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25. August 2017 5 25 /08 /August /2017 11:26

 

Jetzt ist es wieder soweit. Kennt Ihr das? Manche Träume die im Leben geträumt werden brauchen Zeit. Die Zeit muß reif sein, einen Traum zu verwirklichen. Der Alltag hat dich gefangen, du machst dies und das, aber der Traum ist da in Dir.
 
Ich habe viele Träume noch, Gott sei Dank. Ein kleinerer Traum war schon in mir anwesend seit meiner letzten Schleswig-Holstein-Radtour vor vielen Jahren. Damals bin ich das erste Mal mit der Möglichkeit eines zu befahrenden Radpilgerweges in dieser Region, der sich *Mönchsweg* nennt, konfrontiert worden. Das will ich auch mal machen, dachte ich damals. Ist nun aber schon Jahre her. Ehrlich. Ich hab in der Zeit seitdem so Vieles erlebt, Schönes und nicht so Gutes, viel gekämpft und gerödelt, aber der Traum war immer da.
 
Und nun, von einem auf den anderen Tag, hab ich beschlossen, ihn zu verwirklichen. Das ist immer so bei mir. Dinge gären und gären und plötzlich sag ich *Jetzt* Wann dann. Neulich sagte ein von mir sehr wertgeschätzter Mensch: *du machst einfach was du willst* Ich hab noch lange über diesen Satz nachgedacht, ob das stimmt. Das Ergegbnis war. es stimmt. Also, ich hab schon auch viel Verantwortung getragen, aber die Möglichkeiten, die sich mir boten, hab ich tatsächlich dazu genutzt, zu machen, was ich will. Ich glaube schon, dass eine Einschätzung meinerseits als *unberechenbar* leider all zu wahr ist. Das betrifft nicht nur meine Taten, sondern auch oft meine Reaktionen, Gedanken und Gefühle. Ich mag mich aber so nunmal. Ich fühle mich dabei lebendig.
 
Nun geht es los. Am 4. September dieses Jahres werde ich meine Radpilgertour auf dem Mönchsweg von Bremen nach Puttgarden endlich beginnen.
 
Das Experiment bezieht sich darauf, dass ich ähnlich wie ein von mir geschätzter Autor, der leider schon verstorben ist auf tragische Weise, diese Pilgertour unternehmen möchte. Michael Holzach hieß er und ist einmal ein Jahr lang mit seinem Hund Feldmann durch Deutschland gewandert, und zwar ohne Geld. Darüber hat er dann später ein Buch veröffentlicht, das ich nur Jedem wärmstens ans Herz legen kann. Es war eine existenzielle Erfahrung, die Holzach damals gemacht hat. Erfahrungen über Gastfreundschaft, Freundlichkeit der Menschen, aber auch über den troslosen Mief unseres schönen Deutschlands, das zu dieser Zeit das aufstrebende Wohlstandsland genannt werden durfte. Wie reagieren Menschen auf Bitten nach Unterkunft und ein Essen.
 
Gut, so ganz werd ich sicherlich nicht darauf verzichten, mein Sicherheitspaket im Rücken zu haben. Aber ich werde dieses Experiment auf diesem Weg versuchen zu praktizieren. Das bedeutet, ich werde nach Unterkünften und Mahlzeiten bitten, möglicherweise anbieten, auch eine kleine Arbeit dafür zu verrichten. Mal sehen, wie das so geht. In Gedanken stell ich mir gerade immer mal vor, wie es ist, am Morgen nach dem Aufstehen in eine Bäckerei zu treten und zu fragen, ob mir Radpilger ein kleines Frühstück gewährt wird oder eben auch später dann nach vollendeter Tagesfahrt bezüglich Abendessen und Schlafstätte. Ich bin schon ganz aufgeregt bei diesem Gedanken, wie ich mich fühlen werde bei diesen ja man muß es schon so ausdrücken *Bettelbitten*
 
Immerhin tröstet mich der Gedanke, dass die frühen Pilgerreisen von Menschen nur so auf diese Art und Weise praktiziert werden konnten, denn oft waren es Menschen, die über kein großes finanzielles Polster verfügten, aber immer einen tiefen Grund hatten, der mit ihrem Leben zusammenhing, eine Pilgerreise anzutreten, um auf diesem Weg entweder mehr Klarheit zu bekommen, wie ihr weiterer Lebensweg verlaufen soll oder aber einfach etwas hinter sich zu lassen und die Strapazen als Zeichen für eine Vergebung ihrer möglicherweise begangenen Lebensfehler zu erhalten.
 
Ich muss sagen, bei mir ist eigentlich keines der drei genannten Möglichkeiten aktuell. Ich möchte eigentlich einfach nur aus Freude an der Natur und Interesse an diesem Weg, der ja die Spuren der Christianisierung in Schleswig aufzeigen wird, aufbrechen. . Und natürlich auch nach dem Wunsch einmal wieder für eine, wenn auch kurze Zeit, diese Freiheit auf dem Rad zu genießen, ich mit mir allein und angewiesen sein auf mir Gutem Widerfahrenden. Es ist einfach eine ganz andere Art des Reisens.
 
Neulich las ich in einem Bericht, dass die Menschen verlernt haben zu reisen. Allenfalls buchen sie Dreitagestouren oder kurfristige Aufenthalte in Sätdten oder Ländern und planen schon alles im voraus. Hotel, Route usw. Gut, meine Route steht natürlich auch fest. Aber wie mein Tag verläuft, wo ich lande, was mir vors Auge springt, was mein Interesse weckt, das ist überhaupt nicht vorhersehbar und natürlich eben auch die Erlebnisse, die ich mit Menschen auf diesem Weg haben werde. Das macht es für mich so spannend.
 
Allein reisen, ohne Planung, in ein Land oder eine Stadt bedeutet nichts mehr als dass du ganz allein auf dich angewiesen bist, aber auch auf das Wohlwollen der Menschen, die dir entgegentreten. Nie fühlst du dich so allein als bei einer wirklichen Reise in eine fremde Umgebung. Reisen bedeutet nichts anderes als *unterwegs* sein. Es ist kein Urlaub, es ist eine Tätigkeit, in der du dich selber ein großes Stück mehr kennenlernst, aber eben auch Land, Leute und Kultur. Und es ist ganz sicher der Ort einer Erfahrung über die kleinen Dinge des Lebens, die meines Erachtens das Leben mehr bereichern als die großen Kulturstätten wo alle mit smarthphones bewaffnet in Selfiementalität ihre Anwesenheit dokumentieren und am Ende nicht mal drüber nachdenken, dass sie eigentlich *nichts* gesehen haben. So sehe ich das jedenfalls. Meistens fällt ihnen das nicht mal auf. Sie haken ab und haben schon das nächste Ziel vor Augen. Für mich wäre das nichts, son Typ bin ich einfach nicht.
 
Manchmal hab ich doch den Eindruck, ich bin hineingeworfen in eine Welt, in die ich nicht so ganz hineinpasse. Aber daran kann ich ja nichts ändern. Auch ich muss sehen, wie ich irgendwie durch die sich ständig verändernde Welt mit meinem Leben durchkomme, ohne unterzugehen.
 
Ich habe noch eine Menge zu planen für diese Zeit, was mir mehr und mehr Erwartung und Vorfreude beschert. Die erste Übernachtung in Bremen ist erstmal gebucht. Aber dann, ab dem nächsten Morgen, wenn die erste Route Richtung Zewen geht, wird es ernst.
 
Ich freue mich drauf und werde natürlich versuchen, hier in meinem Blog meine Erfahrungen und Erlebnisse festzuhalten. Denn wie sagte Frisch so schön: Wer schreibt liest sich selber,-) Und vielleicht hab ich ja auch den einen oder anderen geneigten Leser, der gern Anteil nimmt an allem, was ich so treibe:)

 

 
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10. Oktober 2008 5 10 /10 /Oktober /2008 17:14

Ich liege unter meinem Moskitonetz auf meinem Bett. Wenn Hitze sinnlich sein kann, dann ist es die stille, sanfte Tropenhitze, warmer lauer Wind, der den Koerper beruehrt. Ich traeume gedankenverloren vor mich hin. Noch kurze Zeit vorher war ich voller starker, emotionsgeladener Gefuehle. Haette tanzen, huepfen koennen, wie ein Kind, dass nicht weiss, wohin mit all seiner Freude. Wann fuehlt man sich jemals im Alltag noch wie ein Kind, kann alles 1oo% auskosten?
 
Nun denn, ich bin wieder ruhig geworden, die Freude ist still und ruhig in mir und hat ein Laecheln auf mein Gesicht gezaubert. Warum?
 
Also ich gehe vier Jahre zurueck. Ich habe gerade meine Krebserkrankung besiegt und befinde mich in einer Kunsttherapiestunde. Meine Augen sind mit einem Tuch verschlossen und der Therapeut hat mir ein Stueck Ton in die Haende gelegt. Eine halbe Stunde habe ich Zeit aus diesem Klumpen etwas zu formen. Nach 3o Minuten oeffne ich meine Augen und was steht vor mir? Ein kleiner Elefant! Welch Ueberraschung!
 
Ich liebe Elefanten. Schon immer. Diese riesigen Dickhaeuter, die ueber eine unglaubliche Sensibilitaet verfuegen, haben mich schon immer in den Bann gezogen. Niemals jedoch bin ich nur in die unmittelbare Naehe dieser Dickhaeuter gekommen, geschweige denn, haette sie beruehren koennen.
 
Der Therapeut bittet mich fuer weitere 1o Muniten die Augen zu schliessen, um zu imaginieren. Gesagt, getan! Ich schliesse die Augen und sehe mich unmittelbar danach auf einer Wiese liegen, die Augen in den Himmel gerichtet und da kommt er! Der Elefant! Kniet sich neben mir, ich sitze auf und wir reiten davon! Wohin?, fragte mich der Therapeut damals. Und es kommt ganz spontan:" Nach Indien!" So was! Nicht wirklich hatte ich vorher im Traum daran gedacht, einmal nach Indien zu reisen. Es war eine momentane Sehnsucht, die sich ihren Weg suchte.
 
Na ja, nun nun hab ich Indien bereist und ich frage mich, was macht das Unterbewusstsein mit uns, wenn wir solche Traeume offenbaeren, wie arbeiten wir unbewusst auf dieses Ziel hin? Egal!
 
Jedenfalls jetzt in diesem Moment unter meinem Moskitonetz sehe ich, dass sich mein Traum erfuellt hat. Ich hab es getan! Ich bin nicht nur auf einem Elefanten geritten, sondern ich bin auch mit ihm im Rapti-River in Chtiwan schwimmen gegangen! Ich kleiner Angsthase!
 
Ja, ich befinde mich im Chitwan-Nationalpark, der im Sueden Nepals liegt, ca. 2oo km von Kathmandu entfernt.Es ist der aelteste Nationalparks Nepals und wurde in den 8oer Jahren zum Unesco-Welterbe erklaert. Wir haben drei Tage Aufenthalt geplant und ehrlich, ich sah diesen drei Tagen mit einem etwas mumlmigen Gefuehl entgegen, schon allein wegen der Malaria-Gefahr, die gerade in der Monsumzeit aktuell ist. Wir hatten keine Prophylaxe, schon  wegen der Nebenwirkungen, die diese auftreten lassen koennen und fuer drei Tage wollten wir uns das nicht antun.
 
Schon am ersten Tag machten wir mit unserem Guide Ketuh einen Spaziergang durch das Dschungeldorf. Chitwan wird u.a. von er Voelkergruppe der Tharus bewohnt. Sie leben heute noch in einfach Lehmhuetten, das Leben spielt sich hauptsaechlich im Freien ab. Die Tharus kommen urspruenglich aus Indien, aus dem Gebiet um Rajasthan. In den 6oer Jahren befanden sich dort Muslime und Hindus in einem zerstoererischen Krieg, der zur Folge hatte, dass viele Hindus flohen und hier im Gebiet um Chitwan eine neue Heimat fanden. Das Land ist unglaublich fruchtbar und so leben die Tharus und der Rest der Bevoelkerung hauptsaechlich vom Acker- und Gemueseanbau. Dazu kommen Fruechte, wie Mangas, Papaya und Bananen. Ach! Diese Bananen! An jeder Ecke bekommst du sie hier angeboten. "Yes, please Madam, take Bananas, makes happy!" Da ist was dran, denn nie hab ich solche gluecklichen Menschen wie hier gesehen, die noch ganz in ihren alten Traditionen leben. Selbst der Jugend sieht man den Stolz auf ihre Wurzeln noch an. Nie hab ich ein so zärtliches Miteinander in den Familien wahrgenommen wie hier. Ein wirkliches Paradies und ich bin dankbar es gesehen zu haben.
 
Ketuh fuehrt uns natuerlich auch in Flora und Fauna ein, denn fuer jedes Zipperlein gibt es ein Kraeutlein, ebenso gegen Malaria. Die Nepalesen rauchen uebrigens Canabis gegen Malaria, soll helfen! Na dann! Und sobald man aus dem Reservat herauskommt, kann man den Blick ueber die Weiten des schoensten Gruens der Reisfelder schweifen lassen. Nie hab ich solches Gruen gesehen.
 
Nun, der naechste Tag ist festgelgt. Es sollen zuerst der Elefantenritt, obwohl die Nepalasen sagen Elefanten-Fahrt, warum auch immer! Danach Baden mit den Dickhaeutern, am Nachmittag Fuss-Safari und eine Kanufahrt auf dem Krokodilsriver. Wovor sollte ich also mehr Angst haben?
 
