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3. November 2022 4 03 /11 /November /2022 15:09
Vor meinem Fenster
lag heut ein
Eichenblatt
Ich frage mich
wo kommst du her
du kleines
Eichenblatt
weit und breit
kein Eichenbaum
ich kenne alle Orte
rings um mich herum
alle Strassen und Gassen
nein, kein Eichenbäumchen
nirgendwo
jetzt frage ich Dich
du kleines Eichenblatt
wo kommst du her?
willst du mir etwas sagen?
mich an etwas erinnern?
soll ich mich aufmachen
und nach dem Ort suchen
woher du gekommen bist?
du kleines Eichenblatt
du hast jetzt einen Platz
hier bei mir
in einem Rahmen an der Wand
buntgefärbt strahlst du mich an
und erinnerst mich daran
dass manchmal etwas auf Reisen geht
von ganz weit her
um seinen Platz zu finden
wo es für immer bleiben will.
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28. Mai 2022 6 28 /05 /Mai /2022 12:05

Gibt es eigentlich jemanden, der John Updike nicht kennt? Ich kann es mir jedenfalls nicht vorstellen. Geboren in 1932 in Pennsylvania/USA.  Im Jahre 2007, genauer gesagt am 27. Januar  verstorben. Seine Veröffentlichungen sind unzählig, Romane und Kurzgeschichten sowie Essays und Gedichte!
 
Seinen Durchbruch hatte er mit seiner Romanreihe „The Rabbits“, der erste Rabbit Run, erschien 1960. Die Romane erzählen alle vom Leben des Rabitt Angströms, der in seiner Highschoolzeit ein gefeierter Basketballstar war. Ruhm und Ehre kann er niemals vergessen. Diese Bücher haben mich sehr geprägt, denn sie erzählen vom Leben eines Menschen, der in einer stetigen inneren Unzufriedenheit lebt, trotz Familie, trotz Erfolg im Beruf und von den kleinen Fluchten aus dem Leben, dem Suchen nach tiefstem inneren Glück und bei-sich- selber- sein. Der Mensch scheint wohl nie mit dem zufrieden zu sein, was er hat, sondern glaubt, es müsse immer noch etwas darüber hinaus geben, was das Glück vollkommen macht. Seine Bücher sprechen von der wirtschaftlichen  Entwicklung Amerikas und wie kein anderer kann Updike gefühlvoll und poetisch die Stimmungsänderungen der Menschen in den fünfziger Jahren Amerikas wiedergeben.
 
Auch Rabbits Rückkehr ist ein wundervoll, humorvoller Familienroman, der uns einen schönen Einblick in die amerikanische Mittelschicht gibt, die Charakterisierungen der Personen im Buch sind treffend und erschließen sich aus Updikes guten Menschenbeobachtungen. Die Menschen kommen und gehen, treten in Beziehungen ein und genauso leicht wieder heraus. Dabei verlieren sie nie ihren Lebensmut und stehen zu dem, was sie sind, in jedem einzigen Moment. Man entdeckt viel von sich selber.
Und es wird auch gekocht, denn es gibt „Thanksgiving“ zu feiern. Ein kleiner Absatz aus dem

Buch:
 
„Gleich gibt´s was Süßes, Jungs, verspricht Janice ihnen, und dann fällt ihr ein, dass sie die Obstkuchen, der eine mit Apfelschnitzen, der andere mit einem Püree aus Rosinen, Äpfeln und Rum, im Backofen hätte erwärmen sollen, anstatt am Tisch sitzen zu bleiben und zuzuhören, wie alle sich streiten!“
 
Der Ursprung von Janices Apfelkuchen hat seinen Ursprung in Wien, aber das weiß sie natürlich nicht, denn jede amerikanische Hausfrau meint ihr ureigenes Familienrezept zu haben. Und heute hab ich mir diesen duftenden Apfelkuchen gebacken, der mir den morgigen Sonntag und dem zu erwartenden Besuch versüßen soll.


Und nun hier zu Zutaten zu einem herrlich schmeckenden Apfelkuchen, der so manchen trüben Novembertag versüßen kann:
 
Janice Wiener Apfelkuchen:
 
Zutaten für den Teig:
25o gr Mehl
125 gr Butter,
7o gr Zucker
1 Tl Zimt, 1 Ei,
Salz, Mehl zum Ausrollen.
 
Für die Fülle:
Aprikosenmarmelade,
1 kg Äpfel,
1 El Butter, 2 EL Zucker,
1 Tasse Rosinen,
4 Eier, 1 Schnapsglas Rum.
 
Aus den Zutaten einen Teig kneten, ausrollen, eine Springform damit ausfüllen, 1o Min. bei 22o Grad vorbacken und mit Marmelade bestreichen. Äpfel schälen, würfeln, in heiße Butter geben, mit Zucker eingeweichten und abgetropften Rosinen weich dünsten und mit 4 Dottern und Rum verrühren. Das Eiweiß zu Schnee schlagen, unter das Apfelmus heben, die Mischung in den Tortenboden füllen und alles bei 2oo Grad 3o bis 4o Minuten backen.
 
Viel Vergnügen:)

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21. Mai 2022 6 21 /05 /Mai /2022 10:09

Was tun, wenn die Liebe verloren gegangen ist?

Kann eine Liebe ewig halten? Was macht man, wenn sie verlorengeht oder einer der Partner in der Beziehung unglücklich ist. Man lebt all die Jahre zuammen, hat etwas zusammen aufgebaut, aber schon lange ist es so, dass man eher in einer Art Freundschaftsbetrieb zusammen den Alltag bewältigt. Der eine ist beim anderen nicht mehr. Der eine merkt es nicht, der andere sehnt sich. Und wenn dann..., ja wenn dann....
 
Worüber ich spreche?  Vom Film Film "Wolke 9", den ich mir nach langer Zeit mal wieder angeschaut habe. 

Der Film wurde schon wegen des Themas *Sexualität im Alter* hochgelobt. Und ich muß sagen, es waren berührende, schöne, sehr sinnliche Szenen. Sexualität im Alter, ja das ist ein Thema, dass eigentlich absolut tabu ist. Die Kinder in einer Ehe rätseln, haben die Eltern überhaupt noch Sex miteinander? In unserer Zeit des makellosen Körpers, scheint es für die jungen Menschen oft, jedenfalls nehme ich es an Äußerungen so wahr, eher unappettitlich sein, sich der Vorstellung hinzugeben, dass alte Körper Verlangen nach Sexualität haben und sie auch leben wollen. Andererseits, in vielen Beziehungen ist entweder beim einen oder beim anderen Partner das Bedürfnis nach Sexualität nicht mehr da, man hat sich anders arrangiert. Aber was ist, wenn einer in seinem Begehren und Sehnsüchten auch nach körperlicher Befriedigung allein bleibt. Wie geht man damit um?
 
Der Film jedenfalls hat auf unnachahmliche und wunderbare Weise gezeigt, dass Sexualität immer lebendig sein kann und dass er nichts damit zu tun hat, dass Körper makellos sein müssen, um sie zu leben. Wo die Nähe zum Anderen da ist, da sieht man den anderen mit den Augen der Schönheit. Und hat nicht jeder Körper in jedem Alter seine eigene Schönheit? "Du bist schön!", sagt er zu ihr in dem FIlm und man muß aufpassen, nicht mit den Augen den   "makellosen Körper-Blick" zu schauen.
 
 Das zum Thema Sexualität im Alter.  Für mich war es eigentlich gar nicht das Entscheidenste oder das Bewegendste in dem Film. Für mich ging es eigentlich um mehr. Um das doch viel Entscheidendere, Existenzielle einer Beziehung. Der eine ist beim anderen nicht mehr! Man hat sich arrangiert. Geht ja auch gut. Ist alles freundlichschaftlich, der Alltag läuft. Die Kinder sind zufrieden. Klar, die Kinder wollen immer ihre Heimat, ihr Elternhaus behalten. Kinder leben ihr eigenenes Leben und haben oft kein Gespür dafür, dass die Mutter oder der Vater auch noch Sehnsüchte und Träume hat. Wie denn auch. Die Eltern haben ihr Leben auf die Kinder ausgerichtet, waren immer für sie da, später dann für die Enkel. Und nun das?
 
