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Ich schreibe einfach gern:)

Ich suche nicht und finde doch

Ich suche nicht und finde doch
oder...aus meinem Tageserlebnistagebuch
 
Gestern war wieder so ein Tag. Ja ein ganz besonderer Tag. Frühling, Wärme, Sonnenschein, blauer Himmel. Endlich raus, nicht nur für ein, zwei Stunden, sondern auf dem Rad den Tag verbringen, rundherum durch die Lande. Wie ich das liebe. Ich könnte auf meinem Rad schlafen, ehrlich. Manchmal wird mir gesagt, wie kannst du das nur so lange aushalten, dieses stundenlange Sitzen. Aber es ist wirklich so, ich hab da null Probleme, daher, wenn es alleine fahren würde, ich könnt auf meinem Sattel schlafen. Stell mir das gerade herrlich vor. Also, in einem selbstfahrenden Auto hätt ich nie die Ruhe, einfach so vor mich hinzudämmern, nur, um das mal gesagt zu haben.
 
Ich hab mich also aufgemacht. Natürlich viel zu warm angezogen. Weil...trete ich auf meinen Balkon hinaus, ist es dort immer viel viel kühler, als vor dem Haus. Ich unterliege da, egal welche Witterung vorherrscht, immer einem Irrtum. Aber das Zwiebelmusterprinzip hab ich verinnerlicht. Also erstmal alles angelassen, abstreifen geht ja immer.
 
Die Leuts sind ausser Rand und Band stell ich schon nach einigen Minuten fest. Alle scheinen ein wenig glücklicher und zufriedener zu sein. Wintermonate sind halt hart. Da muss man durch.
 
Es geht am Rhein entlang. Ziel, erstmal, ist der Aachener Weiher. Dort soll es *umsonst & draussen* geben, Musik- und Tanzfestival. Dacht, fahr ich mal hin und schau mir das an. Ich möcht durch den Rheinpark fahren und fahr bergauf die kleine Hafenbrücke am Mülheimer Hafen. Da gehts steil auf. Erster Gang, paß schon. Ok, ich gebs zu, die letzten 10 Meter musste ich doch absteigen, ging nicht mehr. Es war ja Winter, sag ich mir. Das kommt schon wieder.
 
Oben angekommen, seh ich da im Sonnenschein 5,6,7, ich kanns nicht sofort erfassen, andere Radler stehen. Machen da wohl Pause. Stehen am Geländer und schauen um sich herum. Ich hab das nicht geplant. Ich plane nie etwas. Nicht mal, ob ich einen Menschen anspreche oder nicht. So war das auch diesmal. Es war irgendwie so etwas wie ein von was weiß ich woher *gesteuertes* Soll oder Muß. Wie auch immer. Ich blieb da vor ihnen stehen und sagte mal guten Tag. Fragte, sind Sie eine Radgruppe, die sich regelmässig zum Ausfahren trifft oder einfach nur Freunde, die ab und an was zusammen unternehmen. Ich gestehe, immer wenn ich so direkte Fragen an mir völlig Unbekannte stelle, schweigen die erstmal für einen Moment. Überraschung wohl.
 
Jedenfalls, die haben sich schnell gefangen, lachten dann übers ganze Gesicht und klärten mich auf. Ja, sie seien eine kleine Truppe, die sich einmal im Monat zu einer gemeinsamen Radtour treffen würden. Manchmal rund um Köln, aber hin und wieder auch mit dem Zug irgendwohin, an die Ahr oder ins Bergische und dann dort herumfahren. Ich hab das ja nun nicht geplant. Ich bin ja meistens auch lieber alleine unterwegs. Da muss man keine Kompromisse machen, kann rasten, wann und wo man will. Aber in diesem Moment dachte ich, Roeschen, Roeschen, du kannst nicht immer nur jammern über die verlorenen Freunde, trau dich, mach mal einen Schritt auf neue Bekanntschaften zu. Und so fragte ich, ob ich da mal mitmachen könnte. Ich wäre zwar ein Eigenbrödler, aber wenns drauf ankommt, kann ich auch ganz gut in Gemeinschaft, ich geb mir jedenfalls Mühe. Eigenbrödler, meinten sie, das traut man ihnen gar nicht zu, so wie sie uns hier entgegengekommen sind. Natürlich, Neue seien immer willkommen. Und so tauschten wir unsere Telefonnummern aus, ich sagte ihnen meinen Namen und sie versprachen mir, den nächsten Termin telefonisch per whats app durchzugeben. Schön, dachte ich. Der Tag fängt ja gut an. Tschüss Roeschen sagten sie. Ich weiß auch nicht warum, so, wie sie mich verabschiedeten, das war so freundlich und warmherzig, dass ich mich jetzt richtig auf ein gemeinsames Radtourchen mit dieser kleinen Gruppe freue.
 
