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10. Oktober 2008 5 10 /10 /Oktober /2008 18:37
Das Leben kann zeitweise eine Wüste sein. Dann ist es wichtig, kleine Oasen zu finden, in denen man sich erfrischen kann an Leib und Seele. Wie schon oft berichtet sind das für mich Orte, an denen ich mich mit Kunst konfrontiere. EIn wirklicher Labsal! So hatte ich mir eine kleine Zeit, einen Nachmittag abgezwackt und bin ein wenig durch die Straßen geschlendert, wie ich es oft gerne tue und plötzlich stand ich vor dem Museum Ludwig. Das große einladende Schild zur Piet Mondrian-Ausstellung hat mich sofort angelockt. Einem inneren Impuls nachgehend löste ich eine Karte und betrat erwartungsvoll die Ausstellungsräume, die eine der bedeutesten Mondrian-Sammlungen versprach. Der Umfang umschließt Mondrians Weg als Künstler von seinen impressionistischen und kubistischen Anfängen hin über seine Gründung von De Stiyl bis zum Neoplastizismus. Ca. 7o Gemälde und Zeichnungen zeigt die Ausstellung.
 
Selten habe ich eine so eindrucksvolle Beschreibung und Darstellung eines künsterlischen Werdegangs gesehen. Mondrian brachte ich bisher eigentlich eher durch seine starke Bildsprache her gesehen mit Werbung, Design und Mode in Zusammenhang.
 
Mondrian studierte nach erfolgreichem Zeichendiplom an der Rijksacademie in Amsterdam. Er beschäftigte sich mit Modellzeichnen, Kompositionen, Proportionslehre, Radieren, Bildhauerei und Ästhetik. Nach dem Studium verdiente er sich sein Geld mit bakteriologischen Zeichnungen, Porträtmalerei, die er auch später weiterhin zumBroterwerb verfolgte. Ebenfalls gab er Kunstunterricht, bis er an sein Ziel gelangt war, eigene Gemälde zu verkaufen.
 
In den ersten Räumen sieht man Anfangsarbeiten, in denen er sich mit Landschaftsmalerei beschäftigte. Wunderschöne Bilder kann man entdecken. Bäume am Wasser, so zart von den Farbtönen, dass die Empfindung sofort ihren Platz ins Herz findet.
 
Mondrian malte in stark gegensätzlichen Lichtverhältnissen, einerseits bei grauem, düsterem Wetter oder dann wieder in starkem Sonnenlicht. Wie unterschiedlich die Perspektive und der Blick in der Wahrnehmung desselben Ortes sein kann, war für mich erstaunlich zu sehen. Die einfühlsamen Landschaftsbilder verzaubern einen in eine eigentümliche melancholische Stimmung, dagegen die farblich ausdrucksstarken, z.B. seine Mühlenbilder, gehalten in kräftigen Rot- und Blautönen haben dagegen eine stark stimmulierende Kraft. Gerade die Mühlenbilder bei Sonnenlicht erinnerten mich an die Zeit, in der er lebte, als der Broterwerb noch harte Arbeit war und die Menschen nicht immer satt wurden. So drückte für mich die starke rote Farbe die Kraft und das Leben aus, dass durch das in einer Mühle gemahlene Korn und dann zu Brot verarbeitete Mehl zu den Menschen gelangte und ihnen Lebenskraft verlieh. Das kräftige Blau des Himmels dagegen ein starkes Zeichen der Hoffnung.
 
Überhaupt gefielen mir seine Farbkontraste sehr, für mich auch ein Bild für das Leben an sich. Denn genau das tat ich ja in diesem Moment, als ich in der Ausstellung war. Aus dem täglichen Alltagstrott, der Pflichterfüllung heraus, betrat ich eine andere Welt, die mich gefangennahm und die mich vergessen ließ.
 
Mondrian hielt sich während seiner Schaffenszeit lange in Domburg auf. Diese Gegend in Walcheren liebe ich besonders, bin schon oft dort gewesen, so daß ich beim Anschauen der Bilder den Geruch von Salzwasser in der Nase hatte und die Weite der Dünen vor Augen. In den Dünen soll Mondrian sich oft sogar wochenlang allein zurückgezogen haben. Das konnte ich absolut nachempfinden. Nirgendwo empfinde auch ich das Leben so intensiv wie im Tosen der Wellen des Meeres und im Brausen des Windes.
 
In dieser Zeit wurde Mondrian schlagartig berühmt. Das Leben von der Hand in den Mund hatte ein Ende. Er verlobte sich und begann eine bürgerliche Existenz. Nach dieser Zeit begann Mondrian zu experimentieren. Er verließ die starken Farben und widmete sich ganz den Grau-, Braun- und Schwarztönen. In dieser Zeit war er stark vom Kubismus beeinflußt. Das Bild vom blühenden Apfelbaum, der in eine Gitterstruktur eingebettet ist, hat mich besonders angesprochen. Ist es nicht auch in in serem Leben so, sobald ein Mensch anfängt zu blühen in seiner Kreativität, in seinem Individualismus, seiner Freiheit kommt sofort das Außen, um ihn in Ketten zu legen, ihm den Mund zu verbieten, ihn klein zu machen, oder der Lächerlichkeit preis zu geben. Der Mensch gefangen im Anspruch des Anderen.
 
Später dann ging Mondrian nach Paris. Dort beschäftigte er sich mit einzelnen Architekturelementen, Giebeln, Mauern aber auch mit ganzen Gebäudekomplexen. Immer wieder suchte er Gelände aus, wo Gebäude abgerissen wurden, die dann zu Motiven seiner Malerei wurden.
 
Als Mondrian 1914 zum Geburtstag seines Vaters in seine Heimat zurückkehrte, hinderte ihn dann der Ausbruch des ersten Weltkrieges an seiner Rückreise nach Paris. Zuhause, ohne eigene EInkünfte, war er ganz auf die Hilfe seiner Freunde angewiesen.
 
1916 begann er dann den Schritt zur gegenstandslosen Kunst. So malte er z.B. Rechtecke in verschiedenen Farben, ohne irgendwelche Trennungslinien, was den Eindruck starker Unruhe vermittelte. Auch hier fielen mir Parallelen zu unserem Leben auf. Denn wie oft vermag ich es nicht, zwischen all der Hektik und dem Rummel, der mich umgibt, eine Grenze zu setzen und mich zurückzuziehen. Alles geht ineinander über, ich habe dann oft das Gefühl, mich aufzulösen.
 
1919 kehrte Mondrian nach Paris zurück. In einer Schaffenskrise wollte er seine Künstlertätigkeit hinschmeißen und als Arbeiter im Weinbau nach Südfrankreich gehen. Aber er überwand diese Krise und nun entstanden die ihn bekannt machenden, charakteristischen Kompositionen in schwarz, rot, gelb und blau. Er schaffte damit eine neue Ästhetik, behängte und bemalte seine Wände mit großen farbigen Flächen, dazwischen hängte er seine Bilder, stellte seine Möbel mitten rein und schuf erstmals den Begriff des Neoplastizismus, der von da an Architektur, Design und Malerei bestimmte. Sehr eindrucksvoll übrigens das Original- Zimmer von Mondrian in der Ausstellung, das zugleich sein Atelier und sein Wohnraum war. Er kam mit wenig aus, war minimalistisch eingestellt. Mondrian wurde von da an durch die eingesetzte Einfachheit seiner Bilder zum Mythos. Man soll ihn sogar als Heiligen der Malerei verehrt haben. Seine Schaffenskraft war unermüdlich. Am 1. Februar 1944 starb er jedoch plötzlich an den Folgen einer Lungenentzündung.
 
