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10. Oktober 2008 5 10 /10 /Oktober /2008 16:53
Dschuley, Dschuley ist die Begruessung, mit denen wir hier in Leh von Morgens bis Abends freudig empfangen oder verabschiedet werden. Aber auch auf den Strassen, ueberall wo ich gehe und stehe, dieses herzliche Dschuley! Mein Herz geht jedesmal auf, wenn ich so angestrahlt werde und ich denke manchmal daran, wie anonym das Zuhause alles zugeht. Niemals wuerden wir einfach einen Fremden begruessen. Was mich aber daran so beruehrt, da bin ich mir sicher, es ist nicht nur dieses einfach Dschuley, das mir entgegenkommt, sondern es sind die Augen, die mich dabei anschauen und die mir gleichzeitig zu sagen scheinen:"Wer bist Du? Wo kommst Du her?" Ich frage mich jedesmal, wann wir wirklich noch ein Interesse am Gegenueber haben, wenn wir ihm begegnen oder begruessen. Ich werde es jedenfalls vermissen, dieses ladakhische "Dschuley".
 
Ebenso werde ich die Menschen, das Land Ladakh vermissen, wenn wir uns hoffentlich am Freitag, was noch nicht klar ist, da das israelische Ehepaar, mit dem wir uns zusammengetan haben, heute erkrankt ist, verlassen werden. Es ist nicht so einfach, hier wieder wegzukommen. Vorlaeufigkeit ist angesagt. Schaun wir mal! 11 Tage waren wir nun hier an diesem ruhigen, spirituellen Ort. Tage wunderbarer Ruhe und des Eintauchens in eine andere Kultur, in diese karge Landschaft und in den Kontakt mit warmherzigen, offenen und einfachen Menschen.
 
Fuer mich war es noch ein Paradies, obwohl dieses Paradies Ladakh laengst der Vergessenheit angehoert. Leider ist nach dem Oeffnen der Grenzen fuer den Tourismus im Jahre 1974, der Stationierung der indischen Armee, da Ladakh ein wichtiger strategischer Punkt ist, nachdem China Tibet besetzt hat und immer wieder Unruhen auch in Pakistan aufflammen und der Verwestlichung, den Wirtschaftsinteressen und der Profitgier einzelner dieses Paradies mehr und mehr verloren gegangen. Aber ein kleines bisschen hab ich noch eine Ahnung davon bekommen, wie das Leben sich hier einmal gestaltet hatte.
 
Am deutlichsten spuerbar war es, wenn ich nach 3, 4 Stunden Fahrt durch die Geroellwueste Himmalaja in die kleinen entlegenen Bergdoerfern kam, eine Aneinanderreihung von 2o, 3o kleinen Lehmhuetten. Kam man zur Tuer herein, unten die Raume fuer das Vieh, das in den hoeher gelegenen Gebieten die Haupteinnahmequelle der Ladakhis ist, im ersten Stock dann die grosse Kueche, in dem das gesamte Leben der Menschen stattfindet, kochen, waschen, essen, Geselligkeit, der grosse Herd, um den man sich im Winter versammelt, um sich Geschichten zu erzaehlen oder einfach zu singen, jedenfalls habe ich es so erzaehlt bekommen. Und die Winter sind lang in Ladakh, ganze acht Monate, zum Teil immer noch ohne Strom, fliessend warmem Wasser, ohne Fernseher, Radio, Computer etc. Und trotzdem, nie habe ich so lebendige, natuerliche, lachende Gesichter gesehen, wie hier. Und es ist kein aufgesetztes Lachen, es kommt von innen. Die Menschen sind zufrieden, noch, jedenfalls in den abgelegenen Bergdoerfern.
 
Jedesmal war ich innerlich ergriffen, wenn ich 5o km von jeglicher Zivilisation entfernt, einen Trupp Bauarbeiter in der Steinwueste sah, uebrigens unglaubliche viele Frauen, tief verhuellt, so dass man gerade noch Augen und Mund erkennen konnte, um sich vor dem staendigen Staub und der sengenden Sonne zu schuetzen, die schwere Steine schleppten, schlugen oder einfach die Sandstrasse versuchten zu vefestigen. Und gerade diese Frauen waren es, die trotz dieser unglaublich schweren Arbeit mir lachend entgegenkamen, winkten ein Dschuley riefen, die eine Froehlichkeit in sich trugen, die kaum zu glauben war. Fuer gerade mal 1oo Rupien am Tag, wenn sie Glueck hatten, verrichten sie diese Arbeit, um mitzuhelfen, ihre Familien zu ernaehren. Und wenn ich sie da manchmal am Wegesrand, mitten in der Hitze, der verbrennenden Sonne einfach so liegen sah, hatten sie meinen groessten Respekt und ich musste an so manche Noergler in meiner Heimat denken, wo das Jammern auf hohem Niveau manchmal einfach ekelhaft ist. Ich empfehle jedem dieser Noergler, sich einmal nach Indien zu begeben, damit er wieder auf den Tepich kommt und zu schaetzen weiss, was er hat. Ich glaube, vielen ist die Dankbarkeit fuer das, was man hat, verloren gegangen. Das macht unzufrieden. Ich hoffe, das wird jetzt nicht falsch verstanden. Das Lebensmotto der Ladakhis ist:"Warum soll man ungluecklich sein!"
 
