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7. November 2020 6 07 /11 /November /2020 15:55

 

Das Sportprogramm am frühen Morgen. Erledigt. Pflichten? Erledigt.Sonne scheint. Wonniges Herbstwetter mit güldenem Laub überall. 

 
Raus! Einfach mal nur so. Flanieren.
 
Warm anziehen. Trotz Sonne. Ausziehen geht ja immer. Mütze und Schal und Wolljacke. 
Die Hauseingangstür steht offen. Mal wieder. Irgendeiner lässt sie immer auf.
 
Mach die Tür zu, es zieht oder haste Säcke vor der Tür, pflegte mein Vater zu sagen, wenn ich es mal vergessen hatte. Wenn er richtig schlecht drauf war, gabs noch einen Schlag dazu. Man vergisst einfach nie. Immer kommen Bilder oder Erinnerungen hoch, wenn irgendwas ist im Jetzt, dass sie auslösen. 
 
Ein kleines Stück weiter auf dem Gehweg steht breit und sperrend ein Auto. Nicht irgend ein Auto. Ein Besonderes. Jedenfalls denken viele so. Der Besitzer ganz sicher. Er denkt, schaut her mein Auto, ein Porsche, den kann ich hinstellen wo ich will. Ihr sollt ihn alle bestaunen. Mir doch wurscht, ob da noch ein Kinderwagen oder Rollstuhlfahrer oder eben auch nur ein Fußgänger dran vorbei kommt. Egal. Ich zwänge mich vorbei und würdige es keinen weiteren Blickes mehr. Gehe weiter. Ganz unaufgeregt. Bringt ja auch nix.
 
Das Rascheln des Herbstlaubes unter meinen Füßen ist viel schöner und interessanter. Die Bäume sind fast kahl. Dachte ich neulich schon beim Hinausblicken vom Balkon. Im Frühling blühts, im Herbst stirbts, dazwischen Kälte und Hitze, Sommer und Winter. Und wieder ein Jahr vergangen.
 
Immer mal wieder liegen Zeugen der seit Monaten herrschenden Pandemie auf den Strassen und Gehsteigen herum. Masken. Wurden verloren. Oder einfach keine Lust mehr gehabt, weggeworfen. Vieles wird einfach weggeworfen oder abgestellt. Auf den Straßen, wenn es nicht mehr gebraucht wird. Manche ordern die Sperrmüllabfuhr. Manchen ists aber auch egal. Raus damit und fertig. Gerad schräg gegenüber steht ein uralter Fernseher. Schon seit Tagen. Da hat Niemand Irgendwen bestellt. Zum Abholen. Mal sehen, wie lang der da noch steht. 
 
Gemütlich gehts durch den Park. Menschen flanieren. Wie ich. Meistens allein. Überwiegend Frauen. Manche sitzen zu Zweit auf Bänken, mit Abstand und genießen die warme Sonne. Hin- und wieder ein Pärchen. Halten sich an der Hand. Wieder Erinnerungen. Bei mir. An die Zeit, wo ich nicht mehr an der Hand gehalten werden wollte. Es war zur Gewohnheit geworden. Mehr ein Hinterherziehen. Als wenn ich gar nicht da wäre. Stur wurde ich da. Bockig. Wollte nicht mehr. Wie ein Esel. Wurde nicht verstanden. Egal. Vorbei. 
 
Durchquere das Hundeterrain. Wo dem Hund sein Geschäft erlaubt ist. Keiner da. Heute. Auch keine Tretminen. Wundert mich immer. Die sind verantwortungsvoll. Die Hundehalter. Machen alles weg.
 
In den beiden abgesperrten großen Käfigen wird gespielt. In einem ein Vater mit seinem Sohn. Schießen den Ball aufs Tor. Im anderen Basketball. Sie haben Freude miteinander. Schön ist das. Das Wetter auch. Drinnen bleiben kommt schon noch.
 
An der großen Strasse muss ich warten. Es dauert lang, bis die Ampeln dort umschalten auf Grün. Ich laufe schnell bei Rot. Kommt ja kein Auto und auch keine Bahn. Warum soll ich da rumstehen. 
 