Bis in die heutige Zeit hinein beeinflußen seine Werke nach wie vor Malerei, Architektur, Mode und Design. Er hat tatsächlich ein großes Erbe hinterlassen. Aber ist das nbicht bei jedem Menschen so, der etwas Außergewöhnliches geleistet und geschaffen hat, sei es in der Kunst, Musik, Literatur, aber auch in den Werken der Nächstenliebe. Wie gut, dass es solche Ausnahmen gab und gibt, die das Leben der Menschen positiv beeinflußen können.
 
Es lohnt sich, die Ausstellung. Viel Vergnügen!
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10. Oktober 2008 5 10 /10 /Oktober /2008 18:36
Heute morgen las ich in der FAZ den Slogan:" Die Führungsetage liest FAZ!" So wat, dachte ich bei mir, also dazu gehörst du nicht, Röschen, grins. Aber ich les sie trotzdem hin und wieder ganz gern, schon allein wegen des Feuilleton-Teils. Ich suche immer nach den Buchrezensionen, die mir gut gefallen. Hey mensch, dachte ich, wenn du jetzt in der Öffentlichkeit die FAZ liest, dann könnten die anderen denken, hey, man gehört die Frau zur Führungsetage, grins.
 
So fuhr ich seit langem mal wieder Straßenbahn. Nein, ich hatte nicht die FAZ dabei, sondern meine jeden Monat kaum zu erwartende "Literaturen", schon aus Berufsgründen. Nach der zweiten Haltestelle, setzte sich ein Mann, mittleren Alters auf den freien Platz neben mir. Ich bin geruchsempdindlich, muß ich jetzt mal sagen. Jedenfalls, der etwas ergraute Trenchcoat-Mann, roch etwas unangenehm und der Mantel sah auch nicht mehr sehr gebrauchsfähig aus. Die Schuhe waren abgetragen und an einem seiner Schuhe hing der Schnürsenkel zerrissen herunter. Jedenfalls holte er aus einem zerbeulten Rucksack seine Zeitung heraus und siehe da, wer hätte es gedacht, es war die "FAZ!" Ich schaute wie gebannt auf die Zeitung, dann wieder den Mann neben mir an und grinste so vor mich hin. Aha, dachte ich, das ist also der neue Führungs-Etagen-Typ!
 
Also mal ehrlich. Kann man den Menschen an der Lektüre einer bestimmten Zeitung erkennen? Ich würd mal sagen NEIN!
 
Ehrlich, wer hat nicht schon mal am Strand in Spanien oder Italien, irgendwo in der Sonne gelegen und sich dabei einem Exemplar der Zeitung mit den vier Buchstaben still vor sich hin lächelnd, hingegeben?
 
Oder im Wartezimmer sitzend, wartend voller Gier die neusten Klatschnachrichten lesen, das ist doch absolut köstlich. Mach ich sonstwo nie!
 
Jedoch manchmal, da schleiche ich verstohlen in einen Zeitungsladen und kauf mir die Brigitte für die Frau ab 4o, einfach so, nur mal um zu gucken, wie sieht denn Frau ab 4o heut so aus, was bewegt sie, wie kleidet sie sich, wie schminkt sie sich. Leider find ich mich da nie wieder.
 
Also kann man den Menschen jetzt einordnen, nach dem, was er liest! Na dann?
 
Wie kommt eine Zeitung nur darauf, ihre Zeitung hauptsächlich einer bestimmten Klientel zuzuordnen? Das würd mich mal interessieren.
 
Müßte da die Zeitung mit den vier Buchstaben den Slogan verbreiten:" Die Zeitung für den Blöden?"
 
Oder die Modezeitschriften den Slogan "Für die Frau, die up today sein will!"
 
Die TAZ dann "Zeitung für den Superkritiker!"
 
Also mal ehrlich, ich werd mich hüten, den Menschen nach der Lektüre seiner Zeitung in irgendeine Schublade einzuordnen. Aber wer weiß, was da im Unterbewußtsein, die jede Werbebotschaft vermittelt, nicht doch im einen oder anderen hängen bleibt.
 
Also sollte man vielleicht doch besser aufpassen, mit welcher Zeitung man sich in der Öffentlichkeit zeigt, man weiß ja nie, wer einen beim Lesen erwischt und schwups hat man sein Klischee weg. So schnell geht das mit den Schubladen.
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10. Oktober 2008 5 10 /10 /Oktober /2008 18:36
Ich freu mich immer, weil es eigentlich viel zu selten geschieht, wenn ich das Töchterchen in Aachen besuchen kann. Zu einen gefällt mir Aachen sehr gut, es lädt zum Flanieren durch viele nette kleine Straßen mit noch individuellen Geschäften, in denen man noch mit den Besitzern plaudern kann, über Herkunft und Art ihres Sortiments. Ich liebe das indische Restaurant, in dem ich köstliche Speisen, deren Duft meinen Geruchs- und Geschmackssinn betören und ich mag die familiäre Athmosphäre in dem kleinen Raum, wo man bis hinein in die Küche schauen kann.
 
Es kitzelt mich immer schon im Bauch, wenn ich die fünf Etagen in dem alten, etwas heruntergekommenen Altbau hinaufsteige, natürlich vor allen Dingen, weil ich mein Töchterchen wiedersehe, aber auch, weil ich endlich mal wieder WG-Luft schnuppern kann. Ich gehöre wohl zu den Müttern, die keinen Schock erlitten haben, als ihr Kind verkündete, sie gründet eine Wohngemeinschaft, im Gegenteil. Hab ja selber einige Jahre in selbiger verbracht und denke heute noch mit Wehmut an die schönen Zeiten, damals in Kalkar b. Euskirchen. Ach Mensch, war das herrlich! Schon allein unser Auto, ein alter Opel-Rekord mit lauter blauen Sternchen bemalt war eine Atttaktion für die restlichen, alteingesessenen Dorfbewohner. Die langen Haare und das Hippi-Outfit war besser als jede Fernsehsendung für einige. Ach war dat lustig, man wußte genau, jetzt stehen sie wieder hinter den Gardinen und schauen klammheimlich zu uns herüber! Ne, sie haben nie gewagt, uns zu fragen, wie wir wohl zusammenleben. Aber ihre Kinder, die waren immer sehr zutraulich, mit denen kamen wir oft ins Gespräch. Und da kam dann schon mal hin und wieder ein Klopser, z.B.:"Schlaf ihr alle in einem Bett?" Oder:"Warum habt ihr keine Gardinen vor dem Fenster?" Ach, was haben wir gelacht. Und nach einiger Zeit, spätestens nach der Dorfkirmes, als wir mit dem einen oder anderen einen drauf gemacht hatten, waren wir endlich ein bißchen akzeptiert, blieben aber immer schillernde Vögel!
 
Genau an diese Zeiten, muß ich immer denken, wenn ich in die WG zum Töchterchen komme. Alles relaxt, aus jedem Zimmer ne andere Musik, jeder Raum ein kleines exotisches Idyll auf seine Weise. In der Küche der Zettel, wer dran ist mit dem Klosaubermachen, wer den Müll runterzutragen hat und welche Döschen, Flaschen und Yoghurts wem gehören und woran man auf keinen Fall seine Hand legen darf.
 
Abends, wenn man dann nach Hause kam, erstmal ins Zimmer, Rückzug, aber sobald einem nach Geselligkeit war, die Küche, der Ort, wo immer jemand zu finden war und man noch spät in der Nacht plötzlich auf die Idee kam, einen Pflaumenkuchen zu backen und gerade dann die herrlichsten Diskussionen über Gott und die Welt, über Wünsche und Träume stattfanden.
 
Und jedesmal bin ich ein klein wenig neidisch auf diese WG-Idylle vom Töchterchen und sehne mich danach zurück.
 
Ich würd schon gern wieder, so mit anderen zusammen und nicht allein, gerade jetzt, mit zunehmendem Alter. Alles ein wenig unkonventioneller, aber finde mal einen, in meinem Alter. Ne, die meisten wollen ihre eigene kleine Burg mit Zaun drumherum und keinen Blick, nicht nie, in ihre heiligen Gemächer und schon gar nicht in den Kühlschrank.
 
