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22. Dezember 2008 1 22 /12 /Dezember /2008 19:48

Heute hab ich mir mal wieder was anhören müssen, so von dieser und jener Mama. Ach, die Kinder, sind zwar schon aus dem Haus.....aber wenn se kommen, dann wollen se doch nur die Wäsche und so. Weihnachten? Ja klar, sie kommen natürlich, das Haus ist voll. Ich muß mich wieder dreifach schlagen. Ich höre mir alles geduldig an. Naja, ein bißchen kommen mir auch so meine Gedanken..... Meine sind ja jetzt auch daheim. Muß sein, Weihnachten sowieso. Sie freuen sich immer riesig auf alles, das ganze Procedere halt, schrieb ich ja schon.

Naja, bißchen abgekämpft war ich schon die letzten paar Tage, muß ich zugeben, auch wenn ich das nicht gern tue. Will immer fit sein. Keine Ahnung warum...

Die Arbeit forderte ihren Tribut, dann die Party am Wochenende, 6.00 Uhr ins Bett, 9.00 Uhr wieder aufgestanden, bißchen rumgehangen, bißchen Haushalt und dann wieder die Arbeit. Egal. War trotzdem schön.

Heute war der vorletzte Kampftag. Wirklich, Kampf muß man das nennen. Irgendwie sind alle verrückt, obwohl kein Vollmond. Schon am Morgen fing das an, aggressive Töne unterwegs, mal eben so zugerufen. Breiter Weg vom Cafe Reichardt am WDR vorbei, fahr ich immer mit dem Rad. Naja, ist nicht wirklich Radweg. War aber keiner da, außer mir und der Frau, die da fegte. Ich machte einen großen Bogen, trotzdem, die Ziege, meckerte rum. Von wegen Fußgängerweg und so. "Man", brüllte sie mir hinterher, "ist Fußgängerweg!". Ehrlich, ich hatte keine Lust heute Morgen auf keep smiling und so. In Gedanken drieß jet drup, aber nur in Gedanken. Hab nur hinter hergerufen, bin kein Mann, bin ne Frau, siehste doch und Platz ist auch genug für beide. Frohe Weihnachten.  Schöner Einstand in den Tag. Ach ne.......

Ich war halt schlecht drauf. Wegen dem blöden Schlüssel, den ich mal wieder liegengelassen hatte. Tür hinter mir zu, peng, da erst fiel es mir ein. Dachte, egal, wird schon einer Zuhause sein, wenn ich komme. Denkste, war natürlich keiner da. Immer sind se nicht da, nur wenn man sie braucht.....

Griff zum Handy, kurzer Anruf.....mal schaun, wo se sind. Driß Handy......leer. Komplott, Verschwörung gegen mich. Tür vom Nachbarn geht auf. Darf ich mal, Euer Telefon und so. .......

"Wo biste?" Antwort:"Auf der Neußer!". "Aha!" "Wann kommste" Anwort:"Dauert noch!" Macht der jetzt extra, denk ich, will mich bestrafen! Blöde Gedanken. Nö, ich bin stolz. "Auch egal, laß Dir Zeit!" "Geh doch zum Uwe, ins Rosenrot, trink ein Bier oder nen Kaffee auf mich!". "Bist Du verrückt", meine Antwort, "da hab ich jetzt gar keinen Bock drauf, den ganzen Tag die Leute um mich herum, jetzt nicht auch noch. Laß mal stecken, ich komm schon klar!".

Gesagt, getan. Tür zum Hof auf, einfach auf die Treppe gesetzt. Mensch, was für ne himmlische Ruhe, der Blick ins Weite, einfach still, kalt ist es auch nicht, die Lederhose hält die Feuchtigkeit ab. Schön ist es, gar nicht schlimm.

Dann kommen sie. Endlich. Oder doch nicht. Egal. Sie sind da. Ich schmeiß erstmal alles hin. Puh, trinken, nur trinken, mehr nicht. Laßt mich, paar Minuten, einfach in Ruhe und so.....

Mal Mails checken, mal gucken was im Blog so los ist. Nicht viel.....Uninteressant heute jedenfalls. Keine Lust und überhaupt, das Gäste-WC, das Bad, die Fenster im Eßzimmer, in meinem Zimmer und heute ist der vorletzte Tag. Ich hab´s irgendwie verpennt, aber ich will.... oder eigentlich nicht..... aber irgendwie muß sein. Wegen dem Stern, den ich endlich anbringen will. Da muß es sauber sein.

Während ich noch so sitze, die letzten Zeilen schreibe an nen Freund steht sie plötzlich hinter mir. Sie-  Die Tochter. "Hey, Mutti, ich schenk Dir jetzt schon mal das erste Weihnachtsgeschenk!" "Hä", mein verdutzter Blick, während sie mir den Nacken massiert. "Was denn?" "Ach, ich dachte, ich putz mal das Bad, wenn ich schon hier bei Euch bin!":

Was soll ich sagen. Wie ich mich da fühlte? Großartig, einfach großartig, explosionsartig geladen. Voll fit wieder, gerade jetzt, in diesem Moment.  Ein dickes Lachen über beide Wangen. Ne, denk ich, ich hab nix falsch gemacht, obwohl, ich hab sie nie gewzungen, die Pänz. Die waren auch nicht immer so, jedenfalls früher nicht, damals während der Pubertät. Da dachte ich manchmal, hergott nochmal, wenn das was wird. Aber es wurde. Und es ist da. Das Verantwortungsgefühl. Das Mitdenken, das Übernehmen. Ich hatte Recht, kniepe ich meinem Mann zu. Einfach vorleben, nicht viel reden, zwingen, befehlen, erwarten. Es kommt schon.

Das war das Starsignal! Ich stehe auf, da kommt sie mir entgegen. Ich lache mich wech! "Wie siehst Du denn aus?", frag ich sie, die Tochter, die gerade mit kurzer Traniningshose und Schlabbershirt vor mir steht. "Ja, wat meinst Du denn, Mutti, so putze ich immer!" Ich lache immer noch. Recht hatse, mach ich doch auch immer. Alte Schlabberhose, das weiteste T-Shirt, dass ich besitze, Musik an und dann kann es losgehn. Macht sie auch, die Musik an, meine ich und dann legen wir los.

Er, der gute Göttergatte sitzt in der Küche und schaut sich das ganze Spiel an. Irgendwie schön. Nein, nicht irgendwie, es ist schön. Und Morgen geht sie einkaufen, die ganze Liste rauf und runter, während ich den letzten Kampftag angehe, hoffentlich mit besser gelaunten Menschen um mich herum.

