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Ich schreibe einfach gern:)

Der wiedergefundene Freund

Neulich fiel mir ein Buch in die Hand, das ich schon länger im Regal stehen habe.
Leider stehen sehr viele ungelesene Bücher in meinem Vorratsschrank. Manchmal, wenn ich keine Lust auf Neuheiten habe, greif ich mir eines der schon lange dort ruhenden Büchlein heraus. So auch dieses Mal.
 
Ich erinnere mich noch genau an den Kunden, der es mir empfohlen hatte. Wir sprachen über Lieblingsautoren und ich nannte ihm einen meiner, nämlich Imre Kertesz. Vor allen Dingen sein Buch "Roman eines Schicksalslosen" hat mich zutiefst berührt. So also kam ich zu dem Buch, von dem ich hier kurz berichten und es empfehlen möchte.
 
Ein kleines Taschenbuch. Schnell zu lesen, aber ebenfalls zutiefst berührend. Arthur Koestler hat es als kleines Meisterwerk in seinem Vorwort beschrieben. Und so hab ich es auch empfunden.
 
Der Roman beschreibt eine enstehende Freundschaft Anfang des Jahres 1932. Hans Schwarz, Sohn eines Arztes und jüdischer Eltern, und Konradin, Graf von Hohenfels, lernen sich auf dem Gymnasium kennen. Beide sind bisher ausgesprochene Einzelgänger. Dem adeligen Konradin traut sich so richtig keiner zu nähern. Kleinere Annäherungen, die unternommen werden, etwa von einem kleinen Kreis junger Bohemien schlägt der sehr eigene Konradin aus. Und auch Hans will man sich nicht so richtig nähern, ohne dass es dafür einen Grund gibt.
 
Die Beiden kommen sich jedenfalls nach einer langen Zeit, in der Hans versucht die Aufmerksamkeit Konradins auf sich zu ziehen, endlich näher. Es lag auch an der beiderseitigen Schüchternheit, dass das sich Näherkommen lang gedauert hat. Er hat es geschafft. Mit einem akrobatischen Sprung im Sportunterricht hat er seine Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Nach der Schulstunde kommen die Beiden sich näher. Eine Freundschaft entsteht.
 
Beide entdecken, dass sie das gleiche Hobby teilen. Hans und Konradin sind leidenschaftliche Münzensammler. Sie tauschen sich aus. Konradin geht im Haus von Hans ein und aus. Hans hat einen hohen Anspruch an Freundschaft. Für den Freund muß man sein Leben hingeben, so deutet er an. Absolutes Vertrauen und Loyalität sind seine höchsten Tugenden, die er einfordert für ein Freundschaftsverhältnis.
 
Es entsteht eine Zeit intensiver Begegnungen und Austausch. Beide, 16 Jahre alt, sind auf dem Weg zu sich selber und ins Leben zu finden. Sie fixieren sich auf sich selber, bekommen kaum mit, was um sie herum geschieht. Nur leise hören sie von denen um sie herum stattfindenden politischen Unruhen. Es gibt erste Zusammenstösse zwischen Nazis und Kommunisten. Hakenkreuze erscheinen an den Wänden, die ersten jüdischen Mitbürger wurden belästigt.
 
Das Leben ging jedoch, nicht nur für die beiden alles in allem weiter. So kann man sich das wohl auch vorstellen, wenn man forscht und denkt, wie konnte das alles geschehen.
 
Den ersten kleinen Knacks bekommt die Freundschaft, als Beide, Hans und Konradin, mit ihren Eltern eine Opernaufführung besuchten. Hans unten im Saal sieht oben in der Loge Konradin und seine hochherschaftlichen Eltern, die von der gesamten Besucherschar Huldigungen entgegennahmen.
 
