Was tun, wenn die Liebe verloren gegangen ist?
Kann eine Liebe ewig halten? Was macht man, wenn sie verlorengeht oder einer der Partner in der Beziehung unglücklich ist. Man lebt all die Jahre zuammen, hat etwas zusammen aufgebaut, aber schon lange ist es so, dass man eher in einer Art Freundschaftsbetrieb zusammen den Alltag bewältigt. Der eine ist beim anderen nicht mehr. Der eine merkt es nicht, der andere sehnt sich. Und wenn dann..., ja wenn dann....
Worüber ich spreche? Vom Film Film "Wolke 9", den ich mir nach langer Zeit mal wieder angeschaut habe.
Der Film wurde schon wegen des Themas *Sexualität im Alter* hochgelobt. Und ich muß sagen, es waren berührende, schöne, sehr sinnliche Szenen. Sexualität im Alter, ja das ist ein Thema, dass eigentlich absolut tabu ist. Die Kinder in einer Ehe rätseln, haben die Eltern überhaupt noch Sex miteinander? In unserer Zeit des makellosen Körpers, scheint es für die jungen Menschen oft, jedenfalls nehme ich es an Äußerungen so wahr, eher unappettitlich sein, sich der Vorstellung hinzugeben, dass alte Körper Verlangen nach Sexualität haben und sie auch leben wollen. Andererseits, in vielen Beziehungen ist entweder beim einen oder beim anderen Partner das Bedürfnis nach Sexualität nicht mehr da, man hat sich anders arrangiert. Aber was ist, wenn einer in seinem Begehren und Sehnsüchten auch nach körperlicher Befriedigung allein bleibt. Wie geht man damit um?
Der Film jedenfalls hat auf unnachahmliche und wunderbare Weise gezeigt, dass Sexualität immer lebendig sein kann und dass er nichts damit zu tun hat, dass Körper makellos sein müssen, um sie zu leben. Wo die Nähe zum Anderen da ist, da sieht man den anderen mit den Augen der Schönheit. Und hat nicht jeder Körper in jedem Alter seine eigene Schönheit? "Du bist schön!", sagt er zu ihr in dem FIlm und man muß aufpassen, nicht mit den Augen den "makellosen Körper-Blick" zu schauen.
Das zum Thema Sexualität im Alter. Für mich war es eigentlich gar nicht das Entscheidenste oder das Bewegendste in dem Film. Für mich ging es eigentlich um mehr. Um das doch viel Entscheidendere, Existenzielle einer Beziehung. Der eine ist beim anderen nicht mehr! Man hat sich arrangiert. Geht ja auch gut. Ist alles freundlichschaftlich, der Alltag läuft. Die Kinder sind zufrieden. Klar, die Kinder wollen immer ihre Heimat, ihr Elternhaus behalten. Kinder leben ihr eigenenes Leben und haben oft kein Gespür dafür, dass die Mutter oder der Vater auch noch Sehnsüchte und Träume hat. Wie denn auch. Die Eltern haben ihr Leben auf die Kinder ausgerichtet, waren immer für sie da, später dann für die Enkel. Und nun das?
Was? Also sie, die Frau, begegnet einem "Anderen!" Es bewegt sie. Sie spürt die Anziehungskraft, ohne dass große Worte gewechselt werden. Überhaupt, der Film kommt mit wenig Woren aus, auch keine Hintergrundmusik. Die Szenen, die Gesten, die einzelnen Sätze sprechen eine ganze Geschichte dieser Beziehung aus. Unglaublich faszinierend.
In ihrem Gesicht, während sie mit ihrem Mann dem Alltagsgeschäft nachgeht, spiegeln sich ihre Zweifel wider, ihre Gefühle, die im Widerstreit liegen. Was soll sie tun. Nach 30 Jahren gehen? Es scheint ihr unmöglich zu sein. Aber die Kälte, ja es ist die Kälte, die Wand, gegen die sie in ihrem Alltag läuft, wenn sie mit ihrem Mann zusammen ist, die sie erschauern läßt, immer wieder. Seine Gefühlskälte kommt sehr deutlich zum Ausdruck, in der Szene, als sie bei seinem Vater sitzen, der gebunden an den Rollstuhl, nicht mehr eigenverantwortlich leben kann und er ihn fütternd den Satz spricht:" Wenn ich im Alter so ende, erschieße ich mich!" Sein Moralismus sticht dabei deutlich hervor. Er kann es nicht ertragen, seinen Vater so zu sehen, möchte am liebsten fliehen, aber sein Moralempfinden untersagt ihm dies. Sie ist unglücklich. Und dieses Unglücklichsein treibt sie an, ihn, den "Anderen" aufzusuchen. Und sie finden sich, wie zwei Magnete, die schon immer zusammengehören.