Eine Tochter ist eine Tochter ist eine Tochter. Ich bin froh und glücklich, dass ich sie habe.....

Alles wird gut, sowieso und Weihnachten auch, von ganz allein......

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15. Dezember 2008 1 15 /12 /Dezember /2008 19:03

Das erste Mal fiel er mir auf, als er so gedankenverloren vor meiner Schokolade stand, er schaute und schaute, schien sich mit den Augen alles einzuverleiben. Ich weiß nicht wie lange, aber es müssen mindestens 10 Minuten gewesen sein, dann erst blickte er hoch, schaute mich an und wir lächelten uns  an. Dann ging er weg und winkte mir noch.

Zwei Tage später stand er wieder vor meinem Stand. Ich erkannte ihn sofort, grüßte ihn und fragte, ob er nicht mal ein Pröbchen haben wolle. Gerne nahm er es an.  Wir standen uns gegenüber und lächelten uns wieder an, mehr nicht. Nach einer Weile verschwand er wieder, aber er vergaß nicht, mir wieder zuzuwinken.

Gestern war er wieder da, am Stand. Ich blicke hoch und da lächelte er mich an. Ich bin sonst gar nicht schüchtern Fremden gegenüber, ich kann es mir nicht erklären, warum erst zwei Tage vergehen mußten, bis ich ihn einfach fragte, wie er denn heiße. Er nannte mir seinen Namen und fragte nach meinem. Dann schwiegen wir wieder für eine Weile, jeder seinen Gedanken überlassen. Ich muß sagen, so hatte ich noch nie ein Gespräch geführt. Frage, Schweigen, Antwort, schweigen, denn es ging weiter. Woher kommst Du, was machst Du in Köln, wie lange bleibst du, was wirst du danach machen.

Ja, woher kam er. Nach ca. einer halben Stunde wußte ich, dass er aus Mali kam. Mali?? Schon gehört, aber nicht wissend, wo das nun liegt, gerade, in diesem Moment.  Nun erfahre ich einiges. Mali grenzt im Norden an Algerien und Mauretanien, im Westen an Senegal und Guinea, im Osten an Niger und im Süden an Burkina Faso.  Zum größten Teil besteht Mali aus der Sahara-Wüste.  Es ist eines der ärmsten Länder der Erde. Die Bevölkerung Malis setzt sich aus 30 verschiedenen ethnischen Völkergruppen zusammen, die, wie er mir erzählte, wie ich aber dann auch später nachlesen konnte, es tatsächlich geschafft haben, friedlich nebeneinander her zu leben. Die überwiegende Religionszugehörigkeit der Menschen dort besteht im Islam.  So erfahre ich von Mali auch, dass die Djenne Moschee, eine Berühmtheit in Afrika ist, nur aus Lehm soll sie gebaut sein.

Aziz, so heißt er junge Mann, lebt seit einiger Zeit hier in Köln und studiert Sprachen. Als er mit mir sprach, gingen mir so meine Gedanken durch den Kopf. Ein junger Mann, Student, mensch, wieso ist der denn hier so ganz allein auf dem Weihnachtsmarkt. Um ihn herum lauter kleine und größere Grüppchen von jungen Leuten. Ob er es wohl schwer hat, hier in Deutschland, hier in unserer Stadt? Ich hab ihn noch nicht gefragt, ich hab mich nicht getraut. Aber er erschien mir sehr einsam. Dann hat er mich gefragt, ob ich nicht mit ihm tanzen gehen wolle, im Anschluß an meine Arbeit. Er mag Jazzmusik. Ich schmunzelte, klar hätte ich doch auch glatt gemacht, aber nach dem Tag, nach der Kälte, da war mir nicht wirklich danach. Aber ob er mich wiedersehen, mir schreiben dürfe? Und überhaupt, im nächsten Frühjahr würde er nach Hause fahren. Da ich ihm von meinen Reisen in den vergangenen Monaten erzählt habe, lud er mich ganz spontan ein, auch einmal nach Mali zu kommen. Und das meinte er tatsächlich doch ernst. So was!  Klar, hab ich ihm geantwortet und ihm meine Email-Adresse gegeben. Dann haben wir uns verabschiedet.

Ich fuhr noch in Gedanken versunken nach Hause! Manchmal frage ich mich, wieso passiert eigentlich das, was passiert? Ob das wohl etwas zu bedeuten hat, so eine Begegnung!

Nun denn, als ich am nächsten Tag von der Arbeit kam, hatte ich eine Mail, von ihm, dem jungen Mann aus Mali. Wie sehr er sich gefreut hat über unser Gespräch und das Lächeln auf meinem Gesicht. Bekommt er so wenig freundliche Gesichter zu sehen? Ich weiß es nicht! Aber er scheint sehr einsam zu sein. Ob es an seiner Hautfarbe liegt. Ob es wirklich so ist, dass Schwarze es schwer haben in Deutschland.

Aber ich werde es erfahren, wie er hier lebt, wie es ihm geht, wieso er gerade nach Deutschland gekommen ist. Köln gefällt ihm, dass hat er schon erzählt. Ich werde ihn wiedersehen, den jungen Mann, gleich nach Weihnachten, dann wird er mich besuchen kommen, hier zuhaus, bei uns. Ich freu mich schon!

Es passieren doch manchmal merkwürdige Dinge im Leben! Und Afrika! Mensch, nach Afrika wollte ich doch auch. Sowieso. Wer weiß! Und überhaupt!

Na dann......Es lohnt sich offen zu bleiben für das gegenüber, erst so erfährt man, wie lebendig das Leben sein kann! Was macht da noch die Arbeit aus, die schwer und müßig ist oder die Probleme, mit denen ich mich so rumschleppe. Solange solche Dinge geschehen, ist alles nicht so wichtig. Genau diese Dinge sind es, die die Freude schenken und die Lebenslust stärken. Genau. Das ist es! Jetzt weiß ich es mal wieder!
 

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12. Dezember 2008 5 12 /12 /Dezember /2008 11:13

Vor ein paar Tagen habe ich mir Bilder angeschaut von Abbruchhäusern. Hab so meine Phantasien gehabt, welche Menschen darin gelebt haben, wie ihr Leben ausgeschaut hat, was sie jetzt wohl machen. Ob sie sich verbessert haben. Ob das neu zu errichtende Bauwerk wohl schöner, größer, komfortabler, letztendlich preiswerter in der Miete sein wird.