Nächste Woche fahr ich wieder hin, auf jeden Fall und werd mich es mir mal wieder so richtig gut gehen lassen am Küchentisch vom Flohmarkt und es mir gemütlich machen, in dem alten ausgedienten Sessel, der es aber immer noch tut. Dort werd ich warten, falls sie noch nicht da ist und den Stimmen aus den anderen Zimmern zuhören und die leise Musik, die hier und da herübertönt. Und vielleicht, ja vielleicht, finde ich doch noch Gleichgesinnte, die nicht allein im Alter bleiben wollen. Wer weiß es schon!
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10. Oktober 2008 5 10 /10 /Oktober /2008 18:35
Sonntagabend ist für mich immer Krimizeit. Den Kölner Tatort seh ich natürlich am liebsten. Die ersten Bilder des Films hab ich nicht mitbekommen, da ich gerade noch einen Kommentar zum Beitrag von Jess Neonleuchten geschrieben hatte. Aber dann gings schnell weg vom PC. Die ersten Bilder, die ich sah, waren in Chorweiler gedreht worden. Das fand ich schon stark, diese Trostlosigkeit eines Kölner Vorortes zu zeigen. Ehrlich gesagt, wußte ich gar nicht, worum es diesmal im Tatort ging.
 
Aber dann war ich regelrecht geschockt, Mein Mann und ich saßen völlig hypnotisiert vor dem Fernseher und schauten zu, wie dieser Tatort ein Thema aufgriff, das, ja so kann man es wohl sagen, eines der heißesten Themen überhaupt aufgegriffen hatte. Ein Phädophiler, der verurteilt war, einen Jungen mißbraucht und getötet zu haben, war aus der Haft entlassen worden, und wollte zurückkehren in seine Wohnung. Natürlich war er bekannt, denn eine Organisation, die sich gegen Kindesmißbrauch und dem Auffinden von Phädophilen widmete, hatte zusätzlich überall Steckbriefe des vermeintlichen Mörders angeheftet. Sogleich wurde er auch von einem dort lebenden Nachbarn auf einem Spielplatz beim Beobachten von Kindern erwischt und zusammengeschlagen. Am Morgen danach fand man ihn tot in einem Müllcontainer. War es Lynch-Justiz? Schon ein Thema für sich allein!
 
Von den letzten beiden Kölner Tatorten war ich ein bißchen enttäuscht, aber was dieser Krimi diesesmal an Dichte hatte, das raubte mir schon den Atem. Gezeigt wurde die Gefühls- und Lebenswelt aller Beteiligten, die des Hinterbliebenen des ermordeten Jungen, nämlich des Vaters, der Vorsitzende der Organisation für das Auffinden phädophiler Mißbraucher. Sein Leben, seine Ehe war zerstört und seine ganze Lebensernergie hat sich darauf ausgerichtet, mögliche Täter zu finden und zur Rechenschaft zu ziehen. Er bediente sich eines jungen Mannes, der selber als Kind Opfer eines Phädophilen geworden war, der die Verhaltensweisen der Täter also genau kannte, der aber auch genau wußte, wie man sich als Opfer fühlt, einem Menschen, dessen Seele als Kind zerstört wurde, der nicht mehr fähig war, zu einem normalen und glücklichen Leben zu finden.
 
Gezeigt wurde aber auch die Familie des angeblichen Mörders des Jungen. Zerstört, geächtet von allen. Der Vater des Mörders erklärte, dass er froh sei, dass sein Sohn beseitigt worden war. Sein Bruder, verliebt in eine junge Frau, die wiederum einen kleinen Jungen hatte, zum Scheitern verurteilt dessen Beziehung, weil diese Frau aus Angst vor ebenfalls möglicher Übergriffe seinerseits nicht mit ihm zusammen leben wollte.
 
Gezeigt wurde die Kaltblütigkeit und Rohheit des Mannes, der sich nach Festnahme, nachdem er dabei erwischt wurde, wie er mit einem Video gehandelt hatte, in dem er ein kleines Mädchen mißbraucht hatte. Das Gespräch zwischen ihm und den Kommissaren, die unglaublich beeindruckend ihre Betroffenheit rübergebracht hatten, ließ einem den Atem stocken. So erzählte dieser, dass es überhaupt nicht schlimm sei, kleine Kinder zu verführen, erst langes Vertrauen zu ihnen aufzubauen und sie dann zu mißbrauchen. Er fühlte sich absolut im Recht. Was denn schon "normal" sei, war seine Ansicht. Wer denn das Recht hätte, zu beurteilen, was richtig oder falsch sei.
Die eindringlichen Ermahnungen, wie ein solcher Mißbrauch die Seele eines Kindes tötet, erreichten ihn nicht. Ich muß sagen, ich war fassungslos, wie alle Seiten, alle menschlichen Abgründe und Empfindungswelten hier geschildert wurden.
 
Ich mußte zwischendurch an einen Bekannten denken, der hier in Köln bei der Kriminalpolizei arbeitet und genau mit solchen Fällen tagtäglich konfrontiert wird. Aus seinen Erzählungen weiß ich, wie schwer der Dienst der Beamten ist, die in diesem Bereich arbeiten, die sich täglich mit diesen Täterns befassen müssen, sich Bilder und Videos anschauen, die sie bis in ihre Träume hinein verfolgen. Einige, so sagt er oft, trinken, weil sie es irgendwann nicht mehr ertragen können. Aber, wenn sie es nicht mehr ertragen können, wer soll dann noch diese Arbeit tun.
 
Die Ohnmacht, in der sich Ballauf und Schenk während der Aufklärung befanden, hat mich nachhaltig beeindruckt.
 
Kaltblütig lächelte der Mißbraucher des kleinen Mädchens sie an und meinte, drei Jahre vielleicht, dann ist er wieder draußen. Dann geht das weiter. Wegsperren, war die Meinung der Beiden.
Aber in Deutschland allein leben ca. 2oo.ooo Phädophile, wo sollen die denn eingesperrt werden, die Antwort des Psychologen, der den Ermordeten betreut hat und ihm sogar ein Zeugnis erteilt hat, dass er angeblich seine Neigung in den Griff bekommen habe. Es warte ja auch therapeutische Nachbehandlung auf sie. Und was ist mit den Opfern, die Frage von Ballauf und Schenk? Ja, die, die werden doch auch psychologisch betreut, ebenfalls die Eltern der Kinder.
 
Am Ende stellte sich heraus, nicht der Ermordete hatte den kleinen Jungen getötet, sondern der, der dem Vater des Jungen in seiner Organisation zur Seite stand, um weitere Phädophile auffindig zu machen. Es klärte sich auf, dass dieser den Jungen getötet habe, als sein Peiniger diesen immer öfters mit nach Hause brachte und ihm seine ganze Zuwendung entgegenbrachte, die ihm dadurch genommen wurde. Er hatte ja niemanden vorher, der ihn geliebt habe und er sah sich dieser Liebe nun genommen. Er, zu einer Zeit, in der er aus dem Alter eines Kindes, das für Phädophile interesdsant ist, herausgewachsen, hat den Jungen aus Neid und Eifersucht ermordet.
 
Ein Ende, dass man nicht erwartet hatte und ich saß am Ende stumm und still vor dem Fernseher, unfähig zu verarbeiten, was ich da gesehen hatte. Ich bin gespannt, wie die Resonanzen auf diesen Krimi morgen in der Presse ausfallen.
 
EIn wirklich mutiger Krimi, zu einem Thema, mit dem man eigentlich nicht gerne konfrontiert werden möchte, dass aber doch so aktuell wie noch nie ist.
 
Für mich unglaublich, dass Menschen, die so etwas tun, nicht in der Lage sind, nachzuvollziehen, dass sie die Seele eines Kindes zerstören, dass es sein Leben lang unter dieser Wunde zu leiden hat, die immer wieder aufbrechen kann.
 
