der Pfarrei lebender Mann als Lektor eine Lesung halten. Er freute sich darauf, denn er hatte den neuen Pfarrer schon in jungen Jahren kennengelernt und den Dienst als Lektor übt er auch schon eine Weile aus.Er ist vor allem wegen seiner urkölschen Art beliebt, die sich natürlich auch etwas in seiner Aussprache zeigt, dies wiederum aber von vielen gemocht wird. Zwei Stunden vor Beginn des Gottesdienstes bekam er einen Anruf aus den Reihen der "neuen Weggemeinschaft", er dürfe jetzt doch nicht die Lesung halten, dies solle ein Jugendlicher übernehmen. Der Grund hierfür wiederum lag darin, weil man den vielen anderen Geistlichen, die während der Feier anwesend waren, ein Bild von einer Gemeinde abliefern wollte, das in Wirklichkeit nicht existiert. Auch schämte man sich wegen seiner Aussprache an diesem Tag. Diese "neuen Weggemeinschaften" hatten die Macht, zu intervenieren. Während des Gottesdienstes ereiferte sich der Betroffene immer wieder. Mobbing?
In einer Firma wird eine Kollegin von der Leiterin der Abteilung auf verschiedene Weise gemobbt. Während sie mit anderen in einem freundlichen Ton spricht, wird diese von ihr immer wieder barsch und wirsch angesprochen. Dinge, die die Kollegin sorgfältig und ordentlich bearbeitet, werden nicht erwähnt, aber jeder kleine Fehler wird ihr nachgetragen und bis hinauf zum Chef gebracht. Die Situation eskalierte, als die Leiterin der Abteilung, die auch für den Arbeitsplan zuständig war, die Kollegin für den kommenden Dienstag einsetzte. Es war Freitag. Die Kollegin nahm das zur Kenntnis und freute sich auf einen freien Montag. Montagsmorgen beim Einkauf klingelte ihr Handy und eine erboste andere Kollegin fragte unfreundlich, wo sie denn bliebe? Folgendes war passiert: Die Leiterin der Abteilung hatte am darauffolgenden Samstag den Arbeitsplan wieder geändert und der betroffenen Kollegin nichts davon gesagt. Sie behauptete steif und fest, der Plan hätte Freitag schon so fertig gestanden. Kein Zeuge, Aussage gegen Aussage! Die Betroffene stand hilflos davor. Mobbing?
Das sind nur zwei kleine Beispiele, zu denen man sicher Hunderte von anderen aus anderen Bereichen aufgeführt werden können. Kinder in der Schule wissen das auch so einiges zu berichten. Mein Sohn erzählte oft von solchen Fällen, wo Schüler einfach in eine Schublade gesteckt wurden und da nie wieder rauskamen, sei es seitens der Lehrer sei es von ihren Mitschülern.
Überall wo Menschen zusammen kommen, scheint etwas zu fehlen, was einen respektvollen und anerkennenden Kontakt mit dem anderen verhindert. Aber was ist das? Was führt zu solchen Situationen? Ist es Angst, der Andere könne mehr leisten wie er, mehr Anerkennung bekommen wie er? Das würde auf einen Mangel am eigenen Selbstbewußtsein hindeuten. Manchmal sind es vielleicht niedere Gründe, die Kollegin ist hübscher, bekommt mehr Anerkennung von den Kunden, oder der Nachbar fährt einfach das bessere Auto. Hat nicht die Werbung sogar da ihren Ansatz, dass sie bewußt solche Dinge in Szene setzt? Ich meine mich an eine Werbung zu erinnern, die genau daraufhin zielte, seinen Nachbarn einfach einmal neidisch zu machen? Fängt Mobbing da an, wo Neid und Mißgunst vorherrschen, der Glaube an sich selbst und das alles einen Wert hat, verloren gegangen ist?
In einem Gespräch hier zu Hause wurde über die Situationen hier im Blog gesprochen. Und mein Sohn hatte folgende Frage:" Was hat einer davon, den andern runter zu bewerten? Wieso liegt das Gewicht auf irgendeinen Grad in der Bewertungsskala. Man hat nichts davon! Außer ein klein bißchen mehr Selbstwertgefühl. Es gibt andere Blogs, wo es noch schärfer hergeht, wo es aber rein materialistisch gesehen, etwas zu verdienen gibt und daher die Motivation schon wieder eine andere ist. Hat er mir zumindest berichtet. Kann man von all den Dingen, die hier passieren, schon von Mobbing sprechen oder haben einige tatsächlich keinen Humor und nehmen es zu ernst! Dazu kommt, dass jeder anonym ist, also sein Name eigentlich von niemandem der hier liest, mit dem Artikel in Verbindung steht. Noch unbegreiflicher!
Ist die Aneinanderreihung, z.B., wenn eine Kollege dich plötzlich links liegen läßt und nicht mehr mit dir kommuniziert, von Gesten, Blicken und Worten schon Mobbing? Oder sind wir alle nur zu überempfindlich geworden und können diesbezüglich weniger aushalten? Wenn ja, wieso?
Das Wort "Mobbing" leitet sich zum einen aus dem englischen Verb "to mob" ab und bedeutet nichts anderes als über Jemanden herfallen, ihn runtermachen, angreifen usw. usw. Und zum anderen aus dem Substantiv "the Mob", womit der gemeine Pöbel gemeint ist. Seinen Ursprung in der lateinischen Sprache "Mobile vulgus" bedeutete aufgewiegelte Masse.
Mobbing, brauchen wir das?
Don Vito Corleone 11/02/2008 19:39
Fernweh 11/02/2008 19:50
ReFi 11/02/2008 16:36