Ich schaue mir immer gerne, schon als Kind hab ich das getan, Baustellen an, in denen Häuser abgerissen wurden. Raupen, Bagger, Kräne, Abrißbirnen, die mit einer Wucht ein ganzes Haus niederreißen, auf einen Schlag, peng, weg ist, was einmal war! Das finde ich faszinierend. So viel Arbeit steckte drin im Errichten der Bauwerke, so wenig braucht es, um sie dem Erdboden gleich zu machen. So, als wären sie niemals gewesen, hätten nicht dazu beigetragen, das in diesen Häusern Lebensgeschichten stattgefunden haben, die die Welt entweder zum Positiven oder zum Negativen verändert haben. Zerstreut, wie Sand im Wind, alles, was gewesen war, die Menschen, verschwunden, irgendwohin an andere Orte. Neuanfang, Orstwechsel bringt das immer mit sich. Schulwechsel für die Kinder, Arbeitsstätten neu suchen, Bekanntenkreis neu aufbauen und vieles mehr.

Abbruch! Es gibt so viele Brüche im Leben. Abbruch, Umbruch, Ausbruch, Aufbruch, diese fallen mir gerade spontan ein. Doch in allen drei Worten steckt die gleiche Geschichte, das gleiche Resultat. Abbruch ist weg mit dem Alten, Umbruch ist Erneuerung des bisher Dagewesenen, Ausbruch, ist Fliehen vor dem, was war, oder?

Und so löst in mir der Abbruch eines Hauses immer Assoziationen aus, die auch auf mein Leben oder das eines anderen, den ich gut kenne, dessen Lebensgeschichte ich verfolgt habe, aus! Wie oft hab ich nicht schon abgebrochen, Beziehungen, Arbeitsstellen, Gespräche, Gedanken, Hobbys, aufgehört zu tun, was nötig gewesen wäre.

Oder, in wie vielen Situationen meines Lebens habe ich an Stellen gestanden, wo ein Umbruch angesagt war. In der Ehe, in der Kindererziehung. Alte Erkenntnisse, alte Gefühle nicht mehr existierten, neu sortiert werden mußten. Und was hat dieser Umbruch, der gleichzeitig auch ein Aufbruch in neue Gefilde, neue Beziehungsmuster, neues Leben, nicht alles mit sich gebracht. Manches hat gehalten, einiges ist den Bach runtergegangen. Paßte nicht mehr zusammen! Wie oft stand ich da nicht vor meinem moralischen Gewissen, du darfst, du sollst, man darf, man soll.... nicht und so. Kennen wir das nicht alle?

Und dann der Ausbruch! Wie oft bin ich ausgebrochen, manchmal einfach aus Schutz, aus innerer Not heraus, hab verdrängt, hab die Türe hinter mir zu gemacht, bin sprichwörtlich bei Nacht und Nebel weggelaufen. Und mal ehrlich, es gibt soviele Situationen, Geschehnisse, aus Angst, Feigheit oder Lustlosigkeit, aus denen ich manchmal fliehen möchte! Wer nicht? Und immer wieder hab ich festgestellt, es nutzte nichts. Ich nehm mich selber mit, auch an den anderen Ort, der mir scheinbar ein besseres Leben verspricht. Auch die Verhaltensmuster sind dieselben, wenn ich mit anderen Menschen beisammen bin, irgendwann, irgendwie kommt alles wieder zum Vorschein. Man ist, wie man ist. Vieles ist nicht änderbar, beeinflußbar, oder? Nietzsche sagte ja sogar, Charakter ist ins Fleisch übergegangene Gewohnheit.

Dennoch, ich liebe Abbrüche, Umbrüche, Ausbrüche, Aufbrüche. Sie machen das Leben so spannend. Nichts ist schrecklicher als ständig im alten verlotterten, baufälligen Gebäuden zu wohnen, wo man scheinbar schläft, nichts mehr wahrnimmt, sich hingegeben hat, an das was ist, keine Ernergie, keinen Antrieb mehr, zu verschönern, zu verbessern, zu entwickeln.

In einem immer wiederkehrenden Traum lebe ich gar nicht in einem Haus, sondern auf einem Schiff, das über das weite Meer segelt, mal hier, mal dort den Anker wirft. Ich stehe vorne am Bug und halte Ausschau auf neues Land, neue Erfahrungen, Unentdecktes, in mir und auch im Außen.

Aber auch Schiffe können untergehen, gekapert werden oder einfach verrotten. Auch sie müssen überholt, gepflegt und manchmal auch verschrottet werden. Auch ein Schiff muß man mal wechseln, damit es weitergeht.

Umbruch, Aufbruch, Abbruch, Ausbruch. Immer wieder spannend!

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9. Dezember 2008 2 09 /12 /Dezember /2008 11:07

Sie sterben langsam aus, die Zeitzeugen unserer Vergangenheit. Die Alten, die Großväter, Großmütter, die mit anderen Lebensumständen klar kommen mußten, die noch mit anderen Werten gelebt haben. Die teilweise Großfamilien hatten, es nicht kannten, sich ständig einer Reizüberflutung ausgesetzt zu fühlen, weil sie gar nicht entscheiden konnten, ob sie ins Kino, Theater oder ins Schauspielhaus gehen konnten. Die einfach damit beschäftigt waren, ihre Familien am Leben zu halten.

Und dann waren da die Kriege. Zwei Weltkriege hat mancher miterleben, als Soldaten ihren Dienst verrichten müssen. Aus dem letzten sind viele nicht zurückgekehrt, viele in Gefangenschaft jahrelang verschollen gewesen. Die, die zurückgekommen sind, haben versucht wieder in ein normales Leben einzusteigen, einigen ist es gelungen, viele sind schon gestorben, bevor sie wirklich gestorben sind. Einige konnten reden, erzählen, von den Bildern, von ihrer Kindheits- und Lebensgeschichte, viele waren verstummt, hatten aufgegeben.

Es gibt jetzt nur noch wenige solcher Menschen, die erzählen könnten. Ich bedauere das sehr. Aber noch mehr bedauere ich, dass es so viele gegeben hat, die "nicht erzählen" konnten, wollten, weil es nötig gewesen wäre, sich in die Erinnerungen fallen zu lassen, in die grausamen und schrecklichen Bilder des Krieges, in dem sie Kinder und Freunde verloren hatten. In dem sie Tag für Tag mit Bildern des Todes konfrontiert waren, mit Kälte, mit Hunger, mit Einsamkeit.

