"Latte Macchiato", das klingt dermaßen italienisch, dass man es sich auf der Zunge zergehen lassen möchte. Wörtlich übersetzt heißt es in etwa "befleckte Milch". Ursprünglich wollte man auch die bambini an einer Kaffeekultur teilhaben lassen und hat deshalb ein wenig Espresso auf ihren Milchschaum geträufelt...
Inzwischen hat es sich zu einem Kultgetränk für Erwachsene gemausert, das Dreischichtenmodell des Latte gilt fast schon als eine Nobelpreis verdächtige Errungenschaft.
Wenn der gereifte Mensch ein richtiges Spielkind geblieben ist, dann will er den Milchschaum fest und steif haben, er will genau den "Bau- oder Konstruktionsschaum", der von den wahren Kennern belächelt und gering geschätzt wird. Aber jeder Gastwirt ist stolz auf die steife Blume, die auf seinem frisch gezapften Pils wie eine Eins thront.
Eine mittlere Katastrophe ist es, wenn der Milchschaum partout nicht mehr gelingen will. Aus dem stolzen Latte wird dann eine traurige Art von Café au lait. Ehrlich gesagt, das Geschmackserlebnis ist fast dasselbe, aber Optik, Haptik und Spielfreude kommen dann einfach zu kurz.
Was ist da los, wieso funktioniert das manuelle Aufschäumen der Milch nicht mehr?
Zu dem Thema gibt es Tausende von Posts im Internet. Natürlich glaubt fast jeder, seinen Stein der Weisen gefunden zu haben. Es gibt zu dem Thema sogar eine Doktorarbeit, diese fällt wohl in das Fach der physikalischen Chemie.
Nachdem meine Verwirrung grenzenlos war, habe ich beschlossen, der Sache mal auf eigene Faust nachzugehen.
Meine erste Theorie zielte auf die Beschaffenheit der Milch ab. Ich kaufe in der Regel eine Bio-Milch, die auf tradtionelle Art und Weise hergestellt wird, die pasteurisiert und homogenisiert ist und die eine Haltbarkeit von 7 - 10 Tagen aufweist. Ich weiß, dass für die Schaumbildung der Eiweißgehalt der Milch von Wichtigkeit ist. Dieses Eiweiß bildet nämlich die äußere Grenzschicht der Schaumbläschen. Steigt die Temperatur der Milch auf über 80° C, so beginnt eine bleibende "Denaturierung" des Milchweißes, es kann dann keine Bläschen mehr zusammen halten. Aus diesem Grund darf eine Milch, die aufgeschäumt werden soll, niemals zu stark erhitzt oder gar abgekocht werden. Auf den Milchpackungen wird der DURCHSCHNITTLICHE Eiweißgehalt der Milch angegeben, er beträgt in der Regel ca. 3,3 Gramm pro 100ml. Tatsächlich ist der Wert aber Schwankungen unterworfen, zum Beispiel in Abhängigkeit von der aktuellen Ernährung der Milchkühe. Es kann also durchaus Verdachtsmomente in dieser Beziehung geben. Deshalb habe ich versuchsweise verschiedene Milchsorten gekauft und getestet. Jedoch immer mit dem gleichen kümmerlichen und katastrophalen Ergebnis, es hat sich einfach kein vernünftiger Milchschaum gebildet.
Meine zweite Theorie richtete sich auf das einzige "Verschleißteil" meiner manuellen Aufschäumapparatur, nämlich auf dieses extrem feinmaschige Sieb, welches in der Milch auf und ab bewegt wird und welches als der Schaumschläger bezeichnet werden kann. Ich muss zugeben, dass ich bei der Pflege dieses Siebes, die eigentlich routinemäßig und ohne großen Aufwand erfolgen kann, über einen längeren Zeitraum ziemlich geschlampt habe. Jetzt habe ich das Teil einmal im wahrsten Sinne des Wortes unter die Lupe genommen. Zuvor habe ich mit Hilfe eines Haarföhns dafür gesorgt, dass das Sieb vollkommen trocken ist und dass mir somit nicht irgendwelche Wasserspiegelungen ein falsches Bild vorgaukeln. Anschließend habe ich ein Scheinwerferlicht installiert, die Lesebrille aufgesetzt und die große Lupe zur Hand genommen. Ergebnis meiner pingeligen Betrachtungen: Ca. 40% der Löcher des Siebes waren "verstopp". Nun stellte sich die Frage, ob es sich bei den Rückständen in erster Linie um Kalk oder um Milchfette handelt. Eine größere Entkalkungsaktion (über Nacht) brachte jedenfalls keinen messbaren Erfolg. Somit war eine fettlösende Reinigung angesagt. Dabei sind 4 Komponenten von Bedeutung:
1. Das Reinigungswasser sollte tiefenentspannt sein (also verwende reichlich Spüli).
2. Gelegentliches Erhitzen des Reinigungswassers bis zum Sieden begünstigt die Lösung des Fettes.
3. Mechanische Einwirkung ist von Vorteil. Der grobe Keil einer Wurzelbürste ist natürlich ungeeignet, stattdessen bietet sich das Auf- und Ab-Bewegen des Siebs in dem (heißen) Reinigungswasser an.
4. Eine lange Einwirkzeit ist angezeigt. Was Monate oder Jahre benötigt hat, um sich fest zu setzen, wird sich nicht in 5 Minuten auflösen lassen. Tatsächlich habe ich das Sieb für einige Tage in dem Spüliwasser liegen lassen.
Nach der Reinigungsaktion zeigte die erneute Begutachtung einen umwerfenden Erfolg: Bis auf ganz vereinzelte blinde Pünktchen war das Sieb vollkommen frei.
Der finale Aufschäumtest endete im Jubel, es bildete sich ein steifer Milchschaum, ein wahrer Schlagobers vor dem Herrn. Heureka!
Das Ganze hätte auch böse enden können, wenn ich nämlich in meiner Verzweiflung mühsamst nach einem PASSENDEN und wahrscheinlich sündhaft teuren Ersatzsieb recherchiert hätte, um dann den allerersten Internet-Einkauf meines Lebens tätigen zu müssen...