Ketuh lacht sich eins ins Faeustchen. Nein, keine Sorge Mum, sagt er, in den letzten Jahren ist nix passiert. Der Tiger schlaegt nur nachts zu, wenn ueberhaupt und die Rhinos sind meistens ungefaehrlich. Aggressive Rhinos erkennt man an ihren Verletzungen an den Ohren, dann aber muss man das Weite suchen.
 
Aber nun zur ersten Kroenung meines Tages! Nach dem Fruehstueck um 6.oo Uhr erledigt sich meine Sorge von allein. Denn ich ueberlege hin- und her, hoffentlich komm ich ueberhaupt rauf! Auf den Elefanten natuerlich! Aber vor uns steht ein Geruest, ueber das ich muehelos aufsteigen kann und dann sitze ich auf dem zwar ungemuetlichen Holzsitz, der meinen vier Buchstaben noch tagelange Beschwerden verursachte, dafuer bin ich die Freude selbst. Ganze drei Stunden werden wir hin- und hergeschaukelt, aber Punam, so heisst unser Dickhaeuter, stapft sehr vorsichtig durch den Dschungel. Mir geht das Herz auf. Vom ersten Augenblick an empfinde ich eine solche Zaertlichkeit fuer ihn, dass ich nicht aufhoeren kann, ihn zu beruehren. Ob er das wohl merkt? Klar, sagt unser Guide, Elefanten spueren die tiefe Gesinnung des Menschen. Ein Elefant weiss sich noch nach 1oo Jahren an einen Peiniger zu erinnern, er vergisst nichts. Hin- und wieder muessen wir im Dickicht des Dschungels unsere Koepfe einziehen, um Baumen und Straeuchern auszuweichen. Der Dschungel hat seine eigene Stille, man traut sich nicht, einen Ton von sich zu geben und trotzdem ist er voll von Stimmen, Geraeuschen und Gezirpe. Beides zugleich. Irgendwie ein bisschen wie die Ruhe vor dem Sturm. Hundert glitzernde Spinnenweben- und Netze sind zwischen den Baeumen verwebt und funkeln in der aufgehenden Sonne, unglaublich schoen, wie Perlen von Tau auf den Blaettern jahrhunderter alter Baeume, die ihre eigene Geschichte erzaehlen, umrangt von Schlingpflanzen und Efeu. Zwischendurch bleibt Punam stehen, weil er irgendeine Koesltlichkeit fuer sich entdeckt hat. Es sei ihm vergoennt. Elefanten fressen 25o kg Gruenfutter pro Tag, gemischt mit Weizen. Unvorstellbar nicht? Ploetzlich ein "Psst!" Unser Guide hat Spuren entdeckt. Rhinos, fluestert er uns zu. Wir haben Glueck, man findet sie nicht immer. Un da sehen wir sie auch schon, Mutter mit Baby in einem Tuempel sich gemuetlich tummeln. Ein Stueck weiter ein weiterer, wohl der Papa. Das ist ein besonderer Moment, denn Mutter und Kind ist eigentlich immer gefaehrlich, wenn der Papa sich in der Naehe befindet. Allerdings greifen sie niemals Elefanten an. Na dann ist ja alles gut! Spaeter erzaehlt uns Ketuh, dass er zweimal waehrend einer Fuss-Safari mit Touristen auf die Baume fluechten musste, weil sie einem aggressiven Rhino begegnet sind.
 
Drei Stunden sind viel zu kurz finde ich, ich haette noch Stunden mit Punam den Dschungel erkunden koennen. Aber nun kommt das absolute Highlight! Baden mit den Elefanten. O.k., sag ich zu Ketuh, ich komme mit, aber nur um meiner Tochter zuzuschauen. Gesagt getan! Wir kommen an, Toechterchen springt sogleich in die Fluten und ich laufe aufgeregt am Ufer hin- und her und vergehe fast vor innerer Aufregung! "Los!", sagt Ketuh, " rein ins Wasser , Mum!" Ich halt es nicht mehr aus, der Spass hat die Angst besiegt, also raus aus den Klamotten und rein ins kuehle Nass des Rapti-Rivers, der allerdings eine ziemlich starke Stroemung hat. Was soll schon passieren? Meine ersten Versuche, ueber den Ruessel auf den Elefanten zu kommen, scheitern klaeglich, ich rutsche jedesmall wieder ins Wasser. Ich lach mich weg und die Zuschauer haben ebenfalls ihren Spass.Ich glaub, ich hab noch nie soviel gelacht, das allein schon ist herrlich. Aber endlich gelingt es mir und da sitze ich Haut auf Haut auf dem Ruecken meines Lieblingstiers, meine Gefuehle spielen verrueckt, ich explodiere foermlich und denke, jawohl Herr Berners, mein Kunsttherapeut, sie waren ein Prophet. Aber mitten in diesen Gedanken beginnt Punam mich mit seinem Ruessel mit Wasser zu bespritzen, irre und dann heisst der Fuehrer mich aufzustehen. Oh mein Gott, ich sage Euch, ihr merkt, ich bin immer noch hin- und weg! Ich hab es geschafft, das sag ich Euch und stehe wie ein Koenig der Welt auf dem Ruecken von Punam und genau in diesem Moment faengt er an, sich zu ruetteln und zu schuetteln. Alles ist ein abgekatertes Spiel und ich falle ruecklings in die Fluten, juchhu! Ich versinke in den Fluten, verschwinde in der Stroemung, so dass mir der Guide einen Stick halten muss, damit ich wieder ins sichere Gewaesser komme, aber dann geht es weiter.
 
Ach, war das herrlich. Mein Leben lang, werde ich das nicht vergessen. Und wenn ich einmal sterbe, will ich auch an diesen Moment zurueckdenken, der mich so gluecklich gemacht hat. Und was kann jetzt noch passieren. Dschungel-Fluss-Safari mit Kanufahrt, das sind doch jetzt nur noch Peanuts. Aber ein klein wenig unheimlich ist es mir schon als ich in dem wirklich schmalen Boot ueber das seichte und modrige Gewaesser des Krokodilsflusses dahingleite. Ich erwarte jeden Moment ein Krokodil mit aufgerissenem Maul, dass wir wenig spaeter auch sehen, allerdings in etwas sicherer Entfernung. Allerdings brauche ich keine Angst zu haben, denn es verdaut bei geoeffnetem Maul, ist also schon satt. Krokodile sind Kaltbluetter und brauchen Waerme um zu verdauen. Ach ne, wie herrlich.
 
Und als der Tag hinter uns liegt und wir den Sonnenuntergang am Fusse des Rapti Rivers ueber dem Dschungel bestaunen duerfen, moechte ich, dass die Zeit stehen bleibt,fuer immer moechte ich hier verweilen. Es war ein Moment, in dem ich dachte, ich haette die Ewigkeit beruehrt, wenn ihr versteht, was ich damit sagen will. Das aendert sich auch nicht, als Ketuh uns im Laufe des Abends die Geschichte vom Tiger, der fuenf Menschen getoetet hat, erzaehlt, der nun gefangen im Ressort lebt. Denn erst nach einem weiteren getoeteten Menschen darf er erschossen werden. Oder von dem anderen Tiger, der nachts in den Ort gekommen ist und einem Mann, der wegen der Hitze draussen schlief, den Kopf angebissen hat. Noe, das aendert jetzt gar nichts.
 
Irgendwie bin ich eingeschlafen ob all dieser Erinnerungen unter meinem Moskitonetz. Ich glaube, das Laecheln ist die ganze Nacht auf meinem Gesicht geblieben. Am andern Morgen heisst es Abschied nehmen von einem Paradies auf Erden und von den Menschen, die ihr Leben mit uns geteilt haben.
 
 

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10. Oktober 2008 5 10 /10 /Oktober /2008 17:13

Wir sind wieder unterwegs! Dieses mal ist der Bus wieder dran. Hab ich schon erzaehlt, dass wir in den letzten fuenf Wochen knappe 4ooo km zurueckgelegt haben, einschl. der jetzigen Fahrt nach Nepal, per Bus, Bahn oder Jeep? Allein fuer diese Fahrten sind acht Tage drauf gegangen, aber wie ich ja immer wieder erzaehlt habe, sieht man auf den Fahrten viel und hat auch unterwegs Begegnungen.
 
Vor ein paar Tagen schrieb mir noch eine Freundin aus Koeln, dass das auslaendische Amt vor Reisen in den Nepal nach wie vor warnt. Immer wieder gibt es wohl Uebergriffe. Zuletzt wurden wir noch in Varanasi gewarnt. Zusaetzlich gibt es heftige Ueberschwemmungen in bestimmten Gebieten, die Zeitungen hatten auch vor Seuchengefahr gewarnt. Jedoch andere Stimmen wiederum sagten uns, dass die touristischen Gebiete wie Pokhara, Chitwan und Kathmandu davon nicht betroffen sein sollen. Es sei normal, dass hin und wieder einmal Menschen verschwinden, eben auch Touristen. Na dann! Zuviel Sorge lohnt nicht, kennen wir ja aus dem Alltag, also machen wir uns endlich ohne Sorge auf den Weg.
 
Die Fahrt am ersten Tag bis zur nepalesischen Grenze dauert ganze 12 Stunden und ich hab mich mal wieder in absolute Bewegungslosigkeit geuebt, eingepfercht bei guten 35 bis 4o Grad Temperaturen im Innenraum ohne Aircondition. Die Sonne scheint den ganzen Tag ins Fenster. Einerseits Pech, andererseits bietet der Fensterplatz eben die besten Ausblicke. Der Busfahrer hat den bisher groessten Spass am Hupen, der er betaetigt sie im Grunde staendig. Ununterbrochen toent die kirmessirenenaehnliche Fanfare und ich hab das Gefuehl, ich stehe zeitweise kurz vor einem Hoersturz! Die Fahrt macht mir an diesem Tage zu schaffen, dazu die unglaublich staubigen Strassen und die Staubwolken suchen sich immer wieder den Weg durchs geoeffnete Fenster. Die letzten indischen Staedte durch die wir reisen, sind unglaublich laut und dreckig. Zweimal nur gibt es einen Stop an nicht wirklich gastlichen Orten, also faellt Essen den ganzen Tag aus, noch nicht einmal kuehle Getraenke.
 
So liegen unsere Nerven das erste Mal tatsaechlich etwas blank, als wir gegen 19.3o Uhr an der nepalesischen Grenze angelangt sind. Da wir ueber eine Agentur gebucht haben, geht alles planmaessig ueber die Buehne. An der Grenze werden wir sofort empfangen. Es ist mittlerweile dunkel, ja stockdunkel, denn wir haben mal wieder Stromausfall, ueberall Hektik auf der Strasse, Lastwagen donnern an uns vorbei, wir stehen knoecheltief im Wasser, da der Monsumregen zugeschlagen hat und auch wir selber stehen im Wasser, unser Koerper ist nur noch Wasser. Das Einreiseformular koennen wir kaum ausfuellen, da unsere Haende schweissnass sind, es ist alles muehselig. Grenzen sind dazu da, um Demut zu lernen, sag ich doch immer. Im Einreiseoffice faellt mein Blick sofort auf eine Vermisstenanzeige. Zwei junge, englische Touristinnen werden gesucht. Ueberall auf der Strasse steht die Armee Spalier und fuehrt Kontrollen durch, irgendwie alles unwirklich, gespenstig.
 
Endlich haben wir es geschafft, alles klar, wir haben das Einreisevisum und der Hotelbesitzer fuehrt uns in unser Zimmer. Der erste, nein, auch der zweite Blick jagt uns ein Grausen ueber den Ruecken. So was haben wir bisher noch nicht erlebt, und wir haben bestimmt schon viel gesehen! Wohin mit unseren Sachen? Wir trauen uns nicht, sie irgendwo in diesem Dreck abzustellen. In diesem Badezimmer, nein, in diesem total verdreckten Loch sollen wir uns waschen? Oh mein Gott! Unmoeglich! Aber wat mut, dat mut! Augen zu und durch! Man denkt so oft, nichts geht mehr und dann geht es doch irgendwie weiter. Wir rollen vorsichtig unsere Schlafsaecke auf dem Bett aus, ich falle ohne Essen total fertig um. Wir ueberstehen die Nacht und am anderen Morgen stellt sich Teil 2 von Montezumas Rache ein. Et is wie et is und et is noch immer jood jejange, wie der Koelsche sagt. Ich sag nur Dank Immodium ueberstehe ich auch den zweiten Tag.
 
Wir wechseln in den Lokalbus, haben die Hoffnung, dass alles schnell ueberstanden ist an diesem Tag, aber auch der Bus faehrt ganze 12 Stunden an diesem Tag, weil er alle fuenf Minuten stehen bleibt und Nepalis ein/und aussteigen. Wie wir erfahren, ist an diesem Tag ein grosses Frauenfestival ueberall in Nepal und der Anblick wunderschoener Frauen in ueberwiegend roten Saris ist einfach grossartig. Wunderschoene Frauen gibt es hier. Trotz allem geniessen wir die wunderschoenen Ausblicke auf dem Siddharta-Highway in die Tropenwaelder, immer wieder leichte Anstiege, einfach traumhaft.
 
