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10. Oktober 2008 5 10 /10 /Oktober /2008 18:37
Das Leben kann zeitweise eine Wüste sein. Dann ist es wichtig, kleine Oasen zu finden, in denen man sich erfrischen kann an Leib und Seele. Wie schon oft berichtet sind das für mich Orte, an denen ich mich mit Kunst konfrontiere. EIn wirklicher Labsal! So hatte ich mir eine kleine Zeit, einen Nachmittag abgezwackt und bin ein wenig durch die Straßen geschlendert, wie ich es oft gerne tue und plötzlich stand ich vor dem Museum Ludwig. Das große einladende Schild zur Piet Mondrian-Ausstellung hat mich sofort angelockt. Einem inneren Impuls nachgehend löste ich eine Karte und betrat erwartungsvoll die Ausstellungsräume, die eine der bedeutesten Mondrian-Sammlungen versprach. Der Umfang umschließt Mondrians Weg als Künstler von seinen impressionistischen und kubistischen Anfängen hin über seine Gründung von De Stiyl bis zum Neoplastizismus. Ca. 7o Gemälde und Zeichnungen zeigt die Ausstellung.
 
Selten habe ich eine so eindrucksvolle Beschreibung und Darstellung eines künsterlischen Werdegangs gesehen. Mondrian brachte ich bisher eigentlich eher durch seine starke Bildsprache her gesehen mit Werbung, Design und Mode in Zusammenhang.
 
Mondrian studierte nach erfolgreichem Zeichendiplom an der Rijksacademie in Amsterdam. Er beschäftigte sich mit Modellzeichnen, Kompositionen, Proportionslehre, Radieren, Bildhauerei und Ästhetik. Nach dem Studium verdiente er sich sein Geld mit bakteriologischen Zeichnungen, Porträtmalerei, die er auch später weiterhin zumBroterwerb verfolgte. Ebenfalls gab er Kunstunterricht, bis er an sein Ziel gelangt war, eigene Gemälde zu verkaufen.
 
In den ersten Räumen sieht man Anfangsarbeiten, in denen er sich mit Landschaftsmalerei beschäftigte. Wunderschöne Bilder kann man entdecken. Bäume am Wasser, so zart von den Farbtönen, dass die Empfindung sofort ihren Platz ins Herz findet.
 
Mondrian malte in stark gegensätzlichen Lichtverhältnissen, einerseits bei grauem, düsterem Wetter oder dann wieder in starkem Sonnenlicht. Wie unterschiedlich die Perspektive und der Blick in der Wahrnehmung desselben Ortes sein kann, war für mich erstaunlich zu sehen. Die einfühlsamen Landschaftsbilder verzaubern einen in eine eigentümliche melancholische Stimmung, dagegen die farblich ausdrucksstarken, z.B. seine Mühlenbilder, gehalten in kräftigen Rot- und Blautönen haben dagegen eine stark stimmulierende Kraft. Gerade die Mühlenbilder bei Sonnenlicht erinnerten mich an die Zeit, in der er lebte, als der Broterwerb noch harte Arbeit war und die Menschen nicht immer satt wurden. So drückte für mich die starke rote Farbe die Kraft und das Leben aus, dass durch das in einer Mühle gemahlene Korn und dann zu Brot verarbeitete Mehl zu den Menschen gelangte und ihnen Lebenskraft verlieh. Das kräftige Blau des Himmels dagegen ein starkes Zeichen der Hoffnung.
 
Überhaupt gefielen mir seine Farbkontraste sehr, für mich auch ein Bild für das Leben an sich. Denn genau das tat ich ja in diesem Moment, als ich in der Ausstellung war. Aus dem täglichen Alltagstrott, der Pflichterfüllung heraus, betrat ich eine andere Welt, die mich gefangennahm und die mich vergessen ließ.
 
Mondrian hielt sich während seiner Schaffenszeit lange in Domburg auf. Diese Gegend in Walcheren liebe ich besonders, bin schon oft dort gewesen, so daß ich beim Anschauen der Bilder den Geruch von Salzwasser in der Nase hatte und die Weite der Dünen vor Augen. In den Dünen soll Mondrian sich oft sogar wochenlang allein zurückgezogen haben. Das konnte ich absolut nachempfinden. Nirgendwo empfinde auch ich das Leben so intensiv wie im Tosen der Wellen des Meeres und im Brausen des Windes.
 