Wir sehen das Ungeheuerliche und wollen es nicht glauben. Und ich frage mich immer wieder, wieso Menschen zu so etwas fähig sind!
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10. Oktober 2008 5 10 /10 /Oktober /2008 18:35
Gestern abend hab ich mir mal wieder eine kleine Auszeit gegönnt. Kinobesuch stand an. Den ganzen Tag schon hatte ich mich auf den Abend gefreut. Vorfreude ist bekantlich die schönste!
 
Ich mag die Musik von Frames, daher hab ich mich schon auf allen Wegen den Tag über über in die Musik versunken und sie hat immer mehr Appetitt auf den Film gemacht.
 
Von welchem FIlm ich spreche? Von einem kleinen "Meisterstück" unspektakulär, aber daher um so intensiver, mit dem Titel"Once!"
 
Er zeigt die Geschichte eines jungen Mannes, der nach dem Tod der Mutter zu seinem Vater zurückgeht, um ihn in der Trauerzeit zu unterstützen. Die Szenen, die eine starke Intensivität des Verhältnissses beider zueinander zeigen, ohne viele Worte, beeindrucken sehr. Der junge Mann repariert in der Werkstatt des Vaters Staubsauger und steht zwischendurch auf einer Hauptgeschäftsstraße von Dublin, um mit seiner Musik etwas Geld hinzuzuverdienen. Er hat außerdem eine Liebe verloren und träumt von großen Glück seiner Entdeckung als Musiker.
 
Eines Tages begegnet ihm eine junge Frau, selber Pianistin, die ihn einfach anspricht, ihn fragt, warum er tagsüber nicht seine eigenen Songs singt, sie seien schön. Die Bilder der ersten Begegnung dieser Beiden sind umwerfend, zart, man kann die Gefühle, die in ihnen in ihrem tiefsten Inneren entstehen, spüren. Die Augen, ihre Gesichter sprechen Bände.
 
Die junge Frau läßt nicht locker, fragt ihn, was er sonst noch so mache. Staubsauger reparieren, ist seine Antwort. Daraufhin erscheint sie am nächsten Tag mit ihrem defekten Staubsauger und bittet ihn, diesen zu reparieren. Er fühlt sich überrumpelt. Geht nicht, nicht heute, sie solle morgen wiederkommen. Aber sie bleibt dran und so lädt er sie zu einem Kaffee ein. Der Moment, wo beide durch die Straßen ziehen, hintersich herziehend den Staubsauger sind unglaublich komisch, aber anrührend, einfach, und man denkt, genauso würdest du es auch machen.
 
Genauso wie man sich in die beiden verlieben kann, in die Momente ihrer Aufeinandertreffens, die sich begegnen und sich erkennen, die sich suchen, aber gleichzeitig auch distanzieren wollen. Gnauso verliebt man sich, wenn man es nicht sowieso schon ist, in Dublin. Denn der Film zeigt wunderschöne Aufnahmen einer Stadt, die für ihre kulturelle Buntheit bekannt ist, für ihre Einfachheit, für das bunte Gemisch von Menschen aller nationaler Zugehörigkeiten. Einfache Menschen, gradlinig, nicht realitätsfremd.
 
Die Beiden versuchen ihre innerliche Distanz über die Musik zu überwinden. Es scheint Liebe zu sein, auf den ersten Blick, zart, unschuldig. Nein, es ist nicht trivial, nicht in einer Sekunde kitschig, sondern real, wirklichkeitsnah und tief! In einem Anfall von Einsamkeit bittet er sie schon am ersten Abend bei ihm zu bleiben in der Nacht. Die Enttäuschung auf ihrem Gesicht, nur ihre Augen sprechen, läßt ihn erkennen, dass er zu weit gegangen ist. Das Ende der gerade begonnen Beziehung scheint zu Ende.
 
Aber die Musik führt sie beide wieder zusammen und schon am nächsten Tag sitzen sie in einem Instrumentengeschäft, wo sie manchmal das Klavier benutzen darf und spielen seine Songs, unspektakulär, einfach, träumerisch. Die exentrische Stimme vermischt mit der unglaublich feinen, zarten Stimme der jungen Frau läßt einen Gänsehaut bekommen. Es kommt wie es kommen muß, er will nach London, sie, verheiratet, eine kleine Tochter, ihr Mann in Tschechien verblieben, will bleiben wo sie hingehört. Aber vorher nehmen beide zusammen mit anderen Musikern eine CD in einem studio auf. Der größte Teil des Filmes spielt nun in diesem Studio und beim Zuschauen hat man den Eindruck, man säße nicht in einem Film, sondern sei live dabei. Die Musik ist einfach fantastisch. Beide Protagonisten zeigen mit wenigen Worten, wenig Bewegung, eine schauspielerische Leistung, die es ermöglicht, zu ertasten, zu erspüren, wie es sein kann mit der Liebe, die gerade beginnt, aber schon verloren ist. Man ist geneigt, zwischendurch zu denken, es wird eine unglaublich schöne Romanze mit Happyend, aber am Ende ist man nicht enttäuscht, weil beide durch ihren Charakter eine Stärke gezeigt haben, in dem sie das tun, was für jeden einzelnen das Richtige ist, aber das, was sie beide erfahren haben, trotz alledem nicht verloren geht.
 
So ist der Film auch eine musikalische Biographie der Band "Frames", die ihren Namen nach einer Leidenschaft des Sängers Hansard hat, der eine Leidenschaft für das Reparieren von Fahrrädern hatte. Hansard, der Gründer von Frames, verließ schon mit 13 Jahren die Schule, um sich seinen Weg zu einer musikalischen Karriere zu ebnen. Er wat 17 Jahre alt, als er die "Frames" gründete. Die allererste Besetzung der Frames bestand aus Noreen O´Dell Gesang, Hansard und Dave Odlum Gitarre, John Carney Bass, Paul Brennan Schlagzeug Colm Mac An Iomare Violinist und Keyboard. Kurz nach ihrem ersten Auftritt waren sie in Großbritannien bekannt. Ihre erste Single "The Dancer" erschien 1992. Die Bandmitglieder wechselten in der nachfolgenden Zeit, aber Frames blieben und hielten ihrer Musikrichtung die Treue.
 
Hansard selber spielt die Hauptrolle im Film "Once", der einem Märchen gleichkommt. Die Filmmusik wurde 2008 für den Oscar der Kategorie "Best Music Song" vorgeschlagen. Der Film selber erhielt 2007 den Publikumspreis des Sundance Film Festivals. EIn wirkliches Bravourstück, dieser FIlm, der einlädt an einem ABend für knappe eineinhalb Stunden alles zu vergessen und sich den wunderschönen melancholischen Klängen und der Stimmen von Frames hinzugeben.
 
Am Ende ist man zufrieden, es ist schön, zu sehen, wie beide glücklich darüber, dass sie sich kennenlernen durften, in ihren Herzen weiterleben, aber dann ihren eigenen Weg gehen.
 
Lohnenswert!
Once
 
Laßt Euch verzaubern!
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10. Oktober 2008 5 10 /10 /Oktober /2008 18:34
Draußen laufen bunt gekleidete Menschen über die Straßen, Lachen dringt in meine Ohren, doch ich zerbreche innerlich. Schmerz macht einsam. Ich wußte es doch und wollte es dann am Ende nicht wahrhaben. Sie ist gegangen.
 
Am Mittwochabend um 19.55 Uhr lag sie in meinen Armen und hauchte ihr Leben aus mit einem langen tiefen Seufzer. Sie hatte ein Lächeln auf dem Gesicht.
 
