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18. Juli 2013 4 18 /07 /Juli /2013 16:31

Vor ein paar Tagen, es war noch früh am Morgen, Frühschicht halt, stand ich gedankenverloren, nein, nicht nur gedankenverloren, ich fühlte mich auch ein wenig verloren an diesem Morgen, an meiner Bushaltestelle und wartete, dass ich endlich der Kälte entfliehen konnte. Es ist jetzt kein großes Problem für mich, mich selber einmal verloren zu fühlen. Weil, es ist ja ganz normal, dass der Mensch der sich um diese Zeit zur Arbeit begeben muß, nicht wohl fühlt. Ich meine, nicht unbedingt körperlich. Eher seelisch-geistig. Da überkommen einen immer wieder die Gedanken der Art, warum nur? Warum muß Mensch morgens, rausgerissen aus seinem Rhytmus, der ja ständig erprobt wird, weil die Schichten ständig wechseln, zu einer Arbeit maschieren, die ihm selber sinnlos erscheint. Ich meine, sicher, auf der einen Seite ist diese Arbeit nicht sinnlos, denn sie sichert meinen Lebensunterhalt. Andererseits ist sie aber sinnlos. Weil...was macht man denn um diese Zeit. Nichts anderes, wie die Magazine und Tageszeitungen, die den ganzen Quatsch, den sich Politiker auf dieser Welt verzapfen, die ganze Verrücktheit der Welt, die sich äußert in Kriege und Zwistigkeiten, im Großen, wie im kleinen, groß ins Bild gesetzt in Bildern und Leitartikeln, kundenorientiert zu präsentieren. Die alten in die Remikiste, die neuen dahin, wo sie den Menschen ins Auge fallen und die sie schon mit Begier erwarten. Morgens um 4.15 Uhr! Auweia...Ich komme einfach nicht drüber hinweg, wie Mensch sich morgens, um diese Zeit, mit der Zeitung mit den vier Buchstaben beschäftigen kann. Es scheint ein Zwang darin zu liegen. Worin dieser Zwang genau liegt, kann ich gar nicht so richtig ergründen. Ist es die sie ständig treibende Neugier und Sensationslust, die sie bedienen wollen? Sind sie da auf der sicheren Seite, wenn sie bei ihrer Arbeitsstätte anlangen, dass sie mitreden können. Was erwarten die Menschen sich eigentlich vom Lesen der Boulevard- und auch der seriösen Tageszeitungen. Ändern die Geschehnisse wirklich etwas an ihrem ganz eigenen persönlichen Leben? Ich jedenfalls behaupte nein. An meinem sicherlich nicht. Jedenfalls ist das meine Erfahrung aus über 5o Lebensjahren. Weil, ich ändere nix dran. Jedenfalls bin ich zu wenig, als dass ich etwas ändern könnte. An dem großen Weltgeschehen halt. Nur im kleinen Verborgenen, da gelingt es einem hin- und wieder. Und die Mehrheit der Menschen wählen immer das gleiche und trotten immer weiter mit im Gleischklang der Masse. So... das reicht jetzt,-), all die weil, ich nur aufzeigen wollte, was mich dann morgens, in aller Hergottsfrüh immer für Gedanken überfallen. Es sind eh immer die gleichen und Antworten gibt es keine oder wiederum so komplexe, vielfältige, dass ich am Ende sage, was für ein Quatsch Roeschen, geh du einfach deinen ganz eigenen Weg durchs Leben, mach das Beste draus und sehe zu, dass du dich nicht verführen läßt.
 
Aber, jetzt kommt das aber. Ich bin so ein Typ, dass ich mich nicht all zu lang von negativen Gedanken herunterziehen lasse und mich dennoch in mein eigenes Schicksal, was scheinbar momentan nicht änderbar ist, aber noch lange ist nicht aller Tage Abend, einfüge und fange daher an, meine Umgebung, in der ich mich gerade befinde, bewußt und achtsam anzuschauen. Und da entdecke ich etwas, dass mir vorher so noch gar nicht aufgefallen ist. Hinter der Bushaltestelle, hinter der ich mich manchmal vor dem vorbeifließenden Autoverkehr verstecke, fällt mein Blick auf das Geländer, dass die Böschung runter zum Mainufer abriegelt. Da sehe ich zwei kleine Automaten. Mutterseelenallein. Hängen die da. Ein bisserl verrostet sehen die aus. Wettergegerbt, würde man bei Menschen sagen. Altbacken, genau, richtig altbacken sehen die aus. Ich hab so was lange nicht mehr gesehen. In Bahnhöfen oder anderen offizielen Örtlichkeiten hängen oder stehen zumeist großflächige, lichterglänzende und blinkende Superautomaten herum, die dem Menschen ermöglichen, irgendetwas, Zigaretten, Lebensmittel, Zeitungen, Schokolade etc.. so mal eben nebenbei schnell zu erwerben. Wenn de das nötige Kleingeld hast, natürlich.
 