Gestern erst fiel mir ein Bild eines solchen Zeitzeugen in die Hand, den ich gut gekannt hatte. Da saß er auf einem Stuhl in unserem Garten und hatte meine kleine Tochter auf dem Schoß, ein zartes Lächeln auf dem Gesicht, dass etwas weicher erschient, wie die sonst so erstarrten und harten Gesichtszüge. Nur ein solch kleines Kind konnte noch hervorbringen, was einmal war in ihm, Freude, Lebenswillen, Hoffnung. 

Ich überdachte all die Jahre, die ich ihn gekannt hatte, es waren an die zwanzig, in denen ich ihn immer bei Familienfeiern sah und wahrnahm. Seine Frau starb 10 Jahre früher wie er, so daß er die letzten 10 Jahre ganz allein war, auch allein sein wollte, in seiner Wohnung, voll mit alten Erinnerungen, die wir dann später ausgeräumt, verteilt, verschenkt oder einfach auf den Sperrmüll geworfen haben.

Er war in Stalingrad damals, dem Todeskessel. Er hatte den Tod tagtäglich, das elendige Verhungern, das Erfrieren miterlebt, gesehen, wie die Kameraden fielen. Er überlebte. Er kam in Gefangenschaft und in ein russisches Gefangenenlager. Als er zurückkam lebte er und war doch tot. Nicht mehr zu erreichen. Ich habe ihn selten sprechen hören. Er lebte sein Leben überlebte seinen Alltag nur im Gefangensein des Rhytmusses, den der Tag ihm vorzeigte. Aufstehen, frühstücken, Zeitung lesen, vielleicht einen Spaziergang, Mittagessen, Mittagsschlaf, einkaufen, Abendessen, ein bißchen Fernsehen, schlafen, Tag für Tag, Wiederholung um Wiederholung. Hin- und wieder bei den Familienfesten da war er anwesend, aber ich hatte immer das Gefühl, der Körper, es war nur der Körper. Jedenfalls bemerkte ich selten eine Anteilnahme, ein aus sich mal selber Herausgehen, auf den anderen zugehen, mit ihm ins Gespräch kommend. Er saß einfach da und schaute. So kannten wir ihn alle und hatten uns damit abgefunden.

Dabei hätte ich so gerne von ihm erzählt bekommen, aus seinem Erleben. Wie er damit umgegangen ist, mit all dem Schmerz, mit all dem Leid. Aber das war vielleicht sein Umgang damit, zu verdrängen, nicht mehr hochkommen lassen, nicht mehr anschauen müssen. Vielleicht war er noch jemand, der auf diese Weise am besten damit fertig geworden ist. Ich habe von anderen gehört, die in Depression und totale Lebensverweigerung gefallen sind.

So war er all die Jahre bei uns, so haben wir ihn erlebt. Einer der wenigen, die noch hätten erzählen können, die uns mit ihren Schilderungen Warnungen aussprechen können, aufzupassen, dass so etwas nie wieder passiert.

Sein Sohn, der lebt noch, war ja noch jung im zweiten Weltkrieg, der erzählt aber manchmal, von damals, von dem Großwerden in der Großfamilie, vom Krieg, so wie er ihn miterlebt hat. Manchmal verdrehen die Jungen die Augen, sie könnten das nicht mehr hören. Immer diese alten Geschichten! Aber es sind keine alten Geschichten. Es sind die Geschichten von der Menschheit, was war und wieder sein könnte. Es sind die Erlebnisse, unsere Zeitgeschichte, nur erzählt von denen, die es erlebt haben. Und das ist doch was anderes, als es in einem Buch zu lesen, so wie ich neulich, ein uraltes Buch über Stalingrad, dass beim Ausräumen der Wohnung in unsere Hände fiel. Hat mal jemand ein Buch über Stalingrad gelesen, wo Zeitzeugen berichten, was sie gesehen haben. Man verstummt. Und ich kann mir nach der Lektüre dieses Buches vorstellen, dass Er auch verstummt ist.

Ja, die Zeitzeugen gehen und wir werden und sind selber Zeitzeugen. Was werden wir unseren Enkelkindern einmal erzählen können?


 

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8. Dezember 2008 1 08 /12 /Dezember /2008 10:45
Na so was! Ein Tag war das heute. Gar nicht nach meinem Geschmack. Nicht unbedingt der Frieden, den ich mir so wünsche. Kann man halt nicht immer selber was dran ändern. Hat mich aber schon beschäftigt, den ganzen Morgen. Mußte ich mal wieder aufpassen, nicht aus dem Gleichgewicht zu raten, bei mir zu bleiben.
 
Ja, dann noch die Arbeit, die ab Nachmittags auf mich wartete. Hatte nicht viel Lust heute, wo es drinnen so gemütlich war. Der Sohnemann noch kam, weil der FC ja heute spielte. War ich aber doch froh, dass ich das Spiel dann nicht geschaut habe, weil, sie haben ja mal wieder verloren. So was!
 
Jedenfalls bißchen verpeilt war ich dann doch, als ich mich mit dem Rädle auf den Weg zur Arbeit machte. Schon halbe Strecke hinter mich gebracht, da fiel mir ein, mensch Röschen, du hast deine Tracht vergessen, die Heinzelmännchen. Ab, wieder zurück, die Uhr zeigte schon 16.4o Uhr, 17.oo Uhr mußte ich da sein. Hektik, pur.
 
Am Dom erwarteten mich die Massen von Menschen. Total vergessen, heute war ja einkaufsoffener Sonntag. Wie konnte ich das vergessen. Wahrscheinlich nur, weil ich nix brauche. Na jedenfalls wühle ich mich so durch die Massen und komme endlich am Weihnachtsmarkt an. Stelle das Rad wie gewohnt an die Stelle hinter den Buden und will es abschließen. Shit happens, kein Schlüssel. Ohjeh, wo hab ich den denn gelassen. Panikattacke!
 
Hab ich den etwa verloren, als ich den I-Pod aus der Tasche zog, um die Musik leiser zu stellen? Bestimmt. So ein Mist. Naja, weiß ja keiner, dass er zu mir gehört. Ist er halt weg. Nur das Rad! Verdammt, ich kann es nicht abschließen. Was tun?
 
Schau mich um, nach rechts und links. Zurückfahren geht nicht, das wären nochmal 2o Minuten. Da würden meine Kollegen sauer sein. Die wollen schließlich jetzt nach Hause.
 
Ach was, stelle ich es einfach dahin. Vertraue ich einfach darauf, dass es nicht weggenommen wird. Na und? Wird schon gut gehn. Bin wohl ein hoffnungsloser Optimist? Oder? Vielleicht auch naiv, keine Ahnung. Ich hab´s getan!
 