Auf einem Stromkasten am Weg wurde ein Gesicht gemalt. Ein buntes kleines Plakat klebt darauf. Irgendwas mit Merry Christmas 2020. Ein Weihnachtsmann schüttet von oben herab aus einem Sack lauter Spielkarten. Ich weiß nicht, was das bedeutet. Daneben ein kleiner Aufkleber: Blaw blaw steht drauf. Kenn ich. Stimmt. Viel blaw blaw in der Welt. Schrecklich. Das viele Reden über alles, von dem man gar nichts wirklich weiß oder Ahnung hat. Hauptsache reden. Lenkt ja auch ab. Wer viel redet, kann nicht in sich hineinhören. Nimmt auch weniger wahr. Meistens denk ich dann auch blaw blaw und wende mich ab.
 
Die lange Straße bis zum Rhein runter zieht sich. Noch einmal Straßen überqueren. Aus dem Hochhaus rechts klingt aus einem Fenster ruhige Musik. Schöne Musik. Irgendwas klassisches. Kann es aber nicht erkennen. Überlege, wer da wohl wohnt. Ob die so nebenher läuft oder ob sich da Jemand gemütlich auf dem Sofa platziert hat und sich versenkt. Leben hinter den Fenstern. Erinnerung als ich Kind war. Im Auto sitzend, abends wenn wir im  Dunkeln von irgendeinem Besuch nach Hause fuhren, dachte ich immer, was da wohl so passiert. Hinter all den erleuchteten Fenstern. Wie viel Leben. Und so viel Unterschiedliches. Oder sind alle Leben von Menschen gleich? So fragte ich mich. Damals. Als Kind.  Hat sich nicht geändert. Denk ich heute auch noch.
 
Das Cafe und die Pizzeria kurz vorm Eingang zum Rhein haben geöffnet. Tische und Stühle angekettet, aber verwaist. Es darf Niemand. Es wird gewartet. Auf Menschen, die kommen und einen Kaffee oder ein Mittagessen mitnehmen. Nach Hause. Es tut mir leid für die Inhaber. Das Cafe hatte gerade erst vor ein paar Wochen geöffnet. Es liegt schön mit Blick auf den Rhein, daher auch der Name *Rheinblick* 
 
Die Rheinpromenade ist gut besucht. Spaziergänger noch und noch. Auch hier spielende Kinder auf den Rasenflächen. Die Bänke besetzt. Radler strömen vorbei. Ich wundere mich. Weil doch Samstag ist und nicht Sonntag. Und die Geschäfte noch aufhaben. Und trotzdem so viele Flanierer. Wie ich. Den Herbst genießen mit der güldenen Sonne, die so warm das Gesicht umhüllt. Sonntags bleib ich immer zu Hause. Meistens. Höchstens in der Früh. Oder mit dem Rad weit weg. Dann sinds zu viele Menschen. 
 
Die Papierkörbe sind übergelaufen. Einiges liegt auf dem Weg. Wohl keiner gekommen, wie sonst, im Sommer, wo eifrig aufgeräumt wird nach einer durchfeierten Nacht. An einem erblick ich eine Krähe, die an etwas im Papierkorb zieht und zurrt. Sie suchen nach Nahrung und reißen alles heraus. Sind nicht immer die Menschen. Auch die Tiere machen Unordnung.
 
Ein Angler steht gelangweilt an der Brüstung zum Rhein. Einmal fragte ich einen, was er angelt. Er sagte, wäre ihm egal. Es geht ihm nicht ums Angeln. Nur einfach hier stehen oder sitzen und Ruhe haben. Merkwürdig. Ginge doch auch ohne Angeln. Vielleicht würde die Frau dann mit wollen. Beim Angeln dabei zu sitzen, ist Frauen bekanntlich ja zu langweilig. Also angelt er. Manchmal muss man was erfinden, um mal für sich zu sein. 
 
Ein Stückchen weiter steht ein altes Pärchen. Ich glaub sie sind wirklich alt. Uralt. 80 oder mehr. Stehen da auch an der Brüstung. Er hat einen Schokoriegel in der Hand und gibt ihn ihr zum Abbeißen. Wie drollig So vertraut wohl schon über Jahrzehnte. Und immer sich noch zugewandt. Kann mich freuen über den Anblick. 
 