An diesem Morgen fühlte ich mich schwer. Ich machte mich auf den Weg zu ihr ins Hospiz, wo sie die letzten vierzehn TAge verbracht hatte, nachdem die Ärzte es ihr angeraten hatten. Schon wieder muß ich Abschied nehmen, sagte sie mir, als sie vom Krankenhaus zu mir nach Hause gebracht wurde. Sie wußte, jetzt geht es zu Ende. Sylvesternachmittag saß ich bei ihr und wir hörten ihre Lieblinksmusik von Andre Rieu, er spielte die Meldodie vom Soldaten am Wolgastrand. "Das ist das Lied vom Ende des Lebens" sagte sie ganz ruhig. Ich weinte! Nicht weinen Kind, sagte sie. Alles ist gut. JA, alles war gut, und ich versuchte stark zu sein.
 
Ich ging an diesem Mittwochmorgen ins Blumengeschäft, wollte ihr noch einen frischen Strauß Frühlingsblumen kaufen, da klingelte das Telefon. "Kommen sie schnell", sagte die Pflegerin. Ich raste mit meinem Rad ins Hospiz. Sie war nicht mehr ansprechbar. Ich stellte ihr die Blumen, die mich an Auferstehung erinnerten, setzte mich zu ihr und hielt ihre Hand. Nach zwei Stunden kam die restliche Familie. Sie hatte es schwer, blieb aber ruhig. Ich nahm sie immer wiede in den Arm, wenn ich sah, wie Tränen über ihr Gesicht liefen. Der Abschied war schwer und kam dann letztendlich so plötzlich. Zweimal hatte sie geprobt, das Sterben, so sagten es die Pfleger im Nachhinein. Immer war die Tür noch verschlossen, so sagte sie mir. Immer wieder, sei ich dazwischen gekommen. Wie klar und präzise sie sich in diesen letzten Tagen mitteilen konnte, wie nie zuvor.
 
Alles hat sie durchlebt in diesen Tagen, ihren eigenen Schmerz, die Traumatas aus der Kindheit, den Krieg und die damit verbundenen furchtbaren Geschehnisse. Angst hatte sie manchmal. Komm ich in den Himmel oder in die Hölle, fragte sie mich. Mama, sagte ich, ganz bestimmt in den Himmel, aber ganz bestimmt, denn die Hölle hast du schon hinter dir, in all deinem Schmerz, den du erlitten hast, in all dem, was geschehen und versäumt war. Letztendlich hat sie ihren Frieden gefunden, mit sich, mit mir und allen anderen.
 
Alle sind noch einmal gekommen, überall fand Versöhnung statt. Dann war sie ruhig. Sie war tapfer, unglaublich tapfer. "Unsere Prinzessin", sagten die Pfleger immer. Kein Wehklagen, kein Jammern, immer hat sie mit letzter Kraft noch mitgeholfen. Gelacht hat sie in diesen letzten Tagen, immer ein verschmitztes Griemeln im Gesicht getragen. Und immer wieder:" Wein nicht, alles nicht schlimm!" Alles nicht wichtig!
 
Noch einen Tag zuvor, sagte sie morgens, die wollten mich duschen, aber ich wollte nicht, es war doch so kalt, da hätte ich mir den Tod geholt. Wir mußten beide über ihre Worte lachen. Oder, Du, Kind, der nebenan, der Mann, der da liegt, der ist viel kränker als ich. Unfaßbar, dass sie im Angesichts ihres eigenen körperlichen Verfalls immer sagte:" Mir geht es doch super, wenn der Bauch nicht wäre!".
 
Dankbar war sie, nie hab ich eine solche Dankbarkeit in einem Menschen gesehen, für jede kleine Geste, jedes erfüllten Wunsch. Ja, sie hatte noch einmal viele kleinen Wünsche, ein weichgekochtes EI, ein gemeinsames Frühstück an einem Sonntag mit mir. Und am Abend dann , als ich ging, sagte sie:" Das war mein schönster Tag!" AM Dienstag noch Pralinen!
 
Merkwürdige Dinge wollte sie manchmal. Samstag sagte sie, "Kind, ich will mal einen Sekt trinken!". Meine Mutter hat nie ALkohol getrunken. Klar, sagte ich, heute abend trinken wir ein Gläschen. Gesagt getan! Nach drei Schlucken meinte sie, genug, ich muß mich ja nicht gleich am ersten Abend besaufen! Wieder mußten wir lachen. Du bist mein Engel, sagte sie zum Abschied.
 
Und dann kam der Mittwoch. Es ginge schnell, meinten die Pfleger, aber es dauerte dann noch ganze neun Stunden. Sie hat gewartet, auch noch auf meinen Sohn, der abends von der Uni kam.
 
Wir waren uns zwischendurch unsicher, ob sie vielleicht doch lieber allein sterben wollte.Aber manchmal spürte ich ihren Blick auf mir,oder er wanderte zu meinem Bruder, zu meinem Sohn und meinem Mann, dann auf den Frühlingsstrauß. Eine kleine Bewegung in meiner Hand von ihrer Hand, da wußte ich, dass sie wollte, das wir bei ihr waren.
 
Ohnmächtig, ich fühlte mich ohnmächtig. Nichts tun, nichts sagen, nur halten, nur da sein, abwarten. Der Tod ließ sich nicht beschleunigen, er hatte seine eigene Geschwindigkeit. Dann kamm er, nach langer Pein, der Atem wurde kürzer, ruhiger, immer wieder Tränen, und am Ende ein langer tiefer Seufzer. Sie seufzte ihr Leben mit einem letzten langem Atemzug aus. Sie starb in meinen Armen. Ich streichte ihr die Haare aus dem Gesicht, drückte ihre Hand, wischte ihr den letzten Blutsttropfen vom Gesicht und küßte sie zärtlich. Wir blieben so, noch für eine ganze lange Zeit. Wir saßen da, stumm.
 
Die anderen verabschiedeten sich. Ich bleb mit ihr allein. Ich wusch sie, cremte sie ein und zog ihr ein schönes Kleid an. Schön sah sie aus. Am Ende, gab ich ihr, wie versprochen einen Kuß mit meinem roten Lippenstift auf ihre Wange. Das wollte sie so, sie wollte den Kuß mitnehmen.
 
Ich deckte den Tisch mit einer weißen Decke, den Blumen, dem Kreuz, ihrem Engel und legte ihr das kleine Holzkreuz in die Hände. Sie sah friedlich aus. DAnn hielten wir stumme Zwiesprache.
 
Ein letzter Blick, zum Weinen ging ich raus, setzte mich aufs Rad und fuhr duch den Regen nach Haus. Und erst zuhause brach ich zusammen. Tränen reinigen die Seele. Ich mußte weinen, aber nicht nur um mich, das ich sie nun nicht mehr hatte, vor allen Dingen über sie, über ihr Leben, über ihren Schmerz, über ihren lebenslangen Rückzug in sich selber,über all das, was sie dadurch nicht erleben durfte. Alles Bilder kamen und kommen immer wieder in mir hoch, der letzte Spaziergang, der letzte EInkauf, das letzte Lächeln. Immer wieder. Nachts, lieg ich wach und dann sind sie wieder da die Bilder. Es wird wohl noch lange brauchen, bis der Schmerz überwunden ist.
 
Sie war tapfer, mehr als tapfer. Sie ist gegangen und wir müssen weiter gehen. Aber ich weiß, dass sie bei mir bleibt in meinem Herzen. Ich nehme Dich mit Mama, sagte ich ihr noch, auf meinem Weg nach Santiago.
 
Allein! wieder allein!
Einsam wie immer.
Vorüber rauscht die Jugendzeit
in langer, banger Einsamkeit.
Mein Herz ist schwer und trüb mein Sinn,
ich sitz im goldnen Käfig drin.
 
Wir beide, sie und ich, wir kannten diese Einsamkeit des Schmerzes. Wir kannten den Schmerz, eingesperrt zu sein. Sie ist jetzt in der Freiheit, erlöst. AUch ich werd dann, später, erlöst sein.
 