Bißchen ddurch den Wind komme ich an den Stand und erzähle gleich los. Hektik, Streß, die ganzen Massen, ist ja furchtbar heute und dann noch den Schlüssel verloren, vergessen oder was auch immer. Wie? Du hast Dein Fahrrad nicht abgeschlossen? Nö, wat sollte ich denn anders machen. Na dann Nacht Mahlzeit. Kannste vergessen, meinen die Kollegen.
 
Ja, ich vergesse es, sowieso, der Rummel, die Leute, das Verkaufen, das Anbieten von kleinen Probierköstlichkeiten, die netten Gespräche und plötzlich 22.oo Uhr. Feierabend.
 
Ich geh dann schon mal, weil jetzt bin ich doch gespannt, ob es noch da steht, mein treues rotes Fahrrad!
 
Hab ich umsonst vertraut, gehofft? Ich renne förmlich um die Ecke, hechel, hechel, die Spannung steigt und da strahlt ein Leuchten über mein gesicht: Da steht es! Genauso, wie ich es abgestellt habe!
 
Sag ich doch! Die Welt ist gar nicht so schlecht. Oder Glück gehabt, oder so!
 
Ich freu mich jedenfalls und radle vergnügt heim.
 
Es geht doch, auch wenn man denkt, eigentlich geht es nicht!
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5. Dezember 2008 5 05 /12 /Dezember /2008 20:06

Wahrscheinlich, die Gerda war es schuld. Ich meine, weil ich doch den Blog über sie geschrieben habe, dass sie Angst um ihren Arbeitsplatz hat. Die Gerda mit ihrer Bronchitis.

Ob die mich vielleicht angesteckt hat?`Das kommt ja auch noch hinzu zu der ganzen Misere. Gehste krank zur Arbeit, steckst alle anderen Kollegen auch noch an. Ich hatte mal ne Kollegin, die ist mit ner Gürtelrose arbeiten gegangen, da hab ich aber ein Veto eingelegt und mich beschwert. So was!

Jedenfalls, ich hab Fieber! So ein Mist aber auch. Fieber bekommt man nicht all zu oft. Es ist entweder begleitend zu einer Krankheit oder aber es weist auf eine versteckte Krankheit hin.

Ich glaub jetzt mal, es liegt an der Erkältung. Plötzlich, heute Morgen lief mir die Nase, von jetzt auf gleich. Tempotuch war angesagt. So ein Mist aber auch, ständig Schokolade an den Fingern und dauernd die Nase putzen. Immer umdrehn, damit die Kunden nicht sehen, dass ich läufig bin Ist ja nicht gerade appetitlich. Und dann fing er an zu frieren, der Körper. Dabei war es gar nicht so kalt heute.

Ob es wohl nur ein grippaler Infekt ist? Oder ob es eine Reaktion auf die Kälte in der Welt ist, die mir entgegenschlägt. Fieber erzeugt ja Hitze.

Nur mit Wärme kann man der Kälte entgegenkommen. Vielleicht hab ich zu wenig Wärme, verschenkt, vergeben, brenne nur noch auf kleiner Flamme. Vielleicht hilft das Fieber ja, den Ofen wieder anzuheizen, wer weiß.

Fieber bringt Fieberträume mit sich. Man halluziniert. Ich stand da heute so herum, als es einmal etwas ruhiger war, und da war ich plötzlich verschwunden, in andere Welten, voller Farben, Lichter und merkwürdigen Gestalten,  dunklen Schatten, die hin- und hersprangen, plötzlich war alles so weit weg, aber ich mußte stehen bleiben. Aufwachen, ermahnte ich mich, hey, aufwachen, du liegst nicht im Bett. Die Kollelgin guckte plötzlich so merkwürdig. "Ist dir nicht gut"?, fragte sie mich.

"Ich glaub ich hab Fieber!" So was! Gerade jetzt. Kommt immer im ungünstigen Moment. Jetzt hieß es mich selbst zu überwinden. Die Uhr zeigte 15.30 Uhr. Noch eineinhalb Stunden, das schaff ich noch, oder. Klar hab ich das geschafft. Rauf auf´s Rad dann, irgendwie schlapp heute, keine Energie im Körper, klar, das Fieber.

Nach Hause mehr recht als schlecht , mehr schiebend, als fahrend. Die Sicht nach vorne schwimmt, alles verschwindet, alles war plötzlich so leise und ich so weit weg und doch mittendrin.

Endlich, daheim, Tür auf, empfangen von der wohligen Wärme in der Wohnung. Bin ich froh, dass ich ausnahmsweise heute Morgen die Heizung angelassen hatte, wahrscheinlich da schon bißchen weggetreten. War auch schwerfällig heute Morgen, irgendwie taumelnd die Höhle schon verlassen. Gar nicht wach geworden. Der Körper streikte da schon.

Nie fühlt man sich geborgener als in dem Moment, wo Fieber im Körper wütet, wo man sich nach nichts mehr sehnt, als nur noch liegen in einem warmen Bett, die Decke bis über den Hals gezogen. Als wenn man sich verstecken will vor der Welt, mit sich allein. Vielleicht ist dass ja auch der Grund? Dass das Fieber kommt, damit endlich Rückzug stattfinden kann. Will gar nichts mehr hören, nichts mehr sehen, nur für mich sein. Einfach nur daliegen, nichts mehr tun, ganz still, unbeweglich, nur schauen mit trüben, glasigen Augen, die verschwommene Welt um mich herum. Wie zurückgehen, Abstand nehmen. Ist irgendwie schön!  Gar nicht schlimm.

Fühl mich nur so schwer. Ich kann meine Schwere spüren! Gibt es das? Sie sinkt, die Schwere des Körpers, immer tiefer und tiefer, als wenn er sich auflösen wollte ins Nichts, verströmend, eins wird mit Athmosphäre. Schön ist das. Gar nicht schlimm!

Heiß ist mir, so heiß, ich glühe, die Wangen rot, die Lippen brennen. Ich dürste. Ja, ich dürste! Meine Hand greift nach dem Ingwer-Tee, erfrischt, schenkt ein klein wenig Leben, bevor mein Kopf wieder auf die Kissen sinkt.  Und ich schlafe ein, sofort, tief und fest, nur ab und zu, die Bilder von Gestern und Vorgestern. Aber nicht ängstigend, rauschen einfach vorbei, zeigen, dass sie noch da sind. Ich weiß es doch. Nicht so schlimm, gar nicht.