In all ihrer Verzweiflung vertraut sie sich der Tochter an. Ach, das ist doch schön, Mama, genieß es, rät diese ihr. Nimm es mit, aber sag nichts. Laß es unser Geheimnis bleiben.
Sie versucht es, aber kann ihrem Mann nicht mehr ins Gesicht sehen. Sie kann mit einem Doppelleben nicht umgehen. Was manchmal im Leben ganz normal für einige scheint, kann sie nicht ertragen.
Und sie tut es. Eines Tages sagt sie ihm die Wahrheit. Er scheint wie aus einer anderen Welt zurückzukommen. Will nicht wahrhaben. Es rührt ihn an und bewegt ihn, wie ihre Verzweifelung zum Ausdruck kommt. "Ich wollte es doch nicht!" "Ich habe es doch nicht gesucht!" "Es ist einfach so passiert!" So ihre Aussagen, mehr nicht. Aber er versteht nicht. Das immer und ewige Problem des Mannes, der in seiner eigenen Welt lebt und keinen Blick mehr hat für das Gegenüber. Das immer und ewige gleiche Problem der Menschen, die den Anspruch haben, immer und ewig ist es nur der oder die eine, die man lieben kann.
Das ist das eine, aber nun, wie geht man damit um, wenn es passiert, egal, ob nach 3, 10, 20 oder 30 Jahren. Die Moral sagt, du hast die Verantwortung für das Gegenüber und im Falle einer Familie mit Kindern auch die Verantwortung für die weitere Zukunft der Familie. Schon hast du das Päckchen auf den Schultern. Die Kirche sagt:" bis dass der Tod Euch scheidet". Kann das wirklich gehen? Kann Derjenige, dem es passiert, mit dieser Verantwortung leben, sich zu verbieten, geschehen zu lassen, was er sich gerne wünscht. Bleibt er nicht dann der, der bis an sein Ende unglücklich sein wird, bis der Tod ihn ereilt und er vielleicht bereut. Und wenn er, wie im Film, den Schritt wagt, spät noch, dann wird der andere unglücklich. Das muß er in Kauf nehmen.
In diesem Zusammenhang fiel mir der Satz eines Inders ein:" Liebe ist ein schmerzliches Vergnügen!".
Das Ende des Films möchte ich nicht verraten, aber es hat mich schockiert, damit habe ich nicht gerechnet. Und es wirft eine neue Frage auf: "Schuld oder nicht!". Bewegend und es ist nur ein Film, doch tausende Male passiert es wirklich im Leben.
Viele Themen, viele Fragen, viele Diskussionspunkte birgt dieser wunderbare Film von Andreas Dresen, der mit dem Projekt eine Fortsetzung seines ersten Werkes "Halbe Treppe" weitgerführt hat. Man muß ihn sehen, still und ruhig läuft er vor dem Auge hab, mit großer Dramatik über das, was immer und jedem jeden Tag passieren kann.
Ich habe den Film übrigens einmal im Kino in Anwesend der Protagonisten und des Regisseurs gesehen mit einer anschließenden Frage und Antwort Gelegenheit. Wie auch immer, ein sehenswerter Film.
Billy Cobham in Sonic Mirror und was Musik mit Menschen macht!
Wer Musik liebt und um die Wirkung auf den Menschen weiß, in jeder Hinsicht, körperlich aber auch therapeutisch auf das seelische und psychische Gleichgewicht, darf sich diesen Film nicht entgehen lassen.
Sonic Mirror, eine Produktion von Mika Kaurismäki, Bruder von Aki Kaurismäki,dessen Filme ich wegen seines Minimalismus, sehr liebe. Auch Mika bedient sich, wenn auch etwas lebendiger, dieser Gestaltungsform.