Ich bin dankbar, dass ich sie gehabt habe und für alles, was zwischen uns geschehen ist, auch wenn ich mich manchmal schäme, weil ich denke, es war zu wenig. Aber wichtig ist doch, dass ich es kennenlernen durfte!
 
Es war gut, dass wir da waren. Die Pfleger sagten uns noch am Ende, so schön war alles, so gut haben wir es gemacht. Das würden sie nicht so oft erleben. Es hat mir gut getan, mir die eigene Unsicherheit genommen. MAn nimmt sich selber so wichtig, dabei sagte sie doch immer:" Ist alles nicht so wichtig!"
 
Dieser Satz wird mir helfen, für mein Leben, denn es stimmt, es ist alles nicht so wichtig, von dem wir glauben, es sei wichtig!
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10. Oktober 2008 5 10 /10 /Oktober /2008 18:34
Am Aschermittwoch ist alles vorbei! Ja nun! Was denn? Jubel, Trubel, Heiterkeit? Auf Kommando fröhlich sein, auf Kommando alles wieder beim alten. Das Lachen verstecken! Die Clownsnase in die Schublade und ab in den Keller. Das war`s denn! Oder doch nicht?
 
Jedenfalls die richtig organisierten Karnevalisten machen immer weiter. Da sind schon wieder die ersten Treffen, das Motto fürs nächste Jahr muss entschieden werden. In den Vereinen müssen neue kreative Vorschläge erdacht und umgesetzt werden. Karneval ist ein Geschäft, wussten wir´s doch!
 
Aschermittwoch! Hab mal gelesen, dass es Zeiten gab, wo der Christ vom Arbeitgeber frei bekommen musste, um am Aschermittwochmorgen in die Kirche gehen zu können, damit er sich das Aschekreuz holen konnte. Stelle mir gerade vor, wenn ich meinem Arbeitgeber sagen würde, hör mal, am Mittwoch komme ich zwei Stunden später, muss erst in die Kirche. Na so wat!
 
Ist ja auch eigentlich nicht so wichtig, der Aschermittwoch, jedenfalls für die meisten, die sich jetzt dem närrischen Treiben hingegeben haben. Aber wie gesagt, alles ist jetzt vorbei. Die treuen Schwüre, die Hoffnung, vielleicht, ja vielleicht, ist dieses Mal der Mann, die Frau fürs Leben zu finden! Dat Bützche hier, dat Bützche da, vergessen!
 
Der Mensch braucht Fröhlichkeit, Ausgelassenheit, einmal die Sorgen und Nöte des Alltags vergessen. Jedoch, beschränkt es sich nicht auf die närrische Zeit. Der Mensch sucht immer weiter. Karneval ist doch immer, das ganze Jahr. Selbst bei einer Party, irgendwann, mitten im Jahr, die Zeit ist fortgeschritten, da singt man sie wieder, die Lieder, echte Fründe, da sin mer dabei, dat is prima, viva Colonia. Wo mir sin, is Kölle.
 
Aber ist das wirklich alles?
 
Und was ist jetzt mit dem Aschekreuz? Wieso, gerade jetzt, muss ich daran erinnert werden, dass alles nur Schein ist. Dass das Leben vergänglich ist? Wozu ist es gut, darüber nachzudenken. Ändert sich dadurch etwas an meiner Lebensweise? Umkehr? Was bedeutet das eigentlich noch für den Menschen? Ist das nicht ein Wort, das völlig aus der Mode gekommen ist? Umkehr! Wovon? Wenn der Mensch nicht mehr erkennt, dass er seine Verhaltensweisen überdenken muss, wieso dann Umkehr?
 
Wenn der Mensch nur noch funktioniert, tagtäglich wie ein Hamster im Räderwerk seinem Tagewerk nachgeht, unreflektiert, angepasst, scheinbar ist doch alles richtig, so, wie es ist, wozu dann überlegen, woher komme ich, wohin gehe ich?
 
Aschermittwoch scheint nur noch für Wenige einen Sinn zu haben. Sich prüfen, wer bin ich, wo sind meine Gewohnheiten, von was bin ich abhängig, was macht mir das Leben schwer, kann ich überhaupt verzichten, freiwillig? Bin ich bereit, mich einmal für eine Zeitlang mit etwas zu beschäftigen, was ich sonst verdränge. Vielleicht endlich mal ein Gespräch führen, das schon lange fällig wäre? Versöhnung suchen! Klarheit schaffen im Miteinander in der Familie, zwischen Freunden, Nachbarn?
 
Noch liegt die Pappnase griffbereit, noch einen Tag, aber dann ist er da, der Aschermittwoch, Katerstimmung, und dann?
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10. Oktober 2008 5 10 /10 /Oktober /2008 18:33
Es ist relativ still an diesem Nachmittag in meiner Buchhandlung. Der Regen hält die Menschen in den Häusern, ab und zu öffnet sich die Türe, eine kleine Beratung, ansonsten widme ich mich den Novitäten, die in Fülle in ihren Kisten auf das Auspacken und einsortieren warten. In unserem roten Sessel sitzt eine Kundin und liest in einem Buch, ganz still, die Musik klingt leise und ich bin ein bißchen versunken in meine Tätigkeit.
 
Plötzlich geht die Türe auf und zwei Kinder, Alter ca. acht Jahre, pummelig mit roten Backen kommen hereingestürmt, wie Kinder manchmal so sind. Laufen direkt auf unseren Non-Book-Tisch zu, kommen nach einer Weile zu mir mit einem rosa-Quarz-Herz, legen 2,5o ? auf den Tisch, um zu bezahlen. Oh, sage ich zu ihnen, das Herz kostet aber 5,1o?! Ich sehe, wie das kleine Mädchen ganz blaß wird. Du, sagt sie, vor Weihnachten hab ich das Herz aber für 2,5o? gekauft. Das kann nicht sein, antworte ich ihr, guck, schau mal, hier steht der Preis dran, 5,1o ?. Aber es ist wirklich wahr, es war kurz vor Heiligabend, als ich das Herz für den Preis hier gekauft habe, antwortet sie mir.
 

Es entwickelt sich eine kleine Diskussion mit ihr, ich erkläre ihr, dass ich ihr das Herz unmöglich für den Preis verkaufen kann. Sie wird ganz traurig, sie will es nämlich ihrer Mama schenken zum Geburtstag. Sie holt ihre Geldbörse heraus, zählt das Geld auf die Theke, es werden genau 5,--?. Ach mensch, mir wird ganz anders! Ich zwinkere ihr zu, nehme 2,5o?, reiche ihr den Rest zurück und sage: "Du, das muß jetzt aber unser Geheimnis bleiben!" Sie strahlt übers ganze Gesicht. Ich drücke den Preis ein, lege 2,6o ? aus meiner Geldbörse in die Kasse und laß sie glücklich abziehen.
 
Zwei Stunden später. Ein Kunde kommt, will Bücher abholen, die seine Frau bestellt hat. Ist aber schon etwas länger her, meint er, hoffentlich haben sie die Bücher noch nicht zurückgegebn! Ich ziehe die beiden Bestellungen aus dem Abholfach und will genau 22,4o ? von ihm kassieren. Ich muß vorausschicken, dass es völlig unüblich ist, dass wir von Kunden Trinkgelder bekommen, höchstens mal eine Blume, oder sogar auch mal einen Strauß Blumen oder Schokolade! Jedenfalls reicht der Kunde mit einen 5o,--?-Schein und als ich ihm das Rückgeld wiedergeben will, nimmt er nur die 25,--? und sagt:" Der Rest ist Trinkgeld!" Ich kann es gar nicht glauben, bedanke mich aber und wünsche ihm einen schönen Abend. Ruf ihm noch hinterher, so was passiert bei uns aber selten. Keine Ursache, meint er, ist ja auch nicht selbstverständlich, dass die Bücher solange festgehalten wurden.
 