Am anderen Morgen wache ich auf, warm, aber nicht mehr fiebernd, ein bißchen matt, die Nase läuft immer noch, aber ich fühl mich gar nicht mehr so schlecht, nur immer noch, ein bißchen schlapp. Es muß weitergehn, nicht, weil ich Angst habe, die Arbeit zu verlieren, nur, weil, die Kollegin, die wäre dann allein. Schau´n wir mal, wie es geht, ich kann ja immer noch, nach Hause und so.

Vielleicht war es ja wirklich nur ein Fieber, damit ich wieder warm werde, um weiterzugeben, Licht und Farben, Lachen und Weinen, hoffen und sehnen! Weiß man es? Alles, was passiert, ist so geheimnisvoll. So viel weiß man, und noch mehr nichts. Schön ist das. Gar nicht schlimm!

Vorsichtig und tastend in den Tag hineingehn, die Augen und den Mund staunend öffnen, für alles, was passiert. Alles hat einen Sinn, alles passiert, damit ich weiter komme auf dem Weg zu mir selbst!


 

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4. Dezember 2008 4 04 /12 /Dezember /2008 15:56

Manchmal wird man krank, auch wenn man es nicht will, so wie Gerda, in ihrem neuen Job. Zehn Jahre ist sie jetzt schon in der Firma, bisher ist immer alles gut gegangen. Kleine Wehwehchen hier und da, aber man geht ja mit dem Bein unter dem Kopf. Ist ne kleine Firma, in der Gerda arbeitet, da kommt es auf Jeden an. Fehlt einer, müssen die anderen Kollegen für zwei arbeiten. So ist das. Und der Chef, der macht schon ein mürrisches Gesicht, wenn nur mal Kopfweh angedeutet wird.

Gestern sagte ich zu Gerda, du siehst schlecht aus, tiefe Ringe unter den Augen, Blässe um die Wangen und das Gesicht ganz eingefallen. Klar, meint sie zu mir, wie soll das auch anders sein. Ich hab ne starke Bronchitis, schon seit vier Wochen schleppe ich mich damit herum. Hör mal, sag ich, dann mußt du zuhause bleiben, du gehörst ins Bett, das geht doch nicht.

Wie soll dass denn gehen antwortet sie mir, wenn ich wegbleibe, dann bekomme ich das wochenlang zu spüren. Ich werde vom Chef und den Kollegen geschnitten, erstens, weil sie mir nicht glauben, dass ich so krank bin, zweitens, weil sie sauer sind, dass sie meine Arbeit mitmachen müssen. Drittens, sagt sie, du, bei der finanziellen Situation der Firma hab ich auch Angst meinen Job zu verlieren. Das kann ich mir nicht leisten. Da würde, wenn ich auch Arbeitslosengeld bekomme, jeden Monat 500,--€ fehlen und die nicht für Luxus, sondern für die Miete, Gast, Strom und Wasser. Das geht alles mal gar nicht.

Was machst Du denn, fragte ich sie. Was soll ich schon anderes tun, antwortet sie mir. Ich nehme jetzt die zweite Fuhre Antibiotika. Manoman, dachte ich, so sieht das aus.

Was ist aus unserem sozialen System geworden! Ich denke Gerda ist kein Einzelfall. Ich höre das überall. Krankwerden und Kranksein, kann sich heute keiner mehr erlauben. Es kann das Klima bei der Arbeit zum negativen verändern und letzten Endes den Job kosten. Ob dass unsere Politiker überhaupt mitbekommen?

Kranksein gehört zum Menschsein dazu. Auch die kleinsten Krankheiten können einen schon mal niederhauen und sie fordern vom Körper, dass er sich ausruht und auskuriert. Wie soll sich aber der Mensch erholen und gesunden, wenn er nicht mehr krank sein darf?

Ein gefährliche Sache, die am Ende dazu führen wird, dass das, was vermieden werden soll, nämlich, dass Kranke Kosten verursachen, gerade eintritt. Denn wer auch kleine Krankheitszeichen nicht auskurieren kann, wird sie verschleppen und größeres wird entstehen.

Da soll der Mensch arbeitsfähig erhalten werden, aber wenn er nicht wirklich auch einmal Zeit hat, seinem Körper das zu geben, was er braucht, wird er am Ende immer schwächer und der Körper wird seinen Tribut fordern. Tritt dann etwas wirklich Schlimmes ein, wird er arbeitsunfähig und dann entstehen gerade die Kosten, die man eigentlich vermeiden wollte. Die Katze beißt sich am Schwanz.

Ich finde es schlimm, wenn der Mensch sich nicht mehr erlauben darf und kann, auch einmal eine Krankheit auszukurieren. Soweit ist es gekommen. Waren wir nicht mal woanders?

Es geht bergab, das muß man schon sagen und erkennen. Es betrifft vielleicht nicht alle, aber viele, so wie Gerda, die weiter jeden Tag erscheint, mit dem Kopf unter dem Arm. So nicht, meine ich!

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27. November 2008 4 27 /11 /November /2008 10:54

Erinnern wir uns nicht alle an unsere Kinderzeit. Hier und da ein kleiner Fehltritt, eine Übermütigkeit, Überschätzung der eigenen Kräfte und plumps, ab geht es. Knie aufgeschlagen, Loch im Kopf, Ellbogen angestoßen, viele kleinere Verletzungen hat man sich zugezogen. Manche Narben sind noch heute sichtbar. Was haben wir gemacht in solchen Fällen, klar, erstmal losgeheult, gewartet, ob vielleicht jemand kommt, der einen aufhebt, in die Arme nimmt und tröstet. Manchmal hat man es gerade darauf abgesehen, ist so lange liegengeblieben, hat geschaut, ob es auch jemand sieht und dann gewartet, dass derjenige kommt, um einen aufzuheben. Wenn man Pech hatte, so wie ich, kam halt niemand. Was also war zu tun? Ganz einfach, aufstehen und weitermachen, genau da, wo man aufgehört hat. Kinder lassen sich doch nicht abschrecken, sie fallen, verarbeiten den Schmerz, lassen sich die Wunde verbinden und dann geht es zur Tagesordnung über. Gut so, meine ich. Es nutzt nichts, sich mit Selbstmitleid zu ummanteln und stehen zu bleiben. Man kommt ja nicht weiter, macht keine neue Erfahrungen. Als Kind will man wissen, was man kann, dass man auch das Unmögliche erreichen kann, dass man sich selber überwinden kann.