Aber ich erzaehlte von dem letzten Paradies das verlorengegangen ist. Man muss sich vorstellen, dass Ladakh, wie ich schrieb, erst im Jahre 1974 fuer Touristen und den Westen erschlossen wurde. Die Hauptstadt Leh war durch die ploetzliche Uberflutung von Touristen, die einer regelrechten Invasion gleichkam, am meisten von den Veraenderungen betroffen. In den letzten 3o Jahren ist Leh um das Doppelte an Einwohnern angewachsen. Kletterer und Bergwanderer, Menschen auf der Suche nach Spiritualitaet zieht es hierhin. Und auch ich wollte mich natuerlich davon ueberzeugen, von der so anderen Welt, von den Kloestern, dem buddhistischen Weltbild, aus dem heraus die Menschen hier leben. Ladakh wird ja auch das "kleine Tibet" genannt. Die absolut phantastischen und beeindruckenden kloesterlichen Monastryen des tibetischen Buddhismuss, eingemeisselt, eingebaut in die Berge hinein, muss man einfach gesehen haben. Erst vor ein paar Tagen durften wir ganz unverdient in Likki an einer buddhistischen Gebetszeremonie teilnehmen, anwesend mindetens 3o bis 4o Kinder, immer noch wird jeweils ein Kind einer ladakhischen Familie in einem Kloster untergebracht und ca. 1oo Moenchen in ihren Trachten, mit ihren imposanten, in diesem Falle die Geldmuetzen, die Zeichen fuer den tibetischen Buddhismus sind. Das Einsetzen der Hornblaeser, der Trommeln und der Floeten liess mich eine Gaensehaut bekommen. Waehrend ich einen Blick in den Raum warf, lud michuns ein Moench ein, doch einzutreten, was wir zaghaft annahmen. Aber es befanden sich schon Touristen im Raum, die wie wild drauflos fotografierten, was in mir einen inneren Widerstand hervorrief. Niemals ware ich auf die Idee gekommen, wahrend der Zeremonie Fotos zu machen, aber wahrscheinlich ist es meine eigene Scheu, mein Respekt oder vielleicht auch Demut ich weiss es nicht genau, vor einem, jedenfalls fuer mich, Moment der Heiligkeit. Nun, die Moenche hatten damit allerdings kein Problem, jedenfalls liessen sie es sich nicht anmerken. Sie rezitierten munter drauflos, die Kinder hatten anscheinend keine Lust, sie erzaehlten und scherzten zwischendurch, auch die Moenche waren teilweise abwesend, erzaehlten ebenfalls oder lachten uns einfach an und vergassen das Rezitieren. Der tibetische Buddhismus ist sehr freilassend, es gibt keinen Moralismus, keinen Zwang, das gefaellt mir. Am Ende der Zeremonie servierte die Kinder Tee und mein Toechterchen meinte, jetzt biste dran Mutter, jetzt musste Buttertee trinken. Und mir schwanden schon die Sinne im voraus und der Magen drehte sich beim blossen Gedanken, ob dieser Projektion. Wie wuerde ich den bloss loswerden, ohne zu beleidigen. Aber erstens kommt es anders, zweitens als man denkt. Als die dampfende Tasse mit dem heissen Tee vor mir steht, entpuppt sich der vermeintliche Buttertee als einfacher Tshai und dazu gibt es ein Stueck suessen tibetischen Brotes, dass wir reihum weitergeben und die Zeremonie erinnert mich doch stark an unsere katholische Eucharistiefeier, emeinschaftsmahl eben! Uebrigens danach habe ich dann auch Fotos gemacht, draussen. LLustig war, meine Tochter meinte dann, haste schon mal ueberlegt Mutter, wuerde jemals jemand von katholischen Moenchen so gerne Fotos machen? Womit ich ihr recht geben musste!
 