Sonnic Mirror ist ein Film sowohl über und mit Billy Cobham, einer der wohl bekanntesten Drummer der Welt. Meine erste Scheibe von ihm "Spectrum" stand lange in meinem Plattenregal und ich weiß nicht, wie oft ich sie gehört habe. Cobham hat mit allen Musikgrößen dieser Welt gespielt, ob mit Carlos Santana, MacLaughlins Mahavishnu Orchestra, George Benson oder Jan Hammer, ich könnte viele mehr aufzählen. Er hat aber auch alle Musikstile dieser Welt in seiner Musik verschmelzen lassen, vielseitig, erprobend, fantasievoll.
Im Film Sonic Mirror wird aber nicht seine Lebensbiographie dargestellt, sondern nur kurz angerissen, wie er zu dem wurde, was er heute ist. Wie ihn damals als kleiner Bub das Wummern der Surden und Drums in seinem Viertel in den USA in seinen Bann zog und er intuitiv die Rhythmen auf dem Blech des Autos seines Vaters, ein bekannter Konzertpianist seiner Zeit, nachspielte. Da hatte es ihn gepackt. Von da an war sein Weg vorgezeichnet.
Nie hatte er eine Antwort darauf, was er mal werden wolle. Später, als Erwachsener, hat er sich seiner Intuition, seinem Können und seinem Charisma übergeben und ist zu dem geworden, was er heute ist, einer der größten Drummer unserer Zeiten.
Das ist aber schon alles aus seinem Werdegang im Film, denn der erzählt mehr von der Möglichkeit und der Beeinflußung von Musik auf den Menschen.
Die einzige Sprache die jeder Mensch auf der Welt versteht, sagt Cobham, ist Musik. Daher ist Musik nicht nur Klang, sondern auch Kommunikation. Das hat mir gefallen. Denn wer hat nicht schon erlebt bei einem Konzert, einer Musikveranstaltung, wie Menschen, erfaßt durch Klang und Rhythmus anfangen zu tanzen, sich bewegen, sich innerlich frei machen, Blockaden aufgelöst werden und somit eine Freude und Lockerheit zu Tage tritt, die es um ein Vielfaches einfacher macht, mit dem anderen ins Gespräch zu kommen. Ich jedenfalls schon tausende von Malen.
Im Film sehen wir Cobham in Finnland auf dem Espoo-Festival mit der Espoo-Bigband spielen, berauschende Drumszenen. Er spielt teilweise mit vier Schlagstöcken an seinen Drums und jeweils unterschiedlichen Rhythmen, einfach nur klasse und genial. Dann wieder sehen wir ihn in Brasilien, wo er mit brasilianischen Straßenkindern drauflostrommelt. Kinder, die ähnlich wie Cobham ihr Leben mit Tanz und Musik verbringen und sich nichts anderes vorstellen können, als dass Musik ihr ganzes Leben begleiten soll.
Dann wieder sehen wir ein Therapiezentrum in der Schweiz, dass sich mit der Pflege und Förderung schwerster Autisten beschäftigt. Ein wenig hab ich beim Anschaun des Films an ein ähnliches Projekt denken müssen, dem "Rhythm is it" , der damals mit den Berliner Philharmonikern unter der Leitung von Simon Rattle gedreht wurde. Dort ging es darum, schwache, labile Menschen, in diesem Fall Jugendliche, in ein inneres Gleichgewicht zu bringen durch Tanz und Musik, ihnen Selbstbewußtsein und Stabilität zu geben.
So bewegt sich der Film immer zwischen diesen drei Schauplätzen, Finnland, Brasilien und der Schweiz mit Bildern von Menschen, die die Musik zum Leben bringt, sie geradezu heilt, von dem, was sie belastet und psychisch unstabil hält. Auch ganz beeindruckende Aufnahmen, für mich jedenfalls, weil ich an diesem Ort schon einmal war, im Goetheanum in Dornach.