Als wir endlich gegen 18.oo Uhr in Pokhara ankommen, regnet es mal wieder in Stroemen, Monsumregen! Ich empfinde eine tiefe Dankbarkeit, als wir vom Hotelmanager abgeholt werden, er uns unsere Rucksaecke abnimmt und wir im bequemen PKW Platz nehmen. Wie man geniessen kann, wenn man verzichtet hat oder musste! Und das Hotel, ja das Hotel ist ein wahres Paradies. Das absolute Gegenteil der letzten Nacht. Von dem Moment an, wo ich ins Bett falle, weiss ich nichts mehr. Nur meine Tochter meinte am anderen Morgen, sie haette mehrmals in der Nacht gefuehlt, ob ich noch lebe, denn ich hatte hohes Fieber. Aber natuerlich lebte ich noch, so schnell, wie es gekommen ist, war es auch wieder verschwunden. Sagt man nicht, Fieber reinigt Geist und Koerper?
 
Also machen wir am ersten Tag ein Sightseeing durch Pokhara, ein traumhaft schoener Ort, aber ein touristischer eben. Die Saison beginnt hier eigentlich erst in drei Wochen, daher ist es sehr ruhig. Dann ist es nicht mehr so heiss und die Trekker und Kletterer halten Einzug um die Himalaya-Berge zu erobern. Pokhara liegt in einem kleinen Tal von tropischen Waeldern umgeben und man kann sich am Gruen der Waelder nicht sattsehen. Faszinierend ist, wenn sich die Wolkendecke endlich einmal hebt, kann man ganz unvermittelt auf die majestaetisch herausragenden 7er und 8tausender, wie den Anapurna, der hoch in den Himmel ragt, schauen, einfach gigantisch. Nochmal ganz anders als das Himalaya/Gebirge in Ladakh.
 
Wir beschliessen am anderen Tag eine Trekking-Tour zur World-Peace-Pagode zu machen, die von japanischen Buddhisten an diesem Ort erbaut wurde. In der Naehe des Fundamentes wurde damals ein japanischer Moench von Anti/Buddhisten ermordet. Uebrigens ist hier in der Naehe in Lubini auch Siddhartha Gautama geboren.
 
Auf Anraten des Hotelmanagers gehen wir mit einem Fuehrer, denn der Weg ist nicht ungefaehrlich. Immer wieder wurden Touristen entfuehrt , so sagt man uns. Unser Fuehrer ist aber gerade mal 22 Jahre jung und ich bin mir nicht sicher, ob er wirklich im Ernstfall was fuer uns tun kann. Aber ich denke einfach nicht an Ernstfall, zu gross ist die Neugier. Immer positiv denken!
 
Ein Boot bringt uns zum anderen Ufer und da stehen wir nun am Eingang des Tropenwaldes. Von nun an geht es durch die gnadenlos heisse Sonne bergauf, es ist muehsam, aber absolut berauschend. Noch nie war ich jemals vorher in einem Tropenwald und ich bin gefangen von dem Stimmengewirr unzaehliger Voegel, Insekten und anderem Getier. Alles surrt, summt und singt. Ich muss an das Buch von Joachim-Ernst Behrend denken "Die Welt ist Klang!" Ja so ist es, hunderte Melodien kann die Natur selbst erzeugen, wenn man nur genau hinhoert.
 
Unser Fuehrer erzaehlt ein bisschen von den Veraenderungen, die sich in Nepal seit der Regierungsuebernahme durch die Maoisten ergeben haben. Wirtschaftlich sei das Land im Aufschwung, gerade in Pokhara und Kathmandu. Man tue viel fuer den Tourismus, nachdem er einige Zeit brachgelegen hat, wegen der vielen Kaempfe und Kriege, die hier gewuetet haben. Auch in dem Gebiet durch das wir gerade gehen, hat noch vor drei Jahren der Krieg zwischen den Nepalis und den Maoisten gewuetet. Was mir auffaellt ist, dass statistisch gesehen die Bevoelkerung Nepals genauso arm ist, wie in Indien, aber man merkt es eher weniger. Die Doerfer und Staedte sind sauber. Die Nepalis kuemmern sich mehr um sich selber und ihre Umgebung.Flora und Fauna gedeihen hier praechtig und ich musste manchmal an unsere ehemalige Mitbloggerin Karde denken, die hier sicher ihre Freude haette beim Anblick so vieler wunderschoener Pflanzen. Nepal ist reich an unterschiedlichen Kulturen, ca. 13 verschiedene Voelkergruppen leben hier zusammen und es gibt unterschiedliche Sprachen. Bevor die Maoisten die Regierung uebernommen haben, war Nepal ein grosser Fluchtort fuer Tibeter, nun allerdings ist ihre Aufnahme gestoppt. In weiten Teilen in hinteren Regionen gibt es immer noch keine Elektrizitaet und kein fliessendes Wasser, aber die Maoisten arbeiten, so las ich in der Zeitung, an einem neuen oekologisch, wirtschaftlichen System. In Pokhara z.b. wird jeden Tag fuer ca. 3 Stunden aus Energiesparmassnahmen der Strom abgestellt, jeweils zu unterschiedlichen Zeiten. Es trifft einen ganz unvorbereitet. Auch das soll sich aendern. In den letzten Tagen ging der Strom meistens abends weg. Da sitzt du dann im Dunkeln, eine Kerze ist alles was ein bisschen Licht spendet. Da bist du auf dich selber reduziert, nix geht mehr. Eine schoene Erfahrung wie wir beide fanden. Viel Zeit zum Traeumen und phantasieren. Schoene Geschichten entstehen in den Koepfen. Ich habe gemerkt, wie unsere Welt uns die Zeit zum Traumen und Geschichten spinnen nimmt. Wir lassen uns berieseln, anstatt selber kreativ zu sein.
 
Die jungen Leute im Nepal trennen sich allerdings immer mehr von den alten Traditionen, richten ihr Augenmerk auf den Westen, wie ueberall. Auch hier arbeitet die Regierung daran, dass jedes Nepali-Kind zu einer Schulausbildung kommt, was immer noch nicht selbstverstaendlich ist. Die jungen Leute, die wir kennengelernt haben, studieren alle, wollen ins Ausland, bevorzugt nach Deutschland. Deutschland erscheint ihnen das Paradies zu sein. Wir muessen sie doch ein bisschen aufklaeren.
 
O.k., ich bin mal wieder abgeschweift. Wir haben 23km der Strecke geschafft, es ist Nachmittag und unserer Fuehrer erzaehlt mal so eben nebenbei, dass es in den umliegenden Waelder auch Tiger gibt. Juchhu! Ein mulmiges Gefuehl beschleicht mich, haette er doch nichts gesagt. Na dann! Mir reichen schon die Wasserbueffel, an denen wir immer wieder mal vorbeikommen und sich sich in den Suempfen suhlen. Groesstenteils sind sie friedlich. Aber als wir an einem groesseren Tuempel vorbeikommen, meint doch einer uns verfolgen zu muessen, warum auch immer.Und ich sage Euch, er sah nicht besonders freundlich aus. Unser Fuehrer meint, er mag keine Touristen. Ein bisschen hatte ich Angst, ich geb es zu.Unser Fuehrer hatte Muehe ihn zu verjagen, aber letztendlich trotte er von dannen.
 
Wir haben unser Ziel erreicht. Die World-Peace-Pagode erstrahlt in ihrer weissen Pracht vor uns. Ein wunderschoener Platz, so friedlich, laedt zum Ausruhen ein, bevor es wieder hinunter geht und unten angekommen nehmen wir den Local-Bus zurueck zum Hotel. Wir haben Plaene fuer die naechsten Tage, aber wie sich herausstellt, soll man niemals zuviele Plaene machen, denn erstens kommt es anders, zweitens als man denkt. Wir werden beide richtig krank und liegen gute drei Tage flach. Am Ende hilft nur noch Antibiotika. Das gehoert eben zum Reisen auch dazu! Eine Woche Fahren und gut eine Woche krank sein, das geht alles von der Zeit ab. Aber auch in dieser Zeit macht man gute Erfahrungen, eben nur mit sich selber, seinen Grenzen, seiner Geduld und der Staerke anzunehmen, was ist!
 

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10. Oktober 2008 5 10 /10 /Oktober /2008 17:07

Es gibt nichts Ruhigeres, Gemuetlicheres als mit dem Zug zu fahren, oder? Jedenfalls dachte ich dass bisher immer. Zugfahren in Indien ist dagegen Aufregung pur! Gut, wir haben jetzt keinen Lokalzug genommen, in dem man, falls man keinen Platz bekommt, auch schon mal auf der Treppe zum Eingang stehen muss oder einfach auf dem Dach Platz nimmt, aber es hat immer noch gereicht.
 
Es ging schon los, ueberhaupt erstmal den Bahnhof zu erreichen. Die Hitze war mal wieder nicht zu toppen, Luftfeuchtigkeit? Ich weiss es nicht, aber jedenfalls wir waren nur noch Wasser. Einen Schritt und Fluten drangen aus all unseren Poren. Dazu der Rucksack und dann der Ausblick auf den Bahnhof, zu dem wir nur gelangen konnten, wenn wir es erstmal schafften, ueber die 5,6,7spurige Strasse zu gelangen. Man weiss nicht genau wieviel Autos eigentlich nebeneinander auf so einer Strasse Platz haetten, denn alle fahren kreuz und quer, Autos, Byker, Rikschas, Hektik und Stress pur, du weisst nicht, wohin den Blick zuerst, nach rechts oder nach links. Aber wir haben es geschafft, irgendwann waren wir drueben angelangt. Ich muss gestehen, in solchen Situationen ist mir meine Tochter einfach ueberlegen. Sie leidet in ihren jungen Jahren noch nicht so sehr an der Reizueberflutung!
 
Auf dem Bahnsteig angelangt muessen wir staendig ueber irgendwelche Hindernisse, Gepaeck, Kisten, aber vor allen Dingen die Menschen selber steigen. Menschen, soweit das Auge reicht, in allen Befindlichkeiten. Sollen wir uns da auch einen Platz suchen. Wir sind unsicher! Da sehen wir die Hinweisschilder:" Warteraum fuer Woman und Warteraum fuer die Uperclass!" O.k. ersteres trifft sowieso zu, zweitens, obwohl ich mich bisschen schaeme dafuer, ebenfalls, denn wir haben ein Ticket zweiter Klasse mit Aircondition. Vor den Warteraeumen bewaffnete Kontrollen. Wir treten in den Frauenraum und ich gehe sofort rueckwaertes wieder raus; es stinkt bestialisch nach Urin, mein Gott. Sind den Indern die Nasen abhanden gekommen, ich meine, riechen die das schon nicht mehr. Ne, das kann ich nicht aushalten, dann lieber auf dem Bahnsteig warten. Also bleiben wir, wo wir sind. Warten eine Stunde, bis wir wissen, wo unser Zug ueberhaupt abfaehrt und ihm sehnsuechtig entgegenfiebern.
 
Endlich laeuft er ein, ich packe meinen Rucksack, weiche gerade noch einem Verrueckten aus, der wie wild um sich spuckt und will zu unserem Abteil. Aber die Tueren sind verschlossen. Also wieder zurueck marsch, marsch. Es sind noch 3o Minuten bis zur Abfahrt. Eine Inderin, mit der wir ins Gespraech kommen, erklaert uns, dass das Abteil, in dem wir unsere Plaetze haben, auch der Wagen fuer den Nachschub an Getraenken und Nahrungsmitteln ist und dass dort aufgefuellt werden muss, erst dann gingen die Tueren auf. O.k. das verstehen wir und warten. Stellen fest, dass Warten den Indern besonders schwer faellt, denn staendig schimpfen, rufen und klopfen sie an der Tuere, was aber gar nix nuetzt. Wo bitte bleibt die Gelassenheit, meine Herren Inder, denn zumeist sind es die Herren der Schoepfung!
 
Ich schaue einfach, was um mich herum passiert, sehe gerade einen mit Gewehr und Gummiknueppel bewaffneten Polizisten, der letzteren gerade in eine Gruppe Bettler tanzen laesst. Polizei in Indien ist ueberall praesent, auch vor den Banken und den Schaltern, alles abgesichert. Passiert wohl doch sehr viel.
 
Endlich, die Tuere oeffnet sich, ein Gedraenge ersten Grades beginnt. Ich versuche mir Bewegungsfreiheit zu verschaffen, aber im selben Moment, als meine Tochter ihren Fuss auf die Treppe setzt, bekomme ich von irgendeinem Depp hinter mir einem Stoss und knalle samt Rucksack gegen sie, was zur Folge hat, wie beim Dominoeffekt, dass sie ebenfalls stolpert, ihren Schuh verliert, der lautlos unter dem Zug auf den Gleisen verschwindet, was wiederum zur Folge hat, dass sie, ebenfalls schon seit laengerem mit dem Stress kaempfend, ihren Traenen freien Lauf laesst, weil sie glaubt, nun nur noch mit einem Schuh die Fahrt antreten zu koennen. Aber Gott sei Dank, einer von uns beiden behaelt immer die Nerven. Dieses mal bin ich an der Reihe. Keep cool, sag ich ihr, ich klaer das schon, gesagt, getan. Ich erklaere einem jungen Mann, der fuer den Kuechenraum zustaendig ist die Situation und der verspricht auch sofort Hilfe. Er fischt und fischt, aber kein Glueck, ploetzlich ist er verschwunden, irgendwo unter dem Zug, ich kriege einen Riesenschreck, so was macht mich immer ganz nervoes, wenn der Zug bloss nicht anfaehrt. Aber er taucht siegessicher mit dem Schuh wieder auf, alles gut, ein Laecheln auf dem Gesicht meiner Tochter, den Schweiss abgewischt und weiter gehts.
 