Nun denn, ich bin schon wieder abgeschweift. Ich war beim verlorengegangenen Paradies! Ladakh war bis zum Jahre 1974 ein Gebiet, eine Region, in dem die Menschen sich selber versorgten, mit allem, was sie zum Leben brauchten. Alles wurde verwertet. Es gab keinen Abfall. Man stellte alles selber her, Kleidung, Nahrung, die Felder wurden bestellt, was einzelne Familien nicht alleine schafften, wurde mit Hilfe der Nachbarn bewaeltigt. Man stand fuereinander ein, man hatte Respekt voreinander, es gab keinen Streit oder Zwietracht, keinen Neid und keine Eifersucht. Es gab auch keinen Besitzanspruch an einen Menschen. Es gab Ehen, in denen die Frau mehrere Maenner hatten und Ehen, in denen Maenner mehrere Frauen hatten. Man kannte keinen Betrug, jedenfalls, wenn jemand aussereheliche Kontakte hatte, hatte man die Meinung: So was passiert halt und es wurde eher jemand schieg angesehen, der sich darueber aufregte. Familie wurde gross geschrieben, jung und alt lebten miteinander. Die Jungen brauchten sich nicht zu schaemen, wenn sie den Alten gegenueber zaertlich waren in der Oefentlichkeit, von klein auf lernten die Kinder den Respekt vor den Alten und vor jedem Menschen, der sich auf das Zusammenleben auswirkte.
 
Fuer mich entstand natuerlich schon die Frage beim Zuhoeren, dieser mir erzaehlten alten Lebensweise und Tradition, war das wirklich immer so und wann beginnt dann eigentlich die Freiheit des einzelnen, wenn es keine Entscheidung fuer das Gute oder das Boese gibt, wenn es keine Versuchungen gibt.
 
In einem Film, den ich hier sah, Learning from Ladakh, erzaehlen Tibeter von ihrem Leben vor dem Einzug des westlichen Konsums und der Macht des Geldes, von ihrem zufriedenen Zusammenleben, von der Anspruchslosigkeit und dem Phaenomen, dass sie nichts vermisst hatten. Das Land ist trotz der 35oo m Hoehe fruchtbar, Gerstenfelder ueberziehen weite Teile der geroellwueste, auch Weizen gibt es hin/ und wieder, alles was man an Gemuese kennt, gibt es auch hier und natuerlich die Aepfel und Aprikosenernten. Der Ladakher ernaehrte sich gesund, bewegte sich und hatte kaum Krankheiten und wenn, wurden diese im Zusammenhang mit dem geistigen betrachtet. Man brauchte kaum einen Arzt. Die Menschen waren weit bis ueber das 8o. Lebensjahr hinaus aktiv.
Geburt und Tod waren natuerliche Vorgaenge, alles war ein Zusamenspiel des Fliessens, wie ein Fluss, man trauerte, aber auch nicht so sehr, weil alles selbstverstaendlich war.
 
Die Ladakher, jedenfalls die alten betrauern das verlorengegangene Paradies, den Einzug des Geldes und des Konsums, der Medien und der Gier, die auch nun die jungen Leute befallen hat. Es wird alles andere. Es werden kaum noch Haueser gebaut, in denen fuer Grossfamilien Platz ist, Nachbarschaftshilfe geht verloren, ploetzlich regiert das Geld und es werden mittlerweile viele Initiativen gegruendet, um Erhalt der Traditionen und der ladakhischen Kultur zu erhalten. Auch Umweltschaeden entstehen immer mehr durch die Verwestlichung, seitdem Autos und Technik Einzug gehalten haben, Abgase, Muell im trinkwasser usw.usw. Seit einigen Jahren gibt es ein Plastiktuetenverbot, um dem Herr zu werden. Ladakh versucht sich wieder unabhaengig vom Westen zu machen, in dem es wirtschaftliche Unabhaengigkeit foerdert. Bei einem Tag der ladakhischen Frauen erfahre ich, dass biodynamische Kleinbetriebe vermehrt unterstuetzt werden, Solarenergie und eigene Landwirtschaft gefoerdert werden.
 
Man sieht also, der vermeintliche Fortschritt kann Heil oder Segen sein, man muss ihn wohl nur richtig zu nutzen wissen, das ist immer wieder die herausforderung, aber wo Profitgier und Macht das leben beherrscht, werden auch die letzten Paradiese verloren gehen. Und es braucht wohl, bis der Mensch erkennt.
 
Ich habe jedenfalls in Ladakh angefangen, Indien zu lieben. Was mir anfangs fremd und erschreckend vorkam, beginne ich langsam zu verstehen, obwohl es noch ein weiter weg ist und ich kann den Freund von Joe v. Loeben nicht verstehen, den ich hier in Leh getroffen habe, die Welt ist klein, sag ich doch immer, der seit 13 Monaten durch IndienPakistan reist und nur von negativen Erfahrungen durchdrungen ist. Da frag ich mich, warum reist man solange durch ein Land, wenn man eine so negative Sichtweise ueber einland hat, in dem Menschen, miruns jedenfalls bisher, nur freundlich und hilfsbereit entgegengetreten sind.
 