Am Ende des Films ist alles ein einziger Rausch von Klängen, Rhythmen und Bewegung. Die Espoo-Band in Finnland, die Male-Musikgruppe in Brasilien, die übrigens aus vielen tausenden von Mitgliedern besteht und die sich auch durch ihre Musik gesellschaftlich einbringt und auf Mißstände hinweisen will und dem Schweizer Therapiezentrum. Es ist unglaublich bewegend, wie am Ende die Autisten sich von der Musik ergreifen lassen und wie der Drum ihre Seele bewegt und sie anfangen aus dem tiefsten Inneren heraus ihre Körper zu bewegen, wie aus einem Urinstinkt heraus. Denn es stimmt doch, Menschsein heißt in Bewegung sein, in Aktivität mit der Welt und dem Gegenüber zu sein, sei es verbal oder nonverbal. Es gibt beide Kommunikationsmöglichkeiten.
So ist dieser Film keine Biographie Billy Cobhams, sondern ein Dokumentarfilm über die Kraft und Energie von Musik. Ein Erlebnis.
Die andere Seite der Hoffnung
P.S. Die Doku üpber Aki Kaurismäki ist noch zu finden in der arte-mediathek
Ein gelungener Kinoabend, um so mehr, als dass ich sogar noch ein persönliches weiteres gutes Erlebnis hatte. Ich habe nämlich einen Job in diesem Kino angeboten bekommen, wenn auch nur aushilfsweise, aber ich fands lustig und werd mal drüber nachdenken:)
Endlich ist Sonntag. Seit Wochen nun warte ich auf diesen Tag. Vorfreude ist ja bekanntlich die schönste. Ich kann mich sowas von auf etwas freuen, dass ich mich manchmal selber nicht aushalten kann mit der ganzen Vorfreude:)
Und ich frag mich immer, was sind das für Menschen, die mit Filmen von Jim Jarmusch nix anfangen können,-) Ich meine, ich hab nix gegen Leute, die gerne Mainstream-Filme gucken, mach ich ja auch manchmal. Auch dort finde ich zu weilen Perlen.
Für mich gibt es jedoch nur zwei Regisseure, für deren Filme ich meilenweilt gehen würde und das sind Kaurismäkki und Jarmusch. So ist es. Beide haben diese Liebe zum Detail, ihre Filme wirken wie ein einziges grosses Bild in das sich vertieft und so viel herausgelesen werden kann.
Und Sonntag war es jetzt endlich soweit. Ich hatte Karten reserviert, um auf Nummer sicher zu gehen. Da ich meinem Sohnemann zum Geburtstag Zeit geschenkt habe zu einer gemeinsamen Unternehmung, sind wir zusammen ins Kino. Die Fahrt mit der Strassenbahn war vergnüglich und ging wie im Flug herum, weil ein netter Herr mich einlud, mit auf seiner Karte zu fahren als er sah, wie der Automat ein bisserl zickig war und nicht so wollte, wie es es gern brauchte,-) Und erzählt hat der, jösses, ich weiss jetzt Bescheid, über alles,-)
Im Kino angekommen schon Schlangenbildung. Herjeh, so was hab ich lange nicht mehr erlebt. Meistens sitz ich mit 8 bis 10 Leuten im Vorführsaal. Aber das war ja auch Frankfurt, da kann man ja auch nix anderes erwarten,-) Köln ist da schon anders:)
Und da sitze ich nun in der vierten Reihe und beweg mich keinen Milimeter mehr und das bleibt auch so während des ganzen Films. Nur einmal, ganz kurz, da schau ich nach rechts, nein, es war sogar zwei Mal, weil...ich hörte, wie eine von den beiden Frauen, die neben mir saßen, so merkwürdige Geräusche von sich gab. Ein Pffff.....und chhhhhh....ich wollte meinen Ohren nicht trauen, da musste ich ja gucken,-) und tatsächlich ihr Kopf war auf die Rücklehne gesunken, die Augen zu, schnarchte sie vor sich hin. Ganz schnell, aber wirklich ganz schnell musste ich mir ein Prusten unterdrücken, es war zu komisch:) Unfassbar, dachte ich, wie kann bei diesem Film eingeschlafen werden. Irgendwann wurde es wieder still, ich schaute nochmal und da war sie in einen tiefen und festen Schlaf überhegangen, kein Geräusch mehr. Gut, ich wollte auch nicht weiter abgelenkt werden,-)