Wir finden unser 6er-Abteil und sind angenehm beruehrt, mit Aircondition, muss sein, bei 12 Stunden Fahrt. Ein kleiner Luxus, den wir uns erlauben. Mit uns fahren ein Paar aus Suedafrika, das aber schon seit acht Jahren in Varanasi lebt und zwei indische Geschaeftsmaenner, die schon laengere Zeit mit dem Zug unterwegs sind. Ach alles ist gut!
 
Neben unserem Abteil, vis a vis des Durchganges, ein Zweierabteil, sitzen zwei so was von Prototyp Muslime-Maenner, ganz in weisse Tuecher gehuellt im Schneidersitz und haben ihre starren, grimmigen, kantigen Gesichter uns zugewandt. Kein Laecheln, bloss nicht. Ich hab das Gefuehl, sie lauschen waehrend der ganzen Fahrt unseren Gespraechen, ohne sich daran zu beteiligen, obwohl sie mehrmals von den Indern angesprochen werden. Vor allen Dingen, in dem Moment, als der aeltere Inder mich anspricht und fragt:" Madame, sind sie Mutter und Tochter? Und wie lange reisen sie schon durch Indien? Und wie gefaellt Ihnen mein Land?" Genau da hab ich das Gefuehl, als spitzten sie besonders ihre Lauscher.
 
Ich versuche recht und schlecht zu antworten, ansonsten hilft der Suedafrikaner, der ebenfalls Hindi spricht, zu uebersetzen. Erzaehle, dass ich begeistert bin von der Fuelle der Erlebnisse, der Freundlichkeit der Menschen, der Lebendigkeit der Stadt Delhi, aber halte auch nicht mit den Problemen zurueck, die ich wahrnehme und die mir immer wieder zu schaffen machen, der Armut, den Krankheiten, dem ganzen Elend, was ueberall an jeder Ecke zu sehen ist, nicht zu vergessen dem Dreck und den Umweltschaeden, die durch die Achtlosigkeit entstehen. Und dass ich immer noch nicht ganz durchblicke, welchen Einfluss die Religion auf die Politik nimmt und wie es jemals geschehen soll, all diese Probleme in Indien in den Griff zu bekommen, gerade in einer Grossstadt wie Delhi, in die immer mehr Menschen vom L:and fluechten, weil sie sich eine bessere Zukunft versprechen, am Ende jedoch in den immer groesser werdenden Slums vor den Toren der Stadt verelenden.
 
Der Inder erklaert mir, dass es gute Ansaetze gibt, einige gute Politiker, aber das Korruption und Gier der Politiker vieles verhindern und dass die Religion viele verblendet und die Realitaet nicht sehen laesst.
 
Sagte dass nicht auch schon unser Alibaba, den wir in Leh kennengelernt hatten und der uns ein guter Freund geworden ist? Wir nannten ihn Alibaba, weil wir uns seinen Namen nicht merken konnten und irgendwie sah er mit seinem Turban ja auch aus wie aus 1oo1 Nacht! Aber er war Sikh, daher der Turban, der Zeichen seiner Religionszugehoerigkeit war. Hat er uns alles erklaert. Dass er jeden Morgen seine bis zur Huefte reichenden Haare unter sechs Meter Gebinde unter dem Turban versteckt und das er ebenso wie seinen Bart seit seiner Religionszugehoerigkeit nicht mehr kuerzen darf. Das sind eines der sechs Zeichen, die der Sikh beachten muss. Sikhismus ist eines der juengsten Religionen in Indien, gegruendet vom Guru und Dichterphilosoph Nanak im 15. Jahrhundert. Seine Botschaft lautete:" Gott ist weder Hindu noch Moslem und der Weg, den man zu folgen hat, ist Gottes Weg!" Hm, dem koennte man doch auch hinzufuegen, Gott ist weder Katholik noch Protestant, dann waere vieles einfacher.
 
Was ich jedoch nicht verstehe, ist ein anderes Zeichen des Sikhs, er darf absolut keinen sexuellen Kontakt zu einem Muslimen haben! Ist doch widerspruechlich oder? Nun denn, Alibaba zeigte uns noch die restlichen Zeichen, die kurzen Hosen, die er sogar unter seiner Jeans trug, das Schwert und das Stahlarmband. Schwert fuer den Kampf um Gerechtigkeit, das Armband als Zeichen der Universalitaet, kurze Hosen hab ich vergessen. Im allgemeinen, erklaert uns Alibaba, geht es dem Sikh darum, den Namen Gottes nie zu vergessen, seine Arbeit redlich zu verrichten und nicht auf Kosten anderer zu leben und Wohltaetigkeit nicht zu vergessen. Und das war Alibaba auf jeden Fall, schliesslich hatte er uns bei unserer Abreise kostenlos mit einem Lunchpaket versorgt. Wie bin ich jetzt zu Alibaba gelangt?
 
Ach ja, es ging um die politischen Probleme Indiens. Jedenfalls die Muslime starrten und starrten, ohne ihre Miene zu veraendern. Irgendwann las der juengere Inder neben mir die Zeitung und ich sah das Konterfei des Papstes in den Schlagzeilen. Da die Zeitung in Hindi geschrieben war, bat ich den Suedafrikaner zu erfragen, worum es geht. Meine Tochter meinte schon, vielleicht sei er gestorben, der Papst, was sonst sollte wohl eine Schlagzeile in einer Hindizeitung mit seinem Konterfei zu suchen haben. Bildete ich mir das ein, oder wurden die Muslime jetzt noch aufmerksamer? Jedenfalls erklaerte der Inder, es staende eigentlich nur im Artikel, dass der Papst dazu aufgerufen habe, die Muslime sollten mit dem Abschlachten der Christen, was in einigen Regionen wohl immer noch an der Tagesordnung war, endlich aufhoeren. Na Bravo! Wo er Recht hat, hat er Recht! Nur ob es nuetzt? Aehm, schienen mich die Augen der Muslime zu fragen:@ Na? Seid Ihr auch Christen?" O.k., o.k. manchmal schiebt mal halt ein klein bisschen Panik. Nein Scherz beiseite, bisschen ungemuetlich war es und ich lenkte dezent das Gespraech aufs Essen, das passt ja bekanntlich immer.
 
Uberwiegend hatten wir also eine angenehme Reisebegleitung, der Aircondition lief, es wurde langsam dunkel und der aeltere Inder begann von seiner Familie zu erzaehlen, dass er drei Kinder hatte, das juengste gerade einen Monat alt. Ploetzlich klingelte sein Handy, das uebliche Ha, ha, atscha folgte fuer eine Weile! Aha, sagte ich ihm nach dem Gespraech:" Deine Frau, nicht wahr?" Er laechelte mich an, nein er begann verschmitzt zu lachen und meinte:" Die Liebe ist zuweilen ein schmerzhaftes Vergnuegen!"
 
Ups! Da musste ich erstmal schlucken! Es kam sonst nix mehr, keine Erklaerung, keine Deutung des Satzes. Ich liess ihn einfach auf mich wirken. Stimmt das wirklich? Nein! sagte ich nach einer Weile und nochmal nein! Nur, wenn sie die Freiheit des anderen nicht respektiert, wenn sie besitzergreifend und voller Erwartungen an den anderen ist! Wohl wahr, wohl wahr, stimmte der Inder mir zu. Aber wer kann von sich behaupten, eine solche Liebe zu haben. Diesesmal schwieg ich still laechelnd vor mich hin, ich hatte auch keine Antwort. Aber wir sind ja auf dem Weg.
 
Neben uns wurden die Muslime lebendig, einer begann, das weisse Laken auf seinem Sitz auszubreiten. Oh, die wollen schon schlafen, dachte ich. Weit gefehlt! Zuerst wurden alle Taschen geordnet, dann der Geschaeftskoffer geoeffnet. Ein Bild fuer die Goetter folgt nun, als der eine die ledernde Tasche hervorzog und aus dieser einen ganzen Buendel Geldscheine herauszog, den er mit glasigen Augen zu zaehlen begann, was er uebrigens waehrend der gesamten Fahrt noch dreimal tat, dann alles wieder im Koffer verstaute, abschloss, den Schluessel an einen sicheren Ort versteckte, den er ebenfalls mehrfach wechselte, nicht ahnend, dass ich alles genau beobachtete. Nach dieser Handlung begann einer der Beiden, wie in stummer Absprache, ins obere Abteil zu verschwinden und der andere fing an, seine Gebete zu verrichten. Ich schaute still und unauffaellig den Ritualen zu, Haende gegen Brust, Mund und Ohren und verbeugen, Gemurmel und nach einigen Minuten Wiederholung, keine Ahnung, vielleicht eine halbe Stunde lang, ohne Unterbrechung. Nur als meine beiden indischen Geschaeftsmaenner auf den Fahrpreis des Tickets nach Varanasi zu sprechen kamen, beide hatten wohl unterschiedlich gezahlt, mischte sich der Betende ploetztlich abrupt ins Gespraech ein und es enstand ein Dreier-Dialog. So unerwaretet, wie er sich einmischte, hoerte er auch wieder auf, und begann einfach weiter zu beten, so als haette er nie dasselbe unterbrochen. "Tschuldigung, Gott, ich musste mal unterbrechen, es ging um Geld, viel Geld!" Haha, atscha, grinste ich vor mich hin, faengt ja auch beides mit "G" an, Geld und Gott! Dem einen sollst du huldigen, dass andere verachten. Jedenfalls erinnere ich mich an so was. Haette ich ihm gern gesagt, dem Muslimen, aber ich hab mich lieber zurueckgehalten und mir meinen Teil gedacht. Der andere kam von oben runter und begann ebenso das Procedere. Dann wurde es endlich still. Alle begannen wohl muede zu werden. Ich nicht! Hilfe! Das mittlere Bett wurde heruntergeklappt und jeder begab sich in seine Koje. Mir gegenueber lag der Suedafrikaner, der ganz guter Dinge war und wir scherzten noch eine Weile miteinander, bis ihm der Spass ploetzlich verging!
 
Mir fiel es zuerst auf, als mein Blick nach links an die Wand meiner Koje fiel! Das waren doch, ja das waren doch! Jawohl! Kakerlaken!!! Ach du liebe Guete, mich gruselte es bei dem Gedanken, dass diese Viecher nun moeglicherweise, nein bestimmt, in dieser Nacht alle ueber mein Lager krabbeln sollten. Nein!!!! Was mach ich blos??? Naja, was macht man? Nix! Still liegen, akzeptieren, tuef durchatmen, so tun, als waere alles ganz normal und vielleicht hilft die Annahme ja, dass das Getiers von einem ablaesst. Ich schoepfte Hoffnung.
 
Ich hatte mich also abgefunden, als rechts von mir ein Aufschrei erklang und der Suedafrikaner wie von der Tarantel gestochen aus seiner Koje hochfuhr und mit dem Kopf gegen die Decke stiess, was einen erneuten Schrei zur Folge hatte, was wiederum das gesamte Abteil tumultartig hochfahren liess und er seinen Latschen suchte und dann begann es! Das furchtbare, gnadenlose Abschlachten! Das Morden ging los. Irgendwann hoerte ich auf zu zaehlen, denn es nuetzte rein gar nichts. Je mehr er toetete, je mehr erschienen an den Waenden. Keine Ahnung, wo die alle herkamen. Meine Tochter erzeahlte aus dem oberen Abteil, in Australien haette sie gehoert, wenn man eine Kakerlake toetet, schluepften sofort hundert neue aus den Eiern. Ha, das ist doch wohl ne Maer, oder? Na ja, jedenfalls lagen einige tot und krumm auf dem Boden rum, kein appetittlicher Anblick. Ich hatte genug., Ich drehte mich rum und ein wenig fielen mir die Augen zu. Kein Wunder, bei den ganzen Morden!
 
Der Schlaf war leider nur oeberflaechlich, irgendwie konnte ich nicht richtig abschalten, vor allen Dingen, weil mein Toechterchen mich dazu angehalten hat, ein wenig auf unsere Rucksaeckle zui achten, denn es kaem, nachts haeufig vor, dass Sachen verschwaenden, wenn die Fahrgaeste schliefen. Am Bahnhof gab es Schloesser, aber schliess mal den Rucksack ab! So oeffnete ich hin und wieder die Augen, schaute nach rechts zu den Rucksaecken, dann nach links, um zu schauen, was meine Freunde so trieben. Waere aber alles unnoetig gewesen, denn Ruckksaecke befanden sich auf ihren Plaetzen, Kakerlaken waren auch friedlich, aber ein anderes Problem tat sich auf! Ich sage nur "Hoelle, Hoelle" Denn es begann mich irgendwann am ganzen Koerper zu jucken, quaelend, tierisch und es hoerte nicht auf! Was soll ich sagen! Es gab ne zweite Plage in diesem Abteil. Es gab "Bedbugs", allen Backpackern hinreichend als Bettwanzen bekannt. Na klasse, ich war feddisch, ich ergab mich und sagte innerlich:"Nehmt mich!" Vielleicht ist dann Ruhe.
 