Was? Also sie, die Frau, begegnet einem "Anderen!" Es bewegt sie. Sie spürt die Anziehungskraft, ohne dass große Worte gewechselt werden. Überhaupt, der Film kommt mit wenig Woren aus, auch keine Hintergrundmusik. Die Szenen, die Gesten, die einzelnen Sätze sprechen eine ganze Geschichte dieser Beziehung aus. Unglaublich faszinierend.
 
In ihrem Gesicht, während sie mit ihrem Mann dem Alltagsgeschäft nachgeht, spiegeln sich ihre Zweifel wider, ihre Gefühle, die im Widerstreit liegen. Was soll sie tun. Nach 30 Jahren gehen? Es scheint ihr unmöglich zu sein. Aber die Kälte, ja es ist die Kälte, die Wand, gegen die sie in ihrem Alltag läuft, wenn sie mit ihrem Mann zusammen ist, die sie erschauern läßt, immer wieder. Seine Gefühlskälte kommt sehr deutlich zum Ausdruck, in der Szene, als sie bei seinem Vater sitzen, der gebunden an den Rollstuhl, nicht mehr eigenverantwortlich leben kann und er ihn fütternd den Satz spricht:" Wenn ich im Alter so ende, erschieße ich mich!"  Sein Moralismus sticht dabei deutlich hervor. Er kann es nicht ertragen, seinen Vater so zu sehen, möchte am liebsten fliehen, aber sein Moralempfinden untersagt ihm dies. Sie ist unglücklich. Und dieses Unglücklichsein treibt sie an, ihn, den "Anderen" aufzusuchen. Und sie finden sich, wie zwei Magnete, die schon immer zusammengehören.
 
In all ihrer Verzweiflung vertraut sie sich der Tochter an. Ach, das ist doch schön, Mama, genieß es, rät diese ihr. Nimm es mit, aber sag nichts. Laß es unser Geheimnis bleiben.
 
Sie versucht es, aber kann ihrem Mann nicht mehr ins Gesicht sehen. Sie kann mit einem Doppelleben nicht umgehen. Was manchmal im Leben ganz normal für einige scheint, kann sie nicht ertragen.
 
Und sie tut es. Eines Tages sagt sie ihm die Wahrheit. Er scheint wie aus einer anderen Welt zurückzukommen. Will nicht wahrhaben. Es rührt ihn an und bewegt ihn, wie ihre Verzweifelung zum Ausdruck kommt. "Ich wollte es doch nicht!" "Ich habe es doch nicht gesucht!" "Es ist einfach so passiert!" So ihre Aussagen, mehr nicht. Aber er versteht nicht. Das immer und ewige Problem des Mannes, der in seiner eigenen Welt lebt und keinen Blick mehr hat für das Gegenüber. Das immer und ewige gleiche Problem der Menschen, die den Anspruch haben, immer und ewig ist es nur der oder die eine, die man lieben kann.
 
Das ist das eine, aber nun, wie geht man damit um, wenn es passiert, egal, ob nach 3, 10, 20 oder 30 Jahren. Die Moral sagt, du hast die Verantwortung für das Gegenüber und im Falle einer Familie mit Kindern auch die Verantwortung für die weitere Zukunft der Familie. Schon hast du das Päckchen auf den Schultern. Die Kirche sagt:" bis dass der Tod Euch scheidet". Kann das wirklich gehen? Kann Derjenige, dem es passiert, mit dieser Verantwortung leben, sich zu verbieten, geschehen zu lassen, was er sich gerne wünscht. Bleibt er nicht dann der, der bis an sein Ende unglücklich sein wird, bis der Tod ihn ereilt und er vielleicht bereut. Und wenn er, wie im Film, den Schritt wagt, spät noch, dann wird der andere unglücklich. Das muß er in Kauf nehmen.
 
In diesem Zusammenhang fiel mir der Satz eines Inders ein:" Liebe ist ein schmerzliches Vergnügen!".
 
Das Ende des Films möchte ich nicht verraten, aber es hat mich schockiert, damit habe ich nicht gerechnet. Und es wirft eine neue Frage auf: "Schuld oder nicht!". Bewegend und es ist nur ein Film, doch tausende Male passiert es wirklich im Leben.
 
Viele Themen, viele Fragen, viele Diskussionspunkte birgt dieser wunderbare Film von Andreas Dresen, der mit dem Projekt eine Fortsetzung seines ersten Werkes "Halbe Treppe" weitgerführt hat. Man muß ihn sehen, still und ruhig läuft er vor dem Auge hab, mit großer Dramatik über das, was immer und jedem jeden Tag passieren kann.

Ich habe den Film übrigens einmal im Kino in Anwesend der Protagonisten und des Regisseurs gesehen mit einer anschließenden Frage und Antwort Gelegenheit. Wie auch immer, ein sehenswerter Film.

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15. April 2022 5 15 /04 /April /2022 12:47

Billy Cobham in Sonic Mirror und was Musik mit Menschen macht!

Wer Musik liebt und um die Wirkung auf den Menschen weiß, in jeder Hinsicht, körperlich aber auch therapeutisch auf das seelische und psychische Gleichgewicht, darf sich diesen Film nicht entgehen lassen.
 
Sonic Mirror, eine Produktion von Mika Kaurismäki, Bruder von Aki Kaurismäki,dessen Filme ich wegen seines Minimalismus, sehr liebe. Auch Mika bedient sich, wenn auch etwas lebendiger, dieser Gestaltungsform.
 
Sonnic Mirror ist ein Film sowohl über und mit Billy Cobham, einer der wohl bekanntesten Drummer der Welt. Meine erste Scheibe von ihm "Spectrum" stand lange in meinem Plattenregal und ich weiß nicht, wie oft ich sie gehört habe. Cobham hat mit allen Musikgrößen dieser Welt gespielt, ob mit Carlos Santana, MacLaughlins Mahavishnu Orchestra, George Benson oder Jan Hammer, ich könnte viele mehr aufzählen. Er hat aber auch alle Musikstile dieser Welt in seiner Musik verschmelzen lassen, vielseitig, erprobend, fantasievoll.

Im Film Sonic Mirror wird aber nicht seine Lebensbiographie dargestellt, sondern nur  kurz angerissen, wie er zu dem wurde, was er heute ist. Wie ihn damals als kleiner Bub das Wummern der Surden und Drums in seinem Viertel in den USA in seinen Bann zog und er intuitiv die Rhythmen auf dem Blech des Autos seines Vaters, ein bekannter Konzertpianist seiner Zeit, nachspielte. Da hatte es ihn gepackt. Von da an war sein Weg vorgezeichnet.
 
Nie hatte er eine Antwort darauf, was er mal werden wolle.  Später, als Erwachsener,  hat er  sich seiner Intuition, seinem Können und  seinem Charisma übergeben und  ist  zu dem geworden, was er heute ist, einer der größten Drummer unserer Zeiten.
 
Das ist aber schon alles aus seinem Werdegang im Film, denn der erzählt mehr von der Möglichkeit und der Beeinflußung von Musik auf den Menschen.


Die einzige Sprache die jeder Mensch auf der Welt versteht, sagt Cobham, ist Musik. Daher ist Musik nicht nur Klang, sondern auch Kommunikation. Das hat mir gefallen. Denn wer hat nicht schon erlebt bei einem Konzert, einer Musikveranstaltung, wie Menschen, erfaßt durch Klang und Rhythmus anfangen zu tanzen, sich bewegen, sich innerlich frei machen, Blockaden aufgelöst werden und somit eine Freude und Lockerheit zu Tage tritt, die es um ein Vielfaches einfacher macht, mit dem anderen ins Gespräch zu kommen. Ich jedenfalls schon tausende von Malen.
 