Ich fuhr weiter und dachte, siehste, Roeschen, nie suchst du, aber finden tust du doch etwas. Es ist doch so, ich stell mir das schrecklich anstrengend vor, wenn ich ständig nach irgendetwas suchen müßte. Ich leb eigentlich da einfach so vor mich hin. Erfülle meine kleinen und großen Pflichten, schaffe mir meine selbstgebauten Inseln und hin und wieder erfülle ich mir einen kleinen oder größeren Traum. Meistens ist es so, plötzlich hab ich eine Idee, und da spring ich dann drauf an. Was da eigentlich genau für Faktoren eine Rolle spielen, die mich dazu bringen, aus dem Nichts heraus an irgendeinen Ort zu fahren oder einen fremden Menschen anzusprechen, kann ich gar nicht so genau erklären. Bei Menschen wird ja gesagt, die Chemie muss stimmen. Aber bei völlig Fremden ist es ja nicht möglich die Chemie zu kennen. Da muss es etwas anderes sein. Irgendeine Ausstrahlung, ein Blick, eine Haltung des Körpers, jedenfalls irgendetwas das für von jetzt auf gleich neugierig macht, was das wohl für ein Mensch ist. Ich komm da nicht raus. Das war schon immer so. Und auf diese Weise hab ich eben schon sehr viele interessanten Menschen mit ihren Lebensgeschichten kennengelernt. Der ein oder andere ist mir sogar verblieben, wenn auch keine große Freundschaft daraus entstanden ist, verloren hab ich sie nun aber nicht.
 
Das schönste an meinen Ausflügen sind die kleinen Dinge, die ich entdecke. Keine Sensationen, nein, wer will schon Sensationen erleben. Es sind nun mal die oft nicht beachteten Dinge, für die ich gern ein Auge habe und die mir ebenso zufallen, obwohl ich sie nicht suche.

So gleich ein Stückchen weiter, kommt mir ein Päärchen entgegen. Mit nem Hund an der Leine. Obwohl... Hund, ich kann das gar nicht Hund nennen. Sagte ich auch, dem Ehepaar. Die waren aber nicht beleidigt. Ich sagte, hahaha, sie haben einen 400 Gramm Chihuahua  und lachte sie dabei an. Immerhin war der an einer Leine und lief selbst. Denn, mein geneigter Leser fragt sich nun wohl, wieso ich auf 400 Gramm Schwere des kleinen Dings da kam. Nun ja, es verhielt sich so, dass ich am Tage zuvor, ich machte eine Rast nach meinem Einkauf für eine alte Dame an einer Frittenbude. Das ist nämlich ebenfalls so. Manchmal überfallen mich Gelüste, einfach so. Die haben auch nicht schon vorher in mir geherrscht. Die sind plötzlich ganz einfach da. Und so erlaubte ich mir den Genuß einer Portion Pommes in der Schale. Jedes Mal, wenn ich die Pommes in einer Schale serviert bekomme, überfallen mich wehmütige Gedanken. Früher, ja früher, da war alles anders. Selbst die Frittenverpackung. Die gab es nämlich in einer fettfreien Tüte. Ich erinnere mich noch genau daran, als Kind, im Winter, wenn ich mit meinen Eltern spazieren ging, manchmal eine solche Tüte Pommes von ihnen spendiert bekam. Die kalten Finger umschlossen die warme Tüte und ich war stolz wie Oskar, sie mein zu nennen dürfen und verspeiste sie mit Hochgenuß. Und wie das duftete. Einfach herrlich. Ich trauere den Pommestüten wirklich nach, ehrlich, so bin ich. Aber was solls, egal wem oder was du nachtrauerst, Erinnerungen sollen bleiben, doch die Trauer darf dich nicht lähmen, sie hindert dich sonst am guten Erleben im Heute. Das ist so. Das weiß ich, auch wenn ich mich oft schwer tue. Dinge verändern sich nunmal. Etwas vergeht, dafür kommt etwas Neues oder Anderes. Und so lange du dein Leben hast, musst du mit den Veränderungen leben, klarkommen, sie manchmal ja auch bereichernd erleben. Wer zu macht für alles Neue, der blockiert sich selber. Ist so.
 