Dann geht er und ich bleibe immer noch ganz erstaunt an der Theke stehen, bis mir auffällt, das waren ja genau, die 2,6o?, die ich vorher wegen dem Herzchen aus meiner Geldbörse in die Kasse gelegt habe.
 
Ich bin ganz gerührt, träume vor mich hin und denke, stimmt doch, was man gibt, bekommt man irgendwie wieder zurück. Manchmal nicht unbedingt im gleichen Wert, manchmal auch nur in der Freude, aber dieses Mal hat es gepaßt.
 
Ich bin glücklich, ein schöner Tag. Wie solch kleine Erlebnisse noch den Alltag verschönern und alles gut sein lassen können! Ich wünsche mir noch viele solcher kleiner Begegnungen. Es braucht nicht viel, um kleine Herzen glücklich zu machen!
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10. Oktober 2008 5 10 /10 /Oktober /2008 18:32
Noch zehn Wochen, dann ist es soweit. Ich zähle die Tage. Dann werde ich mich auf den Weg machen. Nicht nur auf "den" Weg, sondern einen ganz bestimmten Weg, den Jakobs-Pilgerweg.
 
Nach einer Legende führte im Jahre 830 eine Sternenerscheinung einen galicischen Hirten zum Grab des Heiligen Jakobus. Schon im 5. Jhd. soll es Hinweise gegeben haben, das Jakobus, Bruder des Apostel Johannes, in Spanien missioniert habe. Als er nach Palästina zurückkehrte, soll er von Herodes enthauptet worden sein. Sein Leichnam soll auf wunderbare Weise mit einem Schiff nach Galicien gelangt sein. Dort wurde er dann von seinen Jüngern bestattet.
 
Bischof Theodomir von Iria Flavia erklärte die Reliquien für echt und Alfonso II. König von Asturien und Leon, ließ zu Jakobus Ehren an der Fundstelle, dem "Sternenfeld" (campus stellae) dann eine Kirche errichten. So entstand, neben Rom und Jerusalem, das drittgrößte Pilgerziel der Christen.
 
Vom 11. bis zum 13. Jhdt. hatte der Jakobsweg seine Blütezeit. Christen aus ganz Europa zog es zum Jakobusgrab, bis zu 1ooo Pilgern täglich. Der typische Jakobspilger damals trug einen breitkrempigen Hut, einen weißen Mantel, einen Pilgerstab, einen Kürbis als Wasserbehälter, eine Tasche für die Pilgerdokumente und dann die Jakobsmuschel, die als Beweis für die Pilgerschaft galt, später dann zum typischen Erkennungszeichen des Pilgers wurde.
 
Die Jakobskathedrale selber entstand in den Jahren 1078 bis 12.Jhdt.. Sie ist ein Wahrzeichen für die damalige romanische Baukunst und Bildhauerei. Im Jahre 1122 rief Papst Calixt II. das Heilige Jahr aus, das von nun an gefeiert wurde, immer am 25. Juli, dem Namenstag des Jakobus.
 
Wer sich in dieser Zeit auf den Weg machte, kam leider nicht immer an. Vielfältige Gefahren lauerten auf dem Weg. Das Geld ging aus, weil betrügerische Händler, Wirte und Zollbeamte, den Pilgern es aus der Tasche zogen. AM Ende standen sie ohne da und mußten ihre Pilgerreise abbrechen. DAzu kamen vergiftete Flüsse, Wegelagerer, Krankheiten, viele verstarben auch auf dem Weg.
 
Um 1492 ebbte der Pilgerstrom ab, zum einen, wegen der ständigen Pestepidemien, zum anderen, weil Räuber und abteneuerlustige Scheinpilger überhand nahmen und ihr Unwesen trieben.
 
Im JAhre 1589 soll der englische Seefahrer und Pirat Fracis Drake die Reliquien gestohlen und versteckt haben. Sie wurden somit schlichtweg vergessen. So kam die Pilgerbewegung gänzlich zum Erliegen. Um die Pilger weider zu bewegen, wurde erneut nach den Reliquien gesucht. 1879 fand man sie dann zwischen den Mauern der Apsis. Eine Bulle von Papst Leo XIII. erklärte sie gegen alle Zweifler für echt. So machten sich erneut Menschen wieder auf den Weg.
 
In Zeiten des spanischen Bürgerkrieges 1936 - 1939 kam es jedoch wieder zum Stillstand. Trotzallem vereinnahmte selbst Franco Jakobus für seine Zwecke, in dem er verkündete, die größten Schlachten der Nationalsozialisten hätten sie Dank Jakobus gewonnen. So wurde unter dem Diktatot Franco Jakobus wieder zum Schutzpatron Spaniens. Kunsthistoriker machten sich auf den Weg. Erst seit der Öffnung Spaniens in Richtung Europa in den 6oer Jahren begingen auch wieder religiös motivierte Pilger den Weg.
 
Internationales Ansehen erhielt der Jakobsweg erstmals wieder nach dem Tode Francos und der Verabschiedung der demokratischen Verfassung. 1982 besuchte Papst Johannes Paul II. im ersten heiligen Jahr im demokratischen Spanien, das Grab. 1987 wurde der Camino de Santiago zum europäischen Kulturweg ernannt, 1933 in die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO, aufgenommen. Der gelbe Pfeil und die Jakobsmuschel wurden zum Wegweiser für alle Pilger und auf dem Weg breitete sich ein dichtes Netz an Pilgerherbergen aus, dier heute zum Teil von Privatleuten, zum Teil aus der Jakobsbruderschaft unterhalten werden.
 
Der Pilgerweg wurde von nun an international vermarktet. Im Jahre 2oo4 z.B. strömten Hundertausende von Menschen zum Jakobsgrab, von überall her. Übrigens sind die nächsten Heiligen Jahre 2o10 und 2o21.
 
Bis zum heutigen Tage also machen sich jährliche viele, viele Menschen aller Nationalitäten und Konfessionen auf disen Weg.
 
Ich selber bin vor einigen Jahren eine kleine Teilstrecke, 14 Tagesetappen bis nach Santiago gewandert. Die Erfahrungen haben sich bis auf den heutigen Tag in meine Seele eingebrannt. Ist man unterwegs, erkennt man, wer man ist.
 
Es ist schon eine Herausforderung an sich, aus der eigenen Bequemlichkeit des Alltags auszubrechen und sich Wind und Wetter zu stellen, in dürftigen und absolut bescheidenen Herbergen seinen Schlafplatz mit vielen anderen zu teilen, die man nicht kennt und trotz allem mit ihnen so nah in Berührung kommt.
Spätestens nach drei Tagen merkt man, dass man viel zu viel im Rucksack hat, aber das Wichtigste möglicherweise vergessen hat. Ein schönes Bild für unseren Alltag. Viel zu viel Sorgen und Probleme laden wir uns auf, die eigentlich nicht nötig sind, und die uns manchmal nicht schlafen lassen. Unterwegs lernt man auch, sich von unnötigem Ballast zu befreien, aber auch wie sehr man abhängig ist, von allen seinen Gewohnheiten.
 
Nie lernt man den eigenen Körper so gut kennen und schätzen, wie auf einer tagelangen Wanderung. Jedes Ziehen in den Muskeln, Schmerzen vom Tragen des Rucksackes, Blasen an den Füßen, zeigen uns auf, wie zerbrechlich unser Körper ist, aber auch, dass man sich selber überwinden kann und es letztendlich doch schafft. Kommt man dann am späten Nachmittag nach einer 35km langen Tagesetappe endlich in der Herberge an, läßt den Rucksack fallen, weiß man erst, wie einfach es ist, sich fallenlassen zu können. Eine einfache Mahlzeit, mehr braucht man dann nicht mehr.
 
Unterwegs trifft man immer wieder Menschen, die man in den Herbergen kennengelernt hat. Fremde achten aufeinander, passen auf und trotz aller Sprachschwierigkeiten findet man immer zu einer gemeinsamen Sprache, nämlich der der "Brüderlichkeit" im Miteinander.
 