 

Ich erinnere mich auch noch an viele solcher kleinen und größeren Unfälle. Damals, ich war gerade acht Jahre alt, hatte einen neuen Roller bekommen. Ich war schon immer ein Irrwisch, ein Hans-Dampf-in-allen-Gassen. Beine über den Fahrradlenker, später oder einfach mal auf den Sattel gestellt. Mensch, wieviele Stürze hab ich dabei hingelegt. Die Narben sind heute noch sichtbar. Aber mit dem Roller, damals, da hab ich mich erstmal eingeübt, für später mit dem Rad. Wir hatten so einen kleinen Schuttberg, der mich geradezu herausforderte, ihn mit meinem Roller herunterzurasen. Jede Warnung ausschließend, ich wollte eine kleine Heldin sein, denn niemand der anderen Kinder wagte es sich, es mir gleich zu tun. Also rauf auf den Berg mit dem Roller und ab die Post. Nun denn, es kam, wie es kommen mußte, Absturz, aber Hallo! Da lag ich dann, Kies im Mund, Blut lief mir aus dem Mund. Niemand war da, außer die anderen Kinder, die ratlos und erschrocken um mich herumstanden, schauten mich an. Was sollte ich machen, aufstehen, meinen Roller schnappen und ab nach Hause erstmal. Kleine Untersuchung ergab, ein Loch in der Zunge. Ab zum Arzt, der dann nähte. Der Schmerz hielt noch einige Stunden an, aber schon am nächsten Tag stand ich wieder mit meinem Roller auf dem Schuttberg und man glaubt es nicht, ich hab es nach weiteren mehrmaligen Anläufen auch geschafft. Ich fühlte mich großartig.

 

Nun denn, das sind so kleine Kindheitsabenteuer.  Später im Leben sind die Stürze, abgesehen von den körperlichen, anderer Art gewesen. Falsche Arbeit gewählt, falsche Freunde gehabt, falsche Orientierungen in Richtung ideologischer Gemeinschaften. Es folgte immer ein innerlicher Absturz, Enttäuschungen, die hart an der Grenze der Lähmung waren. Ratlosigkeit, wie sollte es weitergehn.

Gott sei Dank hab ich mich nie beirren lassen, bin einfach aufgestanden, hab verarbeitet, mich versöhnt und nach neuen Wegen gesucht. Glückes Geschick, es ist mir immer gelungen, bis jetzt.

So macht es auch wohl unsere Britney, die Spears. Was haben wir nicht alles über sie in der Boulevardpresse mitbekommen. Kleine und größere Halbwahrheiten, aber die Sensationslust der Menschen, das Interesse an Personen, die im öffentlichen Leben stehen, gerade wenn sie in so jungen Jahren von Erfolg gekrönt sind, wobei man geteilter Meinung sein kann, ob der Erfolg gerechtfertigt ist, ist eben schon immer groß gewesen. Wie geht  so ein Mensch mit seinem Erfolg um? Nun, wir wissen alle, so die Presse uns ihre Wahrheiten über sie verkauft hat, sie ist gescheitert, gefallen, nicht einmal, sondern mehrmals. Hat sich zu jung in  eine Ehe gestürzt, Kinder bekommen, um die sie sich nicht gekümmert haben soll, so dass die Behörden einschreiten mußten. Man hat sie ihr weggenommen, sie hat sich in Alkohol-Drogen- und Partyekzesse fallen lassen, hat nach Menschen gesucht, die ihr wirklich Freunde waren und ist noch tiefer gefallen. Kein Mensch fragte mehr nach Britney. Ihre Songs, die sie zur Millionärin gemacht haben, verschlungen von der Jugend, weiblich wie männlich, waren in Vergessenheit geraten, neue scheiterten, wohl auch wegen ihrer privaten Abtürze. Welche Jugendlicher träumte damals nicht von Britney. Die Mädchen wollten aussehen wie sie, die Jungen dachten an nichts anderes, wie einmal mit einem Mädchen wie Britney, naja, sie wissen schon.

So sind die Jahre vergangen und niemand glaubte wohl mehr an ein Comeback der jungen Dame. Und nun? Heute Abend werden wir also miterleben dürfen, wie die junge Frau, gestürzt, gefallen und wieder aufgestanden, tatsächlich auferstanden ist und ihrem Bild der Popikone wieder gerecht wird. Denn heute Abend wird ihr der älteste Medienpreis Deutschlands verliehen, der Bambi. Und! Jetzt kommt das Unglaubliche! Für ihr neues Album, in dem sie in ihren Songs alle Skandale, alle Abrutscher ins Bodenlose, alle Versäumnisse, Erkenntnisse und Wiedergutmachungen verarbeitet.

Man kann jetzt darüber ebenfalls geteilter Meinung sein, ob es grenzüberschreitend oder würdelos ist. Aber, und ich sag das jetzt mal vorweg, mich hat Britney eigentlich herzlich wenig interessiert, ihre Musik sowieso, sie ist doch nur ein Beispiel dafür, dass es nach Absturz eigentlich nur ein Aufstehen geben kann. Dass man die Kraft haben muß, einzugestehen und es neu zu versuchen. Sicher, sie hat es leichter gehabt, als so mancher, ihr Name, den sie sich in der Vergangenheit gemacht hatte, half ihr dabei. Aber sie ist wieder da, wo sie aufgehört hat.

 

Ich hab das Album nicht gehört, aber es soll erfrischend hübsch sein, wie der Artikelschreiber im KSTA heute Morgen berichtete, wohlverdient, wie er meint.

 

Nun, ob verdient oder nicht verdient, aufgrund ihrer musikalischen Kreativität, jedoch eins hat sie bewiesen, dass es weitergeht, wenn man aufsteht.

 

So schließe ich diesen Beitrag mit einem Spruch von Friederich Hebel:

 

Was hat man nach einem Fall zu tun? Was die Kinder auch tun! Aufstehn!

 

Mehr nicht!

 

 

 

 

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26. November 2008 3 26 /11 /November /2008 10:20

Heute Morgen las ich in meinem Kalender folgenden Spruch: Es ist nichts Großes dies und das zu sein, sondern man selbst zu sein - Sören Kierkegaard -

 

Und das ist wohl das Schwerste im Leben, eine Aufgabe, aber, die beste, ja, ich würde sie schon als Sinn des Lebens bezeichnen. Überall meinen wir, dem zu entsprechen, was man von uns erwartet. Manchmal erwartet man auch zu viel von sich selber. Die Gelassenheit, sich anzuschauen, mit all seinen Vor- und Nachteilen ist eine hohe Kunst, wie ich meine und immer wieder an mir selber feststellen muß. Wie oft gibt es Schamgefühle über das, was wir gerade getan, gesagt oder sogar gedacht haben. Wie kommt es, dass man manchmal so negative Gedanken entwickelt. Sind die Gedanken zuerst da oder werden die Gedanken von den Gefühlen beeinflußt?