Aber wo war ich nun stehen geblieben. Ich stellte mich also mit meiner Schale Pommes an ein kleines Tischchen, das in der Sonne stand. Da war schon Jemand. Eine alte Dame, wirklich uralt, so sah sie jedenalls aus, klein und hutzelig. Hatte auch eine Schale mit Pommes. Ich sagte schön guten Tag. Da standen wir Zwei nun, gedankenverloren, labten uns an den köstlich knusprigen Pommesstangen. Die waren nämlich saugut, da, wo es sie gab. Plötzlich schaute ich neben die alte Dame und sah dann den Kinderwagen. So ein altes Modell, von früher, auf hohen Beinen, dick gepolstert. Fährt heut kein Mensch mehr mit herum. Auch die Kinderwagen haben sich weiterentwickelt und verändert. Ich mochte diese alten hochbeinigen Kinderwagen. Sie hatten was Stolzes an sich. Als wenn der Stolz der Eltern, ihr Kind spazieren zu fahren sich in ihm spiegelte.
 
In diesem Kinderwagen war aber kein Kind. Da lag ein Tier. Ein Hund, genauer gesagt. Jedenfalls nennt sich das Ding *Hund* ich sag das ein wenig belustigt, weil, selber Hundenarr wie jeck, fängt ein Hund für mich erst immer ab mindestens 50 cm Widerristhöhe an. Ist ja auch wurscht. Die alte Dame fand ihren Hund schön und liebte ihn. Jedenfalls sah man das. Sie hatte das Tierchen da in dem Kinderwagen eingebettet wie eine Prinzessin auf der Erbse. Von unten gepolstert mit einem Lammfell ausgestattet, rundherum mit Kissen und Deckchen verkleidet, lag das Hundeprinzesschen wohlgebettet in dem Kinderwagen und schaute zu mir hoch und ich es an. Oha, sagte ich zu der alten Dame, der Hund hats gut bei ihnen, besser als so mancher Mensch. Ich kontne mich nun mal des Gedankens nicht erwehren, der mir plötzlich kam und ich auch gleich die Bilder vor Augen hatte, von den vielen Menschen, die da einfach auf der Strasse obdachlos sitzen, gar schlafen müssen. Wie traurig das alles. Das waren nur meine Gedanken, ich sagte das nicht. Man muss ja nicht alles sagen, ist meine Devise, nur diesen einen Satz, der purzelte so aus mir heraus. Sie nahm mir das aber nicht krumm. Sie nickte stolz und meinte, 400 Gramm sei sie schwer, die kleine Tschischi (ich weiß nun nicht, ob das so richtig geschrieben wird, ich hatte ja nicht vor, darüber nun in meiner Geschichte hier zu erzählen, daher fragte ich sie auch nicht nach der Schreibweise des Namens) und hört aufs Wort. Sie fahre ihn meistens in dem Kinderwagen spazieren. Nur zum Austreten lasse sie ihn mal kurz laufen. Ich beließ es dabei, wollte auch nicht weiter von ihr und ihrem Hundeleben hören. Ich schmunzelte in mich hinein und dachte, nun ja, manche Menschen haben eben an 400 Gramm Hund ihr Glück gefunden. Das ist ja auch voll in Ordnung. Nur ein ganz klein wenig musste ich daran denken, dass es ja auch heißt, manche Menschen lieben ihren Hund mehr als ihren Nächsten. Vielleicht ist das ja auch einfacher, einen Hund zu lieben, die geben selten Widerworte. Und ich geb es ehrlich zu, manchmal ist mir ein Hund auch tausend mal lieber, als so mancher Zeitgenosse.
 