In dieser Zeit wurde Mondrian schlagartig berühmt. Das Leben von der Hand in den Mund hatte ein Ende. Er verlobte sich und begann eine bürgerliche Existenz. Nach dieser Zeit begann Mondrian zu experimentieren. Er verließ die starken Farben und widmete sich ganz den Grau-, Braun- und Schwarztönen. In dieser Zeit war er stark vom Kubismus beeinflußt. Das Bild vom blühenden Apfelbaum, der in eine Gitterstruktur eingebettet ist, hat mich besonders angesprochen. Ist es nicht auch in in serem Leben so, sobald ein Mensch anfängt zu blühen in seiner Kreativität, in seinem Individualismus, seiner Freiheit kommt sofort das Außen, um ihn in Ketten zu legen, ihm den Mund zu verbieten, ihn klein zu machen, oder der Lächerlichkeit preis zu geben. Der Mensch gefangen im Anspruch des Anderen.
 
Später dann ging Mondrian nach Paris. Dort beschäftigte er sich mit einzelnen Architekturelementen, Giebeln, Mauern aber auch mit ganzen Gebäudekomplexen. Immer wieder suchte er Gelände aus, wo Gebäude abgerissen wurden, die dann zu Motiven seiner Malerei wurden.
 
Als Mondrian 1914 zum Geburtstag seines Vaters in seine Heimat zurückkehrte, hinderte ihn dann der Ausbruch des ersten Weltkrieges an seiner Rückreise nach Paris. Zuhause, ohne eigene EInkünfte, war er ganz auf die Hilfe seiner Freunde angewiesen.
 
1916 begann er dann den Schritt zur gegenstandslosen Kunst. So malte er z.B. Rechtecke in verschiedenen Farben, ohne irgendwelche Trennungslinien, was den Eindruck starker Unruhe vermittelte. Auch hier fielen mir Parallelen zu unserem Leben auf. Denn wie oft vermag ich es nicht, zwischen all der Hektik und dem Rummel, der mich umgibt, eine Grenze zu setzen und mich zurückzuziehen. Alles geht ineinander über, ich habe dann oft das Gefühl, mich aufzulösen.
 
1919 kehrte Mondrian nach Paris zurück. In einer Schaffenskrise wollte er seine Künstlertätigkeit hinschmeißen und als Arbeiter im Weinbau nach Südfrankreich gehen. Aber er überwand diese Krise und nun entstanden die ihn bekannt machenden, charakteristischen Kompositionen in schwarz, rot, gelb und blau. Er schaffte damit eine neue Ästhetik, behängte und bemalte seine Wände mit großen farbigen Flächen, dazwischen hängte er seine Bilder, stellte seine Möbel mitten rein und schuf erstmals den Begriff des Neoplastizismus, der von da an Architektur, Design und Malerei bestimmte. Sehr eindrucksvoll übrigens das Original- Zimmer von Mondrian in der Ausstellung, das zugleich sein Atelier und sein Wohnraum war. Er kam mit wenig aus, war minimalistisch eingestellt. Mondrian wurde von da an durch die eingesetzte Einfachheit seiner Bilder zum Mythos. Man soll ihn sogar als Heiligen der Malerei verehrt haben. Seine Schaffenskraft war unermüdlich. Am 1. Februar 1944 starb er jedoch plötzlich an den Folgen einer Lungenentzündung.
 
Bis in die heutige Zeit hinein beeinflußen seine Werke nach wie vor Malerei, Architektur, Mode und Design. Er hat tatsächlich ein großes Erbe hinterlassen. Aber ist das nbicht bei jedem Menschen so, der etwas Außergewöhnliches geleistet und geschaffen hat, sei es in der Kunst, Musik, Literatur, aber auch in den Werken der Nächstenliebe. Wie gut, dass es solche Ausnahmen gab und gibt, die das Leben der Menschen positiv beeinflußen können.
 
Es lohnt sich, die Ausstellung. Viel Vergnügen!
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