Im Film sehen wir Cobham in Finnland auf dem Espoo-Festival mit der Espoo-Bigband spielen, berauschende Drumszenen. Er spielt teilweise mit vier Schlagstöcken an seinen Drums und jeweils unterschiedlichen Rhythmen, einfach nur klasse und  genial. Dann wieder sehen wir ihn in Brasilien, wo er mit brasilianischen Straßenkindern drauflostrommelt. Kinder, die ähnlich wie Cobham ihr Leben mit Tanz und Musik verbringen und sich nichts anderes vorstellen können, als dass Musik ihr ganzes Leben begleiten soll.
 
Dann wieder sehen wir ein Therapiezentrum in der Schweiz, dass sich mit der Pflege und Förderung schwerster Autisten beschäftigt. Ein wenig hab ich beim Anschaun des Films an ein ähnliches Projekt denken müssen, dem "Rhythm is it" , der damals mit den Berliner Philharmonikern unter der Leitung von Simon Rattle gedreht wurde.  Dort ging es darum, schwache, labile Menschen, in diesem Fall Jugendliche, in ein inneres Gleichgewicht zu bringen durch Tanz und Musik, ihnen Selbstbewußtsein und Stabilität zu geben.

So bewegt sich der Film immer zwischen diesen drei Schauplätzen, Finnland, Brasilien und der Schweiz mit Bildern von Menschen, die die Musik zum Leben bringt, sie geradezu heilt, von dem, was sie belastet und psychisch unstabil hält. Auch ganz beeindruckende Aufnahmen, für mich jedenfalls, weil ich an diesem Ort schon einmal war, im Goetheanum in Dornach.
 
Am Ende des Films ist alles ein einziger Rausch von Klängen, Rhythmen und Bewegung. Die Espoo-Band in Finnland, die Male-Musikgruppe in Brasilien, die übrigens aus vielen tausenden von Mitgliedern besteht und die sich auch durch ihre Musik gesellschaftlich einbringt und auf Mißstände hinweisen will und dem Schweizer Therapiezentrum. Es ist unglaublich bewegend, wie am Ende die Autisten sich von der Musik ergreifen lassen und wie der Drum ihre Seele bewegt und sie anfangen aus dem tiefsten Inneren heraus ihre Körper zu bewegen, wie aus einem Urinstinkt heraus. Denn es stimmt doch,  Menschsein heißt in Bewegung sein, in Aktivität mit der Welt und dem Gegenüber zu sein, sei es verbal oder nonverbal. Es gibt beide Kommunikationsmöglichkeiten.

So ist dieser Film keine Biographie Billy Cobhams, sondern ein Dokumentarfilm über die Kraft und Energie von Musik. Ein Erlebnis.
 


 

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15. April 2022 5 15 /04 /April /2022 11:11

Was dem Christen die Osternacht bedeutet:

Die Nacht der Nächte!

Jetzt bereitest du dich schon seit Tagen vor. Mehr oder weniger hast du gefastet, meditiert, den Geist versucht von allem Schweren zu befreien. Deine Gedanken scheinen jetzt wieder klarer. Die Fußwaschung war schon der Anfang. Dem Gegenüber willst du dienen. Nicht du, sondern "Er"! Schwer, du weißt es, aber du versuchst  es jeden Tag neu.
 
Karfreitag, nicht mehr düster und dunkel für dich, denn du weißt ja, es gibt Auferstehung! Sie da! Der Mensch! sagt Pilatus und zeigt auf ihn, den Geknechteten.
Siehe da! Der Mensch!
 
Und wenn man auch nicht Christ ist, dieses Bild, diese Geschichte, ist für Jeden. So vieles erzählt sie von Dir und von mir. Was ist der Mensch? Wer ist das Gegenüber, mit dem du gerade sprichst? Wie beurteilst Du ihn, obwohl Du nichts von ihm weißt.


Nicht ahnst, dass er schon so vieles erlitten und erduldet hat. Schon so viel gekämpft, schon so viele Momente in seinem Leben, wo er nicht mehr wollte. Und doch? Tapfer, wie ein Krieger des Lichts, hat er sich den Dunkelheiten entgegengestemmt. Ist hindurchgegangen, wie die Isrealiten durch das rote Meer, dass sich geteilt hat. Und er war wieder in Sicherheit. Die Wellen des Todes haben ihn nicht verschlungen. Er konnte wieder neu beginnen.
 
Was ist schon Wahrheit?
 
Befreiung aus der Knechtschaft. Soviele Sklavereien auch in Deinem Leben. Dass, was man dir aufgebürdet hat an Last aus deiner Kindheit, dass du mitgeschleppt hast, das deinen Rücken gekrümmt hat. So viele Unfreiheiten, denen du dich unterworfen hast, bis du sie erkannt hast.
 
Wieviele Plagen gab es in Deinem Leben? Wieviele Menschen, die es dir schwer gemacht haben. Wieviele Dämonen, die dich innerlich besetzt hielten! Hast du mal drüber nachgedacht! Was ist dein Ägypten? Du denkst nur an das "Jetzt", an dieses eine kleine zeitliche Leben und du merkst nicht, dass du gefangen bist. Weil du nur an dieses eine Leben glaubst, meinst du, du müßtest jetzt alles mitnehmen, weil vielleicht verpaßt du was!
 
Bist du nicht ständig besetzt von solchen Gedanken:" Wieder ein Freund schwer erkrankt, warum muß er leiden? wie lange wirst du selber leben? Willst du 1oo jahre werden? Was ist mit deinen Eltern, Geschwistern, Freunden. Die Welt bedrängt dich. Geschäfte, Einkommen, Verleumdung, Konkurrenz, Haß, Gerede, Politik, Krieg, Verfolgung. Ist das das schöne Leben?

Bist du ein Knecht oder ein Freier? Der Kecht tut, was sein Herr will. Ist dein Knecht die Angst vor dem Morgen, vor dem Tod? Du willst dir die Zukunft sichern und schon bist du Knecht. Denn es gibt keine Sicherheit. Du willst vom Arzt wissen, was dir fehlt, von den Politikern, ob bald Friede sein wird, von den Tarotkarten, ob es dir weiterhin gut gehen wird, vom Horoskop, ob möglicherweise etwas droht und von den Geistlichen, ob dir der Lohn des "Braven" sicher ist? Aber es gibt keine Gewissheit, du kannst nur glauben und hoffen.
 
Ständig suchst du nach dem Großen, den großen Taten, die großen Gedanken müssen es sein! Das Kleine, Unscheinbare, das kann doch nicht dein Leben sein. Und so bleibst du in deiner Starre. Du ißt das Brot der Armut, deiner geistigen. Armut, weil du den Himmel nicht sprechen läßt. Denn der Himmel spricht durch das Kleine, durch das Unauffällige, nicht im Sturm, nicht im Feuer, sondern in der zarten, stillen Stimme.
 
Aber jetzt ist sie nah. Die Nacht der Nächte, die alles verändern kann! Wo du dich befreien kannst. Nimmst dein Leben mit, das ganze, harte schwere, deine Leiden, deine Schmerzen, aber auch deine Freude und legst es auf den Tisch. Dort liegt es schon, das Brot, ungesäuert, das mazzoth. Und der Wein, als Zeichen der Befreiung. Roter Wein, Trauben aus dem Land der Verheißung. Glaubst du an die Verheißung deines Lebens? Dass du ein Freier sein wirst, wenn du nur glaubst?
 
Wenn du glaubst, dass diese eine Nacht alles verändern kann. Was ist anders in dieser Nacht? Kannst du wirklich annehmen, dass der Himmel dich in dieser einen Nacht befreien kann?
 