Irgendwann fing einer der Muslime mit seinem Morgengebet an und ich schielte ein wenig gequaelt zu ihm rueber, irgendwie schienen die ne ruhige Nacht gehabt zu haben. Vielleicht sollte ich mich zum Islam bekehren, wer weiss, vielleicht hilft ja ein islamischer Gott gegen Insektenplagen! Nein Scherz! Jedem das seine, und mir das Meine! Ich erhob mich vom Bttlager, setzte mich dieses mal in den Schneidersitz, es war 5.oo Uhr morgens und beobachtete still den Sonnenaufgang ueber der flach und gruen sich erstreckenden Landschaft, sie sich meinen Augen darbot, in der abswechselnd kleine Dorfgemeinschaften von vielleicht 2o bis 3o Haeusern erschienen. Alle sauber, nett und gemuetlich anzusehen. Ueberall schon Hektik in den Doerfern, wegen der unglaublichen Hitze beginnt das Leben in Indien frueh. Und dass der Inder kein Individualist ist, wusste ich nicht erst an diesem Morgen. Denn ganze Doerfer waren gemeinsam, bewaffnet mit Kloopapier und Wasserkaennchen, unterwegs, um ihre morgendliche Toilette an den Bahngleisen entlang zu begehen. Der Inder macht alles im Verbund, es gibt halt kein Privatleben, jedenfalls ich hab es bisher nur so kennengelernt. Kein besonders schoener Anblick, aber man gewoehnt sich dran!
 
Und so vergingen auch die letzten Kilometer und nach eineinhalb Stunden hatten wir unser Ziel erreicht! Varanasi lag vor uns. 12 Stunden hatte die Fahrt gedauert, wir haben es ueberlebt, mal wieder und reicher an Erfahrung und netten Begegnungen

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10. Oktober 2008 5 10 /10 /Oktober /2008 16:55
Es ist 1o.oo Uhr morgens und ich sitze bei unserem Nepalesen in Delhi, wo wir nach 16stuendiger Fahrt mit dem Local-Bus aus Manali angekommen sind.
 
Eine Fahrt mit dem Local-Bus der Region ist noch mal etwas anderes als mit einem Touri-Bus. Eingepfercht zwischen ca. 3o nicht wirklich wohlriechenden, staendig spuckenden, hustenden und ruelpsenden indischen Maennern, deren starrende Augen einen fast zu verschlingen drohen und man aus Gruenden von Missverstaendnissen das Laecheln lieber bleiben laesst, fuehlt man sich schon ein bisschen ausgeliefert.
 
Als ich meinem Sohne die Situation schilderte, meinte er, vielleicht tun das die indischen Maenner, weil sie damit eine uebergrosse Freude ausdruecken moechten. Wer weiss! Aber warum packen sie sich eigentlich, wie ebenfalls alle italienischen Maenner auch haufig, immer zwischen die Beine? Wollen si kontrollieren, ob noch alles da ist? Ich finde keine Erklaerung!
 
Der Bus ist also knallevoll und draussen stehen noch weitere ca. 2o Inder mit Rucksaecken, Taschen, Kartons und anderen Utensilien, ich glaube, es war auch Gefluegel dabei, ob die das wohl ueberleben? WO sollen die denn noch alle hin? Aber irgendwie geht alles. Die Haelfte verschwindet samt Gepaeck auf dem Dach, die andere Haelfte wird, egal wie, einfach in den Bus gedrueckt. Eine der Inder sitzt uns fast auf dem Schoss, der Anblick seines Hinterteils ist nicht gerade erfreulich! Ueberhaupt, die Kleisung von einigen ist so verschmutzt, zuhause wuerden wir sagen:" Den fasse ich nicht mit der Kneifzange an!" Aber so ist das nunmal in Indien, es geht ums Ueberleben und nicht um Hygenie, bei vielen zumindest.
 
Vor mir kriegt wieder einer einen Hustenanfall und rotzt aus dem Fenster, so dass ich geschwind mein eigenes schliesse, man kann ja nie wissen! Der Busbegleiter sucht sich seinen weg durchs Gewuehl, fuer mich ein Raetsel, wie er das schafft, um alle anderen Zusteiger zu kontrollieren. Gott sei Dank, bekommen wir mit, fahren nicht alle Anwesenden bis nach Delhi. Grosse Erleichterung macht sich breit.
 
Der Bus faehrt los, der indische Fahrer ist ein Unikum, er quaselt ununterbrochen und seine Stimme hoert sich wie die Reibeisenstimme von Adriano Celentano an. Wahrscheinlich die Stimmbaender, ruiniert vom dauernden Reden, einfach ueberstrapaziert! Reden um nicht einzuschlafen, oder? sage ich zu meiner Tochter. Na ja, wenn es hilft!
 
Hinter mir klingelt ununterbrochen das Handy. Ich hoere ca. 15 Minuten lang folgende Worte: "Haha, atscha, haha, ha, ha, atscha, haha!" Ohjeh, dass muss die eigene Frau sein oder die Schwiegermutter, denn wie meine Tochter mir erklaert, bedeuten die Worte nichts anderes, wie o.k., ja,ja!" Der Arme, er tut mir aufrichtig leid!
 
Ploetzlicher Aufruhr, der Bus schlingert etwas, bleibt aber in der Spur und ehe ich mich versehe stehen wir an einer Busstation, um einen Reifen zu wechseln. Nochmal gut gegangen. Die Haelfte der Inder steigt bei dieser Gelegenheit aus, um, was wohl? Na in Reih und Glied ihr Geschaeft zu verrichten, sieht knaller aus! Frag mich gerade, wo Frauen hinsollten, aber die sind ja nicht da, ausser un s beiden, aber wir trinken nix, schon aus Vorsorge.
 
Waehrend der Reparatur mache ich mir mal wieder so meine Gedanken ueber die Sicherheit einer solchen Reise und muss an die Worte von Tashi, unserem Jeep/Fahrer durch den Himalaja, denken, als ich mich anschnallen wollte:" Forget it!", und muss laecheln. Ja stimmt, voelliger Unsinn, wer hier abstuerzt ist tot, ohne oder mit Gurt! Ich philosophiere mit mir selber ueber die Angewohnheit, das Leben staendig sichern zu wollen! Denn ich denke doch auch an Situationen, wo ich bei der Jeepfahrt hin und wieder meine Haende verkrampft in den Sitz gekrallt habe. Und ich erinnere mich auch in diesem Moment, dass ich genau in diesen Siatuationen innerlich gelaechelt habe: sichern, klar, wir weollen unser Leben nicht verlieren! Auch im Alltag ist das so! Wir muessen immer Recht haben, immer gut dastehen, muessen immer zeigen, was wir koennen, Eingestaendnisse, dass wir doch nicht so toll sind, wie wir uns selber gerne sehen,wuerdenuns doch ein Stueck Leben nehmen, entschuldigen! Niemals! Lieber mit dem Rudel laufen, als alleine bleiben, aber dafuer in der eigenen Wahrheit leben, lieber zu der Mehrheit halten, als dem anderen beizustehen, nein, das alles bloss nicht, wie wuerden ein Stueck unseres Lebens verlieren und das koennten wir nicht aushalten.
 
Aber wie ihr seht, haben wir auch die Drei/Tages?Exkursion durch den Himalaja, um zurueck nach Manali zu gelangen und nun hier in diesem Bus zu sitzen, ueberlebt, auch ohne Sicherung. Und gut, dass wir es gemacht haben, denn was waere uns sonst alles entgangen! Welch wunderbare Ausblicke, ihr seht, meine Begeisterung fuer den Himalaja ist riesengross, die vielen zotteligen Yaks, die Wildpfere, viele kleine putzige Murmeltiere und die typische Himalajakraehe, nicht zu verwechseln mit unserer kleinen europaeischen Art, sondern viel hoeher gewachsen, eher wie ein Storch. Und dazu die Uebernachtung in ein em Bergdorf, in einem Zimmer ohne Strom und Wasser mit netten kleinen vierbeinig krballenden Zimmergenossen, dafuer aber ein Essen, das jedem Gourmet das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen wuerde. Allerdings wuerde glaube ich, ein Gourmet sich nicht von diesen Jungs bedienen lassen, die uns hier das Essen kreiert haben und der Blick in die Kueche waere katasthrophal wirkend auf ihn gewesen. Aber wie gesagt, es hat wunderbar geschmeckt, wie sagten wir doch in der Kindheit:"Dreck reinigt den Magen!"
 
Und dann den ca. 25o km langen Tsomoriri/See, entlang der chinesischen Grenze, der mich verzaubert hat, in all seinen wechselnden schillernden Farben von tuerkis bis azurblau. Und als ich da am Ufer meditierte und mein Blick auf den ca, 4.7oo m entfernten Gipfel fiel, bekam ich Lust doch mal nachzuschauen, was da oben so los ist und wie weit man hinter den Gipfel schauen konnte. Also gedacht, getan, mit Toechterchen im Schlepptau hinauf. Oben angekommen, stellten wir fest, dass der Ausblick nur einen weiteren naechst hoeheren Gipfel gewaehrte. Wie im Leben, haste ein Problem bewaeltigt, schon komm das Naechste. Und unser Problem kam auch sofort, naemlich ein voellig unvorbereiteter Wetterwechsel. Im Nu verwandelte sich der Himmel in eine brodelnde Wolkenmasse, die Wellen des Tsomoriri/Sees schlugen hoch, wo er gerade noch still und friedlich vor uns lag. Ein Sandsturm fegte uns entgegen, dem ich mein Gesicht darbot und innerlich sagte:" Na los, dann komm schon, mich kriegste nicht klein!" Ein Fight, ein wirklicher, wie der Kampf mit den Daemonen in mir. Ich war in meinem Element!
 
Ach ja, das alles haette ich doch nicht erlebt, wenn ich auf Nummer Sicher gegangen waere!
 
Nun gut, nach meiner Traeumerei waehrend der Reifenreparatur, die sich ca, eine halbe Stunde hinzog, ging es endlich weiter durch das Himalaja-Vorgebirge, durch das Kullu/Tal entlang dem Beas-Fluss mit ebenfalls wechselnder Vegetation. Nach einiger Zeit schien der ganze Bus zu schlafen, ausser dem Fahrer natuerlich, so hoffte ich doch und meiner Wenigkeit. Mein Toechterchen hatte ihren Kopf gegen meine Schulter gelehnt und schlief ebenfalls seelig und ich genoss die Naehe, irgendwie wie nach der Geburt, als sie friedlich auf meinem Bauch lag und wir gemeinsam die suesse Ruhe genossen. Schoen diese Naehe nochmal zu erfahren auf dieser Reise.
 
Unsere Ankunft in Manali, der Stadt am Fusse des Himalajas, touristisches Ziel fuer alle Inder, vor allen Dingen fuer Hochzeitspaare. Lauter lachende, junge Menschen, die es wagten und die mit uns abgelicjhtet werden wollten. Wir konnten nicht nein sagen, wer will dem andern nicht schon Glueck bringen, denn so sei es, sagten sie immer wieder.
 
Hektischer Trubel inManali wegen der Apfelmesse oder besser gesagt dem Apfelfestival, denn die Gegend ist ueberreicht an der Apfelernte verschiedener Sorten. Das hat sogar den Premierminister der Region hier hergebracht und er wurde stuermich mit Musik und Begeisterung von der Bevoelkerung begruesst. Personenverehrung wird in Indien gross geschrieben! Noch etwas gibt es in Manali wie jeck, Hanf, ueberall, soweit das Auge reicht, selbst in staedtischen Park. Das zieht natuerlich Abgedrehte aller Art an. Sie kommen zum Kiffen hierher, besonders die Israelis, haben wir uns sagen lassen. Daher hat die indische Regierung auch die Visa-Genehmigung fuer Isrealis auf ein halbes Jahr beschraenkt. Es muss zuviele Durchgeknallte gegeben haben.
 
Den groessten Hippi/Flair findet man in Old/Manali, der Altstadt und im ca. 3 km entfernten Vashisht. Aber Vashisht bietet u.a. auch wunderschoen am Huegel gelegene kleine tibetische Wohnsiedlungen mit ihren Bauerngaerten, heissen Schwefelquellen, die wir auch unterwegs im Himalaja immer wieder entdecken konnten und in denen man direkt neben dem Vashista-Tempel baden konnte, um sich innerlich und aeusserlich zu reinigen. Ich wollte der EInladung des Sadhus nicht folgen, mir genuegte schon sein wilder, nackter Anblick!
 
Das war also ein wenig Seigtseeing von Manali und am Abend belohnten wir uns mit einem wunderbaren Abendessen bei unserm Tibeter, an dem wir am Ende noch zwei Flaschen Wein geschenkt bekamen! Warum?
 
In Indien darf man nicht schuechtern sein. Man muss seine Interessen verteidigen, auch schon mal in gespielt aggressiver Weise! Es verhielt sich so, dass wir eine Flasche Erbeerwein bestellten, die aber nach erstmaligemKosten, nicht nach Erdbeerwein schmeckte und uns zudem ein etweas merkwuerdiger chemischer Geruch entgegenkam. Wir waren zuerst etwas ratlos, riefen aber dann den Service, der kostete, schuettelte den Kopf, holte seinen Chef, der kostete, schuettelte ebenfalls den Kopft und meinte, ja, wir haetten Recht. Er haette sich schon gewundert, dass viele Gaeste den Wein bestellt haetten, oihn dann aber nicht getrunken haetten. Darauf rief er der Vertreiber an, der auch nach 1oMinuten an unserem Tisch stand, kostete und mit dem Kopf schuettelte. Was wiederum zur Folge hatte, dass er den Hersteller anrief, der dann ebenfalls nach weitern zehn Minuten an unserem Tisch stand, kostete und? Uns Recht gab. Irgendwas stimmte nicht.! Das End von der Geschicht. Die Beiden,Vertreiber und Hersteller zogen ab, der Chefe kam erneut an unseren Tisch, grinste ueber beide Ohren und verriet uns, der Hersteller habe ihm zugesagt, saemtliches Geld der gelieferten und bezahlten Weine zurueckzuerstatten, auch die, der guten und er sei uns unglaublich dankbar, dass wir etwas gesagt haetten. Dafuer duerften wir uns jetzt zwei Flaschen Wein aussuchen. Das haben wir natuerlich gerne in Anspruch genommen.
 
