Ich geb´s ja zu. Ich habe es getan. Ich tue das sonst nie. Nicht, weil ich es sonst gräßlich, ungesund oder gewöhnlich finde. Nein! Ich hab einfach keinen Appetitt darauf.
Aber am Tag danach, da kommt er immer, dieser Heißhunger auf das, was man allgemein als dick machend, fett und ungesund beschimpft. Ich kann mich dagegen gar nicht wehren. Ich frage mich jedes Mal, wieso ausgerechnet nach diesem Tag oder an diesen Tagen überhaupt? Ist es vielleicht die Trägheit, die sich nach durchtanzten und schwindelgeschunkelten Nächten einstellt. Dieses Phänomen des Nachkaters. Nein, das kann es nicht sein. Denn katermäßig fühle ich mich eigentlich nicht. Soviel war es dann doch nicht. Aber dennoch ist es da, dieses Gefühl, dieses Verlangen jetzt etwas gourmettechnisch ganz Ungehöriges zu tun. Sich dem Farbenspiel in rot-wieß einfach hinzugeben, es sich einzuverleiben, mit den zarten, knusprig-braunen kleinen, herrlich schmeckenden Knusperkartoffeln zu vermischen und die in kleingehackten Stückchen der ebenfalls, ich weiß-gar-nicht-so-recht-was-drin-ist-Currywurst bedingungslos auszuliefern, vor lauter Verlangen.
Jedenfalls heute, wir lagen lethargisch auf dem Sofa, meine allerliebste Tochter und ich und sinnierten darüber, was denn auf den Teller käme. Da ich nach Fortbildung und ein wenig Hausputz meine Pflicht für heute erfüllt und, wie gesagt, eine leichte Trägheit nicht nur im Denken, sondern auch den Körper ergriffen hatte, war ihr und mir nicht nach großartigen Kochgelagen. Ich dümpelte so vor mich hin, als sich in meinem Kopf Bilder eines wunderbar duftenden, in zarten Farben gehauchten Papptellers mit der daraufliegenden Currywurst mit Fritten manifestierten. Nur, ich traute mich nicht so recht. Ich meine, auszusprechen, wovon ich träumte, schon seit einigen Stunden. Bis ich meinem Herz einen Schubs gab und gegen alle verächtlichen Blicke, mit denen mich jetzt wahrscheinlich , alle gesundheitsbewußten und auf die Linie, die schlanke, achtende Mitmenschen mitleidig angesehen hätten, nein, wahrscheinlich wären diese Blicke weit vom Mitleid entfernt, eher würden sie wohl in die Richtung:" Wie kannst Du nur Röschen", oder das ist einfach nur ordinär. Bäh.... dann bin ich halt einfach einmal ordinär. Ich stehe dazu. Und so faßte ich mir ein Herz und antwortete auf die erneute Frage meiner allerliebsten Tochter, worauf ich denn jetzt Hunger hätte, ganz zart und leise:" Fritten mit Currywurst!". So! Jetzt war es raus.
Ihre Antwort war überraschend! Jau, Mum, genau dat iset. Das will ich auch. Laß es uns tun. Auf meinen Einwand, jetzt in die Frittenbude zu gehen, um das heißhungrig, ersehnte, der Speichel floß schon bei dem Gedanken daran in Strömen, zu erwerben, nicht den gesundheitstechnischen Vorschriften entsprach und naja, es ja auch ein wenig gewöhnlich sei, meinte sie nur:" Mum, Pommes sind Kult!" Aha! Na dann......
Also nix wie hin in unsere Stammpommesbude mit keinem schöneren Name wie "Tischlein deck Dich!". Allein schon der Name löst Assoziationen von Erfüllung, Befriedigung und ewiges Glück aus, wie ich finde. Wer denkt nicht dabei an das schöne Märchen, in dem der Besitzer dieses Tischleins alles was sein Herz begehrte, auf den besagten zaubern konnte. Das "Tischlein deck Dich", diese unsere Lieblingspommesbude existiert schon seit zig Jahren hier bei uns in Nippes in der Mauenheimer Straße. Und ja, sie ist tatsächlich Kult. Und es stimmt, man braucht gar nicht verschämt in die nach Fritten- und Gyrosfett duftenden Räume mit einem gewissen Schamgefühl zu treten, nein, jeder kann sich hier selbstsicher, selbstbewußt und zielgerichtet auf das Objekt seiner Begierde stürzen. Und ich sag Euch was, hier trifft man Jeden, irgendwie und irgendwann.
Und genau so bestellte ich es, stark und selbstbewußt, zweimal Pommes mit Currywurst. Ach, war das eine Erleichterung. Siegessicher, glücklich in Vorwehen auf die nun bald erfüllte Sehnsucht, radelte ich nach Hause. Sie wartete schon auf dem Sofa, dem roten. Wir stellten das Fernsehen an, packten unsere Portionen aus und gaben uns inbrünstig dem Genuß der gewöhnlichen Pommes-Currywurst-Mischung hin. Einfach herrlich. Im Fernsehen lief bei Arte gerade eine Dokumentation über die Entwicklung von Mitgefühl im Gehirn des Menschen, Sehr interessant, wie ich fand. Ja, und ich dachte noch, ich hätte jetzt auch Mitgefühl mit jedem, der sich jetzt ähnlich wie wir, diesem Heißhunger hinzugeben wünschte, aber gewisse ernährungsbewußte Vorschriften ihn daran schlicht und ergreifend hinderten. Was für ein Leid, welch ein Elend. Nicht zu können, was man will und was man wünscht.. und wenn es nur Fritten mit Currywurst ist... Und man kann es mir glauben... es gibt sie, diese Menschen, die es wenn, dann auch nur heimlich tun, ja, die es schlicht und ergreifend vor sich selber verheimlichen, wenn es sie denn dann einmal überkommt.
Gott sei Dank, gehöre ich nicht zu dieser Sorte Spezie. Ich kann mich hingeben, voller Verlangen, auch demgegenüber, was sonst so eigentlich verpönt ist.-) Naja, und meiner Figur wird es schon nicht schaden, ich tue es ja nur selten, aber wenn, dann heftig.-))
Lecker war es, ausnahmslos. Ich bin einfach ein Genießer. Und, o.k., ich geb´s ja zu! Danach hab ich mir einen Luxus-Grappa geleistet;-) Das mußte sein.
Bon Appetitt! Ein Rezept erübrigt sich, Zutaten sind klar ersichtlich und sicher wird wohl jeder eine besondere Pommesbude in seiner Nähe haben, an die er sich mit Vertrauen wenden kann:-) Tut einfach mal, wonach es euch gelüstet. Es ist gar nicht so schwer und tut auch gar nicht weh. Es gibt gar nix zu bereuen.-)