Kannst du wirklich feiern, dass dein Leben eine erneute Wendung, eine erneute Befreiung für dich bereit hält! Du hast Sehnsucht? Das ist gut! Dann wird es geschehen. Dann gehst du aus dieser einen Nacht als ein neuer Mensch hinaus.
 
Dein Leben wird nicht viel anders sein, deine Vergangenheit wird bleiben und die Probleme deiner Gegenwart werden sich nicht verändern, aber du wirst dich nicht davon zerstören lassen. Du wirst aufrecht hindurchgehen, wie die Ägyptger durch das Rote Meer. Du wirst ein König deines Lebens sein. Denn wir haben nicht den Geist der Knechtschaft empfangen, dass wir uns wieder fürchten müßten, es ist der Geist, der vom Himmel kommt, der uns befreit, der schwebte über den Wassern, als du noch gar nicht lebtest. Der Geist, der dir eingehaucht wurde, damit du lebst!
 
Du kannst nur daran glauben, denn du kannst die Ewigkeit nicht befragen, aber bleib einfach offen.Öffnen im Sinne einer neuen Dimension! Verstehst du? Spricht Freiheit die gleiche Sprache wie die der Gefangenschaft? Freiheit kennt nur Freiheit, Gefangenschaft ist auch gleichzeitig Gebundenheit. Als Gefangener gehst du nur dorthin, wo dein Bewacher dich hinläßt, er beschränkt deine Wege.
 
Willst du in dieser Nacht die Worte hören, die dir die Tore zur Freiheit öffnen. Ja, du willst! Denn diese Worte sind deine Quelle, dein Brunnen, aus dem du schöpfst. Du willst endlich wach werden aus deinem Schlaf, aus der Müdigkeit Deiner Vergangenheit. Ja, du willst, du glaubst daran, dass diese Nacht dich verändert wird. Dass du mit großen Augen die Welt ganz neu wahrnehmen wirst, dass du plötzlich keine Last mehr spürst, dass du mit einer neuen Leichtigkeit durch die Welt bis ans Ende deines Lebens gehen wirst. Und du willst es nicht mehr vergessen in deinem Alltag, dass die ganze Schöpfung auf die Liebe ausgerichtet ist. Und dass du teilhaben wirst an dieser Liebe, wenn du selber liebst und den Kampf gegen die Bosheit gewinnst. In dieser Nacht wird das Wort wie Regen in dein Herz fallen und seinen Samen streuen und du wirst heimkehren. Du bist traurig gegangen, aber du kommst wieder voller Freude und Lachen und dein Mund wird voll des Lobes sein.
 
Diese Nacht! Eine ganz besondere, die Osternacht!

 

So denkt er, der Christ!


 


 

 

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6. Januar 2022 4 06 /01 /Januar /2022 12:52
Heute möchte ich ein wunderschönes Büchlein vorstellen. Schon allein die Aufmachung läßt das Herz warm werden. Es verführt geradezu, es in die Hand zu nehmen.  Dunkelblau mit türkisfarbener Betitelung, das Ganze mit blausilbernglänzenden Leuchtepunkten versehen. Wenn man über den Deckel streicht, fühlt es sich ganz so an, als wenn man alle kleinen Funken in der Hand halten würde. So schön.
 
Das Büchlein ist geschrieben worden von Bernd Brunner und der Titel lautet:
 
Das Buch der Nacht.
 
Bernd Brunner geboren 1964 in Berlin,  studierte Betriebswissenschaft, Amerikanistik und Kulturwissenschaft an der Uni Berlin, sowie der Humbold-Universität und als DAAD-Stipendiat an der University of Washington in Seattle.
 
Brunner verbindet Wissenschaftliches mit Unterhaltung, so daß man es gut lesen kann, ohne in irgendwelche wissenschaftlichen Formulierungen sich zu verlieren.
 
Die Nacht. Wer denkt schon groß über die Nacht nach. Wenn es dunkel wird, spätestens nach ein paar Stunden, legt der Mensch sich schlafen. Fertig aus. Dabei verbindet die Nacht so Vieles, worüber es sich lohnt, einmal drüber nachzudenken oder einfach nur daran zu denken.
 
Wichtig wird die Nacht, gar bedrohlich für den, der Schlaflosigkeit sein Eigen nennt. Dieser müht sich oft um den Schlaf. Oder der Mensch, der im nächtlichen Schlaf von sich wiederholenden Albträumen gequält wird. Diese Beiden empfangen die Nacht wohl mit ängstlichen Gefühlen. Geht das wohl wieder los? Werd ich nicht einschlafen können, werden mich wieder die Träume überfallen und ich angstschweißend erwachen und dann da liegen, in der Dunkelheit, sehnen dass die Schreckensgefühle schwinden und ich schnell begreife, alles nur Traum.
 
Dies  wären nur zwei der negativen Merkmale, die über die Nacht dem Menschen einfallen. Natürlich gibt es viel mehr, wie wir im Buch erfahren.
 
Doch demgegenüber eben auch  viele positiven Eigenheiten der Nacht. Und auch darüber lesen wir.  Diese Wechselspiele positiv/negativ haben Brunner besonders angezogen.
 
Zu nennen wäre z.B. die Muße nächtlicher Lesestunden. Wer das hin- und wieder praktiziert hat weiß, dass das Vergessen der Welt und im Lesen eines  Buches um sich zu verlieren in dieser Stille der Nacht etwas Besonderes und deutlich einfacher ist als am Tag. Die Geborgenheit, die man im Bett liegend fühlt, schafft zudem noch ein ganz eigenes Geschmäckle.  Oder man steht einfach in der Hälfte der Nacht auf, was von mir eine Zeit lang praktiziert wurde, und widmet sich dem Gebet. Ebenfalls eine ganz besondere Erfahrung.
 
Auch sind Träume ja nicht immer Albträume. So können Träume im Schlaf dem Menschen zu großer Kreativität verhelfen, die sie dann tagsüber und in der Zukunft verwirklichen können. Probleme, die noch vor dem Einschlafen einem wie ein Riese erschienen, ganz plötzlich Morgen gelöst werden können.
 
Brunner erzählt dies am Beispiel von Friedrich August Kekule, der sich bekanntlich ja lange mit der komplizierten Molekülarstruktur organischer Verbindungen beschäftigt hatte. Es ging ums Benzol, das aus sechs Kohlenstoff- und weiteren Wasserstoffatomen besteht. Es schien ihm ein Rätsel, wie diese angeordnet wären. Und so träumte Kekule einmal von einer Schlange, die sich in den Schwanz beißt. Er hatte die Eingebung, dass sich die Atome in einer Ringstruktur befinden müssten. Diese Erkenntnis wiederum war dann die Grundlage für die Synthese einer ganzen Reihe künstlicher Fabrstoffe in der zweiten Hälfte des 19.ten Jahrhunderts. Und auch seinem Kolleghen, dem Chemiker Dimitri Mendeljew wird nachgesagt, die Idee für das Periodensystem der Elemente sei ihm ebenfalls in einem Traum erschienen.
 
So begeben wir uns mit ihm in diesem Büchlein auf eine Wanderung durch die Nacht, lauschen hier, erkennen und erfahren dort und dürfen uns an der Poesie über Mond, Nacht und Mythen in kleinen Gedichten und Geschichten erfreuen, aber eben auch über Wissenschaftliches. 
 
Es gibt insgesamt 36 Stationen, die uns über das Wesen und die Geschichte der Nacht einführen, sie uns überraschen, was es alles über die Nacht zu erzählen gibt.
 
Eins ist vorab schon mal klar. Nacht ist dort, wo die Sonne untergeht.
 