In der Pause will Hans es wissen. Er wartet auf seinen Freund, will sehen, ob er ihn wahrnimmt, ihn begrüßt, sich zu ihm bekennt. Enttäuschend für ihn das Erlebnis. Konradin schreitet mit seinen Eltern an ihm vorbei, nur ein ganz kleines Zeichen läßt erkennen, dass er ihn, seinen Freund Hans, erkannt und wahrgenommen hat.
 
Hans ist außer sich. Am anderen Tag stellt er seinen Freund zur Rede. Er will das nicht auf sich beruhen lassen. Konradin schweigt still und bekommt die Wut von Hans zu spüren. Bis es endlich aus ihm herausbricht. Ja, was er sich denn wohl gedacht hat. Was er für Schwierigkeiten im Elternhaus hat wegen seiner Freundschaft zu ihm, Hans. Seine Mutter, stammend aus einer königlichen polnischen Familie, haßt die Juden, empfindet sie als Abschaum. obwohl sie nie wirklich Berührung mit einem Juden hatte. Jetzt ist es heraus. Sie ist eifersüchtig auf den jüdischen Freund ires Sohnes. Sie wirft ihm vor, er sei vom Gedankengut seines Freundes schon beeinflußt. Hans hätte seinen Glauben untergraben. Sie sieht Hans im Dienste des Weltjudentums, dass sie gleichsetzt mit dem Bolschewismus.
 
Jetzt ist es heraus. Konradin beteuert, dass er ihn am Abend des Opernbesuches nicht angesprochen hat, weil er nicht wollte, dass man ihn, Hans beleidige. Er sei zu feige gewesen, dies alles ihm früher zu gestehen.
 
Von diesem Tag an gab es keine Besuche mehr von Seitens Hans bei seinem Freund Konradin. Beiden war nun klar, dass nichts mehr so sein würde, wie es war. Die Zeiten haben sich geändert, der Wind ist stärker geworden.
 
Das Leben ändert sich, auch im Gymnasium, nationalsozialistisches, judenfeindliches Gedankengut breitete sich auch dort aus. Konradin ging Hans aus dem Wege. Auch die anderen Klassenkameraden mieden ihn mehr und mehr und erste Übergriffe geschahen.
 
Hans Eltern schickten ihn in die USA. Sie wollten sein Leben retten. Dort kann er in Ruhe die Schule beenden und sein Studium zum Abschluß bringen. Hans reist ab.
 
In den USA bleibt er dann auch, lebt und arbeitet dort, sogar recht erfolgreich als Rechtsanwalt. Jeden Kontakt, den er beruflich oder privat zu Deutschen hat, klopft er vorsichtig ab. Nein... er will nicht mit einem Deutschen der Blut an seinen Händen trägt, Kontakte pflegen, wie auch immer. Seine Eltern sind tot. Es tröstet ihn, dass sie nicht in Ausschiwtz oder Belsen umgekommen sind. Sie hatten ihren Tod selbstbestimmt. Von Konradin? Hat er niemals mehr etwas gehört. Hin- und wieder denkt er dran, was aus ihm wohl geworden ist. Ob er noch lebt. Aber weitestgehend hat er ihn aus seinem Gedächtnis gestrichen.
 
Bis er eines Tages Post aus der deutschen Heimat bekommt. Ein Spendenaufruf seines ehemaligen Gymnasiums. An die Kriegsopfer soll gedacht werden. Namen sind aufgelistet. Hans geht sie durch von A bis Z, nur das H läßt er aus, von Hohenfels, das will er nicht zulassen.
 
Tage braucht er, bis er den Mut findet, zu schauen, was mit Konradin geschehen ist. Ob er bei den Opfern auftaucht?
 
Hier ende ich die Erzählung und lasse den neugierig und interessierten Leser in Ruhe. Ich will ja nichts vorwegnehmen. Aber eines kann ich verraten...er hat ihn wiedergefunden...
 
Ein lesenswertes Büchlein wie ich finde, dass mich bewegt hat.
 
Fred Uhlman
Der wiedergefundene Freund
Diogenes Taschenbuch
7,90 Euro

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