Das 400 Gramm schwere-Hundebesitzerpäärchen lauschte vergnügt meiner Erzählung von der gestrigen Begegnung mit der alten Dame, von der ich nun wußte, wie schwer ungefähr so ein kleines Hundetierchen ist und fragte, wollen sie es mal auf den Arm nehmen. Sie sagten, bei ihnen wäre es so gewesen, als sie es das erste Mal auf den Arm genommen hatten, wollten sie es nicht mehr hergeben. Gott bewahre, dachte ich, gut, dass Gedanken nicht lesbar sind, war dann jedoch nicht abgeneigt, die 400 Gramm mal zu nehmen. Sie hoben es von der Erde auf und drückten es mir in den Arm. Da zappelte es nun, das Tierchen, warum weiß ich auch nicht, wahrscheinlich weil es merkte, wie hilflos ich mich mit ihm fühlte. Selbst mein Kichern war etwas brüchig und verlegen. Ich fühlte mich nicht so recht wohl, obwohl, so sagt man doch, es zu niedlich war, das 400 Gramm schwere Tierchen.  Ich weiß nicht, ich hab bei der Bezeichnung für *niedlich* immer so ein Gefühl der Ablehnung. Wer oder was will schon niedlich sein. Naja, ich streichelte es mal zur Beruhigung ein wenig und übergab es ihnen wieder. Nä, ich  habe das gern wieder zurückgegeben, das 400 Gramm schwere Tierchen. Nicht mein Ding. Es war mir einfach zu niedlich. Groß, stürmisch und ein wenig rauh, das ist mir lieber, bei Mensch und Tier, nur ehrlich muss es sein.
 
Ich radelte weiter im herrlichen Sonnenschein, das Rheinufer nun zu meiner rechten Seite, dass mich dazu einlud ein wenig auf dem Mäuerchen vis a vis des Doms zu sitzen ud den Ausblick zu genießen. Dann ging es weiter und nun wollt ich erst einmal eine lange Weile nicht aufgehalten werden. Einfach fahren und fahren. Bis nach Zündorf ging die Fahrt, den Weg den ich in- und auswendig kenne, dass der  Muße des Schauens aber keinen Abbruch tat. Je mehr man etwas anschaut, um so dichter wird das Erkennen der Beschaffenheit. Das ist nicht nur bei einem Ort so, sondern auch mit den Menschen. Situationen wo man etwas sofort in ihrer wahren Größe und Schönheit entdeckt, gibt es wohl nur selten.
 
Mit der Fähre gings dann rüber zur richtigen Seite Kölns und über Rodenkirchen, das linke Rheinufer entlang bis zur Deutzer Brücke. Von dort aus radelte ich durch die Inenstadt Richtung Rudolfplatz, Aachener Weiher. Dort sollte ja nun mein nächstes größeres Ziel sein. Während ich fröhlich auf meinem Rad fuhr, beäugte ich die mich überholenden Autos, die für einen Einkaufsbesuch aus dem Umland nach Köln auf der Suche nach einem noch freien Parkhaus waren. Selbst schuld dachte ich, stehen sie da wie blöd in der Schlange. Wären se mit der Bahn gefahren, hätten sie es gemütlicher gehabt und sicher auch mehr erlebt. Aber so sind sie halt die Autoleuts, die fahren halt auch zum Brötchenholen zum Bäcker. Ein buntes Gewimmel von Menschen am Neumarkt, raus in die Läden, rein in den nächsten. Die sind alle auf der Suche, dachte ich. Nach irgendwas Neuem, was sie meinen, was sein muss. Was bin ich so froh, dass ich nichts suchen muss.
 
Schnell hatte ich den Rudolfplatz erreicht und musste sehen, dass der mit einem Flohmarkt besetzt war. Also vom Rad absteigen. Früher ging ich oft auf Flohmärkte, stöberte, nach alten Büchern oder Schallplatten und nach manch anderem kleinen alten Tand. Seitdem ich nach dem Prinzip weniger ist mehr lebe, hab ich das Interesse verloren. Der ganze Kwatsch, den der Mensch ansammelt, irgendwann, wenn du nicht mehr da bist, muss das alles entsorgt werden. Und das meiste Zeug, dass du angesammelt hast, interessiert eh keinen Menschen mehr. Was bleibt sind vielleicht ein paar Fotoalben, ein paar Bücher und wenige andere echten persönlichen Dinge des Verstorbenen. Ist doch so. Selber schon so oft erlebt. Ich hab wirklich immer Sorge. Neulich sagte ich noch zu meinen Kindern, man man, wenn ich nicht mehr bin, behütet meine Bücher, wirklich, das sind doch meine allerliebsten Schätze. Mutter, sag nicht so was, meinten sie dann. Du lebst noch lange. Und dann sehen wir weiter. So sind die Kinder halt, jung, mitten im Leben stehend, wer will da schon an den Tod denken. Es ist aber besser, sich vorzubereiten, hin -und wieder jedenfalls. Wer an den Tod denkt, denkt gleichzeitig auch mehr an das Leben, das er hat.
 