Ach ja, zwischen zwei Tshai/Tees in Delhi bei unserem Nepalesen hat es Spass gemacht, nocheinmal alles Revue passiern zu lassen, der letzten 6 Tage. Und das Ankommen in Delhi war genauso wie beim ersten Mal! Der Busfahrer schmiss uns irgendwo raus, als er merkte, dass ausser uns niemand mehr weiterfuhr und so standen wir mitten in der Praerie. Aber das ist normal in Indien.Sie tun was sie wollen. Umkaempft von hunderten Rikschka- und Taxifahrern, voellig verschwitzt, uebermuedet, aber gluecklich, versuchten wir unser Bestes ein fairen Preis auszuhandeln, was uns dann letztendlich auch unter groessten Schwierigkeiten und gespielter Aggressivitaet gelang und kamen endlich in unserem Hotelzimmer an. Froh, der Rikschka/Mafia entronnen zu sein, fielen wir auf unser Bett, in dem wir das erste Mal mit der Spezie Kakerlake in der Nacht in Beziehung traten.
 
Aber nun sassen wir beim Nepalesen, bereiteten schon wieder unsere Fahrt nach Varanasi vor. Das Ticket fuer den Nachtzu hatten wir bereits geloest. Es blieb uns noch einige Zeit zur Musse und Erholung der letzten Fahrt und zum Lesen der regionalen Zeitung, in der auch, wie ueberall auf der Welt, nur Negativ- und Ungluecksbotschaften standen.In Jammu, dem Gebiet nahe Kaschmir im Himalaja gab es wieder terroristische Ausschreitungen, diesesmal Frauen und Kinder, die ihnen zum Opfer gefallen sind. Vor allen Dingen geht die Angst vor Bioterrorismus um, will sagen, die Inder fuerchten sich vor Anschlaegen mit Krankheitserregern, oder Wasserverseuchungen usw.usw. Eine Moeglichkeit des Terrorismus, die wir glaube ich noch verkennen, aber dessen Ausmasse erheblichen Schaden anrichten koennen. Der Kampf zwischen Hindus und Moslems geht weiter, die Muslime richten Strassensperren in Kaschmir ein, was zur Folge hat, dass Transporte mit Oel., Benzin und Nahrungsmittel nicht mehr weitergeleitet werden koennen. Auch bekommen wir bestaetigt, wovor uns einige Nepalesen gewarnt haben, auch der Terrorismus in Nepal ist weitverbreitet, gerade in in den Bergregionen. Muessen wir Sorge haben? Keine Ahnung! Wir werden sehen! Wir muessen so oder so hin, denn unser Rueckflug geht von Kathmandu!
 
Wir packen unsere vom freundlichen Nepalesen eingepackten Lunchpakete ein und amchen uns ein letztes Mal auf den Weg, durch die ueberfuellten, staubig-verdreckten Strassen durch Delhi. Nein, Delhi werd ich nicht wirklich vermissen, aber es wird einen nachhaltigen Eindruck in mit hinterlassen.
 
Irgendwo hab ich in den letzten Tagen einen Satz in einem Buch gelesen:" Wer nach Indien reist, darf nichts beruehren, ausser sich selber!" Ich habe selten so einen dummen Satz gelesen. Wie will man ein Land bereisen, wenn man es nicht beruehrt, wie einen Menschen kennenlernen, wenn man ihn nicht beruehrt, mit Worten, Augen und dem Herzen. In diesem Sinne, ich werde mich nicht zurueckhalten.
 

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10. Oktober 2008 5 10 /10 /Oktober /2008 16:53
Dschuley, Dschuley ist die Begruessung, mit denen wir hier in Leh von Morgens bis Abends freudig empfangen oder verabschiedet werden. Aber auch auf den Strassen, ueberall wo ich gehe und stehe, dieses herzliche Dschuley! Mein Herz geht jedesmal auf, wenn ich so angestrahlt werde und ich denke manchmal daran, wie anonym das Zuhause alles zugeht. Niemals wuerden wir einfach einen Fremden begruessen. Was mich aber daran so beruehrt, da bin ich mir sicher, es ist nicht nur dieses einfach Dschuley, das mir entgegenkommt, sondern es sind die Augen, die mich dabei anschauen und die mir gleichzeitig zu sagen scheinen:"Wer bist Du? Wo kommst Du her?" Ich frage mich jedesmal, wann wir wirklich noch ein Interesse am Gegenueber haben, wenn wir ihm begegnen oder begruessen. Ich werde es jedenfalls vermissen, dieses ladakhische "Dschuley".
 
Ebenso werde ich die Menschen, das Land Ladakh vermissen, wenn wir uns hoffentlich am Freitag, was noch nicht klar ist, da das israelische Ehepaar, mit dem wir uns zusammengetan haben, heute erkrankt ist, verlassen werden. Es ist nicht so einfach, hier wieder wegzukommen. Vorlaeufigkeit ist angesagt. Schaun wir mal! 11 Tage waren wir nun hier an diesem ruhigen, spirituellen Ort. Tage wunderbarer Ruhe und des Eintauchens in eine andere Kultur, in diese karge Landschaft und in den Kontakt mit warmherzigen, offenen und einfachen Menschen.
 
Fuer mich war es noch ein Paradies, obwohl dieses Paradies Ladakh laengst der Vergessenheit angehoert. Leider ist nach dem Oeffnen der Grenzen fuer den Tourismus im Jahre 1974, der Stationierung der indischen Armee, da Ladakh ein wichtiger strategischer Punkt ist, nachdem China Tibet besetzt hat und immer wieder Unruhen auch in Pakistan aufflammen und der Verwestlichung, den Wirtschaftsinteressen und der Profitgier einzelner dieses Paradies mehr und mehr verloren gegangen. Aber ein kleines bisschen hab ich noch eine Ahnung davon bekommen, wie das Leben sich hier einmal gestaltet hatte.
 
Am deutlichsten spuerbar war es, wenn ich nach 3, 4 Stunden Fahrt durch die Geroellwueste Himmalaja in die kleinen entlegenen Bergdoerfern kam, eine Aneinanderreihung von 2o, 3o kleinen Lehmhuetten. Kam man zur Tuer herein, unten die Raume fuer das Vieh, das in den hoeher gelegenen Gebieten die Haupteinnahmequelle der Ladakhis ist, im ersten Stock dann die grosse Kueche, in dem das gesamte Leben der Menschen stattfindet, kochen, waschen, essen, Geselligkeit, der grosse Herd, um den man sich im Winter versammelt, um sich Geschichten zu erzaehlen oder einfach zu singen, jedenfalls habe ich es so erzaehlt bekommen. Und die Winter sind lang in Ladakh, ganze acht Monate, zum Teil immer noch ohne Strom, fliessend warmem Wasser, ohne Fernseher, Radio, Computer etc. Und trotzdem, nie habe ich so lebendige, natuerliche, lachende Gesichter gesehen, wie hier. Und es ist kein aufgesetztes Lachen, es kommt von innen. Die Menschen sind zufrieden, noch, jedenfalls in den abgelegenen Bergdoerfern.
 
Jedesmal war ich innerlich ergriffen, wenn ich 5o km von jeglicher Zivilisation entfernt, einen Trupp Bauarbeiter in der Steinwueste sah, uebrigens unglaubliche viele Frauen, tief verhuellt, so dass man gerade noch Augen und Mund erkennen konnte, um sich vor dem staendigen Staub und der sengenden Sonne zu schuetzen, die schwere Steine schleppten, schlugen oder einfach die Sandstrasse versuchten zu vefestigen. Und gerade diese Frauen waren es, die trotz dieser unglaublich schweren Arbeit mir lachend entgegenkamen, winkten ein Dschuley riefen, die eine Froehlichkeit in sich trugen, die kaum zu glauben war. Fuer gerade mal 1oo Rupien am Tag, wenn sie Glueck hatten, verrichten sie diese Arbeit, um mitzuhelfen, ihre Familien zu ernaehren. Und wenn ich sie da manchmal am Wegesrand, mitten in der Hitze, der verbrennenden Sonne einfach so liegen sah, hatten sie meinen groessten Respekt und ich musste an so manche Noergler in meiner Heimat denken, wo das Jammern auf hohem Niveau manchmal einfach ekelhaft ist. Ich empfehle jedem dieser Noergler, sich einmal nach Indien zu begeben, damit er wieder auf den Tepich kommt und zu schaetzen weiss, was er hat. Ich glaube, vielen ist die Dankbarkeit fuer das, was man hat, verloren gegangen. Das macht unzufrieden. Ich hoffe, das wird jetzt nicht falsch verstanden. Das Lebensmotto der Ladakhis ist:"Warum soll man ungluecklich sein!"
 
Aber ich erzaehlte von dem letzten Paradies das verlorengegangen ist. Man muss sich vorstellen, dass Ladakh, wie ich schrieb, erst im Jahre 1974 fuer Touristen und den Westen erschlossen wurde. Die Hauptstadt Leh war durch die ploetzliche Uberflutung von Touristen, die einer regelrechten Invasion gleichkam, am meisten von den Veraenderungen betroffen. In den letzten 3o Jahren ist Leh um das Doppelte an Einwohnern angewachsen. Kletterer und Bergwanderer, Menschen auf der Suche nach Spiritualitaet zieht es hierhin. Und auch ich wollte mich natuerlich davon ueberzeugen, von der so anderen Welt, von den Kloestern, dem buddhistischen Weltbild, aus dem heraus die Menschen hier leben. Ladakh wird ja auch das "kleine Tibet" genannt. Die absolut phantastischen und beeindruckenden kloesterlichen Monastryen des tibetischen Buddhismuss, eingemeisselt, eingebaut in die Berge hinein, muss man einfach gesehen haben. Erst vor ein paar Tagen durften wir ganz unverdient in Likki an einer buddhistischen Gebetszeremonie teilnehmen, anwesend mindetens 3o bis 4o Kinder, immer noch wird jeweils ein Kind einer ladakhischen Familie in einem Kloster untergebracht und ca. 1oo Moenchen in ihren Trachten, mit ihren imposanten, in diesem Falle die Geldmuetzen, die Zeichen fuer den tibetischen Buddhismus sind. Das Einsetzen der Hornblaeser, der Trommeln und der Floeten liess mich eine Gaensehaut bekommen. Waehrend ich einen Blick in den Raum warf, lud michuns ein Moench ein, doch einzutreten, was wir zaghaft annahmen. Aber es befanden sich schon Touristen im Raum, die wie wild drauflos fotografierten, was in mir einen inneren Widerstand hervorrief. Niemals ware ich auf die Idee gekommen, wahrend der Zeremonie Fotos zu machen, aber wahrscheinlich ist es meine eigene Scheu, mein Respekt oder vielleicht auch Demut ich weiss es nicht genau, vor einem, jedenfalls fuer mich, Moment der Heiligkeit. Nun, die Moenche hatten damit allerdings kein Problem, jedenfalls liessen sie es sich nicht anmerken. Sie rezitierten munter drauflos, die Kinder hatten anscheinend keine Lust, sie erzaehlten und scherzten zwischendurch, auch die Moenche waren teilweise abwesend, erzaehlten ebenfalls oder lachten uns einfach an und vergassen das Rezitieren. Der tibetische Buddhismus ist sehr freilassend, es gibt keinen Moralismus, keinen Zwang, das gefaellt mir. Am Ende der Zeremonie servierte die Kinder Tee und mein Toechterchen meinte, jetzt biste dran Mutter, jetzt musste Buttertee trinken. Und mir schwanden schon die Sinne im voraus und der Magen drehte sich beim blossen Gedanken, ob dieser Projektion. Wie wuerde ich den bloss loswerden, ohne zu beleidigen. Aber erstens kommt es anders, zweitens als man denkt. Als die dampfende Tasse mit dem heissen Tee vor mir steht, entpuppt sich der vermeintliche Buttertee als einfacher Tshai und dazu gibt es ein Stueck suessen tibetischen Brotes, dass wir reihum weitergeben und die Zeremonie erinnert mich doch stark an unsere katholische Eucharistiefeier, emeinschaftsmahl eben! Uebrigens danach habe ich dann auch Fotos gemacht, draussen. LLustig war, meine Tochter meinte dann, haste schon mal ueberlegt Mutter, wuerde jemals jemand von katholischen Moenchen so gerne Fotos machen? Womit ich ihr recht geben musste!
 