Man darf Indien nicht als Tourist in dem Sinne bereisen, in dem man einfach neugierig schauen will, wie es denn so in einem Dritte/Welt/Land zugeht, man muss lernen, Indien zu begreifen, aus seiner politischen und religioesen Geschichte heraus, erst dann, beginnt man zu begreifen und kann nur grossen Respekt davor haben, wie ein Land versucht, das Leben fuer jeden einzelnen menschenwuerdiger zu gestalten.
 
Ich freue mich, wenn es jemandem interessiert, denn von der Situation der region ladakh koennen wir viel lernen und fuer alle, die es interessiert, empfehle ich den Film: Learning from Ladakh.
 
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10. Oktober 2008 5 10 /10 /Oktober /2008 16:43

Es regnet mal wieder, wie jeden Tag, zwei Drittel des Tages. Monsumregen halt! Seitdem wir hier angekommen sind, hatten wir vielleicht mal insgesamt acht Sonnenstunden.
 
Mit ist es sowieso egal, denn ich bin seit drei Tagen sowieso auf mein Zimmer verbannt! Warum? Na eben die typische indische Krankheit, ihr wisst schon Magen/Darm, heftig mit Fieberschueben! Die Naechte sind auch prima, aber was solls, niemals den Humor verlieren, es muss ja auch mal wieder aufwaerts gehen!
 
Toechterchen ist mit Fleur aus den Niederlanden und Terry aus Kalifornien, die wir hier in unserem Backpacker/Hotel kennengelernt haben, zum Protestmarsch der Tibeter, der sich die 10 km lange Strasse nach Dharamsala entlangzieht, unterwegs. Die Protestmaersche finden jetzt vor den olympischen Spielen jeden Tag statt. Presse, Kameras, Journalisten sind anwesend. Die Tibeter wissen eigentlich, dass es wenig Erfolg hat, aber sie moechten trotz allem auf die Tibet/Politik Chinas aufmerksam machen.Die rigorose Ausmerzung der tibetischen Kultur und die Unterdrueckung des Volkes kennt immer noch keine Grenzen. Es ist unfassbar! Tibetische Eltern muessen hohes Schulgeld zahlen, damit ihre Kinder in China eine Ausbildung geniessen  koennen. Die Chinesen moechten das tibetische Volk dumm halten.
 
Daher fluechten immer noch jaehrlich ca. 1000 Tibeter aus China ueber den Himalaja. Dies erfahren wir bei unserem Besuch in der "Tibetan Childrens Villages". Allein im Monat der starken Proteste in China waren es 500 Tibeter.
 
Das Childrens Villages ist eine wunderschoene Oase inmitten der lauten und voellig verdreckten Umgebung McLeodGanj, obwohl man hier hinreichend versucht, Projekte zum Umweltschutz in die Wege zu leiten, wie z.B. das Abkochen und Filtern von Trinkwasser, um es dann in mitgebrachte Behaelter zu verkaufen, um die Plastikflaschenflut einzudaemmen. Auch kommen jedes Jahr ehrenamtliche Helfer aus allen Nationen um den Schmutz zu beseitigen. Aber es ist ein Kampf gegen Windmuehlen. Es gibt halt kein vernuenftiges System zur Muellbeseritigung, wie es vieles andere auch nicht gibt.
 
In Childrens Villages versorgen rd. 250 Mitarbeiter ca. 1000  tibetische Fluechtlingskinder, die in altersunterschiedlichen Gruppen aufgteilt werden, und von jeweils einer Pflegemutter betreut werden. Hier geniessen sie eine adaequate Ausbildung, um dann nach deren Abschluss entweder weiter studieren zu koennen oder eben eine Ausbildung zu machen. Viele hier aufgewachsene junge Menschen kommen immer wieder gerne an diesen Ort zurueck, es ist ihre Familie geworden, denn ihre Eltern sehen sie vermuitlich nie wieder. Wir haben das grosse Glueck, einige dieser Tibeter persoenlich kennenzulernen, schon allein, weil Toechterchen vor drei Jahren schon einmal hier war.
 
Das Childrens Village wird von Spenden und der Unterstuetzung verschiedener Nationen getragen, gegruendet wurde es von der Schwester des Dalai Lamas. Viele Hilfsorganisationen beteiligen sich, u.a. auch der Deutsche Hermann-Gemeiner/Fonds.
 