Vom Rad absteigend dachte ich mir, ist ja nicht voll, es ist warm, die Sonne scheint, spazierste halt mal mit deinem Rad an den Ausstellungstischen vorbei. Und muss gestehen, es war wirklich ein schöner Trödelmarkt. Nicht son Plunder. Kleinode, Mobiliar, Bücher, Schallplatten, alles alt aber vom Feinsten. Ich hab den Blick für so was. An einem Stand mit allen Radios und Grammophons blieb ich wie verzaubert stehen. Der Besitzer hatte auf einem alten Grammophon eine alte Jazzvynil aufgelegt. Herrlich, erinzigartig dachte ich. Stand da ganz versunken und fühlte mich plötzlich in eine andere Welt verzaubert. Aber sich in diese andere alte Welt verzaubern zu lassen, bedeutet auch die Schatten dieser Zeit sofort vor Augen zu haben. Bei mir ist das jedenfalls so.  Klasse auch die alten Röhrenradios noch. Wirklich schöne Dinge hatte er da.
 
Und noch ein weiterer Ausstellungsplatz hatte mich fasziniert. Schöne alte Möbel waren da zu besichtigen. Ich liebe diese alten mit lauter Lebensgeschichten behafteten Möbelstücke einfach, auch wenn ich nichts von ihnen weiß, aber ich kann es mir ja zurechtfantasieren. Sie haben noch Rundungen, Ecken und Kannten gemeinsam, wie beim Menschen, sind nicht funktionell alle gleich ausschauend, damit sie überall reinpassen. Ganz besonders waren zwei Stühle interessant. Mit Bildern verblichener zweier Schauspielerstars waren sie verziert, Sitzfläche und Anlehne. Schwarz-Weiß-Bilder, es gab den weiblichen und den männlichen Stuhl. Zu sehen waren Marylin Monroe und James Dean. Leider kam ich nicht dazu, mal zu fragen wie das technisch wohl gemacht wurde. Ich kann nur vermnuten, dass die Bilder aufgeklebt wurden, und dann mit Lack übersprüht wurden. Vorsichtig fuhr ich mit der Handfläche über die Oberfläche der Stühle und dachte, so muss es wohl gemacht sein. Es war einfach zu viel Andrang an diesem Stand. Ganz sicher gehen die heute weg, da war ich mir sicher. Irgendein Cineastfan wird sie mitnehmen  und zu seinen anderen Fetischen Film betreffend in seiner Wohnung haben wollen.
 
Für mich war da noch ein anderes erspähtes Glanzstück, welches zu einer meiner lieben kleinen Leidenschaft paßte. Ein Schachtisch. So was sieht man ja selten. Schwarzlackiert prangte er da unter den vielen anderen Sachen heraus und lachte mich an. Mitten auf der Tischplatte ein kleines Schachbrett eingraviert. Sagenhaft. Mir fehlten die Worte. Und ich dachte an meine schönen mir geschenkten Schachfiguren zuhause, für die ich immer noch kein Brett habe und kam in die Versuchung gedanklich, ihn zu erwerben. Fragte nach dem Preis. 85 Euro sollte er kosten. Da wäre sicherlich noch was drin gewesen mit Handeln. Nun hatte ich aber erst vor kurzem einen schönen alten Retro-Tisch aus den 50er Jahren erstanden, länglich mit schwarz-weiß-braunen Mosaiksteinchen auf der Platte. Ganz stolz bin ich auf ihn und erfreu mich jeden Tag seines Anblickes und dass ich der Besitzer dieses schönen alten Tischchens sein darf. Aber wirklich, ehrlich, ungelogen, den hätt ich auch gern gehabt. Was soll ich jedoch mit zwei Tischchen in meiner kleinen Höhle. Der Mensch kann eben nicht alles haben. Und so wünschte ich mir immerhin, dass dieser schöne Schachtisch einen würdigen Besitzer fand.
 