Jedenfalls, diese beiden, schlichten, etwas in die Jahre gekommenen, kleinen, bunten Automaten lösen bei mir sofort erstmal Neugier aus. Die ich befriedige, in dem ich näher an sie herangehe, um sie in Augenschein zu nehmen. Ich staune, oh Wunder, ja gibt´s denn so was? Das sind doch tatsächlich Kaugummiautomaten. Herrlich. Was machen die hier so verloren, wie ich selber,-), an der Bushaltestelle mitten im Gelände, wo rechts und links nix mehr ist und kommt. Wer bedient sich denn auf dem Wege dem Mainufer entlang dieser Automaten, frage ich mich. Ich weiß, dass auf diesem Wege sehr wenig Menschen entlangspazieren. Er führt ja aus der Innenstadt heraus. Da kommen nur sehr selten Spaziergänger vorbei. Aber es muß sich ja wohl lohnen, dass die hier stehen. Oder hat man die nur vergessen abzumontieren. Wie alte Menschen, die in Heimen und Anstalten, auch vergessen, ihrem Ende entgegensehen. Auweia... Wie ich merke, dass nicht nur traurige Gedanken aufkommen, sondern dass diese Gedanken auch in eine Richtung gehen, mit denen ich mich jetzt, um diese Zeit, lieber nicht beschäftigen will, gehe ich mit meinem Gesicht ganz nah an die Automaten heran, sozusagen fast mit der Nase an die kleinen Klarsichtscheiben. Und was sehe ich. Da blitzt und blinkt es voller kleiner bunter Kugeln. Fast so wie ein altbackenes Kinderüberraschungsei. Genau! Jetzt ist sie da die Erinnerung. Diese kleinen Kaugummiautomaten beherbergen die ersten Kinderüberraschungseier vor der Zeit des später auf den Markt gebrachten Überraschungsei von der italienischen Schokoladenfabrik. Ihr wißt schon,-)
 
Ich will mal was sagen. Ich beginne in diesem Moment einen Zeitsprung von fast 50 Jahren zu machen in meiner Erinnerung. Ich bin wieder das kleine Mädchen, mit den langen Zöpfen, dem karrierten Pliseerock und der blauen Trachtenjacke, der ganz privaten Schuluniform, in die mich meine Eltern damals immer steckten, denn ich sollte brav adrett und fein aussehen. Dieses kleine Mädchen bekam ab und zu, wenn es sich tüchtig und brav verhalten hatte und gute Noten mit nach Hause gebracht hatte, hie und da von dem Vater oder der Omma,-), einen Zehner, manchmal auch zwei, oder drei, zugesteckt. Mit diesem kleinen finanziellen Schatz bin ich dann oft an diese kleinen Automaten gewandert, auf dem Schulweg führte kein Weg dran vorbei und hab erstmal eine gewisse Zeit voller Spannung und Erwartung genauso, wie in diesem Moment, nur dass ich kleiner war,-) und es besser ging,-), meine Nase an das Klarsichtfenster dieses Automaten zu stecken. Gelugt und gelugt, nach rechts und nach links, Berechnungen angestellt, wenn ich jetzt meinen Zehnher dort hereinplumpsen lasse, welche Kugel sich dann wohl auf den Weg macht, um in meine Hand zu fallen und was ich wohl, ausser dem Kaugummi, der ja eigentlich Nebensache war, als kleinen Schatz in meine Sammlung würde nach Hause tragen können. Ich hatte da nämlich eine kleine Kiste. Kleine Kistchen hatte ich als Kind sehr oft. Für alles Mögliche, was mir als sammelbarer Schatz erschien. Klebebildchen, Anziehpüppchen, Knicker, Glanzbildchen und eben die Kuriositäten und Überraschungen aus den ersten kleinen Überraschungseiern aus dem Kaugummiautomaten.
 