Denn der Film war ein Traum. Jedenfalls, ich fühlte mich wie in einem Traum, in dem ich dem ruhigen und stillen Leben des Protagonisten namens *Paterson*, der in einer Stadt mit gleichem Namen, Paterson, sein Leben lebte, nicht allein, sondern mit seiner Frau *Laura*, die er liebte. Woran man Liebe erkennt fragt der Mensch sich doch manchmal. Jarmusch hat es gezeigt. Beim Aufwachen beider Liebenden. Wie sie am Morgen beim Erwachen nebeneinander liegen und der eine zärtlich beim anderen ist, ohne viel Worte. Jedenfalls es ist ein Merkmal der Liebe, finde ich jedenfalls. Und da der Film an sieben aufeinanderfolgenden Tagen im Leben von Paterson spielt, zeigt er jeden Morgen das Erwachen dieser beiden Liebenden, in kleinen abgewandelten Szenen. Ein wenig erinnerte mich diese Einstellung an die beiden liebenden Vampire im Film Only Lovers left alive von Jarmusch. Aber das macht gar nichts, weil es so ein inniges Bild ist, dass es ruhig mehrere Male verwendet werden darf und kann, da es an Ausdruckskraft gar nicht mehr zu toppen ist.
Paterson erwacht jeden Morgen um die selbe Zeit, zieht sich an, nimmt sein Frühstück zu sich, geht jeden Morgen den gleichen Weg zu seiner Arbeitsstelle, einem Busbahnhof, wo er seinen Bus abholt. Dort erwartet ihn jedes Mal ein Kollege, der ihm auf Patersons Nachfrage Tag für Tag eine neue Leidensgeschichte seines Lebens erzählt, die zwar inhaltsreich, dennoch in nur einem Satz erzählt wird. Das wars. Der Film ist auch wortkarg. Vor seiner Fahrt schreibt Paterson in sein geheimes Notizbuch ein Gedicht. Paterson ist nämlich ein Poet, er schreibt Gedichte. Und das ist schon die Poesie schlechthin, ein Busfahrer, der Gedichte schreibt. Ich dachte, es ist nur ein Film, jedoch, der Mensch darf nicht unterschätzen, was so in manchem Zeitgenossen, der einer ganz normalen Beschäftigung nachgeht, noch so alles schlummert und was er in seiner Freizeit für Charismen lebt, damit meine ich jetzt Nicht Baumärkte und Hobbykeller,-). Obwohl, auch Paterson hat einen Hobbykeller, in den er nach seiner Arbeit manchmal entschwindet. Aber dort liegen alle seine Schätze, seine Lyrikbände seiner sämtlich von ihm geliebten Lyrikern, allen voran * William Carlos Williams*, der in seiner Heimatstadt Paterson/New Jersey gelebt und gedichtet hat. Somit setzt Paterson seiner täglichen Routinearbeit ein Gegengewicht. Gegengewichte zu schaffen im Leben ist sehr wichtig, denn wenige Menschen besitzen die Freiheit, einer Arbeit nachzugehen, in der sie wirklich aufgehen. Zumeist ist die Arbeit ein Broterwerb, ohne die es nicht geht und in vielen Fällen sind es eben Beschäftigungen, die nicht vom Zauber und der Freude durchdrungen sind, jedoch genau diese Gegengewichte ermöglichen es dem Menschen zu tun, was getan werden muss, so empfinde ich das jedenfalls.