Nun endlich weiter zum Aachener Weiher. Draussen und umsonst, da wollte ich ja hin. Aber da war nix los. Warum weiß ich auch nicht. Jedenfalls, ich hatte noch nie ein solches Festival besucht. Das war das erste Mal. Es gab gar keine Bands. Nur DJ´s, die auflegten. Wie langweilig. Doch am Aachener Weiher ist es sonst schön. Idylle mitten in der Stadt. Die Sonne glitzert im Wasser und da sitz ich nun auf der Treppe und schaue den Sternchen im Wasser zu und lausche den Gesprächen der rund um mich herum versammelten Grüppchen oder Päärchen zu. Junge Leuts allemal. Ein junger Mann meint, nachdem (seine Freundin wohl ) vor Vergnügen kwitscht, ach guck mal Entchen, hör mir mit denen auf, da hab ich Angst vor. Das meint er ehrlich. Er beteuert es jedenfalls noch eingie Male. Ich hab noch nie ne Schlagzeile gelesen, Ente greift Mensch an, aber wer weiß, vielleicht verheimlicht uns die Presse ja so etwas. Ich sag nur Verschwörungstheorien. Hütet Euch vor den Enten. Sie wollen die Herrschaft übernehmen, in Köln wird das beginnen. Ich muss doch schmunzeln über die Dinge, die manche Leuts so von sich geben.
 
Mich ziehen die vier Schwäne an, die da auf dem Weiher ihre Runden drehen. Drei von ihnen sind nah beieinander. Wovon zwei irgendwas miteinander haben. Ich weiß nicht was. Schließlich kann ich nicht erkennen, sind es weibliche oder männliche Schwäne. Also eine von denen attackiert eine andere immer. Vielleicht sind es Weibchen und Männchen. Vielleicht mag er sie und will sie anflirten, wozu ist ja klar. Möglicherweise sind es aber auch Rivalen um die  oder den Dritte(n)  im Bund. Die liefern sich eine sich ständig wiederholende Prozedur. Der eine schwimmt davon, der andere hinterher. Zwischendurch nimmt einer einen Anlauf und rast mit einer Geschwindigkeit mit seinen zwei Beinen über das Wasser, dass ich es kaum glauben will. Wie schnell die sind zu Fuß auf dem Wasser. Bisher gab es doch nur einen, der übers Wasser laufen konnte. Ihr wißt schon. Aber die zelebrieren das wie jeck. Einholen kann der eine den anderen jedoch. Er ist einfach immer schneller, im übers Wasser laufen, im kurzen Flug und im Fortschwimmen. Nun ja, aufgeben ist nicht jedem gegeben. Ehrlich gesagt, nach einer gewissen Zeit widme ich mich lieber dem Einzelgänger zu. Der hat mit all dem Gerangel um, wer ist der Beste, Größte, Schnellste, Begehrenswerteste nix zu tun. Der dreht da abseits von den anderen seine Runden und macht sein Ding, taucht mal unter, hat wohl was zu fressen gefunden, schwimmt weiter, aber niemals in die Nähe der Anderen. Der gefällt mir. Warum wohl. Der ist halt schlau. Der weiß, dass das in den meisten Fällen nix bringt, sich anzunähern. Da muss schon großes Glück vorherrschen, dass er wohl mal auf Jemanden trifft, der ähnlich gesinnt ist wie er selbst. Unzufrieden schaut der überhaupt nicht aus. Natürlich weiß ich nicht, was in seinem Kopf vorgeht. Vielleicht ist da ja auch der Wunsch, einem solchen einmal zu begegnen, damit er nicht ständig seine Kreise alleine ziehen muß. Jedenfalls mir hat es Freude gemacht, das alles zu beobachten. Beobachten ist Meditation. Aber nun wird es Zeit, der dumpfe Rythmus des wabbernden Technos wird lauter. Ich kann mich darin nicht finden, in den Menschen, die dort nun mehr und mehr sich versammeln auch nicht und ziehe weiter meines Weges mit meinem Rad.
 
