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18. Januar 2018 4 18 /01 /Januar /2018 14:46

 

Musik... Musik... Musik. Und jede Musik erzeugt in mir eine Gänsehaut. Musik muss meine Gefühle ansprechen, sonst hat sie verloren. Musik muss die Lebensfreude pur sein.
 
Und heute Morgen sitze ich hier, höre die Musik von Alt-J, auf deren Konzert ich gestern Abend mit meinem Sohnemann war. Es war ein Geburtstagsgeschenk von mir an ihn. Geburtstagsgeschenke, die gemeinsame Zeit schenken, sind die schönsten. Fand er auch. Er mag Alt-J, so wie ich und ebenfalls meine Tochter.
 
Für mich war es insoweit noch etwas ganz Besonderes, all die weil ich jetzt drei Wochen wegen eines Infektes ans Haus gebunden war. Ich habe in dieser Zeit fast Niemanden gesehen und gesprochen. Hab ganz für mich gelebt, auf mich gehört und Antworten auf viele meiner Fragen, die für meinen weiteren Lebensweg entstanden sind, bekommen. Krankheit ist nicht immer schlimm. Du kannst die Auszeit auch genießen, selbst wenn du dich matt und schwach fühlst. Wenn das Leben jedoch wieder in dir erwacht, dann ist eine so große Zärtlichkeit in dir für dein Leben, für das Leben, auch wenn du die Augen nicht verschließt vor dem Unbill, dem Unguten, das tagtäglich geschieht. Du kannst ja nichts dran ändern, ausser die Augen offen zu halten für das Gute.
 
So hatten wir gestern erst einmal einen wunderbaren Nachmittag zu Zweit, der Sohnemann und ich. Auch er hatte eine lange Zeit an dem selben Infekt herumlaboriert. Wir waren beide auf dem Weg der Genesung. Und nun stand das Konzert an im Palladium. Draussen hagelte es, abwechselnd sich in Regen und Schnee verwandelt. Dick eingemummelt maschierten wir den Weg zum Paladium gemeinsam unterwegs ins Gespräch vertieft.
 
Das Palladium war wohl ausverkauft, so meiner Schätzung nach. Volles Haus. Und ein gemischtes Publikum. Jung und Alt. Schön war das, zu sehen, dass Musik einfach an kein Alter gebunden ist. Ich bin ja eher der Typ, der gerne in der ersten Reihe steht. Und so kam es zu einer kleinen Aushandelei zwischen uns wegen des einzunehmenden Platzes. Denn der Sohnemann schaut eher etwas weiter zurück in einer gewissen Distanz dem Geschehen auf der Bühne zu. Wir einigten uns also auf einen Platz an der Seite, ca. 4 Meter von der Bühne entfernt, von wo wir alles gut im Blick hatten. Das war in Ordnung für mich. Um uns herum gut gelaunte, in freudiger Erregung verharrende Besucher. Eine schöne Athmosphäre. Und unsere Sorge, dass wir möglicherweise das Konzert in zig hochgehaltenen smarthphones sehen müssen, zeigte sich im Nachhinein als nichtig. Nur ganz sporadisch tauchte mal eines in der Höhe auf, um einige Momente des Geschehens dort auf der Bühne festzuhalten. Ich gestehe, dass ich es auch ein Mal machte, um meiner Tochter, die gerade in London weilt und sich auf das selbe Konzert am kommenden Freitag in München freut, einen Eindruck zu schicken.
 
Ich gestehe, dir Vorband, Marita Hackmann, hackten wir ab. Sie erreichte uns nicht. Sehnsüchtig warteten wir auf Alt-J. Eine kleine Umbaupause, die wir nutzten um das muntere Treiben um uns herum zu betrachten und dann ging es los.
 
Die Bühne war in drei Teile, fast wie kleine Zellen, arrangiert. Jeder der drei Musiker, Joe Newman, Gitarre und Gesang, Gus.Unger Hamilton, Keybord und Thom Green, Schlagzeuger, der wohl die meiste Arbeit an diesem Abend verrichtete, mit seinen unzähligen kleinen Effekten am Schlagzeug und anderen Klangkörpern, die ich aus der Ferne gar nicht alle erkennen konnte, all die weil meine Brille nicht zur Hand war.  Er wirbelte und wirbelte, die wahre Pracht. Diese kleinen Zellen sahen fast aus wie ein Gefängnis, in dem sich jeder der Musiker befand. Jedenfalls kam mir der Gedanke. Allein, eingesperrt, getrennt von den anderen. Die Stäbe, die wie ein Gitter zur nächsten Zelle wirkten, waren natürlich große Lichtstäbe, deren Effekte während des gesamten Konzertes in verschiedenen Farben ihre Wirkung taten und zur Untermalung der teilweise fast sakralen Gesänge eine Athmosphäre schafften, wie im Himmel, aus einer anderen Welt. Wie ich das liebe. Das in einer Musik wegschwebende Element, dass mich von mir selber wegführt zu einem Ort, den ich nicht kenne, aber der durch die Musik in einen Raum verwandelt wird, zu dem ich hineintanzen kann.
 
Alt-J- wurde 2007 in Leeds gegründet. Dort studierten sie Kunst und Literatur. Das wirkt sich auch in ihrer Musik insbesondere in ihren Texten aus. In vielen Songs ist die Poesie und die Bezugnahme auf große Literaten wie Shakespeare, Richard Llewellyn u.a. zu entdecken, es wird von Liebe, Hoffnung, Entwurzelung, Suche und Glück gesungen.
 