Nun denn, ich bin schon wieder abgeschweift. Ich war beim verlorengegangenen Paradies! Ladakh war bis zum Jahre 1974 ein Gebiet, eine Region, in dem die Menschen sich selber versorgten, mit allem, was sie zum Leben brauchten. Alles wurde verwertet. Es gab keinen Abfall. Man stellte alles selber her, Kleidung, Nahrung, die Felder wurden bestellt, was einzelne Familien nicht alleine schafften, wurde mit Hilfe der Nachbarn bewaeltigt. Man stand fuereinander ein, man hatte Respekt voreinander, es gab keinen Streit oder Zwietracht, keinen Neid und keine Eifersucht. Es gab auch keinen Besitzanspruch an einen Menschen. Es gab Ehen, in denen die Frau mehrere Maenner hatten und Ehen, in denen Maenner mehrere Frauen hatten. Man kannte keinen Betrug, jedenfalls, wenn jemand aussereheliche Kontakte hatte, hatte man die Meinung: So was passiert halt und es wurde eher jemand schieg angesehen, der sich darueber aufregte. Familie wurde gross geschrieben, jung und alt lebten miteinander. Die Jungen brauchten sich nicht zu schaemen, wenn sie den Alten gegenueber zaertlich waren in der Oefentlichkeit, von klein auf lernten die Kinder den Respekt vor den Alten und vor jedem Menschen, der sich auf das Zusammenleben auswirkte.
 
Fuer mich entstand natuerlich schon die Frage beim Zuhoeren, dieser mir erzaehlten alten Lebensweise und Tradition, war das wirklich immer so und wann beginnt dann eigentlich die Freiheit des einzelnen, wenn es keine Entscheidung fuer das Gute oder das Boese gibt, wenn es keine Versuchungen gibt.
 
In einem Film, den ich hier sah, Learning from Ladakh, erzaehlen Tibeter von ihrem Leben vor dem Einzug des westlichen Konsums und der Macht des Geldes, von ihrem zufriedenen Zusammenleben, von der Anspruchslosigkeit und dem Phaenomen, dass sie nichts vermisst hatten. Das Land ist trotz der 35oo m Hoehe fruchtbar, Gerstenfelder ueberziehen weite Teile der geroellwueste, auch Weizen gibt es hin/ und wieder, alles was man an Gemuese kennt, gibt es auch hier und natuerlich die Aepfel und Aprikosenernten. Der Ladakher ernaehrte sich gesund, bewegte sich und hatte kaum Krankheiten und wenn, wurden diese im Zusammenhang mit dem geistigen betrachtet. Man brauchte kaum einen Arzt. Die Menschen waren weit bis ueber das 8o. Lebensjahr hinaus aktiv.
Geburt und Tod waren natuerliche Vorgaenge, alles war ein Zusamenspiel des Fliessens, wie ein Fluss, man trauerte, aber auch nicht so sehr, weil alles selbstverstaendlich war.
 
Die Ladakher, jedenfalls die alten betrauern das verlorengegangene Paradies, den Einzug des Geldes und des Konsums, der Medien und der Gier, die auch nun die jungen Leute befallen hat. Es wird alles andere. Es werden kaum noch Haueser gebaut, in denen fuer Grossfamilien Platz ist, Nachbarschaftshilfe geht verloren, ploetzlich regiert das Geld und es werden mittlerweile viele Initiativen gegruendet, um Erhalt der Traditionen und der ladakhischen Kultur zu erhalten. Auch Umweltschaeden entstehen immer mehr durch die Verwestlichung, seitdem Autos und Technik Einzug gehalten haben, Abgase, Muell im trinkwasser usw.usw. Seit einigen Jahren gibt es ein Plastiktuetenverbot, um dem Herr zu werden. Ladakh versucht sich wieder unabhaengig vom Westen zu machen, in dem es wirtschaftliche Unabhaengigkeit foerdert. Bei einem Tag der ladakhischen Frauen erfahre ich, dass biodynamische Kleinbetriebe vermehrt unterstuetzt werden, Solarenergie und eigene Landwirtschaft gefoerdert werden.
 
Man sieht also, der vermeintliche Fortschritt kann Heil oder Segen sein, man muss ihn wohl nur richtig zu nutzen wissen, das ist immer wieder die herausforderung, aber wo Profitgier und Macht das leben beherrscht, werden auch die letzten Paradiese verloren gehen. Und es braucht wohl, bis der Mensch erkennt.
 
Ich habe jedenfalls in Ladakh angefangen, Indien zu lieben. Was mir anfangs fremd und erschreckend vorkam, beginne ich langsam zu verstehen, obwohl es noch ein weiter weg ist und ich kann den Freund von Joe v. Loeben nicht verstehen, den ich hier in Leh getroffen habe, die Welt ist klein, sag ich doch immer, der seit 13 Monaten durch IndienPakistan reist und nur von negativen Erfahrungen durchdrungen ist. Da frag ich mich, warum reist man solange durch ein Land, wenn man eine so negative Sichtweise ueber einland hat, in dem Menschen, miruns jedenfalls bisher, nur freundlich und hilfsbereit entgegengetreten sind.
 
Man darf Indien nicht als Tourist in dem Sinne bereisen, in dem man einfach neugierig schauen will, wie es denn so in einem Dritte/Welt/Land zugeht, man muss lernen, Indien zu begreifen, aus seiner politischen und religioesen Geschichte heraus, erst dann, beginnt man zu begreifen und kann nur grossen Respekt davor haben, wie ein Land versucht, das Leben fuer jeden einzelnen menschenwuerdiger zu gestalten.
 
Ich freue mich, wenn es jemandem interessiert, denn von der Situation der region ladakh koennen wir viel lernen und fuer alle, die es interessiert, empfehle ich den Film: Learning from Ladakh.
 
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10. Oktober 2008 5 10 /10 /Oktober /2008 16:43

Es regnet mal wieder, wie jeden Tag, zwei Drittel des Tages. Monsumregen halt! Seitdem wir hier angekommen sind, hatten wir vielleicht mal insgesamt acht Sonnenstunden.
 
Mit ist es sowieso egal, denn ich bin seit drei Tagen sowieso auf mein Zimmer verbannt! Warum? Na eben die typische indische Krankheit, ihr wisst schon Magen/Darm, heftig mit Fieberschueben! Die Naechte sind auch prima, aber was solls, niemals den Humor verlieren, es muss ja auch mal wieder aufwaerts gehen!
 
Toechterchen ist mit Fleur aus den Niederlanden und Terry aus Kalifornien, die wir hier in unserem Backpacker/Hotel kennengelernt haben, zum Protestmarsch der Tibeter, der sich die 10 km lange Strasse nach Dharamsala entlangzieht, unterwegs. Die Protestmaersche finden jetzt vor den olympischen Spielen jeden Tag statt. Presse, Kameras, Journalisten sind anwesend. Die Tibeter wissen eigentlich, dass es wenig Erfolg hat, aber sie moechten trotz allem auf die Tibet/Politik Chinas aufmerksam machen.Die rigorose Ausmerzung der tibetischen Kultur und die Unterdrueckung des Volkes kennt immer noch keine Grenzen. Es ist unfassbar! Tibetische Eltern muessen hohes Schulgeld zahlen, damit ihre Kinder in China eine Ausbildung geniessen  koennen. Die Chinesen moechten das tibetische Volk dumm halten.
 
Daher fluechten immer noch jaehrlich ca. 1000 Tibeter aus China ueber den Himalaja. Dies erfahren wir bei unserem Besuch in der "Tibetan Childrens Villages". Allein im Monat der starken Proteste in China waren es 500 Tibeter.
 
Das Childrens Villages ist eine wunderschoene Oase inmitten der lauten und voellig verdreckten Umgebung McLeodGanj, obwohl man hier hinreichend versucht, Projekte zum Umweltschutz in die Wege zu leiten, wie z.B. das Abkochen und Filtern von Trinkwasser, um es dann in mitgebrachte Behaelter zu verkaufen, um die Plastikflaschenflut einzudaemmen. Auch kommen jedes Jahr ehrenamtliche Helfer aus allen Nationen um den Schmutz zu beseitigen. Aber es ist ein Kampf gegen Windmuehlen. Es gibt halt kein vernuenftiges System zur Muellbeseritigung, wie es vieles andere auch nicht gibt.
 
In Childrens Villages versorgen rd. 250 Mitarbeiter ca. 1000  tibetische Fluechtlingskinder, die in altersunterschiedlichen Gruppen aufgteilt werden, und von jeweils einer Pflegemutter betreut werden. Hier geniessen sie eine adaequate Ausbildung, um dann nach deren Abschluss entweder weiter studieren zu koennen oder eben eine Ausbildung zu machen. Viele hier aufgewachsene junge Menschen kommen immer wieder gerne an diesen Ort zurueck, es ist ihre Familie geworden, denn ihre Eltern sehen sie vermuitlich nie wieder. Wir haben das grosse Glueck, einige dieser Tibeter persoenlich kennenzulernen, schon allein, weil Toechterchen vor drei Jahren schon einmal hier war.
 
Das Childrens Village wird von Spenden und der Unterstuetzung verschiedener Nationen getragen, gegruendet wurde es von der Schwester des Dalai Lamas. Viele Hilfsorganisationen beteiligen sich, u.a. auch der Deutsche Hermann-Gemeiner/Fonds.
 
Auf dem Rueckweg von Tibnet Childrens Village hab ich mal eben ein kleines Schockerlebnis, wie man sieht, ich gewoehne mich nicht so schnell an das Elend, werde ich wohl auch nicht, ehrlich gesagt, lastet es mir etwas auf der Seele.
 
Also da steht am Strassenrand zwischen den typischen Verkaufsstaenden so ein dreiraediger Kastenwagen, Tueren geoffnet, mein Blick faellt auf zwei riesengrosse Fleischstuecke, die an einem Fleischerhacken befestigt, im Innenraum haengen. Soweit so gut, waere ja nicht so verwunderlich, ist alles normal hier. Aber dann schaue ich nochmal hin und traue meinen Augen nicht, dahinter liegt auf einer Bank einer voellig zerlumpter und verdreckter Inder und haelt seinen Mittagsschlaf oder was auch immer, vielleicht erliegt er auch gerade sienem Opium/Rausch. Je aermer der Mensch hier, um so mehr gibt er sich dem Opium/Rauchen hin. Man sieht es immer wieder, wie Maenner dezent an den Strassenraendern ihrer Sucht nachgehen. Man kann es verstehen, ein Moment des Vergessens des eigenen Elendes, Flucht in eine Traumwelt.
 
Ich frage mich natuerlich immer wieder, was zieht die Menschen, vor allen die jungen Leute an, nach Indien zu reisen? Zur Zeit sind die Backpacker-Hotels bis zum Rande voll, schon wegen des anhaltenden Regens. Es ist ja das erste Mal in meinem Leben, dass ich Backpacker/Hotel/Luft schnappe und mit einigen Ausnahmen zaehle ich da mit zu den Aeltesten. Wer will schon in meinem Alter sich auf eine solch unkonventionelle und doch recht abenteuerliche Art und Weise auf Reisen begeben. Denn sie mutet einem schon viel zu. Aber es ist die einzige Moeglichkeit mit wenig Geld die Welt zu bereisen und sie mit eigenen Augen kennenzulernen, um sich selber ein Bild machen zu koennen. Beeindruickend welchen Mut junge Menschen aufbringen, mit gerade mal 19, 20 Jahren sich auf eine solche Tour zu begeben, aber was sage ich, hab ja selbst ein Toechterchen, die es mir vorgemacht hat. Mein Eindruck ist, dass die jungen Menschen alle mit beiden Beinen fest auf dem Boden stehen, keine Traeumer, sondern allemal Realisten. Sie wissen, jetzt koennen sie sich solche Reisen noch erlauben, spaeter wollen sie Verantwortung und Beruf und Familie uebernehmen. Na also!
 
Dazwischen gibt es natuerlich auch andere Reisende, bisschen Abgedrehte, die hier in Indien irgendwie ihr Seelenheil suchen, aber irgendwo haengen bleiben oder nicht mehr aus ihren Traeumen erwachen, Oder einfach nur Kiffer, die sich hier zukiffen, bis der Arzt kommt, ja auch das gibt es. Lustig sind die so ab 40jaehrigen, die hier auf spiritueller Suche sind. Da staunst du nur noch, wenn die blonde Matry aus Kalifornien morgens zum Fruehstueck ploetzlich im Sari erscheint und ein Leuchten ueber ihrem Haupte schwebt, als haette sie soeben die hoeheren Weihen erfahren, dann muss ich wirklich so vor mich hin laecheln. Und die Dreadys, ich hab noch nie so viele Dreadlocks auf einen Haufen gesehen, wahrscheinlich machen die auch irgendwie spiritueller.
 
Und zum guten Schluss nicht zu vergessen sind nicht die barfuss und in orange gekleideten Sannyasins, die ebenso entrueckt und in einer Traumwelt zu leben scheinen. Was wird wohl nach dem Aufwachen passieren.
 
Und dann kommen noch die vielen, vielen indischen Touristen, die aus Punjab kommen, um die vielen Sehenswuerdigkeiten, Tempel, den Sitz des Dalai/Lamas, Naturwunder usw.usw. zu besichtigen. Die sind fuer mich am schwersten zu ertragen, denn wir koennen uns nicht retten vor Fragen, woher wir kommen, ob sie mal ein Foto, ob sie mal mit uns zusammen ein Foto usw., das nervt schon manchesmal. Blond und hellhautig, da bist du fast ein Gott fuer die Inder. Dieses staendige Angestarrtwerden kann aggressiv machen.
 
Nun denn, das waren ein bisschen meine Gedanken hier aus meiner krankheitsbedingten Quarantaene, die ich hoffentlich bald ueberstanden habe. Nichts desto trotz Morgen geht es weiter nach Manali, vielleicht hilft ja der Klimawechsel. Apropo, gerade lauft eine Kakerlake ueber den Tisch, auf dem mein PC steht, das zum Thema Backpacker/Leben. Man darf halt nicht fimschich sein, wie man so schoen in Koelle sagt.
 