Ich bin nicht nur verliebt in den Film, sondern auch in den Protagonisten, weil....er ist ein Mensch, der ruhig und besonnen durch das Leben geht. Wenig Worte findet er zu allem, Meinungen und Ratschäge liegen ihm fern. Er ist ein Zuhörer und Beobachter. Als ich mit meinem Sohnemann nach dem Film ein wenig geredet habe, kam heraus, dass er von diesem Typ Mensch nicht so angetan sei. Ich glaube jedoch, er hat ihn nicht verstanden. Er war der Meinung, es sei eher kein gutes Merkmal, wenn ein Mensch zu nichts und allem eine Meinung vertreten bzw. nicht Stellung abgeben würde. Ich denke jedoch, dass das gar nicht so wichtig ist. Das Gewicht des Zuhörens wiegt viel schwerer. Das können nämlich die wenigsten Menschen. Und Paterson hat ja seine ganz besondere Art, eine Reaktion zu zeigen, auf alles, was er wahrnimmt. Er schreibt ja, seine Gedichte drücken seine Empfindungen und Gedanken aus. Und die Menschen, die ihn kennen, wissen das und schätzen ihn daher, sie erwarten auch gar nichts anderes von ihm. Sie wissen, was in ihm webt, welche Tiefen er hat. So zeigt Jarmusch auch, dass es Nähe zwischen Menschen geben kann, auch wenn der andere nicht viel zu sagen hat, jedenfalls direkt nicht, sondern auf seine indirekte Art und Weise. Und dann, wenn es wirklich einmal ganz besonders wichtig ist einzuschreiten, schreckt auch Paterson nicht zurück. Dies wird in einer Szene im Film sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, die ich nun aber nicht verraten möchte.
Mit seinen Gedichten drückt Paterson auch seine Liebe zu seiner Frau Laura aus. Er lehnt sich in diesem Bezug an den großen Dichter Petrarca an, der seine Liebesgedichte an seine Liebe, die ebenfalls *Laura* hiess, schrieb.
Die Liebe der Beiden ist groß, weil, unterschiedlich können Charaktere zweier Liebenden gar nicht sein. Paterson, der ruhige, stille und besonnene Mann und Laura, die extrovertierte, emotionsgeladene und ständig neue Ideen entwickelnde Lebenspartnerin. Keiner der Beiden möchte den andern verändern. In liebevoller Weise gehen Beide mit den Verschrobenheiten des anderen um, es gibt keine Kritik an irgendeinem Tun des anderen. Mein Sohnemann meinte nach dem Film, das ist doch komisch, man muss sich doch die Wahrheit sagen. Ich denke jedoch, was ist schon Wahrheit. Und ist sie denn immer hilfreich? Ich glaube es nicht. Manchmal ist ein Lassen ein stärkerer Ausdruck der Liebe, als ein Kritisieren. Und meistens kritisiert der Mensch ja eh nur, was er selber nicht versteht. Wer kann und will den Anderen denn schon verstehen. Ein schwierig Ding zumeist, und schlägt es fehl, wird oftmals viel zerbrochen und es gibt keine Zeit mehr, dass es heilen kann.
Nun, ich möchte nicht den ganzen Film erzählen, sonst schaut ihn sich mein geneigter Leser ja nicht an und das wär schade, denn man muss diesen Film, in dem man spazieren gehen kann, einfach gesehen haben. Hier findet eine Verzauberung statt, ein Leuchten in all den alltäglichen Dingen, die zu sehen sind. 7 Wochentage im Leben des Paterson, 7 Tage, in denen eigentlich nichts geschieht und dennoch 7 Tage, die erlebt werden können, die voller Spannung sind, mehr als ein Krimi, für mich jedenfalls, es in einem auslösen kann. 7 Tage, an dem jeder einzelne mit einem Gedicht beginnt.
Ach und einen Protagonisten hab ich ja ganz vergessen, der einfach absolut umwerfend ist,-) Paterson und Laura haben einen Hund, eine englische Dogge namens Marvin. Und welche gewichtige Rolle er in Jarmuschs Film spielt, verrate ich ebenfalls nicht, aber eines ist sicher, es kann sich nicht erwehrt werden, dass dieser Hund zum Lachen verleitet, und auch an den Stellen, wo es eigentlich nicht zum Lachen ist, jedenfalls den Protagonisten nicht. Jarmusch besitzt einfach die Gabe das in einem Augenblick erlebte Schwere in Leichtigkeit zu verwandeln, wenn nur in das Gesicht und die Bewegungen von Marvin geschaut wird. Einfach nur köstlich, wie er in einer Szene um die Ecke hereinschaut in einen Waschsalon, wo ein Rapper gerade seinen erdichteten Text rezitiert.