Wie oft, ist man ärgerlich oder sogar wütend über sich selber, nicht das Richtige am richtigen Ort gesagt und getan zu haben.

Wie oft ist man enttäuscht über sich selber, dass man sich hat wieder verbiegen lassen!

Wie oft spielt man die Rollen, die einem an bestimmten Plätzen scheinbar zugeordnet werden, Arbeitsplatz, Familie, Freundes- und Bekanntenkreis?

Zu sich selber stehen, dass heißt doch gerade auch, zu dem zu stehen, der man genau in dem Augenblick ist, in dem man sich wahrnimmt.  Vielleicht faul, müßiggängig, frustriert, enttäuscht, sehnsüchtig nach einem Leben, dass scheinbar nicht zu erreichen ist.

Das Glück ist dem hold, der sich kennt und zu seinen Gefühlen und seiner Gedankenwelt steht, auch wenn sie von außen betrachtet, noch so lächerlich erscheinen, nicht verstanden werden.

So ist es für mich tatsächlich der Sinn des Lebens, ganz der zu werden, der man ist, freizuschauffeln, was durch Umwelt, Erziehung, Traditionen und Kulturen, zugedeckt wurde.

Es ist nichts Großes dies und das zu sein, sonderman man selbst zu sein! Ein großes Wort, wohl zu Recht ausgesprochen, wohlwissend, das es das fast Unerreichbare im Leben ist.

 

In diesem Sinne allen einen guten Tag

 

Röschen

 

 

 

 

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24. November 2008 1 24 /11 /November /2008 08:32

Seit einiger Zeit macht unsere Regionalzeitung in ihrer Beilage eine kleine Aktion. Es geht um Komplimente! Ach, wer hört sie nicht gern, diese kleinen Worte, die Wunder wirken  und das Leben von dunkel in hell verwandeln können, oder?

Es gibt natürlich Unterschiede und es kommt auch manchmal darauf an, wer die Komplimente ausspricht. Zum einen können es verschleierte Worte sein, will sagen, man bekommt sie berechnend, weil der Aussprecher sich eine Gegenleistung erwartet. Berchnend also! Zum anderen, manchmal ist es doch so, dass das Kompliment eines nahestehenden Menschen einen nicht mehr so erreicht, als wenn ein Fremder einem etwas Schönes sagt. Das Kompliment eines Fremden ist manchmal mehr Wert, weil er ja viel neutraler ist, noch nicht von Vergangenem belastet ist.

So im Alltag wird ja allgemein nicht mit Lob um sich geworfen oder ein Kompliment so einfach mitten am Tag von Irgendjemand ausgesprochen.  Gibt es wohl noch selten. Früher, in Zeiten der Romantik, war die Welt voll von Komplimenten, natürlich gerade an die Angebetete. Man erorberte  so manches Herz damit. Ich glaub, es ist für den Empfänger eines Komplimentes wirklich wichtig, aus welchem Geist heraus es gesagt wird. Ein ehrliches Wort bewirkt mehr, als tausend schleimspurige Belobhuldigungen.

Nun denn, ich kann natürlich auch auf ein Repertoire von Komplimenten zurückgreifen. Auch ich selber kann ganz unvermittelt einem Menschen ein Kompliment machen, über sein Aussehen, sein Lächeln, seine Menschenfreundlichkeit, das geht mir schon sehr leicht über die Lippen und es ist immer ehrlich gemeint.

Aber ich erinnere mich an eine Zeit in meiner Lebensgeschichte, da war ein solches Kompliment in der Tat lebensrettend für mich. Damals, vor vielen Jahren, als ich perspektivlos in meinem Leben war, ja schon nahe einer Weltuntergangsstimmung, selbst Gedanken an den Tod überfielen mich oft, da suchte ich einmal ein kleines Kloster auf hier in Köln, mitten in der Stadt. Dort zog ich mich für einige Zeit zur inneren Einkehr und Ruhe zurück. Bei dieser Gelegenheit führte ich auch das ein oder andere Gespräch mit der Äbtissin des Klosters. Endlich war einmal Raum da, einfach nur etwas von mir zu erzählen, wie ich mein Leben bis zu diesem Zeitpunkt geführt hatte, welche Gefühle, welche Hoffnungen, wenn überhaupt, welche Gedanken mich so begleiteten. Das erste Mal, das mir wirklich jemand zuhörte und ich an den Fragen erkannte, da ist wirkliches Interesse. Na ja, und unterm Strich kam eigentlich nach all diesen Gesprächen heraus, damals, dass ich eigentlich nicht wirklich an mich selber glaubte, dass ich gut war, so wie ich war. Wie auch, hatte mir bis dahin ja auch nie jemand gesagt. Die Äbtissin damals, hatte das wohl sofort erkannt, mir aber nichts durchblicken lassen.

Als ich dann nach einigen Tagen wieder zuhaus war, schon ein bißchen gestärkt, jedoch immer noch von den tiefen inneren Selbstzweifeln geplagt, da fand ich eines Morgens einen Brief im Kasten. Er war von der besagten Äbtissin. Ich öffnete ihn ungeduldig und fand nur eine Zeile auf einem großen weißen Blatt Papier. Die Worte hab ich bis heute in meinem Herzen behalten und ich sage sie mir und vielen Anderen gebe ich es weiter. Sie lauteten wie folgt:

 

"Weißt Du eigentlich wie gut es ist, dass es Dich gibt!"

 

Mehr nicht. Das war alles und eine Unterschrift!

 

Ich legte den Brief still in meine Schublade, wo er noch heute liegt, manchmal hol ich ihn heraus, wenn es mal wieder einen kleinen Stich des Selbstzweifels gibt, dann halte ich ihn und ein Lächeln fällt auf mein Gesicht. So ist es.

 

So erinnerte mich die Aktion im KSTA im Beilagenblatt zum Thema Komplimente an diese kleine Geschichte meines Lebens. Komplimente können manchmal Leben retten, manchmal auch  nur über einen Tag, aber es gibt ja einen nächsten.

 

In diesem Sinne, öfters mal ein Kompliment, ist gar nicht so schwer! Komplimente und Lob lassen das Leben in einem ganz anderen Licht erscheinen, sie machen groß, stark und mutig.

 

 

 

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