Auf dem Rueckweg von Tibnet Childrens Village hab ich mal eben ein kleines Schockerlebnis, wie man sieht, ich gewoehne mich nicht so schnell an das Elend, werde ich wohl auch nicht, ehrlich gesagt, lastet es mir etwas auf der Seele.
 
Also da steht am Strassenrand zwischen den typischen Verkaufsstaenden so ein dreiraediger Kastenwagen, Tueren geoffnet, mein Blick faellt auf zwei riesengrosse Fleischstuecke, die an einem Fleischerhacken befestigt, im Innenraum haengen. Soweit so gut, waere ja nicht so verwunderlich, ist alles normal hier. Aber dann schaue ich nochmal hin und traue meinen Augen nicht, dahinter liegt auf einer Bank einer voellig zerlumpter und verdreckter Inder und haelt seinen Mittagsschlaf oder was auch immer, vielleicht erliegt er auch gerade sienem Opium/Rausch. Je aermer der Mensch hier, um so mehr gibt er sich dem Opium/Rauchen hin. Man sieht es immer wieder, wie Maenner dezent an den Strassenraendern ihrer Sucht nachgehen. Man kann es verstehen, ein Moment des Vergessens des eigenen Elendes, Flucht in eine Traumwelt.
 
Ich frage mich natuerlich immer wieder, was zieht die Menschen, vor allen die jungen Leute an, nach Indien zu reisen? Zur Zeit sind die Backpacker-Hotels bis zum Rande voll, schon wegen des anhaltenden Regens. Es ist ja das erste Mal in meinem Leben, dass ich Backpacker/Hotel/Luft schnappe und mit einigen Ausnahmen zaehle ich da mit zu den Aeltesten. Wer will schon in meinem Alter sich auf eine solch unkonventionelle und doch recht abenteuerliche Art und Weise auf Reisen begeben. Denn sie mutet einem schon viel zu. Aber es ist die einzige Moeglichkeit mit wenig Geld die Welt zu bereisen und sie mit eigenen Augen kennenzulernen, um sich selber ein Bild machen zu koennen. Beeindruickend welchen Mut junge Menschen aufbringen, mit gerade mal 19, 20 Jahren sich auf eine solche Tour zu begeben, aber was sage ich, hab ja selbst ein Toechterchen, die es mir vorgemacht hat. Mein Eindruck ist, dass die jungen Menschen alle mit beiden Beinen fest auf dem Boden stehen, keine Traeumer, sondern allemal Realisten. Sie wissen, jetzt koennen sie sich solche Reisen noch erlauben, spaeter wollen sie Verantwortung und Beruf und Familie uebernehmen. Na also!
 
Dazwischen gibt es natuerlich auch andere Reisende, bisschen Abgedrehte, die hier in Indien irgendwie ihr Seelenheil suchen, aber irgendwo haengen bleiben oder nicht mehr aus ihren Traeumen erwachen, Oder einfach nur Kiffer, die sich hier zukiffen, bis der Arzt kommt, ja auch das gibt es. Lustig sind die so ab 40jaehrigen, die hier auf spiritueller Suche sind. Da staunst du nur noch, wenn die blonde Matry aus Kalifornien morgens zum Fruehstueck ploetzlich im Sari erscheint und ein Leuchten ueber ihrem Haupte schwebt, als haette sie soeben die hoeheren Weihen erfahren, dann muss ich wirklich so vor mich hin laecheln. Und die Dreadys, ich hab noch nie so viele Dreadlocks auf einen Haufen gesehen, wahrscheinlich machen die auch irgendwie spiritueller.
 
Und zum guten Schluss nicht zu vergessen sind nicht die barfuss und in orange gekleideten Sannyasins, die ebenso entrueckt und in einer Traumwelt zu leben scheinen. Was wird wohl nach dem Aufwachen passieren.
 
Und dann kommen noch die vielen, vielen indischen Touristen, die aus Punjab kommen, um die vielen Sehenswuerdigkeiten, Tempel, den Sitz des Dalai/Lamas, Naturwunder usw.usw. zu besichtigen. Die sind fuer mich am schwersten zu ertragen, denn wir koennen uns nicht retten vor Fragen, woher wir kommen, ob sie mal ein Foto, ob sie mal mit uns zusammen ein Foto usw., das nervt schon manchesmal. Blond und hellhautig, da bist du fast ein Gott fuer die Inder. Dieses staendige Angestarrtwerden kann aggressiv machen.
 
Nun denn, das waren ein bisschen meine Gedanken hier aus meiner krankheitsbedingten Quarantaene, die ich hoffentlich bald ueberstanden habe. Nichts desto trotz Morgen geht es weiter nach Manali, vielleicht hilft ja der Klimawechsel. Apropo, gerade lauft eine Kakerlake ueber den Tisch, auf dem mein PC steht, das zum Thema Backpacker/Leben. Man darf halt nicht fimschich sein, wie man so schoen in Koelle sagt.
 