Und was sich allein alles abspielt in der Dämmerung ist schon wunderbar, wenn man die Muße hat, hinzuhören und hinzuschauen, aufmerksam, ganz in Ruhe, irgendwo sitzend, am Meer, auf seinem Balkon oder auf einem Feld, wo, so der Himmel wolkenlos ist, man staunend bewundern kann, wie Stern um Stern der Himmel beleuchtet wird. Oder wenn die ersten Fledermäuschen sich auf den Weg machen, sich ihre tägliche Nahrungsration zu erfangen.
 
Manche Menschen sind jedoch auch nachtaktiv oder sie müssen es sein wegen des Berufes, den sie ausüben. Für sie beginnt das Nachtleben.
 
So erfahren wir, dass das Nachtleben der Menschen im 18. Jahrhundert gar unterdrückt wurde. So hat die Polizei in Frankfurt in dieser Zeit die Cafes und Restaurants geschlossen. Wohl als Vorsichtsmaßnahme für dann entstehende vom Menschen ausgehende Gefahren. In der Nacht ist das Böse nicht so schnell zu erblicken, es kann einen überraschen und an jeder Straßenecke überfallen. Daher ist dem Menschen, der sich einmal auf einem Weg in die Nacht hinein verwirrt, das Herz schwer und das Voranschreiten wird ihm unheimlich angesichts der Schwärze der Nacht, wenn nicht mal der Mond scheint und die Sterne sich hinter der Wolkendecke versteckt halten. Der Tag hat Augen, die Nacht Ohren, sagt ein schottisches Sprichwort.
 
Menschen, die in der Stadt leben, wissen darum gar nicht mehr. Einen Weg zu gehen durch völlige Dunkelheit. Wir leben im Zeitalter der Lichtverschmutzung. Was das aus uns und der Natur gemacht hat darauf haben Wissenschaftler schon seit Jahren hingewiesen. Sie hat sich in den letzten 30 Jahren verdoppelt.
 
Selber habe ich das oft erlebt, in meinem kleinen Eifelhäuschen, wo des Nachts um 24.00 Uhr die Strassenlaternen erlöschen. Wenn mann dann durch seine Türe hinaus auf die Strasse tritt, ist da wirklich Nichts, nur Schwärze und es dauert, bis sich das Auge einen Weg gesucht hat, auch in diesem Schwarz noch etwas zu erkennen. Und, obwohl man genau weiß, dass da Nichts und Niemand ist, kriecht die Beklommenheit und eine gewisse Ängstlichkeit in einem hoch. Es könnte doch...Auweia... Es darf mit Fug und Recht gesagt werden, es braucht ein wenig Mut dann seinen Weg fortzusetzen. Habe sehr oft mit meinen Kindern und auch Kindergruppen, die ich betreut habe, Nachtwanderungen unternommen, bei denen ich tröstend und  besänftigend das eine oder andere dann an der Hand führen mußte.
 

Wie immer könnte ich jetzt ewig weitererzählen, was uns Brunner über die Nacht in diesem schönen Büchlein erzählt. Es gibt so Vieles, was uns aufmerken, staunen und überrascht sein läßt. Anmerken möchte ich, dass es immer kurze, prägnante Kapitel sind, die ein besonderes Thema der Nacht aufgreifen, so daß man das Buch nicht wie sonst ein Sachbuch oder einen Roman liest oder lesen muß, sondern es einfach da gemütlich am Tisch neben der Kerze liegen lassen kann und wenn mal wieder die Neugier das Bedürfnis nach einer weiteren Episode gestillt werden möchte, kann man es ergreifen, aufschlagen und gerade das aufschlagen, wonach einem gerade ist.

 
Jedenfalls ist es wohl so, wie Anne Sexton einmal gesagt hat: "Man muss die Nacht gesehen haben, um den Tag zu begreifen"
 
Und ganz sicher werde ich mir auch noch seine Werke von Mond und Mensch, vom Winter und der Erfindung des Nordens zu Gemüte führen. Es macht einfach Spaß ihn zu lesen.
 
Meine Empfehlung möchte ich beenden mit ein paar Zeilen unter dem Kapitel: Was Menschen in der Nacht umtreibt, von Friedrich Nietzsche:
 
"Nacht ist es: nun reden lauter stille springenden Brunnen. Und auch meine Seele ist ein springender Brunnen.
Nacht ist es: nun erst erwachen alle Lieder der Liebenden. Und auch meine Seele ist das Lied eiens Liebenden"
(Friedrich Nietzsche - das Nachtlied - Also sprach Zarathustra
 
Viel Vergnügen
 
Bernd Brunner Das Buch der Nacht
Galiani Verlag, Berlin
192 Seiten
28 Euro
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
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2. Januar 2022 7 02 /01 /Januar /2022 12:59
Edgar Selge, Schauspieler hat ein Buch geschrieben. Das steht sogar auf der Spiegel-Bestsellerliste. Auf dem 8. Platz. Für mich gehörte es auf den 1. Platz, auf jeden Fall vor diesem komischen Fitzek. Jedenfalls eines der Besten, dass ich in den letzten Wochen gelesen habe.
 
Schön kann man es nicht beschreiben, denn Selge erzählt von seiner Kindheit aus seiner Familie in den Nachkriegsjahren und den späteren 6oern. Und die war nicht schön, obwohl er Vieles auch mit einer gewissen Komik beschreibt, denen einige Geschehnisse innewohnen und unglaublich berührend. Wie er immer mal die Wangen zusammenkneifen muß, wenn er in Situationen gerät, an denen auf keinen Fall gelacht werden darf.  Für mich nochmal mehr, da auch meine Kindheitsgeschichte sehr viele Ähnlichkeiten aufweist.
 
Als Schauspieler ist er neben Matthias Brandt einer meiner Lieblingsdarsteller. In starken Charakteren seiner Rollen hab ich ihn bewundert. Nun zeigt er, dass er auch fesselnd zu erzählen weiß, einmal aus der Sicht des kleinen Jungen, der er war, dann wieder aus der Perspektive des nun älteren Mannes.
 
Edgar hatte 5 Brüder, mit 4 wächst er auf. Ein Bruder ist schon früh ums Leben gekommen durch die Explosion einer Handgranate. Seine Eltern sind nie darüber hinweggekommen. Auch seinen jüngsten Bruder verliert er später durch eine schwere Krankheit.
 
Edgars Vater ist Gefängnisdirektor und Musiker zugleich. Er spielt Klavier und gibt Hauskonzerte für die Gefängnisinsassen. An solchen Tagen wird das Haus der Selges umgebaut zu einem Konzertsaal, in dem am Vormittag die Inhaftierten sitzen, dann gibt es eine Pause und am Abend dann die Freunde der Familie geladen sind. Edgars Mutter spielt Geige, leider nicht gut, sie hätte gern mehr gewollt. Und ja, sie ist nicht gern verheiratet mit diesem Mann, obwohl 5 Söhne aus der Ehe hervorgegangen sind.
 
Das Schicksal der Frauen in dieser Zeit hat es nicht gut gemeint mit ihnen. Was hatten sie oft für eine Wahl. Jedenfalls weiß ich das von der eigenen Geschichte meiner Mutter. Edgar und auch seine Brüder sind ebenfalls alle talentierte Musiker.
 
Der Muff der vorangegangenen Geschichte Deutschlands hängt über der Familie. Der Nationalsozialismus hat geprägt. Viele Nazis haben sich durchgeschlichen und besitzen wieder Posten. Geprägt wird Edgars Familie auch von der Moral der Eltern, voll behangen mit Tugenden, wie Fleiß, Pflichtbewußtsein, Treue, Gehorsam, Diszipliertheit, Ordnung, Pünktlichkeit etc.. all das, was man selbst, in dieser Zeit geboren, mitbekommen hat. An manchen Tagen beim Essen am Tisch müssen sich Vater und Mutter von den beiden älteren Brüdern Edgars gefallen lassen, wie diese mit diesem Muff abrechnen.
 