In diesem Sinne namaste!

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10. Oktober 2008 5 10 /10 /Oktober /2008 16:39
Ich bin tatsaechlich angekommen, wenn ich auch noch nichts ueber Delhi schreiben kann, weil ich diese Bilder, dieses Erleben immer noch verarbeiten muss! Aber hier in McLeodGanj, der Heimatstadt, in dem der Dalai Lama wohnt und der Sitz der tibetischen Regierung habe ich endlich etwas von der Ruhe inmitten des Chaos gefunden und geniesse diesen Morgen bei einem Tshai-Tee und indischen Klaengen in meinem Hostell. Meine Tochter ist zu einem teaching des Dalai Lama, was ich mir an diesem Morgen verkniffen habe, weil die englische Uebersetzung recht schwierig zu verstehen ist.
 
Nun denn, wir sind hier angekommen, nach einer 15stuendigen Busfahrt, die wir dank unseres Vertrauens, immer wieder auf die Probe gestellt, gut ueberstanden haben.
 
Bevor es ueberhaupt losging, war schon einen Film wert. Es gab erhebliche Schwierigkeiten mit der Sitzplatzreservierung. Wir hatten genau 6oo Rupien fuer zwei mittlere Plaetze im Bus gezahlt, weil Toechterchen vom letzten Aufenthalt in Indien wusste, sitze nie hinten, weil man einfach die Strassenbelastungen dort am wenigsten aushaelt und der Magen, man weiss es ja!
 
Jedenfalls ging das Gekeife los, als der Zuteiler der Plaetze uns einen Platz auf der hintersten Sitzreihe zuweisen wollte. Wir schuettelten erbost den Kopf, erklaerten, wir haetten fuer vordere Platze gezahlt. Er lamentierte und lamentierte, schliesslich setzte ich mich einfach in eine Reihe in der Mitte. Sein Geschimpfe ging weiter! Er forderte mich aufzustehen und erklaerte uns, dass seien Plaetze mit Aircondition und die haetten wir nicht gezahlt. Es folgte eine weitere Diskussion. Dann ging er ploetzlich. Aber das ist indisdche Taktik, denn nach einer kleinen Weile, nachdem er sich mit den naechsten Fahrgaesten auseinandergesetzt hatte, ging es weiter mit uns.
 
Ich verteidigte nach wie vor die Plaetze, aber wir kamen ihm entgegen, und zahlten weitere 1oo Rupien fuer einen klimatisierten Platz, was allein schon ein Witz war! Also Indien fasziniert nicht nur in Bildern, sondern man lernt ganz nebenbei, verhandeln, durchsetzen und insoweit diese kaum zu durchschauende Mentalitaet der Inder kennen.
 
So ging das ganze Procedere also mit jedem Reisenden und endlich konnte es nach einer Verzoegerung von knapper 1 Stunde endlich zumindestens bis zur tibetischen Siedlung weitergehen, wo dann alles wieder von vorne anfing, weil es anscheinend ein Problem mit der Platzreservierung sprich Ueberbelegung gab. Ein aufgeregtes Getuschel, Lamentieren im Bus auch hier und wieder verging eine Stunde, bis wir endlich die Fahrt beginnen konnten.
 
Wir begannen die ca. 8oo km lange Fahrt nach McLeodGanj/Dharamsala durch Indiens Regionen Hariyana und Punjab, gezeichnet durch wiederum beide Gegensaetzlichkeiten, der absoluten Armut, des Elends und den kuenstlich angelegten "Communitys fuer reiche Inder" mit ihrem Kitsch und Tand, der einem schon von weitem entgegenblinkte. Diese Bilder, wenn auch nur im Vorbeifahren haben sich tief in mir eingepraegt. Zerlumpte Bettler, Kranke, liegen einfach irgendwo auf den Strassen, neben den Strassen, heruntergekommene Huetten, aus Holz und ausrangierten Werbeplakatten, so dass man denken kann, die kleinen Armutssiedlungen seien eine einzige Werbekampagne bestimmter Marken. Realtiaet und Wunschdenken, Konsum und Elend!
 
Auf der ganzen Fahrt, an den unmoeglichsten Stellen liegen die Menschen, haben kein Dach ueber den Kopf, fristen ihr Dasein auf dem Mittelstreifen der Autobahn. Dazwischen Kuehe, Elefanten, Esel, ebenfals mittendrin, in denen sich der Strassenverkehr in einer fuer uns ungewoehnlichen Weise darstellt, einfach hupen und drauf los, rechts, links, jeder weiss Bescheid, alles geht oder nicht, Ausweichmanoever hier, Schlagloecher da, erneutes Hupen usw.usw. ein Chaos und doch Ordnung, irgendwie. Man versteht es nach einer Weile.
 
Es ist 21.oo Uhr und der halbe Bus schlaeft. Ich kann nicht zur Ruhe kommen, soviel gibt es zu sehen. So bekomme ich mit, wie der Bus einfach mal eben so mitten auf der Autobahn haelt, unfassbar, ein kompletter Vollstop. Es regnet in Stroemen. Von der anderen Seite der Autobahn kommt ein Inder gelaufen mit einem halbgefuellten weissen Beutel. Ich hoere Palaver, oeffne mein Fernster, schaue nach vorne zum Fahrerhaeuschen und sehe, wie der Beutel im Tausch gegen einen Buendel Geldscheinen eingetauscht wird. Drogen? Ich denke ja! Normal, sagt mir spaeter Ranjesh, der hinter mir sitzt und ich es ihm erzaehle. Die Drogenkuriere gebrauchen solche Busfahrten um ihr Zeug unentdeckt auf die reise zu schicken, zwischen den sonstigen Kontrollen, die immer wieder mal passiert werden muessen.
 
Waere auch normal, erklaert mir Ranjesh, der uebrigens auch nach Dharamsala will, wo er und sein Bruder ein kleines Geschaeft betreiben, dass die Fahrer auch Opium und Kokain nehmen. o.K.! Alles klar! denke ich! Na dann mal Vertrauensvorschuss bis aufs Weitere. Mal ebnen so durch die Schlagschloecher knallen, dass ich quer im Bus stehe oder mal wieder ein waghalsiges Ueberholmanoever, eingeleitet mit einem Huper. irgendwann hab ich das System einfach durchschaut. Alles im gruenen Bereich. Wird schon gut gehn.
 
Die Klimaanlage ist mittlerweile ausgefallen und ich grinse meine Tochter an und frage, ob ich die leidige Diskussion bezueglich Rueckforderung unserer 1oo Rupien wieder in Gang setzten solle, wegen unerfuellter, bezahlter Dienstleistung! Bloss nicht, meint sie und kriegt schon im Vorhinein die Krise. Ich bin davon ueberzewugt, dass diese 1oo Rupien in die Taschen der Fahrerbegleitung gewandert sind, die sich so ein Zubrot verdienen. Wenn ich ausrechne, von jedem Fahrgast, dann ist dass der Lebensunterhalt fuer eine ganze Familie fuer eine ganze Woche und somit kann ich das gut annehmen. Jede Rupie wird sich hier hart erarbeitet, es gibt fuer jede kleinste Taetigkeit einen Berechnungsmodus, Koffer tragen, Waesche entgegennehmen, Auskunft erteilen, usw.usw. Gott sei Dank noch nicht fuer ein Laecheln, das bekommt man immer noch kostenlos und wir nicht zu knapp, denn wir sind blond und hellhaeutig, so das ich es nach einer Weile manchmal nicht mehr ertragen kann, dieses staendige Angeschautwerden.
 
Z.B. beim Einladen unserer Rucksaecke, das war auch so ein Ding. Im Kofferraum sitzt ein Jugendlicher und nimmt die Gepaeckstuecke entgegen. Wenn er sie verstaut hat, haelt er die Hand auf und fordert 1o Rupien. Wer das nicht versteht, wir wussten es ja schon aus den Vorerfahrungen der Tochter, der macht die lustige Erfahrung, wie ein englisches Paar bei unserer Abfahrt. Sie, den Rucksack dem Jungendlichen uebergeben, er will 1o Rupien, sie sagt nein, sie nimmt ihr Gepaeck wieder zurueck, will es selber verstauen, bekommt es aber sofort wieder von dem Jungendlichen zurueck. So geht das noch eine Weile, bis sie endlich nachgibt. Kein 1o Rupien, kein Gepaecktransport, so einfach ist das. Der Inder braucht jede Rupie um zu ueberleben, aber er hat auch seinen Stolz, wie wir an anderer Stelle erfahren werden. Es gibt eine Grenze, auch fuer ihn ist Geld nicht alles.
 
Gegen 22.oo Uhr haelt der Bus fuer eine halbe Stunde an einer Raststaette, allerdings an der gegenueberligenden Seite.Der Bus hat einfach mal mitten auf der Autobahn gedreht, es geben in Indien. Alles geht oder nicht! Hier kann man sich mit Proviant verpflegen, was wir tunlichst vermeiden, wegen der furchtbaren hygenieschen Verhaeltnisse, aber wir hatten sowieso vorgesorgt und uns vom Nepalesen in Delhi etwas mitgenommen, viel braucht es auf einer solchen BVusfahret sowieso nicht., Viel wichtiger ist der Gang zur Toilette. Der Bus haelt nur einmal, da muss man sehen, wie man klar kommt. Einerseits soll man viel trinken, andererseits weiss man nicht, wohin damit! Jedenfalls hier an diesem Ort gibt es etwas entfernt eine Baracke mit den typischen indischen Erdloechern, zu denen ich mich voller Hoffnung auf den Weg mache. Finde ihn auch sogleich, schon allein der Geruch weist mir den Weg. Angekommen sichere ich die Holztuere mit einem riegel und versuche mich zurecht zu finden, bis es plaotzlich dunkel wird, und zwar stockdunkel., keine hand mnehjr vor den Augen zu sehen. Ich stehe in der indischen Pamapa auf einem Plumskloo und hab voelllig die Orientierung verloren. Na klasse. Irgendwann hab ich mich voirgetastet, finde den Riegel und tatsaechlich den Weg zurueck und bin erleichtert, den Bus wiedergefunden zu haben. Bin keine ganze Minute an und das Licht geht wieder an. Super! War wahrscheinlich nur, um mein Vertrauen und meine Unerschrockenheit zu testen. Wie verhalte ich mich im Notfall? Wie imemr! Ruhigf Blut! Das werde ich hier noch oefters gebrauchen!
 
Nach dieser halbstuendigen Pause geht es nun endlich weiter ins Vorgebirge des Himalajas, es regnet, wir haben die Auslaeufer der Monsumzeit in dieser Region. Dafuer sind die Temperaturen etwas ertraeglicher geworden. Ich habe mein fenster geoeffnet und bekomme etwas Luft. Irgendwann falle auch in in Schlafphasen, sehe Bilder in Traeumen, lausche Gespraechen und als ich einen Moment aus einem dieser Kurztraeume erwache, schaue ich nach vorne in den Fahrerraum und was sehe ich? Keinen Fahrer! Ups, im ersten Moment, verstehe ich gar nichts mehr, bis es mir dimmert, o.k., der sitzt ja rechts, aber lustig war es, ein fuehrerloser Bus und grinse vor mich hin.
 
Es ist 7.3o Uhr und wir befinden uns zwei Stunden vor Dharamsala und es gibt an einem kleinen Stand einen ersten morgenlichen Tshai/Tee. Die Koerperglieder danken es, unbeweglich, wie sie in den letzten Stunden ausharren mussten. Ich bedanke mich bei dieser Gelegenheit mal bei dem Fahrer, dass bisher alles so gut geklappt hat, er nimmt es dankend mit einem Laecheln entgegen. Mal langsam, sagt meine Tochter, den Tag nicht vor den Abend loben, denn die heftigste Strecke kommt ja jetzt erst, entlang an Abgruenden und den Serpentinien. Ok.k. denke ich, dann schlaf ich jetzt mal, um nichts sehen zu mujessen, was aber leider nicht klappt und gut so, denn sonst haette ich nie erfahren, dass ich auch diese Aengste besiegen kann. Noch vor ein paar jahren waere eine solche Fahrt fuer mich unmoeglich gewesen und auchToechterchen hatte im Vorfeld ihre Bedenken, ob Mutter das so durchsteht. Aber ich konnte sie und mich eines Besseren belehren. Wie schoen, ich hab mich veraendert, geaendert und das zu sehen macht doch Mut fuer die Zukunft. Vielleicht haben die meisten Aengste, die man hat, eigentlich nur mit der tiefen unbewussten lebensangst zu tun, die sich dann einen Kanal in aeussere Dinge sucht.
 
gegen o8.oo Uhr dann endlich Ankunft in McLeodGanj, in dem kleinen Staedtchen, in das sich immer noch Jahr fuer Jahr ein Strom tibetischer Fluechtlinge einfindet. Eine Stadt in dem wir alles finden, was das Herz begehrt, die Einkehr, die Ruhe, aber auch das Chaos und gerade das ist das unglaubliche, was ich an diesem Morgen erfahre habe, diese Gelassenheit in der Unruhe,m im Schmerz, im Leid. Aender, was zu aendern ist und nimm an, was man nicht aendern kann. Diese Haltung spuert man an allen Ecken. So werde ich mich in diesen Tagen auf den Weg machen, vorbei an den Kloestern, Tempeln und Naturstaetten der Umgebung und mich an das Klima hier gewoehnen, bis es hoffentlich Samstag weitergeht mit einem gemieteten Jeep hinauf nach Ladagh!
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