Musik und Lyrik, das ist der Stoff, aus dem das Leben ist, so empfinde ich das ja auch Tag für Tag in meiner kleinen Alltagspoesie. Gedanken sind nur in Dingen, so lautet eine Zeile des Gedichts *Paterson*, dass William Carlos William, Anfang der 40er Jahre geschrieben hatte. Und jeder Mensch ist sich selber eine ganze Stadt, auch dies seine Aussage.
Ich sag ja immer, in einem Menschen findet man die ganze Welt. Und wenn du keinen äußeren Reichtum hast, dann hast du immer noch den Reichtum in dir selbst, der dir das Leben lebendig und wertvoll erscheinen läßt.
Und so wie der Busfahrer Paterson mit seinem Erdichten ein Gegengewicht zur Alltagsroutine schafft, so ist dieser Jarmusch-Film für mich auch ein Gegengewicht zu meiner Alltagsroutine und gehört somit zur Poesie meines Alltags. Und sagte nicht der olle Nietzsche einmal: Leben ist auch ein Erdichten? Ich meine ja. Und alles, was dir begegnet ist es wert, erdichtet zu werden. Dichten ist gar nicht so schwer. William Carlos Williams hat es ganz einfach gemacht. Er hat gedichtet über Alltägliches. Das Alltägliche birgt viel Reichtum, der Mensch muss es nur zu entdecken wissen.
*Paterson* ein Film ohne viel Handlung und dennoch spannend und verzaubernd zugleich.
Ein Blick aus dem Fenster. Trübe Wolken am Himmel. Es schaute nach Regen aus. Manchmal hilft es nach schweren Momenten sich einfach zu bewegen, ganz woanders hingehen, sich einer Sache zu widmen, die einem hilft auch von all dem was gerade war, Abstand zu gewinnen. Was kann es da Besseres geben, als einen Kinobesuch.
Ich hatte eine kleine Rezension über den Film *Human* gelesen und auch den Trailer geschaut und war sogleich in den Bann gezogen, vor allen Dingen wegen der unfaßbar schönen Naturaufnahmen, die der Film zeigt. Der französische Fotograf und Journalist Yann Artrus- Bertrand hat einen Dokumentarfilm gedreht, in dem er durch die Welt gereist ist und Interviews mit über 2000 Menschen geführt hat. Der Film zeigt kleine Ausschnitte dieser Gespräche mit den Menschen verschiedener Nationen und Kulturen. Die Thematiken, die Fragen sind breit gefächert. Vom Sinn des Lebens, dem Glück, dem Leben und Sterben an sich, den erlittenen eigenen persönlichen Schicksalen der Menschen, der Armut und natürlich auch der Liebe. Unterbrochen werden diese Zeugnisse von wunderschönen Luftnaturaufnahmen.
Der Spaziergang zum Kino hat gut getan, obwohl es regnete und sich die Nässe etwas unangenehm anfühlte. Aber am Kino angelangt, mal wieder zu früh wie immer, hatte ich alles, was hinter mir lag, vergessen und nutzte die Wartezeit um einfach wie immer in die Welt um mich herum zu schauen. Und da stand sie plötzlich neben mir. Die kleine, hutzelige alte Dame. Wie sich später aus unserem Gespräch herausstellte, zählte sie schon 86 Lenze. Das sah man ihr gar nicht an. Einen ganzen und halben Kopf kleiner wie ich und ich bin ja nun schon nicht groß, mit ihrem dunkelgrauen Käppi, einer Jeans und Anorak angezogen sah sie aus wie ein junges Mädchen. Doch ja, ich sah auch das junge Mä#dchen in ihr. Das fand ich schön. Es gibt Menschen, die zwar alt werden, aber in ihrer Gestalt und ihren Gesichtern kann immer noch die Jugend abgelesen werden. Vielleicht heißt es daher auch Ewige Jugend. Und sie ist tatsächlich jung geblieben, diese kleine alte Dame. Sie sprühte so voller Lebensfreude und Antriebskraft. Zum Zahnarzt wolle sie, einen, den sie gut kennt und der an den Samstagen immer Sprechstunde hätte, das wäre sehr vorteiltaft, denn dann gäbe es keine langen Wartezeiten.