Ganz beliebt waren Glitzerringe, mit einem funkelnden roten oder blauen Stein. Ich geb zu, schon als Kind hatte ich eine Vorliebe für rot. Auch wenn mich meine Eltern immer in blaukariert gesteckt haben,-) Wenn ich das große Los gezogen hatte, und ein solcher Ring mit einem roten Glitzerstein mein Eigen war, den ich dann auch am Tage des Erwerbes stolz an meinem Finger geklammert hielt, denn, meistens waren die viel zu groß für meine kleinen Hände und ich war den ganzen Schultag damit beschäftigt, dass er mir nicht verloren ging, war ich fast ein wenig glücklich in meiner sonst tristen und öden Einsamkeit, die mir das Erlebte im Elternhaus bescherte, und es für ein paar Augenblicke zu vergessen ließ.
 
Manchmal waren auch Murmeln, kleine Figürchen, die hin- und wieder nicht recht erkennbar waren, schon auch mal kleine Zettelchen mit einem Zauberwort oder einem Sprüchlein drin. Die mochte ich auch. Vielleicht mag ich daher auch heute immer noch Zitate. Auch wenn mein Verstand weiß, Zitate sind immer aus dem Zusammenhang gerissen und können so viel bedeuten oder vom Verfasser im Folgenden ganz anders erklärbar sein. Jedenfalls, die Sprüchlein oder Worte hab ich in wiederum einer kleinen Schachtel in der größeren Schachtel sortiert und gesammelt. Ehrlich, wenn ich in stillen Stunden, allein für mich, meine Kästchen an meinen kleinen Platz auf dem Sofa hinter dem Küchentisch holte, dazu eines der Bücher, das ich liebte und immer wieder las, z.B. Försters Pucki, dann war ich ein glückliches Menschenkind, jedenfalls für diesen Augenblick.
 
Und so ganz in diese Erinnerung getaucht, Bilder meiner selbst mit meinen Schätzen neben mir, stand ich dort verloren in der Früh hinter der Bushaltestelle an diesen beiden Kaugummiautomaten und wurde aller vorher erschienen negativen Gedanken ledig, ja, hatte die Zeit vergessen und fast auch meinen Bus,-)
 
Also, ich war dann mal zu anderer Zeit dort, mit dem Freund meines Vertrauens. Wir hatten Kleingeld eingesteckt und wollten es mal ausprobieren. Und soll ich Euch was sagen, ich spürte in diesem Moment die gleiche kindliche Freude und Erwartung, der ich in Erinnerung an meine Kindheit erlegen war. Genauso. In diesem Augenblick. Das war schön. Wir stecken die Cents hinein und heraus fielen die bunten Kaugummikugeln, in bunter Pracht mit einem Zettelchen. Nein, seufz...kein schöner Spruch oder Zauberwort. Ein Tattoo. So nennt sich das ja heute,-)...Früher waren das ganz einfach Klebebildchen, die man mit Spucke auf dem Handrücken befestigen konnte und auf die man dann gut aufpassen mußte und sich mindestens einen Tag davor drücken wollte, sich die Hand zu waschen;-)
 
Ein bisserl glücklich, also, nicht wegen der Schätze, die sich da jetzt in meiner Jackentasche befanden, gingen wir des Weges weiter, sondern, weil mir diese kleinen Automaten soviel schöne Erinnerung geschenkt hatten und auch, weil er, der Freund meines Vertrauens und ich, es getan hatten. Ich meine, dass wir uns nicht gescheut hatten, wie die Kinder ein paar Cents in den Automaten zu werfen, um zu sehen, was kommt jetzt wohl raus. Ich fand das schön!
 
Ob diese beiden Kaugummiautomaten, an diesem verlassenen Ort an der Bushaltestelle oder irgendwo an anderen Orten, wo sie heute vielleicht auch noch aufgestellt werden, Kindern heute noch im Zeitalter des Ipodpadspads, noch Freude machen können? Kaum zu glauben, oder? Aber warum stehen sie denn dann da? Wenn es sich nicht lohnte? Für wen auch immer! Das frage ich mich jetzt doch. Ihr seht, beim Roeslein kommt auf die eine Frage und eine Antwort doch meistens gleich die nächste Frage:-)
 
Viel Spaß beim Lesen und vielleicht auch an Euren kleinen und großen Erinnerungen aus der vergangenen Kinder- und Jugendzeit!

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