In diesem Sinne namaste!

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10. Oktober 2008 5 10 /10 /Oktober /2008 16:39
Ich bin tatsaechlich angekommen, wenn ich auch noch nichts ueber Delhi schreiben kann, weil ich diese Bilder, dieses Erleben immer noch verarbeiten muss! Aber hier in McLeodGanj, der Heimatstadt, in dem der Dalai Lama wohnt und der Sitz der tibetischen Regierung habe ich endlich etwas von der Ruhe inmitten des Chaos gefunden und geniesse diesen Morgen bei einem Tshai-Tee und indischen Klaengen in meinem Hostell. Meine Tochter ist zu einem teaching des Dalai Lama, was ich mir an diesem Morgen verkniffen habe, weil die englische Uebersetzung recht schwierig zu verstehen ist.
 
Nun denn, wir sind hier angekommen, nach einer 15stuendigen Busfahrt, die wir dank unseres Vertrauens, immer wieder auf die Probe gestellt, gut ueberstanden haben.
 
Bevor es ueberhaupt losging, war schon einen Film wert. Es gab erhebliche Schwierigkeiten mit der Sitzplatzreservierung. Wir hatten genau 6oo Rupien fuer zwei mittlere Plaetze im Bus gezahlt, weil Toechterchen vom letzten Aufenthalt in Indien wusste, sitze nie hinten, weil man einfach die Strassenbelastungen dort am wenigsten aushaelt und der Magen, man weiss es ja!
 
Jedenfalls ging das Gekeife los, als der Zuteiler der Plaetze uns einen Platz auf der hintersten Sitzreihe zuweisen wollte. Wir schuettelten erbost den Kopf, erklaerten, wir haetten fuer vordere Platze gezahlt. Er lamentierte und lamentierte, schliesslich setzte ich mich einfach in eine Reihe in der Mitte. Sein Geschimpfe ging weiter! Er forderte mich aufzustehen und erklaerte uns, dass seien Plaetze mit Aircondition und die haetten wir nicht gezahlt. Es folgte eine weitere Diskussion. Dann ging er ploetzlich. Aber das ist indisdche Taktik, denn nach einer kleinen Weile, nachdem er sich mit den naechsten Fahrgaesten auseinandergesetzt hatte, ging es weiter mit uns.
 
Ich verteidigte nach wie vor die Plaetze, aber wir kamen ihm entgegen, und zahlten weitere 1oo Rupien fuer einen klimatisierten Platz, was allein schon ein Witz war! Also Indien fasziniert nicht nur in Bildern, sondern man lernt ganz nebenbei, verhandeln, durchsetzen und insoweit diese kaum zu durchschauende Mentalitaet der Inder kennen.
 
So ging das ganze Procedere also mit jedem Reisenden und endlich konnte es nach einer Verzoegerung von knapper 1 Stunde endlich zumindestens bis zur tibetischen Siedlung weitergehen, wo dann alles wieder von vorne anfing, weil es anscheinend ein Problem mit der Platzreservierung sprich Ueberbelegung gab. Ein aufgeregtes Getuschel, Lamentieren im Bus auch hier und wieder verging eine Stunde, bis wir endlich die Fahrt beginnen konnten.
 
Wir begannen die ca. 8oo km lange Fahrt nach McLeodGanj/Dharamsala durch Indiens Regionen Hariyana und Punjab, gezeichnet durch wiederum beide Gegensaetzlichkeiten, der absoluten Armut, des Elends und den kuenstlich angelegten "Communitys fuer reiche Inder" mit ihrem Kitsch und Tand, der einem schon von weitem entgegenblinkte. Diese Bilder, wenn auch nur im Vorbeifahren haben sich tief in mir eingepraegt. Zerlumpte Bettler, Kranke, liegen einfach irgendwo auf den Strassen, neben den Strassen, heruntergekommene Huetten, aus Holz und ausrangierten Werbeplakatten, so dass man denken kann, die kleinen Armutssiedlungen seien eine einzige Werbekampagne bestimmter Marken. Realtiaet und Wunschdenken, Konsum und Elend!
 
Auf der ganzen Fahrt, an den unmoeglichsten Stellen liegen die Menschen, haben kein Dach ueber den Kopf, fristen ihr Dasein auf dem Mittelstreifen der Autobahn. Dazwischen Kuehe, Elefanten, Esel, ebenfals mittendrin, in denen sich der Strassenverkehr in einer fuer uns ungewoehnlichen Weise darstellt, einfach hupen und drauf los, rechts, links, jeder weiss Bescheid, alles geht oder nicht, Ausweichmanoever hier, Schlagloecher da, erneutes Hupen usw.usw. ein Chaos und doch Ordnung, irgendwie. Man versteht es nach einer Weile.
 