All das wiederum im Widerspruch zu dem, was dann tatsächlich von den Eltern vorgelebt wird. So auch in Edgars Familie. Der Vater ist gewalttätig, schlägt Edgar wieder und wieder, wenn er nicht pariert in den Lateinstunden mit dem Vater, oder wenn er seine kleine Lügengeschichten erzählt, Lügengeschichten, die ihm dienen, um zu überleben. Aber nicht nur die Gewalttätigkeit des Vaters schafft ihm ein Trauma, sondern auch Szenen des sexuellen Übergriffs.
 
Auch eine überaus starke Phantasie verhelfen Edgar dazu, Kindheit und Jugend auszuhalten und zu überstehen. Immer wieder sucht er den Ort an der Mauer zwischen Gefängnis und der naheliegenden Schokoladenfabrik auf, um dort allein zu sein, von Niemandem gesehen, sich in seine Traumwelten zu flüchten. Beim Lesen war ich da ganz bei ihm, denn auch mir wohnte diese Gewohnheit inne, mich davon zu stehlen, bei mir waren es die Kohleberge in Duisburg, neben denen ich aufgewachsen bin, über die ich wanderte, mich dort versteckte und von einer Zukunft träumte, in der es mir einmal besser gehen sollte.
 
Es kann sich kein Mensch vorstellen, wer nicht ähnliche Szenarien in seiner Kindheit und Jugend erlebte oder andere Traumata, was es bedeutet Tag für Tag Mittel zu suchen, Wege zu finden,  die einem helfen, das zu überleben. Widerstandskraft oder auch Resilizens genannt ist das, was man braucht, sonst geht man unter.
 
Edgar liebte Bücher und das Kino. Immer wieder stahl er Geld, um sich dann abends nach dem Zubettgehen, aus seinem Fenster zu schleichen, um in eine Kinovorstellung zu gehen. Was sind denn Bücher und Filme? Sie können helfen, die Realitäten einmal zu vergessen, in andere Welten einzutauchen. Sie verhelfen dazu, die Welt und sich selber besser zu verstehen. Die Schönheit von Musik, Büchern und Kunst trägt einen Menschen, läßt aushalten und weitermachen.
 
Respekt hatte ich beim Lesen vor der Aussage Selges, dass er, um das Schreiben um die Erinnerungen fließen zu lassen, in eine Körpererinnerung fallen musste. Dem nochmal nachzuspüren, was das Damals in den furchtbaren Situationen gefühlsmässig mit ihm gemacht hat. Auch das kenne ich, und selbst wenn man es nicht bewußt macht, solche Gefühle tauchen immer wieder im Laufe des Lebens in einem auf, wenn man mit etwas konfrontiert wird, dass an solche Geschehnisse erinnert. Worte, Dinge, Orte oder Menschen. Dann sackt der Schrecken in die Glieder und alles ist auf einmal wieder da.
 
Immer wieder dann tauchen seine Eltern dann später in seinen Träumen wieder auf. Dadurch hat er auch diesen Buchtitel gewählt. *Hast Du uns endlich gefunden" Das will man nicht, aber Träume lassen sich nicht aufhalten, sie nehmen keine Rücksicht darauf, was man will.
 
Und dann kommt diese Stelle im Buch:
 
" „Die Klarheit dieses Tageslichts fragt mich durch die Fensterscheiben: Warum schämst du dich? Die Pandemie hält die Zeit an, damit ich ausspreche, was mir so schwer auf die Zunge will. (…) Mensch, Edgar, sag, was los ist! Meine Liebe zu meinem Vater. Das ist es, was los ist. (…) Ich will nicht einer sein, der den liebt, der ihn schlägt.“
 
Und genau das will man nicht....Jemanden, den Vater, die Mutter oder andere Menschen, lieben, die einem etwas so Schreckliches angetan haben, das einen das ganze Leben begleitet, das immer wiederkehrt und so Vieles beeinflusst hat, was man heute ist, ja genau das ist, was einen zu dem gemacht hat, der man heute ist. Und ja, man schämt sich.
 
Es ist ein großartiges Buch, eine starke Erzählung aus dem Leben eines Menschen, die vor nichts halt macht, ausspricht, was gewesen ist und die Jedem, der es liest, auch wenn er eine gute Kindheit und Jugend hatte, eben zeigt, wie das Leben anderer Menschen sein kann, was einem erklärt, was Menschsein bedeutet, was Lüge und Wahrheit ist und der sich glücklich nennen darf, wenn er dies nur aus Büchern, Filmen oder dem Leben anderer Menschen lernt und es nicht am eigenen Leib zu erfahren.
 
 
 
 
 
 
 
Edgar Selge
Hast Du uns endlich gefunden
Rowohlt Verlag
isbn: 978-3498001223
24.oo Euro
 
 
 
 
 
 
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28. November 2021 7 28 /11 /November /2021 15:52
Auf den Autor des Buches *Allein* Daniel Schreiber bin ich aufmerksam geworden durch eine Sendung anläßlich der Frankfurter Buchmesse. Dort trafen sich Menschen aus verschiedenen Berufs- und Berufungssparten sowie unterschiedlicher Herkunft, um sich darüber auszutauschen, welche Visionen für eine gute Zukunft verwirklicht werden könnten. Ich habe mir, weil er mir in seinen Aussagen am besten gefiel, die Vita des Herrn Schreiber dann mal angeschaut und entdeckt, dass er auch Einiges publiziert hat. Journalist, in Mecklenburg-Vorpommern geboren, hat er im Jahre 2006 den Manheimer Buchpreis verliehen bekommen. Seine Veröffentlichungen sind u.a. eine Biographie über Susan Sonntag, sein Buch *Nüchtern*, in dem er über seine Alkoholabhängigkeit schreibt, das Buch *Zuhause* in dem er über den Ort schreibt, an dem wir leben wollen und an dem wir uns beheimatet fühlen und letztendlich das von mir heute vorgestellte Buch *Allein*.
 
Dies habe ich nun zu Ende gelesen. Es hat mich sehr berührt. Das Thema hat mich schon daher interessiert, weil ich selber seit langer Zeit allein durchs Leben gehe.
 
Das Büchlein ist nicht allzulang, gerade mal 140 Seiten. Es gibt acht Kapitel mit den Überschriften: *Das Leben allein*, The Kindness of Strangers*, Gespräche in Freundschaft*, *Niemals so einsam*, *Uneindeutige Verluste*, *Tage in Famars*, *Arbeit am Körper* und schlussendlich * *Abschiede*.
 
Schreiber bezieht sich an vielen Stellen auf Schriften von Psychologen, Sozialwissenschaftlern und Philosophen. Er selbst, viele Jahre alleinlebend, hatte festgestellt, dass in Medien, Zeitschriften und Büchern viel über Paarbeziehungen und anderen Formen des sozialen Zusammenlebens geschrieben wird, jedoch kaum einmal über das *Alleinsein* oder *Alleinleben* des Menschen. Dabei ist statistisch erwiesen, dass immer mehr Menschen in unserer heutigen Gesellschaft alleine leben.
 
So kam es zu seiner Idee, ein Buch darüber zu schreiben und nicht nur seine Gedanken dazu aufzuzeigen, sondern auch sehr persönlich über *sein* Alleinsein und Alleinleben* zu erzählen.
Gerade diese Zeiten haben mich berührt, denn jeder, der allein lebt, so wie ich, kann sich in seinen Empfindungen und Gedanken immer mal wieder selber entdecken, wenn er das Alleinsein nicht durch ständige Ablenkung und Aktionismus verdrängt, sondern die Chance wahrnimmt, sich selber besser und tiefer zu entdecken. Wie wenn nicht anders, erkennen wir, wer wir sind, wenn wir auf uns selber gestellt sind. Welche Ängste, Sorgen, Nöte, Entbehrungen, Sehnsüchte und Leidenschaften in uns wohnen. Aber vor allen Dingen auch, wie wir damit umgehen, ohne sie zu verdrängen und aus all diesen neue, positive Aspekte des Lebens zu ziehen.
 