2012 gewannen sie den renomierten Mercury-Prize. Ihr Bandname ist übrigens zurückzuführen auf eine Tastenkombination, die auf englischen Mac-Tastaturen mit einem Dreieck, das darunter mit einem waagerechten Strich untermalt ist. Für die Band hat das eine besondere Bedeutung wie ich in ihrer Kurzbiografie bei wiki las. Es ist das sogenannte Delta-Zeichen und wird in mathematischen Gleichungen als Differenz verwendet.
 
Oha, dachte ich. *Differenz* was ja nichts anderes, wie Unterschied, Verschiedenheit bedeutet. Also es ist nicht nur das eine zu erkennen, es gibt Vieles, so bunt wie die Welt, so wie kein Mensch einem andern gleicht, auch keine Blume einer anderen, einfach nichts gibt es genauso wie eines, irgendwo ist immer ein kleines Detail zu finden, dass das eine vom vom anderen unterscheidet.  Und ich finde, das paßt zu ihrer Musik. Jeder Song ist einzigartig.  Es gibt so viel zu entdecken, an Klangrythmen, Harmonien, Gesangsnuancen, von A-capella bis  spirituellem Chorgesang. Und auch die Gitarre wechselt mal ganz plötzlich von einer klassischen zu einer rockigen Variante.
 
Und wie ich war das gesamte Publikum verzaubert. Man wiegte sich im Takt mit der Musik und ließ sich von den bunten Lichtern, die wie ich meinte, nicht übermäßig eingesetzt wurden, sondern ganz harmonisch und leicht zur Untermalung, nur ab und zu ließ sie einen inneren Juchzer im Zusammenklang mit der Musik aufkommen. Alle waren wie gebannt. Wie schnell ein Konzert vergeht, in dem man ganz mit der Musik verschmolzen ist, ohne Ablenkung auf großes Theater auf der Bühne, empfand ich phänomenal. Man wünscht sich, anders wie bei der Vorband, es möge nie aufhören. Das dachte ich jedenfalls bei der Vorband, wann hören die endlich auf. Und auch von hinten hörte ich eine Stimme einer auch etwas älteren Frau, die sagte, Vorbands haben sie noch nie vom Hocker gerissen. Es ist wohl aber auch so, dass das nicht tunlich wäre, wenn die Vorband ähnliche Glücksgefühle und Euphorie hervorrufen würde. Das hat wohl System. Da hätte es dann die Hauptband tatsächlich schwerer. Nur einmal in meinem Leben habe ich so etwas erlebt. Es war bei einem Konzert von Supertramp. Natürlich waren die auch ganz großes Kino, sie mal live zu sehen, aber die Vorband damals, Gentle Giant, sprengte tatsächlich ihren Rahmen und ließen den Zuhörer gefangen nehmen.
 
In andere Welten verzaubert waren wir alle in dem Konzert. Jeder hoffte auf seinen Lieblingssong. Ich natürlich auch. Und als er kam, riefen im selben Moment eine ganz junge Frau und ich aus einem Munde, so wahnsinnig jetzt, so herrlich und wir schauten uns aus seligen Augen an. Vor lauter Glücksseligkeit bot sie mir ihr Bier an, das ich freundlich ablehnte. Ich kann bei einem Konzert weder was essen noch was trinken, Alles braucht meine ganze Aufmerksamkeit und Konzentration und das mich Hineinversenken in die Musik. Ich bin son Typ und bin fast immer ein ganz klein wenig genervt, wenn bei einem Konzert die Leute kwatschen und kwatschen über Themen, über die sie sich genauso gut irgendwann anders unterhalten können, oder gar ständig hin- und her rennen, um sich mit Bier nachzufüllen. Jedenfalls mein absoluter Lieblingssong kam *3WW* hach, so was Schönes. Überhaupt haben viele ihrer Songs etwas Sakrales, ich schrieb es vorweg ja schon, wie z.B. Pleader, man, ich könnte schreien vor lauter Glücksgefühl beim Hören dieser Songs.
 
Nach 1 3/4 Stunde jedoch war es zu Ende. Schnief. So traurig. Aber zufrieden und erfüllt strömte die Menge der Zuschauer zu den Ausgängen, was leider im Palladium immer etwas schwerlich geschieht, da der Vorraum zu den Eingängen recht schmal und klein ist, so daß ein Gedränge entsteht, bei dem ich mich nie ganz wohlfühle, aber da musste ich durch.
 
Wohlgestimmt und zufrieden begleitete mich mein Sohnemann noch nach Hause. Schließlich soll die Frau Mama sicher in ihrer Höhle ankommen. Unterwegs ein wenig reflektierend über das eben Erlebte. Aber auch das nicht im Übermaß. Weniger ist mehr. So dachte ich auch über mein Leben in diesem Moment auf dem Nachhauseweg. Welch wunderschöner Tag nach so langer Zeit. Und jetzt, während ich diesen kleinen Blog über das Konzert schreibe, höre ich natürlich Alt-J und bin noch ganz in dem Geschehen und Erlebtem. Das wird sich auch so schnell nicht ändern. Ich versuche mich immer in Menschen hineinzuversetzen, die ganz schnell zum Nächsten übergehen. Ich kann das einfach nicht, sondern harre erst mal lange bei dem aus, das ich erlebt und erfahren durfte.
 
Ein schönes Konzert, ich werde bei nächster Gelegenheit, die sich bieten würde, ganz sicher noch einmal in den Genuß verfallen. Auch Wiederholen wie das Widerkäuen ist einfach mein Art und Weise, wie ich durchs Leben gehe.
 
Also, falls irgendwo in der Nähe, es lohnt sich ein Besuch! Mein Töchterchen darf sich freuen. Und überhaupt, hab ich es schon geschrieben? Ich habe die wunderbarsten Kinder der Welt:)
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