Es ist 21.oo Uhr und der halbe Bus schlaeft. Ich kann nicht zur Ruhe kommen, soviel gibt es zu sehen. So bekomme ich mit, wie der Bus einfach mal eben so mitten auf der Autobahn haelt, unfassbar, ein kompletter Vollstop. Es regnet in Stroemen. Von der anderen Seite der Autobahn kommt ein Inder gelaufen mit einem halbgefuellten weissen Beutel. Ich hoere Palaver, oeffne mein Fernster, schaue nach vorne zum Fahrerhaeuschen und sehe, wie der Beutel im Tausch gegen einen Buendel Geldscheinen eingetauscht wird. Drogen? Ich denke ja! Normal, sagt mir spaeter Ranjesh, der hinter mir sitzt und ich es ihm erzaehle. Die Drogenkuriere gebrauchen solche Busfahrten um ihr Zeug unentdeckt auf die reise zu schicken, zwischen den sonstigen Kontrollen, die immer wieder mal passiert werden muessen.
 
Waere auch normal, erklaert mir Ranjesh, der uebrigens auch nach Dharamsala will, wo er und sein Bruder ein kleines Geschaeft betreiben, dass die Fahrer auch Opium und Kokain nehmen. o.K.! Alles klar! denke ich! Na dann mal Vertrauensvorschuss bis aufs Weitere. Mal ebnen so durch die Schlagschloecher knallen, dass ich quer im Bus stehe oder mal wieder ein waghalsiges Ueberholmanoever, eingeleitet mit einem Huper. irgendwann hab ich das System einfach durchschaut. Alles im gruenen Bereich. Wird schon gut gehn.
 
Die Klimaanlage ist mittlerweile ausgefallen und ich grinse meine Tochter an und frage, ob ich die leidige Diskussion bezueglich Rueckforderung unserer 1oo Rupien wieder in Gang setzten solle, wegen unerfuellter, bezahlter Dienstleistung! Bloss nicht, meint sie und kriegt schon im Vorhinein die Krise. Ich bin davon ueberzewugt, dass diese 1oo Rupien in die Taschen der Fahrerbegleitung gewandert sind, die sich so ein Zubrot verdienen. Wenn ich ausrechne, von jedem Fahrgast, dann ist dass der Lebensunterhalt fuer eine ganze Familie fuer eine ganze Woche und somit kann ich das gut annehmen. Jede Rupie wird sich hier hart erarbeitet, es gibt fuer jede kleinste Taetigkeit einen Berechnungsmodus, Koffer tragen, Waesche entgegennehmen, Auskunft erteilen, usw.usw. Gott sei Dank noch nicht fuer ein Laecheln, das bekommt man immer noch kostenlos und wir nicht zu knapp, denn wir sind blond und hellhaeutig, so das ich es nach einer Weile manchmal nicht mehr ertragen kann, dieses staendige Angeschautwerden.
 
Z.B. beim Einladen unserer Rucksaecke, das war auch so ein Ding. Im Kofferraum sitzt ein Jugendlicher und nimmt die Gepaeckstuecke entgegen. Wenn er sie verstaut hat, haelt er die Hand auf und fordert 1o Rupien. Wer das nicht versteht, wir wussten es ja schon aus den Vorerfahrungen der Tochter, der macht die lustige Erfahrung, wie ein englisches Paar bei unserer Abfahrt. Sie, den Rucksack dem Jungendlichen uebergeben, er will 1o Rupien, sie sagt nein, sie nimmt ihr Gepaeck wieder zurueck, will es selber verstauen, bekommt es aber sofort wieder von dem Jungendlichen zurueck. So geht das noch eine Weile, bis sie endlich nachgibt. Kein 1o Rupien, kein Gepaecktransport, so einfach ist das. Der Inder braucht jede Rupie um zu ueberleben, aber er hat auch seinen Stolz, wie wir an anderer Stelle erfahren werden. Es gibt eine Grenze, auch fuer ihn ist Geld nicht alles.
 