Menschen, die ungewollt allein leben, empfinden das oftmals als großes Unglück, sind daher zumeist auch unglücklich. Sich selber als unglücklich zu bezeichnen, kratzt oftmals an den eigenen Stolz. Denn in unserer Gesellschaft der Selbstoptimierung wird das eigene Unglücklichsein oftmals als *scheitern* beurteilt. Doch ist es gerade auch so, dass dieses Unglücklichsein auch eine Reaktion auf die Welt und unsere Gesellschaft sein kann. Dass man sich in ihr nicht wiederfindet und seinen Platz finden kann. Selbst das Fehlen einer Liebesbeziehung, so Schreiber weiter, wird in der Regel als ein persönliches Scheitern wahrgenommen. als eine Folge mangelnder Attrraktivität, mangelndem wirtschaftlichen Erfolgs, mangelnder  psychischer Fitness. Schreiber sagt, dass diese Annahmen dem Menschen, der allein lebt, überall entgegenschlagen, nicht zuletzt in den Gesichtern anderer Menschen, in ihrem Mitleid, gar ihrer heimlichen Freude, dass es ihnen besser geht.
 
Ortega y Gasset sagte ja einmal, das Leben sei seinem inneren Wesen nach ein ständiger Schiffbruch. Jedoch schiffbrüchig zu sein heißt nicht ertrinken. Der arme Sterbliche der droht unterzugehen, rudert mit den Armen, um sich oben zu halten. Diese Reaktion auf Gefahren des Untergehens sei die wirkliche Kultur, die der Mensch nicht verlieren darf.
 
Warum Daniel Schreiber allein lebt, was es mit ihm gemacht hat und was er aus dieser ihm dann auch oft gefühlten Einsamkeit gemacht und gelernt hat, beschreibt er in seinen Kapiteln.
So sagt er z.B., dass nichts einsamer macht als die Einsamkeit des Nicht-gesehen-Werdens, des Nicht-erkannt-Werdens. Nichts fühlt sich wie ein größerer Sinnverlust an als das von ihr verursachte Schweigen.
 
Er schreibt auch über die Zeit der Pandemie, in der wir uns ja immer noch befinden und die nun in eine vierte Welle gemündet hat. Seine Beobachtungen der Menschen, wie sie damit umgehen, was sie aus ihnen macht und gemacht hat. Dass, so habe ich es auch hin- und wieder empfunden in dieser Zeit, dass ich als Alleinlebender Mensch mich in dieser Situation noch *alleiniger* gefühlt habe.
 
 
Der Verlust von Freunden, die verstorben sind, die gerade jetzt fehlen. Die eingeschränkte Freiheit, sozial neue Beziehungen zu knüpfen oder ganz einfach den Dingen nachzugehen, die sonst ohne jeden Gedanken an *Vorsicht* getan werden konnten, das sich beschränken müssen in der Hochzeit der Pandiemie auf telefonische oder Skype-Kontakte, das Fehlen eines einfach mal in den Arm genommen werdens und vieles mehr, hat auch mir schon das ein oder andere Mal Kummer bereitet, wenn ich ihn auch gut annehmen konnte, weil Kummer eben auch zum Leben gehört.
 
Freunde zu haben, ist ein wichtiges Fundament in unserem Leben. Freunde, das sind die Menschen, die nicht nur wissen, wer ich bin, sondern auch wer ich war vor zwei oder drei Jahren oder vor zwei Jahrzehnten. Wer sich selbst immer mal wieder in Frage stellt, der verändert sich doch ständig und manchmal vergessen wir gar, wer wir einmal waren und Freunde sind die Menschen, die uns vor diesem Vergessen bewahren, daher sind sie so wichtig und können niemals durch Bekanntschaften, auch wenn das noch so gut harmonisiert und funktioniert, ersetzt werden.
 
Auch darüber schreibt er, dass die Zeit der Sicherheiten der Menschen, die  in previligierten Lebenssituationen und Zeitzonen leben, vorbei sei. Gedanken, die ich mit ihm teile. Schon Mitte der Zeit der Pandemie und den Wetterterkatastrophen die wir gesehen haben, wurde mir klar, dass dies erst der Anfang ist und die Menschen sich ruhig weiter in ihrem Kauf- Urlaubs- und Feiern-Zwang üben und danach sehnen sollen, aber es wird nichts mehr so sein, wie es war. Die Apokalypse hat bereits begonnen. Das macht Angst? Soll es auch, vielleicht kann ja doch noch was gerettet werden, obwohl ich daran nicht glaube.
 

Wenn man jetzt auf den Gedanken kommt, dass das Buch  eher depressiv daher kommt, so täuscht man sich. Schreiber zeigt zwar auf, was Alleinsein und damit auch immer mal empfundene Einsamkeit mit einem Menschen macht, aber eben auch wie er selbst damit umgegangen ist und wie ich oben schrieb, er daraus gelernt hat. Selber habe ich ds Buch als inspirierend, nachdenklich und selbstreflektierend für mich empfunden. Vor allen Dingen auch mutmachend, sich Gefühle wie, auch wenn sie nur eine kurze Zeit erlebt werden, Einsamkeit oder Trauer, zuzugestehen.

 
Schreiber sagt, dass positive Erfahrungen von Einsamkeit so zentral zu unserem Menschsein dazugehören, wie die verzweifelte Kehrseite dieses Gefühls. Das Erleben von Einsamkeit bringt, mit anderen Worten, eine Form der Selbstwahrnehmung mit sich, die wir anders nicht erlangen können. Gerde der Schmerz, der mit ihr oft einhergeht, sorgt dafür, dass wir eine neue Art des Mitgefühls in uns entdecken, für uns selbst und andere Menschen, um neue Lebenswege zu erschließen und innere Auseinandersetzungen zuzulassen, die sonst ausblieben. Ohne ihn wären wir nicht imstande, die Nähe zu anderen Menschen zu suchen, wären wir nicht imstande zu lieben.
 
So darf man auch überrascht sein, dass er gerad in der Zeit der Pandemie, wo er das Alleinsein stärker empfunden und die Gefühle von Einsamkeit in ihm vorherrschten, sich dennoch raus aus seinem Zuhause geflüchtet hat und sich zwei Monate lang auf eine kleine Insel auf Lanzarote mit dem Namen *Famara* zurückgezogen hat. Denn, das kenne ich auch gut, wenn Menschen mir sagen, was, du fährst jetzt in die Einsamkeit Deines Dorfes in der Eifel? Du bist doch sonst schon immer allein. Doch das Alleinsein in der Ferne ist nicht zu vergleichen mit dem Alleinsein zuhause mit all seinen Gewohnheiten und Gepflogenheiten.
 
Das Buch steht zu Recht auf der Bestsellerliste des Spiegels. Ich kann es wärmstens empfehlen, auch für *Nichalleinlebende* , Denn es gibt ja auch Partnerschaftsbeziehungen, in denen man sich hin- und wieder allein, gar einsam fühlt. Selber fühle ich mich in Gesellschaft oft einsamer als hin- und wieder mal in meinem Alleinsein. Aber das ist ein anderes Thema.
 
Viel Freude beim Lesen
 
Daniel Schreiber
Allein
Hanser Verlag
ISBN: 9783446267923
20,00 Euro
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
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19. November 2021 5 19 /11 /November /2021 16:27
Immer wieder passiert es. Zum Wochenende. Da wird mir dann ein *tolles* Wochenende gewünscht. Mehrmals hatte ich es angemerkt. Mit *toll* kann ich nix anfangen. Ich verdreh dann die Augen.
 
Warum soll denn ein Wochenende unbedingt *toll* sein. Ich bin es schon zufrieden, wenn da draußen alles ein weniger leiser wird. Kein Gehetze. Das Zeugkaufen ruht. Auch wenn ich selber sonst nur Notwendiges kaufe, widerstrebt mir das Haben-wollen und kaufen- müssen von Zeug, das eigentlich nicht gebraucht wird, auch von den anderen da draußen.
 