Ein wenig verlauft es sich jetzt. Mit den Menschen. Ein Schiff fährt vorüber. Schaue auf den Namen. Es heißt *Ellen* Ach..wie vor 2 Tagen, da fuhr es hier auch. Ellen, wie meine Nachbarin und ich muss an sie denken. Gerade jetzt. Sie muss zu Hause bleiben. Hatte Kontakt zu einem positiv Getesteten. Abwarten. Und hoffen. Das nichts ist und wenn, nicht so schlimm. 
 
Habe zwei junge Frauen vor mir. Hatte sie eingeholt im Laufen. Fange ein paar Gesprächsfetzen auf, als ich sie überhole. Du musst loslassen, nicht immer festhalten. Du bist zu sensibel. Du nimmst alles viel zu ernst. Sie redet und redet, immer weiter. Die andere schweigt. Im vorbeigehen denke ich, die Arme. Aber sie ergibt sich dem Wortschwall. Sie kennt das sicher. Ich muss schmunzeln und laufe etwas schneller weiter. 
 
Die Bäume sind alle gestutzt. In der letzten Woche hatte ich es jeden Tag beobachtet. Baum für Baum war die Baumgärtnerei am Werk. Mit einem großen Kran lifteten sie sich hoch in die Wipfel und sägten. Alles fiel. Der Weg abgesperrt. Musste außen rum gegangen werden. Aber jetzt alles fertig. Im nächsten Jahr kommt alles hoffentlich gesund wieder. Nur einer musste ganz gefällt werden. 
 
Auf dem Rasen glitzern die Herbstblätter wie silbern im Sonnenlicht. So schön. Huch..am Himmel da über mir. Eine Drohne mit einem Plakatschwanz hintendran. Steht drauf: Tante Tomate first! Schau ihr hinterher. Werbung! Nur wofür. Make Tomate great again, denk ich und muss lachen. Komisch, wenn man allein vor sich her lachen muss und alle können es sehen und denken vielleicht..was isn mit der ..Ist mir wurscht. 
 
1 ganze Stunde bin ich unterwegs jetzt. Denke ans Umkehren. Soll ich durch die Einkaufszone nach Hause? Das ginge schneller. Nur eine halbe Stunde. Doch da wuselt es sicher noch. Zu viele Eindrücke. Dann lieber den gleichen Weg wieder zurück. Hier und da etwas sehen, Eindrücke, Gedanken, alles will seine Zeit haben. 
 
Fast zuhause, aus dem Park heraus, noch einmal über die Straße. Ein Auto kommt. Sieht mich und hält. Will mich rüber lassen. Ich winke ihm, er soll mal fahren. Ich hab ja Zeit. Er nickt freundlich. Ich zurück. Ich rechne ihm das hoch an, dass er gehalten hat. Machen die wenigsten, jedenfalls nicht an den Stellen, wo sie es nicht müssen, wie auf der Einkaufsstrasse Richtung Wiener Platz. 
 
In meiner Strasse ist der Porsche weg. Kein Mensch zu sehn. Die Haustüre ist verschlossen. Ich habe rote Wangen vom Laufen. Und Hunger. Tüchtig. Das Essen wartet. Hatte ich vorbereitet. Ich freu mich. Ein schöner Spaziergang. Knapp 2 Stunden. Sport war auch. Jetzt kann ich wieder sitzen. Oder liegen. Lesen oder Schachspielen. Vielleicht auch malen oder Schreiben oder einfach nur liegen und gucken. Ein gutes Leben. Nach einem Spaziergang fühlt es sich gleich noch besser an. Das Leben. Ohne Reden. Nur gucken, was so ist. Vor mir, neben mir. 
 
In einem Buch las ich, wie ein Literaturprofessor zu seinen Studenten sagte, statt über das zu schreiben, was ihr wisst, schreibt über das, was ihr seht. Geht davon aus, dass ihr sehr wenig wisst und nie viel wissen werdet, außer ihr lernt zu sehen.
 
Das habe ich jetzt gemacht. Es gibt so unendlich viel zu sehen. Immer. Beim Flanieren oder einfach nur so um sich herum. Ich wünsche allen einen schönen Sonntag. 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
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