Fahre durch den Grüngürtel, durchs belgische Viertel, Mediapark, weiter nach Nippes, meiner alten Heimat. Es lockt mich der Gedanke, mich in meinem Lieblingscafe niederzulassen und eine Kleinigkeit zu essen und in mein Buch versunken die Welt um mich herum ein wenig zu vergessen. Voll ist es. Klar, alle sind raus und wollen diesen ersten schönen warmen Frühlingsboten genießen. Ich erwische noch einen Tisch und mach es mir gemütlich. Es gibt ein leckeres Tabuleh und eine Apfelschorle. Was will ich mehr vom Leben. Neulich las ich einen Satz, den die gerade verstorbene Frau von Imre Kertez, einem ungarischen Autor, den ich sehr mag, sagte: Das Leben, das uns gegeben wurde, müssen wir in vollen Zügen leben, das ist unsere Aufgabe, wo immer wir auch sind. Den fand ich richtig und schön. Und es ist sicher ein Geschenk, das zu können, ohne nach dem Großen und Sensationellem zu trachten.  Ich bin mir dessen bewußt und dankbar dafür.
 
Mit einem alten Ehepaar, dass sich zu mir an den Tisch setzt komme ich noch ein wenig ins Gespräch und radele dann zu meiner Lieblingsfussballkneipe, um das entscheidene Spiel gegen Mainz anzuschauen. Meistens schau ich ja zu Hause allein. In so einer Kneipe ist es allemal ein zusätzliches Erlebnis. Die Leuts um mich herum. Die Herren der Schöpfung, wie sie gröhlen und lamentieren und die Gesichter verdrehen, wenns nicht so geht, mit dem Verein da auf dem Spielfeld, wie sie meinen es gehen müßte. Aber das kennt man ja.  Zuschauer sind immer schlauer als die Beteiligten und wissen, wie und wo es lang gehen muss. Ich halte mich da einfach an das, was ich sehe und gut ist. Das ist viel unaufgeregter. Und am Ende gibt es dann ein Fazit. Ich bin einfach son Typ. Es gibt nen Topf mit Erdnüssen und drei Drecksäcke für mich. Bisserl Bier muss sein in einer Kneipe beim Fussball, auch für mich. Nun denn, das Ende hat gezeigt, das war es wohl für den Heimatverein. Die zweite Liga ist so gut wie sicher. Der Kölner-Fan an sich ist da relaxt, zu feiern gibt es immer was, dann eben im nächsten Jahr wieder den Aufstieg.
 
Genug ist genug. Der Tag war voll mit Bewegung, Hören, Riechen, Schauen, Erleben. Ich fahre nach Hause. Es ist 18.00 Uhr mittlerweile. Hier mache ich es mir gemütlich und schreib wie so oft ein kleines Tageserlebnisbuch, dass ich meinem geneigten Leser heute mal nicht vorenthalten will.
 
Ich bin da einfach unterwegs gewesen wie immer, ohne etwas zu erwarten und dennoch hab ich viel geschenkt bekommen, nicht gesucht und doch gefunden. Und beschäftigen wird es mich wie immer noch ein wenig. Die Menschen, die ich wiedersehen werde, um mit ihnen zusammen zu radeln, aber auch über die anderen Dinge kann ich nachdenken. Welche Menschen das wohl sein werden, die diese beiden hübschen Möbelstücke erwerben werden. Wie sie wohl sonst leben und ob sie sich ebenso wie ich mich über meinen schönen Tisch so freuen können, den ich erwarb,  oder ob es für sie nur ein weiteres Sammlerstück wird. Und über Schwäne und Enten und dem Rausch des Fussballspiels, in den Menschen so gerne eintauchen, es gibt ja immer etwas, das einen nachhaltig beschäftigt, auch in den kleinsten Dingen, denen begegnet wird. Dafür hab ich ja nun heute am schönen Sonntag, der ohnehin nicht so sonnig erscheint wie der gestrige Tag genügend Zeit. Und die braucht es doch auch am Ende um Erlebtes zu verarbeiten.
 

Also, es heißt ja...Wer suchet der findet...ich halte mich lieber an ..ich suche nichts und finde doch...In diesem Sinne bis zum nächsten Erlebnistagebuch:)

 
 
 
 
 
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