Wenn man im Wörterbuch nachschlägt, erscheinen zur Deutung des Wortes *toll* die Wörter *unglaublich* und *ungewöhnlich*
 
Ist das wirklich der Wunsch der Vielen, dass ein Wochenende unglaublich oder jedenfalls *ungewöhnlich* sein soll? und man es deshalb dem Anderen wünscht? Weil die eigene Sehnsucht nach unglaublichen und ungewöhnlichen Geschehnissen an zwei bevorstehenden freien Tagen im Wünscher innewohnt?
 
Wenn ich an mein Leben zurückdenke, kann nicht behauptet werden, dass ich in diesem Sinne *tolle* Wochenende hatte. Allenfalls waren es Zeiten, an denen mal zur Ruhe gekommen werden konnte. Oder Zeit für die Familie und die Kinder da waren. Oder einfach Muße zum Lesen und Musikhören, Spaziergängen oder gar längeren Wanderungen. Manche Wochenenden waren sogar auch mit Arbeit belastet.
 
Und überhaupt! Seit zwei Jahren leben wir in einer Pandemie. Ansteckungsgefahr droht, Einschränkungen müssen ausgehalten und Verantwortungsgefühl gelebt werden. Selbst das Virus ist nicht *unglaublich* oder *ungewöhnlich*. Denn Viren sind überall auf der Welt und um uns herum. Weniger gefährlichere, aber eben auch lebensbedrohende. Diesmal hat es die letztere Spezie geschafft, die ganze Welt in Atem zu halten. Es wird sicherlich auch nicht die Letzte sein im Angesicht der Tatsache, das wir nicht aufhören, unsere Welt weiter kaputt zu machen. Und warum machen wir sie kaputt? Weil der Mensch immer nur das *Tollste* will, höher, weiter, schneller, mehr, mehr, haben, haben. Da ist nix toll, da draußen, der Mensch ist nicht toll. Er ist habgierig nach Zeug und nach Sensationellem. Das ist einfach nur gruselig.
 
Bleiben wir doch auf dem Teppich. Wünschen wir dem Anderen ein *gutes* Wochenende. Und in diesem *gut* wohnt Vieles. Gut mit der Zeit umgehen, die einem an arbeitsfreien Tagen geschenkt wird. Gut mit sich selber umgehen. Wenn wir gar krank sind oder leiden, weil einem ein Mensch genommen wurde, den man liebte, gut damit umgehen können, daraus lernen. Zufrieden sein mit dem, was wir an diesen Tagen tun können, wenn wir unbeschadet sind. Ein gutes Buch lesen, Musik  lauschen, die Augen offen halten, wenn wir uns zu Spaziergängen aufmachen, ein offenes Ohr haben, wenn uns Jemand braucht, vielleicht gar Hilfe leisten, wenn es erforderlich ist. Einfach da sein, leben, aufstehen, Dinge tun, die getan werden müssen, kochen, unsere kleine Umgebung in der wir leben, bewahren und schön gestalten, sitzen und innehalten.
 
All das ist im Sinne der Wortbeudeutung nicht *toll*, also ungewöhnlich oder *unglaublich* Es ist mehr und besser als das. Es ist unsensationell, ruhig und still. Es ist reiches Leben!
 
In diesem Sinne wünsche ich meinen geneigten Lesern ein *gutes* Wochenende und darüberhinaus gute Lebenstage in Zeiten wie dieser und auch dannn, wenn sie vorbei sein werden, weil ganz sicher noch schrecklichere Dinge auf uns zukommen werden!
 
Von einem geneigten Leser meiens Blogs habe ich heute folgenden Text bekommen, den ich gerne anfügen möchte:
 
Gemütlichkeit am Freitag
Manchmal wird die Ambition, das Wochenende zu nutzen, um mit Freunden etwas zu erleben, zum Zwangund schafft zusätzlichen Druck. Erschöpft von der Woche, den endlosen to-do-Listen, stundenlangen Meetingsund langen Arbeitswegen, erreichen wir das Wochenende - und schon wird von uns erwartet, den Schalter umzulegen und Party zu machen, am besten gleich nach Feierabend. Aber wo bleibt da die Zeit zum Entspannen und zum Nichtstun? Und noch viel wichtiger; Wie schaffen wir es, das Nichtstun am Wochenende als eine bewusst gewählte, genussvolle Aktivität zu zelebrieren, anstatt es als erschöpften Rückzug vom tobenden Leben zu interpretieren und uns zu Hause mit einem Gefühl von *FOMO* herumzuschlagen, fear of missing out. Die Schweden haben dafür die perfekte Lösung: Fredaysmys.
Der Begriff setzt sich aus Fredag(Freitag) und Mys (Gemütlichkeit) zusammen und bezeichnet die Gewohnheit der Schweden, freitagabends zu Hause zu bleiben, gemeinsam mit der Familie etwas Leckeres zu essen und gemütlich fernzusehen. Dazu gibt es auch ein passendes Verb: fredagsmys (einen gemütlichen Freitag zu Hause verbringen). Wer eine Freundin oder einen Freund dazu einladen möchte, fragt: Lust, heute Abend zu fredagsmys?
 
Fredagsmys entstand Mitte der 1990er-Jahre, und hat sich seitdem zu einem Brauch entwickelt, der sich bei allen Schweden großer Beliebtheit erfreut. Das Wort fredagsmys hielt schnell Einzug in die schwedische Alltagssprache und wurde 2006 sogar in den offiziellen schwedischen Wortschatz aufgenommen.
 
Tatsächlich spielt Mys in Schweden eine große Rolle und es gibt viele Arten von Gemütlichkeit, die alle ihre eigene Bezeichnung haben. Da gibt es die Hästmys, die Herbstgemütlichkeit, die entsteht, wenn man sich nach einem heißen Sommer wieder wärmer anzieht und sich häufiger im Haus aufhält, weil es draußen kühler wird. Es gibt die Julmys, die Weihnachtsgemütlichkeit, und die weit verbreitete Kvällsmys, die Abendgemütlichkeit. Am häufigsten jedoch hört man das Wort Fredagsmys, und zwar in allen Regionen Schwedens. Wer also schon immer nach einem guten Grund gesucht hat, nach einer langen Arbeitswoche gemütlich zu Hause zu bleiben, darf sich bei den Schweden bedanken.
 
Danke an den Sender dieses Textes:)
 
 
 
 
 
 
 
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18. Juni 2021 5 18 /06 /Juni /2021 09:51

Sitze auf dem Balkon

Schaue dem Himmel zu, spüre leichte Luftveränderungen.

Lese Murakamis *Erste Person Singular*

Höre Eddi Vedder.

Die Kinder spielen unten fröhlich.

Die Maschinen der Baustelle ruhen.

Obwohl Vieles geschieht, scheint die Zeit

still zu stehen.

Ich bleibe allein hier.

Doch es gibt die Geschichten von Murakami und

meinen eigenen Lebenserinnerungen.

Eine Polizei-,Feuerwehr,- oder Krankenwagensirene.

Welch Menschens Schicksal entscheidet sich da gerade

in eine nicht gewollte oder beabsichtigte Richtung?

Es gibt Signale, Rufe, Geräusche in der Welt,

deren entnommen werden kann, dass sich irgendwo

ein Lebensschicksal ändert.

Während ich hier sitze und nur

lausche.

Manchmal überrascht mich das Gefühl,

dass ich wünschte, dem betroffenen Menschen,

dessen Schicksal sich gerade ändert, tröstend

eine Hand auf die Schulter zu legen oder

ihm einfach leicht übers Haar zu streichen

und ihm sagen könnte:

Bleib ruhig!

Ich sitze und lausche

 

 

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