Gelangt man dann endlich nach all den langen Strapazen und Mühen an sein Ziel und sitz in der Kathedrale, wo am jeden Samstag das große Weihrauchsfaß geschwenkt wird, ist man seelig. Es hat sich gelohnt, Körper und Seele sind gereinigt und im Einklang.
 
Ich gehe am 2. Mai los und werde hoffentlich nach 32 Tagesetappen mein Ziel erreichen. Vieles, was unbearbeitet ist, in meinem Leben, werde ich mitnehmen, vieles werde ich zuhause lassen, aber auch die Familie, Freunde und meine lieben Gewohnheiten.
 
Ich freu mich drauf, auf die neuen Erfahrungen, die Natur und die Menschen, die mir auf dem Weg begegnen und hoffe, dass ich immer die Kraft finden werde, auch gegen die Unwägbarkeiten angehen zu können.
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10. Oktober 2008 5 10 /10 /Oktober /2008 18:31
Der Tod, ein beklemmendes Wort, ein Wort, dass man nicht gern in den Mund nimmt, über den man noch weniger gern spricht. Und doch ist er präsent in unserem Leben! Wir neigen dazu ihn zu verdrängen, aber gerade das führt oft dazu, dass wir an uns und aneinander vorbeileben. Würden wir ihn immer bei uns haben, ihn als unserren Freund betrachten, um wieviel intensiver, bunter, fröhlicher wäre das Leben jedes Menschen. Davon handelt auch das Buch, dass ich Euch gerne vorstelle möchte.
 
Es ist ein Biulderbuch für Kinder, von Wolf Erlbruch. Erlbruch studierte Grafik-Design an der Folkwang-Hochschule. Er leitete den FAchbereich Architektur-Design-Kunst an der Fachhochschule Düsseldorf als Professor für Illustration. Erst in den 8oer Jahren beganng Erlbruch Kinderbücher zu illustrieren und zu schreiben. Seine Arbeiten umfaßten so große Themen wie die Schöpfungsgeschichte und die Frage nach dem Sinn des Lebens. Eines seiner wohl bekanntesten Kinderklassiker ist die Geschichte vom "Kleinen MAulwurf, der wissen wollte, wer ihm auf den Kopf gemacht hat!" EIn unbedingtes Muß!
 
Aber ich schweife ab. Das Buch "Ente, Tod und Tulpe" erzählt folgende Geschichte, die ich ausnahmsweise einmal ganz einstellen möchte, weil sie einfach nur schön ist und zu den Illustrationen kann ich nur sagen, schaut es Euch an! Es ist einfach wunderbar!
 
Also hier die Geschichte:
 
"Schön länger hatte die Ente so ein Gefühl. "Wer bist du - und was schleichst du hinter mir her?"
 
"Schön, dass du mich endlich bemerkst", sagte der Tod. "Ich bin der Tod."
 
Die Ente erschrak.
Das konnte man ihr nicht übel nehmen.
"Und jetzt kommst DU mich holen?"
 
"Ich bin schon in deiner Nähe, solange du lebst - nur für den Fall."
"Für den Fall?", fragte die Ente.
 
"Na, falls dir etwas zustößt. Ein schlimmer Schnupfen, ein Unfall - man weiß nie."
"Und dafür sorgst du jetzt?"
 
"Für den Unfall sorgt schon das Leben, wie auch für den Schnupfen und all die anderen Dinge, die euch Enten so zustoßen. Ich sage nur:Fuchs."
Daran mochte die Ente nicht einmal denken.
Davon bekam sie Gänsehaut.
 
Der Tod lächelte sie freundlich an. Eigentlich war er nett, wenn man davon absah, wer er war - sogar ziemlich nett.
 
"Wollen wir zum Teich?", fragte sie.
Das hatte der Tod befürchtet.
 
Nach einiger Zeit mußte sich der Tod eingestehen, dass seine Liebe zum Gründln Grenzen hatte. "Verzeih bitte", sagte er, "ich muß diesen feuchten Ort verlassen:"
 
"Ist dir kalt?", fragte die Ente. "Soll ich dich wärmen?"
Ein solches ANgebot hatte ihm noch niemand gemacht.
 
Sehr früh am Morgen wachte die Ente als Erste auf.
"Ich bin nicht gestorben!", dachte sie bei sich.
 
Sie stieß den Tod in die Seite. "ich bin nicht gestorben!", quakte sie hochzufrieden.
Der Tod hob den Kopf: "Das freut mich für dich", sagte er und reckte sich.
"Wenn ich aber gestorben wäre.....?"
"DAnn hätte ich nicht ausschlafen können"; gähnte der Tod.
Das war nicht nett, fand die Ente.
 
Obwohl sie sich vorgenommen hatte, von nun an nichts mehr zu sagen, wurde sie bald wieder gesprächig:
"Manche Enten sagen, dass man zum Engel wird und auf einer Wolke sitzt und runter auf die Erde gucken kann".
"Gut möglich" sagte der Tod. " Flügel habt ihr ja immerhin schon."
 
"Manche Enten sagen auch, dass es tief unter der Erde eine Hölle gibt, wo man gebraten wird, wenn man keine gute Ente war."
"Erstaunlich, was ihr Enten euch so erzählt - aber wer weiß:"
"Du weißt es also auch nicht!", schnatterte die Ente.
Der Tod schaute sie nur an.
 
"Was machen wir heute?", fragte er gutgelaunt.
"Heute gehen wir mal nicht zum Teich", sagte die Ente.
"Laß uns etwas wirklich Aufregendes machen!"
Der Tod war erleichtert.
"Auf einen Baum klettern?", fragte er spöttisch.
 
Tief unten war der Teich zu sehen.
Wie er so dalag, so still - und so einsam.
"So ist es also, wenn ich tot bin", dachte die Ente.
"Der Teich- allein. GAnz ohne mich."
 
Der Tod konnte manchmal Gedanken lesen.
"Wenn du tod bist, ist auch der Teich weg - zumindest für dich."
"Weißt du das genau?", fragte die Ente erstaunt.
"So genau, wie man es wissen kann"; sagte der Tod.
"Das ist tröstlich, dann muß ich ihm nicht nachtrauern, wenn...."
"du gestorben bist", sagte der Tod.
Über das Sterben zu reden fiel ihm leicht.
"Las uns runterklettern", bat ihn die Ente nach einer Weile, "auf Bäumen kommt man auf seltsame Gedanken."
 
In den nächsten WOchen waren sie immer seltener am Teich. Die meiste Zeit saßen sie irgendwo im Gras und redeten wenig.
Als ein kühler Wind ihr in die Federn fuhr, fror die Ente zum ersten Mal.
"Mir ist kalt," sagte sie eines Abends.
"Willst du mich ein bißchen wärmen?"
 
Zarter Schnee schwebte in der Luft. Etwas war geschehen. Der Tod schaute die Ente an. Sie atmete nicht mehr. Sie lag ganz still. Er strich ihr ein paar Federn glatt, die sich leicht gesträubt hatten, und nahm sie mit zum großen Fluß. Dort legte er sie behutsam aufs Wasser und gab ihr einen vorsichtigen Schubs.
 
Lange schaute er ihr nach. Als er sie aus den Augen verlor, war der Tod fast ein wenig betrübt.
Aber so war das Leben.
 
-Ende der Geschichte -
 
Was soll man noch sagen? Mir fiel das Buch in einem Moment des Schmerzes in die Hände. Nach dem Lesen war ich ganz still und ruhig. Ja so ist es wohl, mit dem Tod.
 
Ente, Tod und Tulpe,
Wolf Erlbruch,
Kunstmann-Verlag!
 
Vielleicht kann es auch zu einem Lieblingsbuch von Euch werden - groß und klein -
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