Gegen 22.oo Uhr haelt der Bus fuer eine halbe Stunde an einer Raststaette, allerdings an der gegenueberligenden Seite.Der Bus hat einfach mal mitten auf der Autobahn gedreht, es geben in Indien. Alles geht oder nicht! Hier kann man sich mit Proviant verpflegen, was wir tunlichst vermeiden, wegen der furchtbaren hygenieschen Verhaeltnisse, aber wir hatten sowieso vorgesorgt und uns vom Nepalesen in Delhi etwas mitgenommen, viel braucht es auf einer solchen BVusfahret sowieso nicht., Viel wichtiger ist der Gang zur Toilette. Der Bus haelt nur einmal, da muss man sehen, wie man klar kommt. Einerseits soll man viel trinken, andererseits weiss man nicht, wohin damit! Jedenfalls hier an diesem Ort gibt es etwas entfernt eine Baracke mit den typischen indischen Erdloechern, zu denen ich mich voller Hoffnung auf den Weg mache. Finde ihn auch sogleich, schon allein der Geruch weist mir den Weg. Angekommen sichere ich die Holztuere mit einem riegel und versuche mich zurecht zu finden, bis es plaotzlich dunkel wird, und zwar stockdunkel., keine hand mnehjr vor den Augen zu sehen. Ich stehe in der indischen Pamapa auf einem Plumskloo und hab voelllig die Orientierung verloren. Na klasse. Irgendwann hab ich mich voirgetastet, finde den Riegel und tatsaechlich den Weg zurueck und bin erleichtert, den Bus wiedergefunden zu haben. Bin keine ganze Minute an und das Licht geht wieder an. Super! War wahrscheinlich nur, um mein Vertrauen und meine Unerschrockenheit zu testen. Wie verhalte ich mich im Notfall? Wie imemr! Ruhigf Blut! Das werde ich hier noch oefters gebrauchen!
 
Nach dieser halbstuendigen Pause geht es nun endlich weiter ins Vorgebirge des Himalajas, es regnet, wir haben die Auslaeufer der Monsumzeit in dieser Region. Dafuer sind die Temperaturen etwas ertraeglicher geworden. Ich habe mein fenster geoeffnet und bekomme etwas Luft. Irgendwann falle auch in in Schlafphasen, sehe Bilder in Traeumen, lausche Gespraechen und als ich einen Moment aus einem dieser Kurztraeume erwache, schaue ich nach vorne in den Fahrerraum und was sehe ich? Keinen Fahrer! Ups, im ersten Moment, verstehe ich gar nichts mehr, bis es mir dimmert, o.k., der sitzt ja rechts, aber lustig war es, ein fuehrerloser Bus und grinse vor mich hin.
 
Es ist 7.3o Uhr und wir befinden uns zwei Stunden vor Dharamsala und es gibt an einem kleinen Stand einen ersten morgenlichen Tshai/Tee. Die Koerperglieder danken es, unbeweglich, wie sie in den letzten Stunden ausharren mussten. Ich bedanke mich bei dieser Gelegenheit mal bei dem Fahrer, dass bisher alles so gut geklappt hat, er nimmt es dankend mit einem Laecheln entgegen. Mal langsam, sagt meine Tochter, den Tag nicht vor den Abend loben, denn die heftigste Strecke kommt ja jetzt erst, entlang an Abgruenden und den Serpentinien. Ok.k. denke ich, dann schlaf ich jetzt mal, um nichts sehen zu mujessen, was aber leider nicht klappt und gut so, denn sonst haette ich nie erfahren, dass ich auch diese Aengste besiegen kann. Noch vor ein paar jahren waere eine solche Fahrt fuer mich unmoeglich gewesen und auchToechterchen hatte im Vorfeld ihre Bedenken, ob Mutter das so durchsteht. Aber ich konnte sie und mich eines Besseren belehren. Wie schoen, ich hab mich veraendert, geaendert und das zu sehen macht doch Mut fuer die Zukunft. Vielleicht haben die meisten Aengste, die man hat, eigentlich nur mit der tiefen unbewussten lebensangst zu tun, die sich dann einen Kanal in aeussere Dinge sucht.
 
gegen o8.oo Uhr dann endlich Ankunft in McLeodGanj, in dem kleinen Staedtchen, in das sich immer noch Jahr fuer Jahr ein Strom tibetischer Fluechtlinge einfindet. Eine Stadt in dem wir alles finden, was das Herz begehrt, die Einkehr, die Ruhe, aber auch das Chaos und gerade das ist das unglaubliche, was ich an diesem Morgen erfahre habe, diese Gelassenheit in der Unruhe,m im Schmerz, im Leid. Aender, was zu aendern ist und nimm an, was man nicht aendern kann. Diese Haltung spuert man an allen Ecken. So werde ich mich in diesen Tagen auf den Weg machen, vorbei an den Kloestern, Tempeln und Naturstaetten der Umgebung und mich an das Klima hier gewoehnen, bis es hoffentlich Samstag weitergeht mit einem gemieteten Jeep hinauf nach Ladagh!
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