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10. Oktober 2008 5 10 /10 /Oktober /2008 20:17

In den letzten Tagen waren viele Meinungsumfragen und Diskussionen zu hören und zu lesen, in denen es um die vorzeitige Entlassung von Brigitte Mohnhaupt ging. Am 27.03.2007 soll sie nach 24 Jahren Haft auf Bewährung entlassen werden. Menschen sind schockiert darüber, dass sie nach so langer Haft keinerlei Reue für die von ihr begangenen Taten zeigt. Reue? Was ist das eigentlich und warum ist es bei dem einen kein Problem, sie zu zeigen und beim anderen stellt sie sich nicht ein!
 
In der Bibel ist zu lesen, das es sich bei Menschen, die keine Reue zeigen, um Menschen mit "verstocktem Herzen" handelt. Ihr Herz sei kalt geworden, starr wie ein Stock, es bewegt sich nicht mehr!
 
Es ist nur natürlich, dass sich so großes Interesse bei den Menschen im Falle Mohnhaupt zeigt, weil der Terror und die damit verbundenen Verluste, die die Betroffenen dadurch erlitten haben, noch tiefe Wunden hinterlassen haben. Auch nach all den Jahren! Im vorigen Jahr hat die Witwe Schleyer um Härte bei dem Gnadengesuch von Christian Klar, auch einer der damaligen Terroristen gebeten. So wie beim Täter keine Reue vorhanden ist, so ist auch keine Vergebung zu erwarten! Und überhaupt, kann man eine solche Tat überhaupt vergeben?
 
Welche Gefühlsregung, welche Wandlung muss in einem Menschen passieren, damit Reue in ihm wachsen kann. Wie kann man auf ihn einwirken, dass sie entstehen kann? Hat man überhaupt selber Einfluß darauf? Ein Christ, der sich mit diesem Thema beschäftigt, sagt, dass mann keinen Einfluß auf ein bereuendes Herz hat, sondern dass es der "Heilige Geist" ist, der das Herz eines Menschen verwandeln und ihn zur Umkehr bewegen kann! Da aber wären wir bei der Grundfrage des Glaubens. Aber was macht man, wenn man über einen solchen Glauben nicht verfügt?
 
Der Buddhismus spricht im Zusammenhang von Reue von einem Eingestehen, das man einen bedauerlichen Irrtum unterlegen ist oder einen falschen Schritt auf seinem Lebensweg getan hat. Hatte dieser Irrtum Auswirkungen auf andere Personen, geht es soweit, dass man sich bei den Menschen, denen man Leid zugefügt hat, entschuldigt!
 
Als ich 16 Jahre alt war, bin ich mit einer Freundin und meinem damaligen Freund von einer Diskothek in der Kölner Altstadt mit dem Taxi nach Hause gefahren. Meine Freundin, die sonst selbst fuhr, hatte an diesem Abend getrunken und deswegen nahmen wir das Taxi. Außerdem wollten wir alle zusammen bei ihr übernachten. Wir waren sehr fröhlich in dieser Nacht und ulkten im Auto herum. An der Kardinal-Frings-Strasse kamen wir an einer roten Ampel zum Stehen. Ich saß hinter dem Fahrer. Normalerweise saß ich bei Fahrten mit dem Taxi immer auf dem Beifahrersitz, weil ich die erste war, die ausstieg. Aber in dieser Nacht war alles anders. Als wir vor der Ampel hielten, drehte ich meinen Kopf nach rechts und schaute aus dem Seitenfenster. In dem Moment als unser Taxi bei Grün anfuhr, sah ich von rechts einen Wagen auf uns zu kommen. Ehe ich begriff, was passierte, knallte dieser mit voller Wucht in unser Taxi hinein. Meine Freundin starb noch am Unfallort, mein Freund lag noch zwei Wochen im Koma und verstarb ebenfalls. Der Taxi-Fahrer erlitt erhebliche Verletzungen. Ich selber kam wie ein Wunder mit leichten Prellungen davon, lag aber zwei Wochen mit einem Nervenschock im Krankenhaus. Der Fahrer des anderen Wagens erlitt leichte Verletzungen. Der Fahrer wurde übrigens von einem Polizeiauto durch Köln verfolgt. Man hatte gesehen, dass er angetrunken aus einer Kneipe kam, hat ihn aber dann nicht sofort festgehalten, sondern ihn erst einsteigen lassen. Als er dann die Polizisten kommen sah, startete er das Auto und fuhr los. So ergab sich diese Verfolgungsjagdt. Er fuhr mit ca. 120 km/h durch Köln über alle Ampeln hinweg und so in unser Taxi.
 
Als es zum Prozeß kam zeigte er keinerlei Reue. Er hatte nicht den Mut gehabt, auf die Eltern der Betroffenen zuzugehen und ein Wort des Beileids zu sagen. Auf die Frage des Richters, warum er sich dazu verleiten hat lassen, antwortete er, er habe an seinen Führerschein gedacht, auf den er aus beruflichen Gründen angewiesen war. Trotzdem bekam er nur eine Strafe zur Bewährung und mußte eine Entschädigung zahlen. Als wenn man Menschen mit Geld ersetzen könne. Ich bekam übrigens damals 2.000,00 DM. Auch später hat er nie ein Wort der Entschuldigung gesagt.
 
Dies ist meine persönlich erfahrene Geschichte, so wie es viele, viele Geschichten, von denen wir täglich in den Zeitungen lesen können, gibt, wo Menschen andere fahrlässig töten, sie ausrauben, Kinder mißhandeln, ohne danach eine Spur von Reue zu zeigen. Viele kommen frei, und begehen wieder dieselben Straftaten!
 
Wir haben uns daran gewöhnt, dass wir täglich mit solchen Nachrichten konfrontiert werden, aber wir haben uns nicht daran gewöhnt und können es nicht verstehen, wenn Täter keine Reue zeigen und kein Eingeständnis ihrer Schuld.
Aber auch in unserem Alltag kommt es immer wieder zu Vorfällen zwischen Menschen, sei es in der Familie, auf der Arbeit, in der Schule usw. usw., wo es zu Ungerechtigkeiten, Schuldzuweisungen und Verletzungen kommt. Und mir fällt oft auf, wie schwer es selbst in so kleinen Dingen fällt, ein Wort der Entschuldigung auszusprechen oder gar zu bereuen, was man getan oder gesagt hat! Oft werden die Dinge einfach übergangen. Passiert es aber doch einmal, ist der Betroffene so überrascht, weil er die Verletzung selber gar nicht wahrgenommen hat, sondern sie einfach überspielt hat. Ich frage mich dann immer, sind wir so weit weg von uns, dass wir nicht mehr sehen, was zwischen uns passiert? Und wenn ja, wie sollen wir dann hoffen, dass Menschen, wie Mohnhaupt u.a. ihre Tat bereuen, wenn wir noch nicht einmal in der Lage sind, in den kleinen Dingen des Alltags Reue zu zeigen!
 
Ich glaube, um Reue empfinden und zeigen zu können, muss ich ganz bei mir selber sein und jede Regung meines Herzens wahrnehmen, damit ich überhaupt erkenne, das ich mein Gegenüber verletzt habe. Dann ist vielleicht der erste Schritt zur Reue getan. Jemand der das nicht mehr kann, verliert den Kontakt zum Nächsten und ist entweder dazu verurteilt, allein zu bleiben, oder muß sich ständig einen neuen Kreis von Menschen suchen, mit denen er sich umgibt.
 
Reue! Ein kleines Wort mit großer Wirkung.

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