Und in der kurzen Zeit, in der wir beieinander standen, sie auf das Aufhören des Regens wartete, ich auf die Öffnung des Kinos, erzählte sie mir in Bruchstücken ihr Leben. Das sie es gut hatte, bei den Schwestern ihrer Mutter, die sie aufgezogen haben. Das sie hier in Frankfurt geboren wurde und niemals raus gekommen ist. Dass sie den Krieg gut überstanden hatte und dank der vielen Landschaftsgärtner und Bauern um Frankfurt herum, keine Not gelitten hat. Ihre Männer, zwei an der Zahl, habe sie verloren, sie hat sie sehr geliebt. Nun war sie die letzten 15 Jahre schon allein. Es hat sich nichts mehr ergeben mit einer nochmaligen Möglichkeit einer Zweisamkeit. Aber sie könne gut damit umgehen, sie lebe in einem Haus mit einer netten Hausgemeinschaft, vor allen Dingen der "Kümmeltürke", so sprach sie von ihm,-), sei ihr bester Freund und Nachbar. Wir mussten beide lachen bei dem Ausdruck. Ich erzählte ihr, dass mein Vater die türkischen Mitbürger auch immer so genannt hat. Nur bei ihm war es ein Schimpfen, bei der alten Dame war es eine zärtliche Liebkosung. Ich fand das schön:)
So war diese nette Begegnung mit der alten Dame eine wegweisende Einführung in den Film, den ich mir nun anschauen wollte. Denn auch dort wurde von Menschen ja das Leben erzählt. Wir verabschiedeten uns und sie gab mir mit auf den Weg, dass ich niemals das Lächeln verlieren sollte und den Dank an das Leben Tag für Tag. Und ein klein wenig erhob sie ihren Zeigefinger und meinte, liebe junge, Frau und schön das Rauchen sein lassen,-) Versprochen, sagte ich ihr noch,-)
Der Film hat versprochen, was ich von ihm erwartete und mir vorgestellt hatte. Ich hab mich berühren lassen von all den Lebensbeichten und Erzählungen. Vieles von dem, was gesagt wurde, habe ich selber auch erfahren oder im Laufe meines Lebens an Einsichten gewonnen. Dass das Glück oft nur Momente sind, aber dass es darum geht, zufrieden zu sein, mit dem, was ist. Dass Schweres überwunden werden kann, dass es Versöhnung gibt, auch wenn die Wunden immer bleiben und sie aufbrechen können, bei ähnlichen Erfahrungen in der Gegenwart, aber dass das nicht bedeutet, dass mit der Vergangenheit kein Friede geschlossen wurde.
Wenn so zugehört wird, was Menschen erleiden und dann sieht man, über was so manch ein Zeitgenosse sich aufregt oder herumnörgelt, dann wird man ganz still und denkt, du Narr, du hast dein Leben nicht begriffen. Ich möchte auch gar nicht so viel von dem erzählen, was gesagt wurde, sondern laß es offen, damit jeder, der sich den Film anschaut, seine ganz eigenen Eindrücke hat und sich genau von dem ansprechen läß, was ihm wichtig ist und war.
Der Film zeigt das Leben des Menschen, in seiner Individualität, aber auch in seiner Vielfalt, in all dem, was auf der Welt ist und herrscht vom Leben, Krieg, Zerstörung aber auch Paradiese. Und er läßt auf jeden Fall zurück, viel muss sich noch ändern überall. Und wenn Bertrand zwischen den Interviewsequenzen diese wunderschönen Naturaufnahmen zeigt, dann kommt der Gedanke einfach auf, dass es ein Muss ist, dass jeder Einzelne gefragt ist, daran teilzunehmen, diese Welt zu verändern, sei es in großen Aktionen oder einfach nur in seinem eigenen kleinen Lebensalltag. Jeder hat seinen eigenen Weg und sin eigenes Charisma, das er einsetzen soll.
Berührt, nachdenklich und erfüllt verließ ich das Kino. Zuhause bei meinen Recherchen über den Film hab ich noch entdeckt, dass man ihn bei you tube in der Originalfassung auch sehen kann. Es fehlen halt die deutschen Übersetzungen.
Ich gebe einen Link für alle Interessierten und zufällig in meine kleine Blogseite Hineinschauende:) https://www.youtube.com/watch?v=FLqft-ICVQo
Viel Freude beim Schauen!